Salomon Morf von Zürich. Der erste Pfarrer von Neu-Bärenthal.
Zum ersten Pfarrer von Neu-Bärenthal wurde auf Vorschlag der Proselytenkammer von Zürich durch die Abgeordneten der evangelischen Stände der Schweiz Salomon Morf von Zürich, damals Catechet in Leimbach, gewählt. Die Regierung von Württemberg wollte jedoch diese Wahl nicht bestätigen, bis er auch den Gottesdienst in der französisch redenden Waldenser Gemeinde in Wurmberg versehen könne. Aus Rücksicht für die evangelischen Cantone der Schweiz, von welchen diese Wahl geschehen, gestattete man dem Herrn Morf, den Pfarrdienst in Neu-Bärenthal zu versehen, ohne in dieses Amt förmlich eingeführt worden zu sein. Seine erste Predigt hielt er über 1. Corinth. 5,6-8. Die eigenthümlichen Verhältnisse dieser neugebildeten Gemeinde erschwerten im hohen Grade die Besorgung dieses Pfarrdienstes. Da noch kein Pfarrhaus da war, so mußte Herr Morf bei einem Bürger der Gemeinde wohnen und die Kost nehmen. Ihm lag es auch ob, die Correspondenz mit der Proselytenkammer zu führen, welche die Unterstützung der Gemeinde vermittelte, und darüber Rechnung zu stellen. Dabei erfüllte er die Pflichten eines Pfarrers und Seelsorgers mit großem Eifer und mit gewissenhafter Treue. Bei Tagesanbruch versammelte er täglich die Gemeinde zu einer gemeinschaftlichen Betstunde, in welcher er gewöhnlich einen Psalm erklärte und denselben dann in erbaulicher Weise auf die Verhältnisse der Gemeinde und der Mitglieder derselben anwendete. Montag Mittags hielt er eine Kinderlehre; Freitags die Wochenpredigt und Samstag Abends eine Catechisation für die erwachsenen Männer und Weiber. Jeden Sonn- und Festtag hielt er Vormittags eine Predigt und Nachmittags eine Kinderlehre. Da die Gemeinde nur aus Proselyten bestand, so mußte der Herr Pfarrer sie auch zum Kirchengesang anleiten und beim Gottesdienst zugleich den Vorsängerdienst versehen, bis es ihm gelang, einen Jüngling zum Lehrer und Vorsänger heranzubilden. Im Winter versammelte er Abends nach dem Nachtessen die Gemeindeglieder in seiner Wohnung und las mit ihnen die heilige Schrift, besprach sich über die wichtigen Religionswahrheiten und gab ihnen Anweisung, wie sie auch aus dem Herzen beten können und sollen. Nachdem Herr Morf bereits ein Jahr den Pfarrdienst in Neu-Bärenthal mit vielem Segen versehen hatte, wagte er es, auf dringende Bitten der Waldenser Gemeinde in Wurmberg eine Predigt in französischer Sprache daselbst zu halten. Diese fand solchen Beifall, daß die Waldensergemeinde Wurmberg ihn sofort zum Pfarrer wählte. So ward endlich Herr Morf von der Regierung von Württemberg zum Pfarrer der beiden evangelischen Gemeinden Wurmberg und Neu-Bärenthal bestätigt. Seine Antrittspredigt in Wurmberg hielt er den 19. August 1725 über Psalm 77,11.12: „Aber ich sprach: Das ist meine Schwachheit; die Aenderungen stehen in der Rechten des Allerhöchsten. Ich will die Werke des Herrn rühmen; ja ich will gedenken deiner Wunder von Alters her.“
Sein Verhältniß zu dieser neuen Gemeinde war ein sehr freundliches, obgleich seine Amtsgeschäfte durch den Pfarrdienst in Wurmberg mehr als verdoppelt wurden. So mußte er nun jeden Sonn- und Festtag Vormittags in Wurmberg in französischer und Nachmittags in Neu-Bärenthal in deutscher Sprache predigen. Montag Mittags hielt er zu Neu-Bärenthal eine Catechisation und Donnerstags eine Predigt. Zu Wurmberg mußte er aber Mittwochs und Samstags Betstunden halten und Freitags eine Catechisation. Daneben mußte er noch oft benachbarten Pfarrern mit Predigen aushelfen.
Auch machte ihm die Ordnung der äußeren kirchlichen Verhältnisse dieser Gemeindespiele Mühe, indem er beim Antritte seiner Stelle darin die größte Verwirrung vorfand. Die Armenkasse enthielt keinen Heller zur Unterstützung der Armen und Kranken. Ebenso fehlte jede Rechnung über frühere Verwendung des Armengutes. Geburts-, Tauf-, Ehe- und Todtenregister fanden sich ebenfalls keine vor. Die Gemeinde besaß auch weder ein Pfarrhaus, noch eine Kirche. Daher mußte Herr Morf durch Bittschreiben an die Glaubensgenossen in der Schweiz und in Deutschland erst die Mittel herbeischaffen, um diese nothwendigen Bauten ausführen lassen zu können. Wirklich gelang es ihm, in den Jahren 1726 und 27 die nöthigen Mittel zusammenzubringen, so daß bis zum Jahre 1728 Pfarrhaus und Kirche erbaut und letztere auch eingeweiht werden konnte. So wirkte Herr Morf mit großem Segen in Neu-Bärenthal und Wurmberg bis zum 4. December 1733, da er zum Pfarrer der reformirten Gemeinde in Stuttgart gewählt wurde. Den 4. April 1734 nahm er dann von Neu-Bärenthal und Wurmberg Abschied und ging nach Stuttgart. Hier wurden ihm vom lutherischen Consistorium, wie später von Seiten seiner reformirten Amtsbrüder mancherlei Schwierigkeiten für seine Amtsführung bereitet. Indessen wirkte er doch mit vielem Segen und Erfolge auch in dieser Stelle. Zur Erweiterung und Renovation der Kirche mußte er in der Schweiz durch Vermittlung der Kirchenbehörden von Zürich einige hundert Franken collectieren lassen, was ihm auch vollkommen gelang. Gegen Ende des Jahres 1739 wurde dann Herr Pfarrer Morf von der verwitweten Fürstin von Nassau-Siegen zu ihrem Hofprediger berufen. Er folgte diesem Rufe im Märzen 1740. Im Jahre 1747 ward er dann zum Hofprediger auf das fürstliche Schloß zu Dillenburg berufen. Nachdem er kaum ein Jahr diese Stelle versehen hatte, ward er zum Oberconsistorial-Rathe und endlich zum kirchlichen Inspector des ganzen Fürstenthums Dillenburg ernannt. Er starb nach segensvoller Wirksamkeit im Mai 1756.