Die Frauen von Löwenberg.

In Schlesien verbreiteten 1629 die Liechtensteiner Dragoner Schrecken und Verwirrung. So wurde auch die Stadt Löwenberg gezwungen, ihre evangelischen Prediger zu entlassen. Es wurde den Bewohnern Himmel und Hölle vorgehalten, um sie ihrem Glauben untreu zu machen. Man verhieß ihnen die kaiserliche Gnade, Privilegien nach Wunsch und Begehren, wenn sie in den Schoß der römischen Kirche zurückkehren wollten; dagegen drohte man die Widerspenstigen mit den härtesten Strafen zu belegen. Ein großer Teil der Männer ließ sich zum Abfall verleiten; die Ungehorsamen mussten Herd und Heimat verlassen.

Kaum aber waren die Soldaten wieder abgezogen, so besannen sich die Abtrünnigen eines Andern. Sie ließen ihre Kinder in der Nachbarschaft nach evangelischer Weise taufen; die Kirchen der katholischen Geistlichen standen leer. Da kamen die Liechtensteiner zurück, um das Bekehrungswerk mit Waffengewalt zu vollenden. Wer irgend konnte, entfloh aus der Stadt; ganze Familien zogen das Exil dem furchtbaren Glaubenszwange vor. Es wurde ein neuer Stadtrat eingesetzt, an dessen Spitze als Königsrichter ein Advokat stand. Auf Anraten der Geistlichen fasste man den Beschluss, vor Allem die Frauen, welche bis jetzt am standhaftesten dem evangelischen Glauben treu geblieben waren, zur Verleugnung desselben zu bewegen. Man lud dieselben aufs Rathaus vor und es erschien eine große Anzahl, die Frau Königsrichterin und die Frau Bürgermeisterin an der Spitze. Die Herren am grünen Tische erschraken vor der Menge der mutig auftretenden Weiber; sie erklärten, dieselben in kleinen Abteilungen vernehmen zu wollen. Aber alle hielten fest zusammen; die Frau Königsrichterin antwortete im Namen Aller: „Meint ihr, dass wir so einfältig sind und eure Possen nicht merken, wie man uns arme Weiber drängen will, von dem Evangelium zu weichen. Wo ich bleibe, bleiben die Andern auch.“ Diese riefen einstimmig: Ja. Die Ratsherren erschraken, um so mehr, da sie merkten, wie jede Frau mit einem großen Bunde Schlüssel (der eigentümlichen Waffe der Weiber) versehen war. Die Herren nahmen zu einer List ihre Zuflucht. Die Türen wurden unvermerkt verschlossen, so dass die Frauen gefangen waren. Die meisten Ratsherren hatten sich teilweise ohne Hut und Stock – davon gemacht. Aufs Neue versammelten sich die Herren im Hause des Königsrichters, wo sie den Beschluss fassten, die Frauen zum fleißigen Kirchenbesuch zu ermahnen und wieder frei zu lassen.

Auch jetzt gaben dieselben die bestimmte Erklärung ab, dass sie am evangelischen Glauben festhalten wollten.

In den nächsten Tagen beschied der Pfarrer einige Frauen zu sich, namentlich die Frau Bürgermeisterin. Die Frau Königsrichterin, die nicht mit geladen war, begleitete dieselbe. Der Pfarrer redete ihnen freundlich zu, sie sollten doch nachgeben und die allein seligmachende Religion annehmen; sie würden sich bald überzeugen, dass sie sich wohl dabei befinden würden. Es erfolgte alsbald die Antwort: Wir sind von unseren Eltern und vorigen Predigern anders unterrichtet worden und bei dieser Lehre haben wir Ruhe und Frieden gefunden. In Eure Religion können wir uns nicht schicken. Der Pfarrer bat sie, sie möchten doch nur zur Kirche kommen; und wenn sie Bedenken hätten, sollten sie es ihm offen sagen. Alle seine Mühe war umsonst. Auch das half nichts, dass der Pfarrer ihnen vorstellte, wenn sie nachgäben, würden die Männer, wie sie selbst erklärt hätten, alle Folge leisten. Die Standhaftigkeit der Frauen bewirkte, dass die katholischen Geistlichen im folgenden Jahre die Stadt verlassen mussten. Doch hatte dieselbe noch viel zu leiden im Laufe des Krieges; beim Friedensschlusse war sie beinahe ganz verödet.

Bauer in Seeland

Blutzeuge 1540

Eben in demselben 1540. jahr ist in Seeland zu Zircksee jämerlich verbrennet worden ein armer einfältiger bawrsmann / darumb daß er gesagt hatte / er glaube nicht / daß Christus wahrer Gott und mensch in dem brot der Messz verborgen oder verschlossen were.

Constantinus und drei andere

Anno 1542 ist zu Roan in Normandia einer mit namen Constantinus, sampt dreyen andern seinen gesellen umb Christi willen entleibet worden. Dise als sie nach gebrauch desselbigen orts auf einem unflätigen mistwagen oder schinderkarren zum tod geführet wurden: sagte Constantinus mit freuden zu seinen mitgesellen: Wir sind ja warhaftig ein stanck und außfegels für diser welt/ die wir jetzund die leut in diser welt anstincken. Lasset uns aber förlich seyn/ dann der geruch unsers todes wird für Gott angenem / lieblich und thewer geachtet werden.

Die Christen zu Merindol und Cabriera

Umb dise zeit ist auch in der Französischen Provinz die schreckliche verfolgung wider die armen leut / so man Waldenser nennet / und sonderlich die eynwohner zu Merindol und Cabriera ergangen / in welcher nicht nur zween oder drey / sondern ein gantzes volck / und ein grosse anzahl allerley männer und weiber / jung und alt / ja auch kinder und säuglinge / sehr jämerlich auf allerley art und weise umb ihr leben kommen seind / wie solches in der gantzen historia zu ersehen.

