(gest. 1534)
„Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Todten, so wird dich Christus erleuchten“
Eph. 5,14
David Straiton war von Natur nichts weniger als ein frommes Kind des Herrn, vielmehr ein Mann rauhen Sinnes, und als Verächter aller Religion allgemein bekannt. Da er an der Seeküste von Angus einige Fischerboote besaß, so verlangte der Bischof von Murray den Zehnten von seiner Fischerei. Straiton wurde über solches Ansinnen so aufgebracht, daß er seinen Leuten befahl, jeden zehnten Fisch, den sie fingen, in die See zu werfen. Dann ließ er dem Bischof sagen: Wollt Ihr Euren Zehnten haben, so kommt, und holt ihn Euch selbst aus der See.„ Sofort ließ ihm der Bischof die Drohung zugehen, ihn wegen Ketzerei zur Untersuchung zu ziehen. „Ketzerei“ – das war unserm Straiton ein unbekanntes Ding; denn um solche Sachen hatte er sich nie bekümmert. Jetzt aber bekam er Lust, sich danach zu erkundigen, was denn eigentlich die Ketzerei zu bedeuten habe. Zu seinem Heile wandte er sich mit dieser Frage an den rechten Mann, Johann Erskine von Dun, welcher nachmals einer der Leiter der schottischen Reformation geworden ist. Der Herr segnete den Umgang Straitons mit diesem Manne, und machte aus dem Religionsverächter einen reuigen Sünder. Allein noch fehlte es dem Bekehrten an Muth, seine Sinnesänderung offen vor den Menschen auszusprechen. Auch dazu führte ihn der Herr.
Um diese Zeit nämlich hatte die neu erschienene, englische Übersetzung des neuen Testamentes auch in Schottland Eingang gefunden, und verbreitete im Geheimen den evangelischen Glauben. Ein Exemplar des kostbaren Buches diente mehreren Familien. Zur stillen Nachtstunde pflegten sich die Freunde des Evangeliums in einem Privathause zu versammeln, und, wenn sie vor Kundschaftern sich sicher hielten, holten sie das Gottesbuch aus dem Versteck. Einer las vor, die andern hörten mit stiller Andacht zu. Eines Tages nun ging Straiton, der selber nicht lesen konnte, mit einem Bruder in Christo nach einem einsamen Platze in freien Felde, um sich dort aus dem Neuen Testamente vorlesen zu lassen. Da traf es sich, daß dieser die Worte unseres Heilandes las: „Wer sich aber mein und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen, sündigen Geschlechte, deß wird sich auch des Menschen Sohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters, mit den heiligen Engeln.“ (Mark. 8,38). Diese Worte beugten Straiton zur Erde; er fiel auf die Knie, streckte seine Hände zum Himmel empor und bat den Herrn um Vergebung seiner Schwachheit. „O Herr!“ flehete er, „ich bin gottlos gewesen, und gerechterweise kannst du deine Gnade mir entziehen; aber, Herr, um deiner Güte willen, laß mich nimmer aus Furcht vor dem Tode oder leiblichen Schmerzen dich und deine Wahrheit verleugnen!“ Und der Herr gab ihm Bekenntnißtreue und Zeugenmuth. Nach Edinburgh vor das bischöfliche Gericht geführt, weigerte er sich standhaft, zu widerrufen, vertheidigte kühn die evangelische Wahrheit, und wurde deshalb verurtheilt, gehängt und dann verbrannt zu werden. Am 17. August 1534 starb er zu Edinburgh den Märtyrertod, aus keiner andern Ursache, als weil er behauptete: „Christus allein ist des Sünders Gerechtigkeit.“
Dr. Theodor Fliedner,
Buch der Märtyrer,
Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth,
1859