Maria von Preußen

Alle die genannten Fürstenfrauen waren in ebenbürtiger Ehe mit den regierenden Herren verbunden; es wurde mit Strenge auf die Ebenbürtigkeit bei fürstlichen Heiraten gesehen. Überhaupt suchte man den Unterschied der Stände aufrecht zu erhalten und geltend zu machen, und nicht jede fürstliche Dame konnte so ungehindert mit den niederen Ständen verkehren, als die gute Dorel, welche sich trotz ihrer Herablassung in fürstlichem Ansehen zu erhalten wusste. Anders war es bei Maria, der zweiten Gemahlin des Herzogs Albrecht von Preußen, welche sich in jugendlichem Alter mit dem schon bejahrten Fürsten vermählte. Der Adel hatte am Hofe eine solche Stellung eingenommen, dass er dadurch übermütig wurde. Selbst der jungen Fürstin legten die vornehmen Herren und Damen ihren hoffärtigen Sinn an den Tag, so dass sich dieselbe zurückgestoßen fühlen musste und sich mehr den bürgerlichen Familien näherte. Sie empfing bürgerliche Frauen an dem Hofe und ging vertraulich mit denselben um; auch näherte sie sich in ihrer Kleidung einigermaßen den Bürgerfrauen; so trug sie die Haube, die bei diesen gewöhnlich war.

Der Adel sah mit Verachtung und grimmigem Neide die ihm schimpflich dünkende Selbsterniedrigung der Herzogin. Als einstens Prinz Magnus von Dänemark, ein Verwandter der ersten Gemahlin Albrechts, nach Königsberg kam und an der herzoglichen Tafel speiste, tadelte er mit derben, beleidigenden Worten den Anzug der Herzogin. Nach dem Essen begab man sich zum Tanze und die Herzogin nahm lebhaften Anteil an demselben. Der dänische Prinz sprach auch jetzt sein Missfallen über die veränderten Hofsitten aus; der verletzte Anstand müsse wieder hergestellt werden; man müsse der Fürstin die Bürgermütze vom Kopfe tun. Der Hofmarschall warnte die Herzogin; dieselbe ließ sich aber nicht irre machen, sondern blieb unbefangen in der Gesellschaft. Plötzlich nahm ihr der rohe Gast mit Brutalität die Mütze vom Kopfe, so dass allgemeine Bestürzung und Verwirrung entstand, wobei die adeligen Herren und Damen ihre Schadenfreude kaum zu unterdrücken vermochten. Der Herzog unterließ es, seiner schwer beleidigten Gemahlin Genugtuung zu verschaffen. Es kam zu weiteren Verhandlungen, wobei die bürgerliche Partei gestürzt wurde und einige bürgerliche Räte mit dem Leben büßen mussten. Die Herzogin musste ihrem Hauptfeind, Truchsess von Waldhausen, eine Ehrenerklärung geben; sie zog sich in das Schloss zurück, ohne sich jemals wieder öffentlich zu zeigen.

Zwei Jahre lebte sie noch, sich mit Studien und literarischen Beschäftigungen die Zeit verkürzend. Nach dem Beispiel ihrer Mutter, Elisabeth von Braunschweig, schrieb sie für ihren Sohn 100 Vorschriften in deutscher Sprache nieder.