Dise leute sollen etwa vor 200 jahren auß Piemont in die Provinz kommen seyn / und daselbst einen unbewohnten / unfruchtbaren ort lands eyngenommen / und denselben mit fleissiger langwiriger arbeit durch Gottes segen so lustig und fruchtbar gemacht haben / daß an wein / öl / mandeln / getreid und anderer notturft die fülle allda gewesen ist. Auch haben sie darneben allezeit ein geringen / jedoch zimlich kreftigen samen der wahren gotseligkeit und Religion behalten. Darumb sie auch schier von jederman verhasset / und mit verhaßtem namen schier anrüchtig sind gemacht worden. Bey Leon hieß man sie die armen von Leon: In den Polnischen und Liefländischen grentzen die Lollharden: In Flandern Turrelupins / daß sie im feld bey den wölffen ihr ablager hetten: In Delphinat Chagnard / daß sie ohne häuser / bey dem sonnenschein in wüsten abgelegenen orten sich verhielten. Der name aber / damit sie waldenser seind genennet worden / ist der allergebreuchlichste / und bey jederman so lang verhaßt gewesen / biß so lang der Lutherische nam aufkommen / welcher so abschewlich verhasset und verflucht bey jedermenniglich worden ist / daß deßgleichen zuvor nie kein name gewesen ist. Sonst hat Gulielmus Bellatur / nach fleissiger erkündigung / selbst bey dem König Francisco diß zeugnus disen leuten gegeben / daß sie zu frid und einigkeit lust hetten / gegen jederman lieblich und freundlich / und in ihren geschäften und handthierungen gerecht und warhaftig weren / daß sie jederman bezahlten was sie schuldig weren / wann schon alle handschriften verloren / und sie von niemand besprochen oder gemahnet würden. Sie aber forderten niemand für gericht irgend umb einer schuld willen. Dem raisenden mann und armen leuten theten sie alles guts. Man hörete bey jhnen kein fluchen oder schweeren / kein unflätige wort. Ja der Teuffel wurde von ihnen nicht genennet. Wann sie etwa in einem ort waren / dan man sich der gotslesterung / oder anderer uppigkeit gebrauchte / so giengen sie von dannen. Wann sie in den umbligenden stätten zu marck kommen mußten / so giengen sie nicht leichtlich in die Kirchen / da Messz gehalten wurde / oder wann sie ja dareyn kamen und beteten / so hielten sie doch ihr angesicht allezeit von den götzen abgewendet. Sie opfferten keine liechter / sie küsseten den götzen die füsse nicht / sie wolten kein heiligthumb ansehen / sie verehrten kein crucifix / geben kein gelt für die Messz / fragten nach keinem weihwasser / wallfahrt / ohrenbeicht. Ja wann sie für einen heller vergebung der sünde von dem Priester kauffen könten / so theten sie es doch nicht. Wann es donnerte / so segnete sie sich nit mit einem creutz / sondern seufzeten mit aufgehabenen augen gen himmel / oder knyeten nider / und theten ihr gebett. Sie gaben auch nichts zu liechtern / oder anderm Kirchengesprechng ins becken / sondern was sie ersparen konten / das behielten sie zur notturft der armen.

Aber dises alles ungeachtet / sind die frommen leut aufs eusserste geplaget und verfolget worden. Insonderheit aber ist in diser histori denckwürdig / was von einem Dominicaner Mönch / Joanne de Roma  / vermeldet wird / welcher für andern dise arme leut grausamlich gemartert und gepeiniget hat. Diser Joann de Roma hatte mancherley sonderliche art und weiß erdacht / mit welcher man dise arme Christen nur wol martern und plagen möchte. Under welchen dise die mercklichste war. Er ließ stiffeln mit heissem öl oder schmaltz füllen / dieselbigen mußten die guten leut uber die füsse ziehen. Darnach ließ er sie rücklings auf eine banck binden / also daß ihnen die füß mit den stiffeln uber einem zimlichen fewer hengeten. Und alsdann pflog er sie zu examiniren / und darnach jämmerlich hinrichten lassen. Diser Mönch ist hierüber in des Königs Francisci grosse ungnad kommen / der ihn auch wiederumb zu tödten befohlen hatte / wo er nicht heimlich davon kommen were. Er hat aber der raach Gottes nicht lang entgehen können. Dann er alsbald in eine so schreckliche und unerhörte kranckheit gefallen ist, daß ihm niemand keine artzney oder linderung hat beybringen können. Es konte auch niemand / auch von seinen Ordensbrüdern / von wegen des stancks / der von seinem leib entstundt / bey oder umb ihn bleiben. Ja er konte endlich seinen eigenen stanck selbst nit ertragen / da ihm sein leib allenthalben voll eitergeschweeren und würme wurd. Daß er also auß ungedult / und unleidlichem schmertzen rief und schrye: Wer wil mir entweder helffen / oder mich umbbringen? Ja wann er so vil macht gehabt hette / so hette er sich selbst umbs leben gebracht. Und ist also diser gotlose tyrannische Mönch in solchem schmertzen und verzweiffelung jämmerlich dahin gefahren. Da er tod war / wolte ihn niemand anrühren / oder zur erden bestatten. Biß ihm endlich einer von den new ankommenden Mönchen einen strick umb die füß gebunden / und ihn also ins grab geschleppet und verscharret hat.

Es hat sich auch in diser frommen leut verfolgung ein zeitlang gebrauchen lassen der Herr von Reuest / und oberst Praesident des Parlaments zu Aix. Welcher auch kurtz hernach in eine so grewliche und schreckliche kranckheit und unsinnigkeit gerahten ist / daß niemand / auch seine eigne Haußfraw / nit hat zu jm dörfen komen. Und ist diser auch also in seiner unsinnigkeit toll und rasend dahin gestorben.

In diser verfolgung ist den feinden der Evangelischen warheit under andern auch dises fürgehalten worden: Es gieng jetzt die vermeynte Geistliche und Weltliche Obrigkeit mit den genanten Lutheranern gantz und gar also und nicht anders umb / als vorzeiten die Hohenpriester / Schriftgelehrten und Phariseer mit dem Herren Christo selbst / und seinen Aposteln umbgangen weren.

In der histori diser verfolgung wird auch eines Bischofflichen Banckets gedacht / welches ich nicht hab ubergehen wollen. Es hatte der Bischoff von Ricus zu Avenion ein herrlich Bancket zugerichtet / zu welchem er vil geistliche Herren und Prelaten geladen hatte / und daß er dieselbigen in jhrer grossen mühe und beschwerung / die sie in versorgung der Christlichen Kirchen täglich außstehen / einmal desto bequemer ergetzen und erquicken möchte / hat er die allerschönsten und berühmtesten frawen zu Avenion auch zu gast geladen. Als nun die mahlzeit geschehen / und man auf gut Prelatisch genugsam gedantzet / gespielet und hofieret hatte / und die zarten Herrlein lust hatten auch das abendessen allda zu halten / wolten sie sich gegen dieselbige zeit etwas vertretten / und mit den jungen frawen spatzieren gehen. Nam derhalben ein jeglicher von jnen sein frawlein und die achsel / und giengen also mit einander durch die Dischergassen. Allda wurden sie eines krämers gewar / der die aller ehr und schamloßten karten und gemälde / als sie irgend mochten gefunden werden / feil hatte. Und stunden auch under denselben gemälden allerley geile / leichtfertige / unzüchtige reimen. Dise fleischliche uppige wahr gefiel disen geistlichen kauffleuten so wol / daß sie alle mit hauffen zufielen / und ihm auf einmal alle dieselbigen karten abkauften / und ihm dafür gaben was er nur haben wolte. Und obwol derselben unfläterey so vil war / daß ein maulesel gnug daran zu tragen gehabt hette / so hetten doch dise keusche Bischoffe gern noch mehr davon gehabt. Ja wann etwas in denselben gemälden dunckel und unverständlich war / das wußten dise spitzfindige hochgelehrten ihren Damosellen fein deutlich zu erklären / und wol darüber zu lachen.

