Umb dise zeit ist auch in der Französischen Provinz die schreckliche verfolgung wider die armen leut / so man Waldenser nennet / und sonderlich die eynwohner zu Merindol und Cabriera ergangen / in welcher nicht nur zween oder drey / sondern ein gantzes volck / und ein grosse anzahl allerley männer und weiber / jung und alt / ja auch kinder und säuglinge / sehr jämerlich auf allerley art und weise umb ihr leben kommen seind / wie solches in der gantzen historia zu ersehen.
Dise leute sollen etwa vor 200 jahren auß Piemont in die Provinz kommen seyn / und daselbst einen unbewohnten / unfruchtbaren ort lands eyngenommen / und denselben mit fleissiger langwiriger arbeit durch Gottes segen so lustig und fruchtbar gemacht haben / daß an wein / öl / mandeln / getreid und anderer notturft die fülle allda gewesen ist. Auch haben sie darneben allezeit ein geringen / jedoch zimlich kreftigen samen der wahren gotseligkeit und Religion behalten. Darumb sie auch schier von jederman verhasset / und mit verhaßtem namen schier anrüchtig sind gemacht worden. Bey Leon hieß man sie die armen von Leon: In den Polnischen und Liefländischen grentzen die Lollharden: In Flandern Turrelupins / daß sie im feld bey den wölffen ihr ablager hetten: In Delphinat Chagnard / daß sie ohne häuser / bey dem sonnenschein in wüsten abgelegenen orten sich verhielten. Der name aber / damit sie waldenser seind genennet worden / ist der allergebreuchlichste / und bey jederman so lang verhaßt gewesen / biß so lang der Lutherische nam aufkommen / welcher so abschewlich verhasset und verflucht bey jedermenniglich worden ist / daß deßgleichen zuvor nie kein name gewesen ist. Sonst hat Gulielmus Bellatur / nach fleissiger erkündigung / selbst bey dem König Francisco diß zeugnus disen leuten gegeben / daß sie zu frid und einigkeit lust hetten / gegen jederman lieblich und freundlich / und in ihren geschäften und handthierungen gerecht und warhaftig weren / daß sie jederman bezahlten was sie schuldig weren / wann schon alle handschriften verloren / und sie von niemand besprochen oder gemahnet würden. Sie aber forderten niemand für gericht irgend umb einer schuld willen. Dem raisenden mann und armen leuten theten sie alles guts. Man hörete bey jhnen kein fluchen oder schweeren / kein unflätige wort. Ja der Teuffel wurde von ihnen nicht genennet. Wann sie etwa in einem ort waren / dan man sich der gotslesterung / oder anderer uppigkeit gebrauchte / so giengen sie von dannen. Wann sie in den umbligenden stätten zu marck kommen mußten / so giengen sie nicht leichtlich in die Kirchen / da Messz gehalten wurde / oder wann sie ja dareyn kamen und beteten / so hielten sie doch ihr angesicht allezeit von den götzen abgewendet. Sie opfferten keine liechter / sie küsseten den götzen die füsse nicht / sie wolten kein heiligthumb ansehen / sie verehrten kein crucifix / geben kein gelt für die Messz / fragten nach keinem weihwasser / wallfahrt / ohrenbeicht. Ja wann sie für einen heller vergebung der sünde von dem Priester kauffen könten / so theten sie es doch nicht. Wann es donnerte / so segnete sie sich nit mit einem creutz / sondern seufzeten mit aufgehabenen augen gen himmel / oder knyeten nider / und theten ihr gebett. Sie gaben auch nichts zu liechtern / oder anderm Kirchengesprechng ins becken / sondern was sie ersparen konten / das behielten sie zur notturft der armen.
Aber dises alles ungeachtet / sind die frommen leut aufs eusserste geplaget und verfolget worden. Insonderheit aber ist in diser histori denckwürdig / was von einem Dominicaner Mönch / Joanne de Roma / vermeldet wird / welcher für andern dise arme leut grausamlich gemartert und gepeiniget hat. Diser Joann de Roma hatte mancherley sonderliche art und weiß erdacht / mit welcher man dise arme Christen nur wol martern und plagen möchte. Under welchen dise die mercklichste war. Er ließ stiffeln mit heissem öl oder schmaltz füllen / dieselbigen mußten die guten leut uber die füsse ziehen. Darnach ließ er sie rücklings auf eine banck binden / also daß ihnen die füß mit den stiffeln uber einem zimlichen fewer hengeten. Und alsdann pflog er sie zu examiniren / und darnach jämmerlich hinrichten lassen. Diser Mönch ist hierüber in des Königs Francisci grosse ungnad kommen / der ihn auch wiederumb zu tödten befohlen hatte / wo er nicht heimlich davon kommen were. Er hat aber der raach Gottes nicht lang entgehen können. Dann er alsbald in eine so schreckliche und unerhörte kranckheit gefallen ist, daß ihm niemand keine artzney oder linderung hat beybringen können. Es konte auch niemand / auch von seinen Ordensbrüdern / von wegen des stancks / der von seinem leib entstundt / bey oder umb ihn bleiben. Ja er konte endlich seinen eigenen stanck selbst nit ertragen / da ihm sein leib allenthalben voll eitergeschweeren und würme wurd. Daß er also auß ungedult / und unleidlichem schmertzen rief und schrye: Wer wil mir entweder helffen / oder mich umbbringen? Ja wann er so vil macht gehabt hette / so hette er sich selbst umbs leben gebracht. Und ist also diser gotlose tyrannische Mönch in solchem schmertzen und verzweiffelung jämmerlich dahin gefahren. Da er tod war / wolte ihn niemand anrühren / oder zur erden bestatten. Biß ihm endlich einer von den new ankommenden Mönchen einen strick umb die füß gebunden / und ihn also ins grab geschleppet und verscharret hat.
