Petrus Brullius

Anno 1538 hat ein ehrbar Raht zu Straßburg den armen verjagten Christen auß Franckreich ein besondere Kirchen eyngeben / welcher Christlichen Gemein erster Lehrer und Diener geweßt ist D. Johann Calvinus, und da diser gen Genf abgefordert ist / ist an seine stell verordnet worden Petrus Brullius. Da aber anno 1544 die Christliche Kirche zu Tourneck im Niderland an die von Straßburg geschrieben hatte / daß sie ihnen einen tüchtigen Kirchendiener zuschicken solten / von dem sie das reine wort Gottes hören / und auch die heilige Sacramenten nach gebür empfangen möchten: ist diser Brullius einhelliglich darzu erwehlet / und von Martino Bucero dahin mit eigner hand commendirt worden. Ist auch darauf hingezogen / und hat zu Tourneck sein ampt angefangen / und dieweil er einen grossen zulauf hatte / habens die Mönch und Pfaffen bald erfahren / und die Obrigkeit deß orts dahin getrieben / daß sie alle thor gantzer drey tag lang zuhalten / und nach disem Prediger hat nachforschung thun müssen. Nun wolten ihm seine Zuhörer bey nächtlicher weil heimlich mit einem korb uber die mawren helffen / wie dann auch geschehen. Aber als er schon hinüber war / fiel ein loser stein von der mawren hernach / und verletzte jm die hüft so heftig / daß er nicht fort kommen mochte / und derwegen gefänglich eyngezogen ward. Wie er dann auch sich selbst und die wahre Religion so bestendiglich verantwort / daß sie ihn endlich nach dem vierten monat seiner gefängnis anno 1545 am 19. Februarij lebendig verbrennet haben.

Da er also verletzt / und zugleich halb erfroren im stattgraben lag / und bald hernach zum gefängnus geführet war: sagt er / Du bist gerecht Herr / du hast mich / da ich wolte auß diser verfolgung flüchtig werden / und meine schäflein im stich lassen / selbst arrestirt / Sterck du die schwachheit meines hertzens und leibes / auf daß also dein heiliger name gepreiset / und deine götliche lehr und warheit möge bestetigt werden.

Da der Bischoff von Cambrecht sampt einem andern zu ihm kam / ob er wol von leibe schwach und gefangen war: so gab er ihnen doch gnugsam zu verstehen / daß ihm das gemüht noch frey und ungebunden were. Dann da die zu ihm sprachen: Sag an du elender mensch / was hat dich bewogen auß so fernen örtern hieher zu kommen / und dich martern zu lassen? Das sagt Brullius: Wann ihr euch ewerm titel gemeß verhieltet / und ewer ampt recht verwaltet / so were es nit nötig / daß man mich oder meines gleichen so weit anderswoher holen liesse. Warlich ihr werdet dermal eins fürm gerichte Gottes schwere rechnung geben müssen. Dise rede hat den sanftmütigen Bischoff also entzündet und entrüstet / daß wo es bey ihm allein gestanden / er Brullium alsbald hette verbrennen lassen. Was er sonst mehr mit ihnen geredet / und die herrlichen brief / die er beyde an seine haußfraw gen Straßburg und anderswohin geschrieben hat / mag man in der gantzen historien lesen. Es haben für diesen Brullium, als ihren diener und mitbürger / alsbald ein fürbitt gethan die Herren von Straßburg / die Protestirenden Fürsten / so dazumal zu Worms bey einander waren / und sonderlich der Churfürst von Sachsen / und der Landgraf von Hessen. Aber alles vergeblich / Und gieng das geschrey / daß Granvellanus, seiner gewonheit nach / die brief so lang undergeschlagen hette / bisß die execution verrichtet war.

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698

Petrus Brull

Brull (Petrus) lebte im 16ten Jahrhunderte, war ein gebohrner Franzose, mußte aber als Protestant sein Vaterland verlassen. Er war eine Zeitlang Prediger zu Straßburg, bis ihn im Jahre 1544 die heimlichen Protestanten in Dornick zu sich beriefen. Die römisch-katholisch Gesinnten entdeckten ihn aber bald und verfolgten ihn. Seine Freunde ließen ihn deswegen des Nachts von der Stadtmauer herunter. Schon hatte er den Erdboden glücklich erreicht, als einer seiner Freunde sich auf die Mauer legte, ihm noch einen Abschied zuzurufen, und unversehens einen Stein losriß, welcher dem Brull ein Bein entzwey schlug; die Wache hörte ihn winseln, er wurde in das Gefängniß gebracht und am 19. Febr. 1545 als ein Uebertreter der Landesherrlichen Befehle wider die Protestanten, lebendig verbrannt. Er litte den Tod mit vieler Standhaftigkeit.

Sleidanus comment, de statu Relig. XII. XVII.

Erneuertes Andenken der Männer die für und gegen die Reformation Lutheri gearbeitet haben.
Von
Heinrich Wilhelm Rotermund,
Dompastor.
Erster Band.
Bremen, 1818
In Wilhelm Kaiser's Comptoir für Literatur und Kunst.