Es hatte auch in derselben gassen ein frembder Buchführer seinen laden / in welchem unter andern vilen büchern auch die Lateinische und Französische Bibel feil war. Da das die Bischoff innen worden / haben sie den Buchführer also bald gefragt / wie er dazu käme / daß er solche bücher an einem solchen ort feil haben dörfte? Der Buchführer fragt sie widerumb / Ob nicht mehr an der H. Bibel gelegen were / als an den schönen bildern / die sie kurtz zuvor ihren frawlein mit haufen gekauft hetten?

Da er kaum das wort gesagt hatte / sprach der Bischoff von Aix / Ich wolte wol mein theil des himmelreichs verschweeren / wo diser Buchführer nicht ein Lutheraner ist / und ließ jn alsbald darauf angreiffen. Da kamen in eil ein haufen loser haluncken zusamen die jn anfielen / und schryen / Dapfer zu / dapfer zu auf disen Lutheraner / zum fewer / zum fewer mit ihm. Unter dem erbärmlichen hinschleppen schlug ihn einer ins angesicht / der ander zog ihn beym haar / und warf ihn schier zu boden / der dritt ropft ihm den bart auß / daß er blutrustig wurd / ehe dann er noch ins gefangnis gebracht wurd. Des folgenden tags wurd er fürgestellet / und wann es bey den geistlichen gestanden / were er alsbald zum fewer verurtheilet worden. Aber der Richter Laberius wolte so bald nit darbey bewilligen / und thet disen vorschlag / wann der gefangene die gegenwertigen Bischoff und Prelaten für trewe und waare pastores und Seelenhirten dier Kirchen Gottes erkennen und halten wolte / so solte er auf dißmal mit dem leben davon kommen. Aber der Buchführer antwortet / Er könte solches mit gutem gewissen nicht thun / dieweil er in der that erfahren / daß sie mehr von unzüchtigen / ehr und schamlosen bildern / gemälden und liedern hielten / und sie lieber hetten als Gottes wort. Darumb er sie auch vil billicher für Bacchi und Veneris Priester / dann für Pastorn der allgemeinen Christlichen Kirchen halten müßte. Darauf ist er von stund an zum fewer verdammet und hingeführet worden. Sie hetten jm aber zum zeichen der ursach seiner verdamnis zwo Bibeln / die ein vornen für die brust / die ander hinden auf den rücken gehenget / die also mit ihm mußten verbrennet werden.

Da es aber vilen wehe thete / daß man nicht allein den menschen / sondern auch der Heiligen Bibel solche unehr anthete / und sichs ansehen liße / daß wohl ein aufruhr hierauß entstehen möchte: als haben sie zu einem schreck in der stat und umbligenden land als bald außruffen lassen / daß alle die jenigen / die in Französischer sprach bücher hetten / in welchen Jesu Christi / auf waserley weise es geschehen möchte / gedacht würde / daß / sag ich / alle diejenigen solche bücher an einen gewissen ort bringen / und den dazu verordneten uberantworten solten / mit der verwarnung / wonn soclhe bücher nachmals bey jemands gefunden wurden / daß dieselbigen gleicher weise / wie vorgemelter buchführer / am leben solten gestraft werden.

In obgemelten Bancket hat sich auch begeben / daß eine von den schönen frawen / die mit zu gast geladen waren / uber tisch den Praesidenten Chaffaneum gefragt hat / ob er das decret / so newlich uber die Lutheraner zu Merindol beschlossen / nicht bald ins werck zu stellen willens were? Uber welcher einem weib ubel anstehenden frag (auf welche auch der Praesident zu antwerten selber sich schemete) also bald allerley reden gefallen sind. Sonderlich aber hat ein fürnemer mann / mit namen / / Bellojocius / / gesagt / Er könte nicht gläuben / daß so ein Türckisch und Barbarisch urtheil im Parlament solte gefellet seyn / sonderlich dieweil uberall bewußt / daß die von Merindol ehrliche / aufrichtige / und von natur gute fromme leute weren. Darauf vorgemelte Herodias widerumb sagt: Ich wußte zuvor wol / daß es disen ketzern an vertheidigern und patronen auch an disem ort nicht mangeln würde. Wolte Gott / daß alle Lutheraner / so in der Französischer provinz sind / an der stirn möchten ein horn haben / so würde es uns allenthalben an Cornuten nicht mangeln. Darauf als bald widerumb Bellojocius gesagt / Wolte Gott / daß alle Pfaffenhuren schnatterten wie die gänse / so würde man vor dem schnattern nirgend bleiben können. Auß welchen worten auch allerley gesprech entstanden sind. Entlich hat einer von den Rähten Bellojocio eyngeredet und gesagt / sie weren nit zanckens / sondern frölichkeit halben allda beysamen / Darumb solte er disen zanck bleiben lassen. Er wolte ihm auch drey gute lehr geben / die ihm sein lebenlang können nutz seyn / wo er sie in acht haben wolte. Die erste lehr war dise / daß er keinem Lutheraner mit raht oder that jemals solte behülflich oder dienstlich seyn. Die ander / daß er keinem fürnemen weib eynreden / oder es an seinem verlangen und fürhaben hindern solte. Die dritte / daß er an der Priester und gantzen Clerisey lehr und leben / es were so böß als es immer seyn könte / nichts tadeln oder reformiren solte / dieweil geschrieben stündt / Ihr solt meine gesalbten nicht anrühren. Darauf ihm dann auch Bellojocius nach gebür geantwortet / wie in der historia zu finden.

