Wilhelm von Oranien

Wilhelm von Oranien

Dieser Gründer der holländischen Unabhängigkeit war der Sohn des Grafen Wilhelm des Aelteren von Nassau und auf dem Schlosse Dillenburg geboren. Mit den Niederlanden wurde er verknüpft, als er das Fürstenthum Oranien erbte. Dort erhielt er durch die Gunst Karl V., dessen Page er gewesen, schon im zweiundzwanzigsten Jahre den Oberbefehl: denn früh war er männlich gereift und geschmückt mit allen kriegerischen Tugenden. Des Kaisers Nachfolger, Philipp IL, aber traute dem Schweigsamen nicht, und hielt ihn für den heimlichen Anstifter der Unruhen in den Niederlanden. In der That wurde der deutsche Fürst, der Vornehmste in den Niederlanden, auch das oberste Haupt der Patrioten, welche ihres Landes Rechte und Freiheiten gegen die spanische Willkühr, insbesondere gegen die Inquisition vertheidigte. Als Alba in’s Land rückte, hielt Wilhelm mit den Klügeren es gerathen, sich nach seiner rheinischen Heimath zurück zu ziehen; sein Sohn aber, der in Löwen studirte, wurde ergriffen und als Geisel nach Spanien geschickt.

Als nun die Niederlande unter Alba’s Gewaltsherrschaft seufzten, erkannte des Oraniers durchdringende Klugheit, dass früher oder später der Spanier aus dem Lande müsse. Er entschloss sich, sein Alles daran, zu setzen, um die Freiheit der Niederlande zu erobern und sich selbst vielleicht ihre Krone. Er wurde Protestant und erhielt sofort von deutschen Fürsten Geld und Soldaten. Denn Deutschland war der eigentliche Heerd des Protestantismus: von hier aus erhielten die Glaubensgenossen in Frankreich und den Niederlanden beständig Hülfe und Anfeuerung.

Zweimal drang Wilhelm mit einem Heere, das grösstentheils aus Deutschen bestand, in’s Land ein. Beidemal spielte Alba den Fabius Cunctator und nöthigte ihn zum verlustvollen Rückzuge. Dazwischen machte Wilhelm einen Reiterzug nach Frankreich, den Hugenotten zu Hülfe. Er rüstete Kaper aus, welche Briel und Vliessingen eroberten. Er war unaufhörlich bemüht, die Landestheile zum geeinigten Widerstande gegen die Spanier zu bringen, und es gelang ihm wirklich, die nördlichen Provinzen, Holland Seeland Utrecht Friesland Geldern, durch wiederholte Staatsverträge zu einem festen Ganzen zusammen zu schweissen, dessen Regent und Kriegsherr er wurde. In dem langen gräuelvollen Kriege erschien er hier als Admiral der Meerguesen, dort als Feldherr mit seinen Schaaren, oder als Hort der Bedrängten hinter den Wällen der Festungen. Mitten in körperlichen Leiden arbeitete ruhlos seine Willenskraft. Ein tiefer schweigsamer Minengräber in der Politik, verhinderte er jede Aussöhnung mit Spanien, sein Ziel war die vollständige Losreissung.

Auch in Brabant hatte der Oranier schon Fuss gefasst. Doch weil er Vielen als Calvinist verhasst war, Hess er im Norden den Erzherzog Mathias, im Süden den Prinzen von Anjou als Regenten zu, jedoch nur, um Beider Ansehen zu untergraben und Beider Nachfolger zu werden. Allein während dieses Zwiespaltes machte Alexander Farnese, der gescheidte spanische Feldherr, rasche Fortschritte, mehr als die Hälfte der Niederlande ging wieder verloren, und nur die nördlichen Provinzen widerstanden noch. Die Säule ihres Widerstandes war der Oranier. Philipp verhiess Gold und Adel Demjenigen, der ihn todt oder lebend überliefere. Einer Reihe von Mordanschlägen war der Kluge ausgewichen, endlich traf ihn im Jahre 1584 die Kugel eines Burgunder Fanatikers, als er im Delfter Schlosse sich von der Tafel erhoben hatte und gerade vor die Thür trat.

Doch sein Werk hatte er fest gegründet, sein Sohn und Nachfolger Moritz sah die Unabhängigkeit von Holland besiegelt.

Historische und biographische Erläuterungen zu
Wilhelm von Kaulbach's
Zeitalter der Reformation
von Franz Löher
Stuttgart
Verlag von Friedrich Bruckmann
1863