Leonhard Schiemer

1528

Im Jahre 1528 wurde Leonhard Schiemer von Vöklaburg gefangen genommen; er war ein Diener Gottes und ein sowohl in der Heiligen Schrift als auch in der lateinischen Sprache erfahrener Mann, welcher die wahre Taufe Christi und seiner Apostel und das wahre Abendmahl des Herrn, wie auch die Artikel des christlichen Glaubens, ja das Wort Gottes getreulich lehrte, und gegen die Kindertaufe, wie auch gegen das abscheuliche Sakrament und andere Greuel des Antichristentums zeugte. Anfänglich ist er ungefähr 6 Jahre lang ein Barfüßermönch gewesen, nachdem er aber das Leben der Mönche und Pfaffen mit dem Worte Gottes abgemessen, und sowohl ihre Unreinigkeit und ihren Mutwillen, als auch ihre Scheinheiligkeit und Laster eingesehen hat, so ist zu Judenburg in Oesterreich aus dem Kloster gegangen und nach Nürnberg gezogen, wo er das Schneiderhandwerk erlernt hat, worauf er dann gewandert und nach Nicolsburg in Oesterreich gekommen ist. Daselbst hat er von Balthasar Hubmaier und von dessen Tode gehört und vernommen, daß einige dieses Glaubens zu Veyen versammelt seien; diesen hat er nachgeforscht, ist zu ihnen gekommen, hat sie gehört und sich daselbst unter Oswalds Begleitung taufen lassen. Hierauf ist er nach Steyen gezogen, um daselbst sein Handwerk zu treiben; dort hat er gelehrt und getauft, indem er von ihnen zum Lehrer erwählt worden ist, hat auch hin und wieder in Bayern bis nach Rotenburg im Inntale gelehrt und getauft.

Hier ist er um seines Glaubens willen gefangen genommen und untersucht worden, und hat viel mit seinen Widersachern gehandelt, von diesen hat er verlangt, daß, wenn man seine Lehre und seinen Glauben für falsch und für Ketzerei halten wollte, so sollte man gelehrte Leute, Doctoren, Mönche und Pfaffen vor ihn kommen lassen, um mit ihm zu disputieren; wenn nun in dem Wortstreite mit wahrem Grunde aus Heiliger Schrift befunden würde, daß er unrecht hätte, so möchte man ihn deshalb als einen Ungerechten strafen. Auch hat er, um sowohl die Wahrheit als auch seine Schriften und Reden noch mehr zu befestigen, sich erboten, daß, wenn einige Gelehrte mit der Wahrheit der Heiligen Schrift ihn überzeugen würden, daß seine Lehre der Heiligen Schrift nicht ähnlich wäre, so sollte man ihm durch den Scharfrichter, indem er von ihnen überwunden sei, jedes Glied einzeln von seinem Leibe abschneiden, und wenn er keine Glieder mehr habe, so sollte man die Rippen aus seinem Leibe herausholen, bis daß er seine Seele ausgehaucht; falls er aber nicht zum Verhöre und zur Disputation gelangen könnte, und man ihn unverhört richten oder töten lassen wollte, so bäte er alle, die Zeugen seines Todes seien, und alles umstehende Volk, daß sie hierin vor Gott am jüngsten Tage seine Zeugen sein wollten. Nichtsdestoweniger ist er nach des Kaisers, auch Königs von Ungarn und Böhmen, ausgegangenem Befehle zum Tode verdammt und dem Scharfrichter übergeben worden, welcher ihn den 14. Januar des erwähnten Jahres zu Rotenburg um des Zeugnisses Jesu willen, wovon er nicht abweichen wollte, enthauptet und zu Asche verbrannt hat.

DER BLUTIGE SCHAUPLATZ ODER MARTYRER SPIEGEL DER TAUFFSGESINTEN ODER WEHRLOSEN-CHRISTEN
die um des Zeugnisses Jesu, ihres Seligmachers, willen gelitten haben,
und getödtet worden sind, von Christi an, bis auf das Jahr 1660