Unter den verfolgern der armen Christen zu Merindol ist auch der sonst weitberühmte Jurist / / Chaffaneus / / gewest / welches buch / genant Catalogus gloriae mundi / noch von vilen gelesen wird / in welchem auch dise histori sol zu finden seyn. Es hetten im gebiet Leuffen / die meuse / so allenthalben mit grossen haufen auß der erden herfür kamen / grossen schaden am korn und anderm getreyd gethan / und war von den meusen noch mehr schadens zu besorgen. Derhalben wurd beschlossen / daß man dise klage uber die meuse an den Official des orts solte gelangen lassen / und begeren / daß er die meuse dises grossen schadens halben excommunicirn , oder in den bann thun solte. Der Official aber hat solches so plötzlich nicht thun wollen / ehe dann die meuse zuvorn offentlich citirt und gewarnet weren worden. Wo sie auf die bestimte zeit nit erscheinen / daß man alsdann wider sie procedirn solte. Und ist also die erste und andere citation auch vom Predigtstul ergangen: Und da die meuse nicht erschienen / hat der Fiscal abermal begehret / mit der meuse excommunication und bann fortzufahren. Da hat sich obgemeldter Chaffaneus, der damal in Burgund Königlicher Advocat war / selbst in die sach geschlagen / und auß den Rechten dargethan / daß die vorigen citationes der meuse nicht bestehen möchten. Dazu were der angesetzte termin / in so einer hochwichtigen sache vil zu kurz gewesen / und doch darüber weren in allen dörfern / stetten und heusern so vil katzen / die der meuse abgesagte feinde weren / Und dieweil sie also not halben hetten müssen außbleiben / daß man sie auch in contumaciam mit billichkeit nit verdammen könte. Ja er brachte in diser lächerlichen sach auch vil sprüch auß der H. Schrift herfür / mit welchen er die meuse vertheidigen wolte. Dises alles hat der Herr von Alenz dem Chaffaneo weitläuftig fürgehalten / da er mit dem kriegsvolck schon auf dem wege war / die obgemeldten Christen außzurotten und zu vertilgen / und jn darauf erinnert / und gefragt / Ob er nicht gegen dise arme betrübte menschen / ja ein gantzes volck / da so vil junger unschuldiger kinder unter weren / noch vil mehr solche billichkeit / glimpf und bescheidenheit zu brauchen schuldig were / dieweil er vor zeiten auch den unvernünftigen meusen dieselbe nicht hette versagen wollen? Und ist dazumal Chaffaneus durch dise erinnerung bewogen worden / von seinem fürhaben abzustehen / da er doch schon im anzug war / und in dreyen stunden gen Merindol hette kommen mögen. Ist auch kurtz hernach gehlings tods gestorben. Und haben also die guten leute noch eine zeitlang frist gehabt / in welcher sie ihres Glaubens bekantnus fein rund und deutlich haben stellen lassen / und sie der Obrigkeit ubergeben / daß sie also auch in der Theologen hände kommen mußte.

Und sonderlich wird des Cardinals Sadoleti geacht / der in obgemeldter bekantnus nichts besonders hat tadeln können / und sich auch durch brief / alles guten wider dise leute vernemen lassen. Item eines Doctorn in der Theologia, dem vorgemeldte bekantnus / sie zu examiniren und zu erwegen / ubergeben war worden / welcher gesagt hab: Er hette sein lebenlang nicht so vil auß der heiligen Schrift gelernet / als die acht tage uber / in welchen er die Bibel hette durchschlagen / und die allegata auß der heiligen Schrift hette nachsuchen müssen.

Da der Bischoff von Cabbelion die leut zu Merindol uberreden wolt / daß sie nur den Glauben und das Vatter unser Lateinisch lernen und daher sagen / und sonst andere Catechismos und außlegung solten bleiben lassen / dieweil man auch vil Bischoff / Pfarrer / ja auch wol Doctores Theologiae fünde / denen es schwer were das Vatter unser und den Glauben nur etlicher massen außzulegen und zu erklären. Darauf hat der Amptman zu Merindol Meynard gefragt / Was es dann nutz were / daß einer wie ein Pfittig oder Papegey / dise unverstande wort hinplaudere / Pater noster, und Credo in Deum. Ja sagte er / Der es thete / der were ein lügner / un spottete unsers Herrn Gottes / und wüßte doch nicht / was diser wort inhalt und meynung were.

Hernach ist es so weit kommen / dieweil der Bischoff die knaben zu Merindol von ihrem Glauben zu fragen selbst nicht understehen dorfte / daß man ihnen vergönnet hat / sich selbst undereinander zu fragen / und zu antworten. Welches sie auch mit grosser verwunderung aller die darbey geweßt / gethan haben: und hat einer von den Geistlichen / der newlich von Pariß widerkommen / den Bischoff mit disen worten angesprochen: Ich muß mit warheit bekennen / daß ich zu Pariß in der Sorbona manchmal den Theologischen disputationibus beygewohnet hab / aber auß allen denselbigen niemals so viil frucht und nutz erlanget / als ich jetzt auß diser kinder underredungen / und ihren fragen und antwortungen in diser kurtzen zeit erlanget hab. Darauf ihm einer Wilhelm Armantius geantwortet / Weistu nit / daß Christus im Evangelio seinem vatter darumb dancket / daß er solches für den weisen und klugen verborgen / und den unmündigen kindern offenbaret habe?

Da aber vilgemelter Bischoff sie uberreden wolte / sie solten jre bekantnus nur zum schein verschweeren / auf daß sie darnach desto sicherer seyn möchten: haben sie solchs in keinen weg thun wollen / sie würden dann auß Gottes wort eines irrthums uberweiset / und sagten / Es neme sie wunder / daß sie der Bischoff zwingen wolte / daß sie Gott und den menschen liegen solten.

In diser verfolgung ist under vilen andern auch ein jüngling an einen ölbaum gebunden / und mit pfeilen und kugeln jämerlich durchschossen und getödtet worden. Seine letzten wort waren: Lieber Herr Gott / Dise leut berauben mich wol meines elenden und arbeitseligen lebens / aber du wirst mir durch deinen sohn Jesum ein ewiges leben wider geben / Dem sey lob und danck in ewigkeit.

Viertzig weiber / under welchen auch die meisten schwanger waren / hat man in eine schewre zusammen getrieben / und verschlossen / und darnach die schewer an allen vier winckeln angezündet. Als sie aber in der schewren ein jämerlich geschrey getrieben: hat sich ein kriegsknecht darüber erbarmet / und ihnen die thür geöfnet. Da sie aber heraußkommen waren / hat sie vilgemeldter Praesident dennoch in stücken zerhawen / ja sie aufschneiden / und ihnen die frucht auß dem leibe reissen / und mit füßen tretten lassen. Etliche waren mit weib / jungkfrawen und kindern in die Kirchen geflohen / die darinn alle seind erwürget und gemetzget worden. Sonst waren die armen leut / da sich der feind herzu nahete / wie die verschüchten lämmer / mit hauffen in ein gehöltz zusammen gelauffen / mit grossem zittern und zagen / dieweil sie in der eussersten not waren : da man sie all ihres gutes berauben / ihre wohnungen anzünden / und sie auch noch darzu samt weib und kind erwürgen und ermorden wolte / und sie solches alles mit ihren augen anschawen mußten.

Es seind aber dise fromme leut in diser eussersten gefahr von ihren Eltesten und Seelsorgern mit nichten verlassen worden. Dann sie ihnen aufs trewlichste beygestanden und sie getröstet / und wider den tod hertzhaftig gemacht haben / der eine auf dise / der ander auf eine andere weise. Der eine vermahnete sie / daß sie in so grosser not die augen von der erden / und allen irdischen dingen abwenden / und gen himmel erheben / und Gott von hertzen umb einen starcken Glauben / und wahre bestendigkeit bitten solten / auf daß derselbige jr Glaub für keinem schwert / büchsen oder fewer erschrecken möchte. Ja / sagt er / bittet den lieben Gott / der uns vormals so fot geholffen / daß er nun auch in diser eussersten not / da wir seiner hülff am meisten bedörffen / nicht verlassen / sondern uns beystehen und helffen wölle / daß seyn götlicher name beyde im leben und sterben von uns geheiliget und gepreiset werde.

Der ander vermahnete sie / daß sie mit gedult jren willen in Gottes willen ergeben solten / der zu seiner zeit dise verfolger wol würde zu finden wissen. Dann / sagt er / himel und erden werden uns zeugnus geben / daß uns unrecht geschehen seye. Bittet derwegen den lieben Gott für allen Dingen / daß er uns nicht so sehr von disen leiblichen feinden / sondern vil mehr von den geistlichen feinden / die vil böser und schädlicher seind / erretten wolle / als da seind die Sünd / der Tod / der Teufel / die ewige verdamnus / der zorn Gottes. Wann wir die feind werden uberwunden haben / so können wir mitten im tode das waare leben und seligkeit haben und behalten. Wann wir schon wandern im schatten des todes im finstern thal / so fürchten wir uns doch nit: Dann der Herr ist unser hülff. Was wollen uns menschen thun? Den frommen muß im leben und tod alles zum besten gelangen und gedeyen. Lasset uns nit fürchten für denen / die den leib tödten / die seel aber nicht tödten können. Lasset uns alle zeit im hertzen haben den außspruch Christi / Wer biß ans ende verharret / der sol selig werden.

Ein anderer sagte / Der allmächtige himlische Herr und vatter / der alles kan / was er wil / der wird nicht zulassen / daß ein härlein von unserm haupte falle ohne seinen willen. Lasset uns aber für allen dingen fleissig beten / daß uns der Herr stercken und trösten wolle / dises uns aufgelegte creutz mit gedult zu ertragen. Der trunck dises kelchs wird uns in dem mund etwas bitter schmecken / aber davon wird unser gantzer leib genesen. Der Herr wird verschaffen / daß das end diser verfolgung gut sey / ob wol der anfang scheinet böß zu seyn. Der Herr weiß besser / was uns nütz und nötig sey / als wir selber. Dem fleisch grawet zwar allezeit für der verfolgung / und wil sich nicht gern under den willen Gottes ergeben / daß er es mit uns mache / wie es ihm gefällig ist. Diser versuchung zu widerstreben / lasset uns ergreiffen das schwert des worts Gottes / und gewiß glauben / daß er allmächtig sey / und daß niemand seinen willen verhindern könne. Lasset uns derwegen nicht all zu sehr trawren / daß uns dise leut unverschuldter sachen mit weib und kind / wider Gott und alle billichkeit / tödten wollen: Sondern gewilich dafür halten und glauben / so es Gottes will ist / daß er uns entweder alle / oder ja etliche under uns beym leben erhalten und erretten wil / daß jm hierin niemand widerstand werde thun können. Oder wil er auch / daß wir alle sterben sollen / so lasset uns deßhalben nicht zu sehr trawren. Dann uns unser himlischer vatter ein andere vil herrlichere wohnung zugerichtet hat / nemlich das ewige himelreich. Dise bleibende und ewige statt und wohnung lasset uns mit ernst suchen / in welcher wir uns keiner verenderung / armut / elends / trawrigkeit und bekümmernus mehr zu gewarten haben / sonder nur ewige freud / herrlichkeit und seligkeit. Under deß muß ein jeder sein bescheiden theil auß disem kelch trincken: Aber unsere verfolger müssen die bittere dicke hefen außsauffen und daran ersticken. Lasset uns in diser unser trawrigkeit frölich seyn / dieweil wir gewiß wissen / daß unser trawrigkeit in freude sol verwandelt werden / und daß die zeit kommen wird / daß wir widerumb lachen / sie aber mit heulen und zeenklappern in ewigkeit werden weynen / achtzen und wehklagen müssen. Frewet euch / ewer lohn wird im himel groß seyn. Auf solch und dergleichen weiß ist die gemeine derer zu Merindol in ihrer eussersten lebensgefahr von ihren Eltesten und Kirchendienern getröstet und gestercket / und so zu sagen / zum tod vorbereitet worden.

Es haben sich auch die leute zu Cabriera durch underhändler beym Praesidenten erbotten / sie wolten alle das ihre verlassen / wann man sie nur in einem hembd mit weib und kind wolte davon ziehen / und sich etwan in einen andern ort / den ihnen Gott der Herr weisen würde / wolte nidersetzen lassen. Aber der Praesident antwortet disen unterhändlern sehr unfreundlich und unbescheiden und sagt: Ich weiß gar wol / wie ichs mit ihnen machen sol / Es sol ihrer auch nicht einer auß meiner hand entrinnen. Ich wil ihnen ein land eyngeben / das heißt das hellische fewer / darin sie bey allen Teufeln mit weib und kind wohnen sollen. Und ist also dises gantze volck unverhörter sach wider Gott und alle billichkeit / ohn alle genad und barmhertzigkeit / mit hauffen (ohn daß ihrer bey 800 auf die galeen seind verschickt worden / und hetten also auch lieber tod seyn mögen ) außgerottet und vertilget worden. Und hat diser gotlose Praesident an dem ort noch dazu ein seul aufrichten lassen / in welcher der tag und das jahr mit eyngehawenen buchstaben zur ewigen gedechtnis vermeldet ward / darinn ein solch mannlich that war verrichtet worden. Es ist auch dise unerhörte und unmenschliche grausamkeit hernach von Keiser Carolo V. dem König auß Franckreich Francisco auf einem offentlichen Reichstag zu unehren verwißlich fürgeworffen und aufgerucket worden. Derwegen sein sohn Henricus II. zum schein ein Inquisition gegen solche verfolgung angestellet / die doch bald mit dem schnee abgangen und verschwunden ist.

Damit aber ist Gott dem allmächtigen seine hand nit verkürtzt worden. Welcher dann auch seine raach an vilen diser guten unschuldigen leute verfolgern augenscheinlich hat sehen lassen / und sonderlich an dem Judensohn Joanne Minerio, dem obersten Praesidenten des Parlaments in der Provintz / welcher nach dem abgang Chaffanei dises blutbad sonderlich getrieben und ins werck gestellet hatte. Dann er mit einer unerhörten kranckheit von Gott ist angetastet worden / sein stulgang / mit gunst zu melden / war nichts anders dann blut. Sein wasser kunte er nicht lassen / davon ihm dann das gemächt / und was dem angehörig / anfieng zu verfaulen. Auch fiengen die würm an ihm das ingeweid zu durchfressen. Da ihm nun niemand helffen kont / wurd ein berümter Wundartzt / der sonst der Religion auch zugethan war / von Arelate zu ihm gefordert / mit namen Lamotteus: derselbige brachte es erstlich so weit / daß Minerius sein wasser widerumb lassen konte. Aber ehe er in der cur weiter fortfahren wolte / vermanete er in geheym disen Minerium mit vilen worten / daß er wol bedencken wolte / wo ihm solche grewliche strafen herkämen: nemlich von wegen des unschuldigen bluts / welchs er also mit grossem hauffen vergossen hette. Nun were es noch zeit umb Jesu Christi willen Gott umb vergebung zu bitten. Dises were die einige ursach / daß bißhero und noch täglich so vil bluts von ihm gienge. Dise Christliche erinnerung thet Minerio in seinem bösen gewissen vil weher / dann jm die kranckheit des leibes thete. Schrye derwegen nach alter gewonheit / der Wundartzt ist ein ketzer / greift jn an / ziehet jn eyn. Lamotteus aber / dem es lieber war / dann alles elt und belohnung / daß er disen Tyrannen also vermahnet hatte / kam davon / und fügt sich wider zu den seinen. Er wurd aber vom Minerio und seinen freunden / durch vil bitt und bürgschaft letztlich wider dahin gebracht / aber es war all zu spät. Dann Minerio, alsbald der Wundartzt wider ankommen / die verfluchte seel auß dem unflätigen maul außgiengt / mit welchem er noch kurtz zuvorn sehr grawsame und erschreckliche wort und geschrey geführet hatte. Es seynd auch nicht wenig von den befelchhabern und Redlinsführern in diser verfolgung bald hernach jämmerlich umbs leben kommen. Etliche sind ersoffen / etliche haben sich selbst untereinander gewürget und erstochen.

 

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698

Etliche Märtyrer zu Meaux

Dise statt ist fünf kleiner Teutscher meil von Pariß gelegen / und sind dazumal in derselbigen vil geweßt / die von dem grewel des Bapstthumb abgefallen / und sich zu der reinen lehr des H. Evangelii begeben / und auch endlich in einem besondern haus ihre versamlungen und predigten sampt des Herrn Abendmal daselbst gehalten haben. Es hat sich aber zugetragen anno 1546 am 8. Septemb. da sie an dem gewöhnlichen ort bey einander waren / und predig hörten / daß sie auß befelch der Obrigkeit seind uberfallen / und erstlich jr verordneter Prediger / Petrus Clericus, und neben ihm bey 62 andere manns und weibspersonen sind angegriffen / gebunden / und geenglich weggeführet worden. Under disen war auch ein jungkfraw / welche / da sie sahe / daß sie also tractiret wurde / nur darumb / daß sie sich in diser ehrlichen und gotseligen versamlung neben andern hette finden lassen / sprach sie zu denen von der Obrigkeit / die dazumal mit gegenwertig waren: Wann ihr mich in einem unzüchtigen frawenhaus / oder sonsten in einem unehrlichen schamlosen ort würde gefunden haben / so würdet ihr mich nicht also gebunden und von dannen weggeführet haben.

Obgemeldter Prediger Petrus Clericus / da er neben anderen / nach einer langwirigen gefengnus / von Pariß widerumb gen MEaus geführet ward / daß man ihn allda verbrennen solte / ritten zween von den obersten Sorbonisten Maillardus und Picartus auf jren mauleseln umb sie her / und unterstunden sie durch allerley geschrey von der götlichen warheit abfellig zu machen. Da aber dises geplerrs kein ende war: sagt endlich Petrus Clericus auß einem christlichen eyfer zu Picarto: Pack dich von uns Satan / und verhinder uns nicht in der betrachtung der grossen wolthaten / die uns Gott durch seinen sohn Jesum erzeiget hat / an welchem uns vil mehr gelegen ist / als an deinem geschrey.

Da man jnen in der folterung grewlich zusetzte / hat einer von ihnen die henckersbuben mit disen worten angesprochen: Nur dapfer darauff auf disen elenden leib. Verschonet seiner nit / der dem geist und seinem schöfer manichmal so widerspenstig gewesen ist.

Dieweil sich aber die Sorbonisten besorgten / daß sie zuvil reden möchten / in dem man sie zum fewer führete / haben sie befohlen jnen die zungen abzuschneiden. Derhalben alsbald man sie auß dem kercker herfür bracht hatte / ward von Stephano Magino erfordert / daß er die zung außstrecken solte / welches er auch bald gutwillig gethan hat. Und ist ihm also die zung abgeschnitten worden. Er aber / nachdem er das blut außgespeyet hatte / hat dreymal eben verständlich mit lauter stimm gesagt: Der Nam des Herren sey gelobet. Daß also auch zu unsern zeiten war ist worden / das Prudentius von seinem maryro Romano, der auch nach abgeschnittener zungen deutlich reden konnte / geschrieben hat / Christum loquenti lingua nunquam defuit: Das ist / Der vom Herrn Christo reden wil / dem wirds an der zungen nimmer mangeln.

Da dise fromme leute hingerichtet waren / ist obgemldter Sorbonist Picartus folgendes tags mitten auf dem marck aufgetretten / und under einem güldenen himmel aufs newe / nach seiner alten weise / angefangen auf die vorigen tages verbrennete Märtyrer zu schelten / zu sie zu vermaledeyen. Ja er schämete sich nicht mit außdrücklichen worten zu sagen / Daß es einem jeglichen / der selig werden wolte / zu glauben nötig were / daß die daselbst verbrennete ketzer in abgrund der Hellen von Gott verdamt und verstossen weren. Item / wenn ein Engel vom himmel käme / und anders sagte / dem solt man nicht glauben / sondern ihn verwerffen. Ja / sagt er / Gott selbst würde und müßte nit Gott seyn / wo er sie nit in ewigkeit verdammen solte. Es hat aber diser heuchler solches vil fromme leut / und sonderlich die freund und wittigen der entleibten nicht uberreden können. Denn sie sagten / So lang sie bey ihnen gelebet / und mit ihnen umbgangen weren / hetten sie nichts anders an ihnen gespüret / als Gottes forcht / gotseligkeit / aufrichtigkeit und ehrbarkeit. Solche leute aber gehören in den himmel / und nicht in die Helle.

 

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698

Johann Georg Müller – Noch einige Erzählungen vom Tode Protestantischer Märtyrer

Als Johann de Backer, ein 27jähriger Jüngling, dafür daß er (und er war ein Priester!) das Evangelium gepredigt, den Ablaß und den Cölibat verworfen und selbst geheirathet hatte, im Haag (1525) zum Scheiterhaufen geführt wurde, und im Vorbeigang neben dem Gefängniß seinen übrigen daselbst eingekerkerten Freunden zurufte, Muth zum Tode für das Evangelium zu fassen, stimmten diese freudigjubelnd die Hymnen an: Te Deum laudamus – O beata Martyrum solemnia! und fuhren damit fort, bis er, für seine Mörder gleich dem Stephanus betend, seinen Geist in den Flammen aufgab. Sein Tod machte so viel Eindruck auf die Zuschauer, daß die Inquisitoren es nicht rathsam fanden, das Trauerspiel an den übrigen Verhafteten zu wiederholen.

1532 wurden in Limburg sechs Personen aus Einem Hause, Vater, Mutter, zwo Töchter und ihre Männer auf einmal lebendig verbrannt. Auf ihrem Todeswege und im Feuer sangen sie einmüthig Psalmen und Lobgesänge bis auf ihren letzten Athemzug.

Als 1555 Ridley, Bischof von London, und Hugh Latimer, Bischof von Worcester, beide durch Wissenschaft und Tugend berühmt, in Oxford zusammen verbrannt wurden, rief Latimer, da er an den Pfahl gebunden wurde, Ridley zu: „Sey gutes Muthes, Bruder, wir werden dieses Tages eine Fackel für England anzünden, die, wie ich zu Gott hoffe, nie mehr auslöschen soll.

Sanders wurde in Coventry verbrannt. Die angebotene Gnade verwarf er auf die geforderten Bedingnisse, umarmte den Pfahl, und sagte: „Willkommen, Kreuz Christi! willkommen, ewiges Leben!

Hunter, ein 19jähriger Jüngling, entfloh der Verfolgung. Sein Vater wurde arretirt und mit dem Aeußersten bedroht, wenn er den Sohn nicht stellte. Dieser, da er es vernahm, stellte sich freiwillig, und wurde von dem barbarischen Ketzerrichter Bonner lebendig verbrannt.

Auch in den Schweizerischen Cantons floß das Blut der Bekenner der Evangelischen Lehre (Nachrichten hiervon s. in Ulrichs Miscell. Tigur. Vol. II. 1ff. in Füßlings Beiträgen II, 31.36.IV.56 und Hottingeri H.E. IX. 174-333.) 1528 wollte der Abbt zu S. Lucien bei Chur in Bündten durch ein allgemeines Blutbad alle Reformirten in der Stadt auf einmal umbringen, wurde aber verrathen und hingerichtet.

Doch genug. Wer wollte alle, oder auch nur die merkwürdigsten Schlachtopfer nennen, die den, vom Blut der Bekenner trunkenen, Bigotismus aufgeopfert wurden!

Geddes sah zu Lissabon einen, der Religion wegen, zum Tode führen, der seit einigen Jahren nie aus dem Gefängniß gekommen war. Als er zum erstenmal wieder die Sonne sah, rief er mit Entzückung aus: „Kann man dieses herrliche Gestirn ansehen und noch andere Wesen anbeten, als Den, der es geschaffen hat!“ Sogleich wurde ihm ein Bengel in den Mund gestoßen, damit er nicht mehr reden konnte.

Dem berühmten Marschall Schomberg nahm die Inquisition eine deutsche Bibel weg, die er als ein Geschenk seines Großvaters mit Thränen beklagte, aber ungeachtet der dringendsten Bitten nicht mehr zurückerhalten konnte.

Reliquien alter Zeiten, Sitten und Meinungen
Vierter Theil, enthaltend Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der Reformation
Herausgegeben von Johann Georg Müller
Leipzig, bei Johann Friedrich Hartknoch
1806

Pfarrer aus dem Breisgau

Blutzeuge 1525

Under andern dises jahrs wird auch gedacht eines fürnemen Dorfpastors im Brißgaw / welcher doch mit namen nicht genennet wird. Diser / da er in seinem alter zur erkantnus der warheit kommen war / hat sich bey ihm selbst verwundert / und gessagt: Du lieber Gott / wer solte jemals gedacht haben / daß so vil gelehrte / und für der welt heilige leut so vil jahr her solten geirret haben! Item / daß man so wenig von der heiligen Schrift vor zeiten solte verstanden haben? Ich zwar (sagt er von sich selber) hab das Evangelium zuvorn nie für wahr gehalten / dieweil ich sahe / daß wol vil darinnen stund vom creutz / verfolgung und schendlichem tod frommer Christen: Hierentgegen aber gab es die erfarung / daß den Priestern allerseit ihr fürhaben glücklich fortgieng / ja daß keiner / auch in einer gerechten sach / ohn grossen mercklichen schaden wider die Priester etwas fürnemen / oder auch ihre öffentliche landrüchtige laster hette strafen dörffen. Ja dieweil die Bischöff selbst ( welche ampts halben Gottes wort und des H. Geistes strafampt hetten erhalten und fortsetzen sollen ) vil grawsamer wider die verfechter der götlichen warheit sich verhielten / als weltliche tyrannen jemals hetten thun können. Nu aber kan ich / sagt er / an der warheit des Evangelii nicht mehr zweiffeln / dieweil ich augenscheinlich sehe / daß Christus die warheit im Evangelio zuvorn verkündiget hat. Dann nun werden täglich vil frommer Christen gegeisselt / ins elend vertrieben / gemartert / verbrennet / ersäuffet und erhencket. Welches alles gewisse anzeigungen der wahren lehr und eines wahren Christenthumbs seind / welche ohne creuz und verfolgung nicht wol in seinem flor seyn und bleiben können.

Da ihm auch die aufrürischen Bawren sein haus spoliert hetten / und nun davon wolten / hat er sie zuvorn mit weinenden augen / auch mit disen und dergleichen worten angesprochen: Ich verkündige euch zuvorn / liebe leut / daß ewer straf und endliches verderben und undergang nunmehr nicht weit seye. Dann wie kan ein solch unordentlich wüten und toben in die leng ein bestand haben? Ihr habt ganz und gar keine billichkeit noch gerechtigkeit in acht / und reisset / wie dieb und mörder / alles / helf recht / helf unrecht / zu euch. Gedencket ihr nicht / daß ihr alles / was ihr jetzund also mutwillig hinreisset und verwüstet / dermal eins mit ewerer grossen beschwerlichkeit werdet widerumb erstatten und aufrichten müssen? Hat auch jemals ein aufruhr ein glücklichs end gewonnen? Ir rümet euch zwar des Evangelii / welches ihr im munde führet / aber an eweren herzen / an ewern worten und wercken kan man nicht spüren / das mit dem Evangelio ubereinstimmen möchte: Nit Christi / sondern des leidigen Teuffels Evangelium ist / das euch lehret alles umbkehren / rauben / plündern und verheeren. Dann Christi Evangelion lehret / daß man allen menschen guts thun / aufruhr und meyneid vermeiden solle. Ich sage euch / so wahr als Gott lebet / daß ihr hiemit Gott den gerechten Richter zum grewlichsten erzörnet / der euch auch nit ungestraft wird davon kommen lassen. Es ist im Evangelio / von welchem ihr so vil geplaudert / geschrieben / Was du nit wilt / daß es dir geschehe / dasselbige thu du einem andern auch nicht / ec. Dise und dergleichen sachen führet er den aufrührischen bawren zu gemüt. Sie aber giengen mit dem raub davon / und sagten / Der alte Narr were nicht bey sinnen. Einer aber von den bawren / welcher für andern frecher und trotziger war / antwortet ihm und sagt /Ihr Pfaffen habt uns nu lang gnug mit der krämerey ewerer Messz und ewers Fegfewers geschunden: Nun kommen wir und holen dasselb unser gelt einmal wider. Schweig derhalben still Pfaff / du hast noch genug uberig. Christus selbst ist arm geweßt / und nicht gehabt da er sein haupt hinlegte. Du hast noch vil mehr dann Christus. Was wiltu denn mehr? Schweig / oder wir wöllen dir das haus uberm kopf noch darzu anzünden.

Diser trewe diener Christi ist hernachmals gefenglich eyngezogen / und ganz grewlich und jämerlich gemartert und geplaget / und endlich hinauß geführet worden / daß man ihn in der Breusch / welches auch geschehen / ersäuffen solte.

Auf welchem gang / da ihn die Messzpriester mit ihrer Beicht und anderm narrenwerck / wie bey ihnen gebräuchlich / widerumb irre machen wolten / hat er sie etlich mal gebeten / daß sie stillschwiegen wolten. Ich / sagt er / hab Jesu Christo dem Herren himmels und der erden meine sünd täglich bekennet / und darauff von ihm selbst die absolution empfangen / an welcher ich auch ganz und gar nit zweiffele. Heut wil ich meinem Heiland und Seligmacher zu einem angenemen opffer werden. Und hab auch in disem meinem leiden ein gutes Gewissen. Ihr andern aber / die ihr nach unschuldigem blut dürsteg seyt / und dasselbe so gern und vilmal vergiesset / möget wol zusehen / was ihr fürnemet / und wen ihr erzörnet. Dann warhaftig ist der HERR / der da herzen und nieren prüfet / und selbst saget: Mein ist die raach / ich wils vergelten. Ich hette dise meine dürre magere haut doch bald ablegen müssen: Warumb wolte ich sie dann nit jetzt vil lieber umb meines Erlösers und Seligmachers Jesu Christi willen verlassen? Darauff ist er in die Breusch geworffen worden / darinn er sich lang gerürt / und bald auch das wasser umbher blutrot worden ist / ohn zweiffel zur anzeigung / daß daselbst unschuldig blut auf den tag were vergossen worden.

Pfarrherr zu Mels

Blutzeuge 1524

Einer der zahllosen Märtyrer, von denen kein genauer Name überliefert ist.

Anno 1524 ist zu Mels / eine halbe Meil von Antorf / ein Pfarrer gewesen / der von dem Bapstthumb ist abgefallen / und das reine Evangelium seinen zuhörern fürgetragen / und derwegen einen grossen zulauf auß Antorf / und anderswoher gehabt hat. Diser da er von der Messe und von seinem vorigen Priesterstand redete / sagte er / Wir Pfaffen sind noch schlimmer und böser geweßt dann Judas. Dann Judas verkaufte den HERREN Christum ein mal / und liefert ihn auch also bald: Wir aber verkaufen ihn alle tag in der Messz / und liefern jn doch nimmermehr. Diser ist in obgemeldtem jar zu Antorf eyngezogen / und morgens frü vor tag / ohn allen gerichtlichen processz / in einen sack gestecket / und in die Scheld geworfen worden.

Robert Testwod

Blutzeuge 1543

Anno 1543. ist den 28. Julii zu Winsor in Engelland Robert Testwod ein Cantor / neben zween andern verbrennet worden / darumb / daß er einem Priester / der in der elevation seinen gott gar hoch erhaben / gesangsweiß gesagt hatte / Ey wie hoch ja noch vil höher sehet aber zu / daß er nicht einmal falle.

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698

Verfolgung der Christen zu Metz

Anno 1545 zur zeit der verfolgung der Kirchen zu Metz / wird auch ein Supplication an etliche Herren und Fürsten gesetzt / in welcher der leidige Bapst genennet wird ein bodenloser kolck aller gotslästerung / eine offene helle / darauß Jesus Christus verläugnet und verflucht wird. Ja er ist / sagte sie / ein todfeind der gantzen Christenheit / ein zerstörer des glaubens an Christum / der seine gnade und gerechtigkeit / so vil an ihm ist / vernichtet / und der Christlichen Kirchen all ihr gestalt / ordnung und ansehen genommen / und alle warheit außgeleschet hat. Ja er ubertrift weit alle gotslästerer / tyrannen / bluthunde und feinde Gottes / die sich jemals wider Gott und seine Gemein aufgelehnet haben. Ja da er schon der Teufel selbst ist / so hat er sich dennoch zu einem Gott gemacht / und wil für einen irdischen Gott angebetet und geehret seyn. Derwegen auch kein stand auf dem gantzen erdboden Gottes raach und straf würdiger ist / als eben der Bapst.

Diser Christlichen Kirchen zu Metz diener war herr Guilielus Farellus, welcher vilmals schriftlich und mündlich bey der Obrigkeit desselbigen orts angehalten / geflehet und gebeten hatte / daß man der lehr des H. Evangelii allda raum geben wolte. Aber die Obersten und Regenten derstelben statt haben sich diser hohen gutthat selbst unwürdig gemacht. Und wie die Gergesener von wegen der verlornen säwe / den Sligmacher der welt gebeten haben / daß er auß ihren grentzen entweichen wolte. also haben auch die Obersten zu MEtz dazumal Farellum gebeten / daß er doch Gottes wort von dem wege der ewigen seligkeit in ihrer statt nicht mehr predigen wolte. Darauff ihnen dann auch diser trewe und eiferige diener Gottes under andern vermahnungen auch dises geweissaget hat: Es wird einmal eine zeit kommen / daß ihr an stat des Herren Christi / der sich euch jetzt so freundlich mit allen seinen wolthaten anbeut / ewinen tyrannen werdet haben müssen / der euch ewer freyheit nemen / und euch gentzlich zu knechten machen wird. Welche freyheit ihr euch jetzt besorget zu verlieren / wann ihr den Herren Christusm mit seinem Evangelio auf und annemen soltet. Welche weissagung jnen hernach nur allzu wahr worden ist.

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden. Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen. Gedruckt zu Herborn / 1698