Es hat sich auch in diser frommen leut verfolgung ein zeitlang gebrauchen lassen der Herr von Reuest / und oberst Praesident des Parlaments zu Aix. Welcher auch kurtz hernach in eine so grewliche und schreckliche kranckheit und unsinnigkeit gerahten ist / daß niemand / auch seine eigne Haußfraw / nit hat zu jm dörfen komen. Und ist diser auch also in seiner unsinnigkeit toll und rasend dahin gestorben.
In diser verfolgung ist den feinden der Evangelischen warheit under andern auch dises fürgehalten worden: Es gieng jetzt die vermeynte Geistliche und Weltliche Obrigkeit mit den genanten Lutheranern gantz und gar also und nicht anders umb / als vorzeiten die Hohenpriester / Schriftgelehrten und Phariseer mit dem Herren Christo selbst / und seinen Aposteln umbgangen weren.
In der histori diser verfolgung wird auch eines Bischofflichen Banckets gedacht / welches ich nicht hab ubergehen wollen. Es hatte der Bischoff von Ricus zu Avenion ein herrlich Bancket zugerichtet / zu welchem er vil geistliche Herren und Prelaten geladen hatte / und daß er dieselbigen in jhrer grossen mühe und beschwerung / die sie in versorgung der Christlichen Kirchen täglich außstehen / einmal desto bequemer ergetzen und erquicken möchte / hat er die allerschönsten und berühmtesten frawen zu Avenion auch zu gast geladen. Als nun die mahlzeit geschehen / und man auf gut Prelatisch genugsam gedantzet / gespielet und hofieret hatte / und die zarten Herrlein lust hatten auch das abendessen allda zu halten / wolten sie sich gegen dieselbige zeit etwas vertretten / und mit den jungen frawen spatzieren gehen. Nam derhalben ein jeglicher von jnen sein frawlein und die achsel / und giengen also mit einander durch die Dischergassen. Allda wurden sie eines krämers gewar / der die aller ehr und schamloßten karten und gemälde / als sie irgend mochten gefunden werden / feil hatte. Und stunden auch under denselben gemälden allerley geile / leichtfertige / unzüchtige reimen. Dise fleischliche uppige wahr gefiel disen geistlichen kauffleuten so wol / daß sie alle mit hauffen zufielen / und ihm auf einmal alle dieselbigen karten abkauften / und ihm dafür gaben was er nur haben wolte. Und obwol derselben unfläterey so vil war / daß ein maulesel gnug daran zu tragen gehabt hette / so hetten doch dise keusche Bischoffe gern noch mehr davon gehabt. Ja wann etwas in denselben gemälden dunckel und unverständlich war / das wußten dise spitzfindige hochgelehrten ihren Damosellen fein deutlich zu erklären / und wol darüber zu lachen.
Es hatte auch in derselben gassen ein frembder Buchführer seinen laden / in welchem unter andern vilen büchern auch die Lateinische und Französische Bibel feil war. Da das die Bischoff innen worden / haben sie den Buchführer also bald gefragt / wie er dazu käme / daß er solche bücher an einem solchen ort feil haben dörfte? Der Buchführer fragt sie widerumb / Ob nicht mehr an der H. Bibel gelegen were / als an den schönen bildern / die sie kurtz zuvor ihren frawlein mit haufen gekauft hetten?
Da er kaum das wort gesagt hatte / sprach der Bischoff von Aix / Ich wolte wol mein theil des himmelreichs verschweeren / wo diser Buchführer nicht ein Lutheraner ist / und ließ jn alsbald darauf angreiffen. Da kamen in eil ein haufen loser haluncken zusamen die jn anfielen / und schryen / Dapfer zu / dapfer zu auf disen Lutheraner / zum fewer / zum fewer mit ihm. Unter dem erbärmlichen hinschleppen schlug ihn einer ins angesicht / der ander zog ihn beym haar / und warf ihn schier zu boden / der dritt ropft ihm den bart auß / daß er blutrustig wurd / ehe dann er noch ins gefangnis gebracht wurd. Des folgenden tags wurd er fürgestellet / und wann es bey den geistlichen gestanden / were er alsbald zum fewer verurtheilet worden. Aber der Richter Laberius wolte so bald nit darbey bewilligen / und thet disen vorschlag / wann der gefangene die gegenwertigen Bischoff und Prelaten für trewe und waare pastores und Seelenhirten dier Kirchen Gottes erkennen und halten wolte / so solte er auf dißmal mit dem leben davon kommen. Aber der Buchführer antwortet / Er könte solches mit gutem gewissen nicht thun / dieweil er in der that erfahren / daß sie mehr von unzüchtigen / ehr und schamlosen bildern / gemälden und liedern hielten / und sie lieber hetten als Gottes wort. Darumb er sie auch vil billicher für Bacchi und Veneris Priester / dann für Pastorn der allgemeinen Christlichen Kirchen halten müßte. Darauf ist er von stund an zum fewer verdammet und hingeführet worden. Sie hetten jm aber zum zeichen der ursach seiner verdamnis zwo Bibeln / die ein vornen für die brust / die ander hinden auf den rücken gehenget / die also mit ihm mußten verbrennet werden.
Da es aber vilen wehe thete / daß man nicht allein den menschen / sondern auch der Heiligen Bibel solche unehr anthete / und sichs ansehen liße / daß wohl ein aufruhr hierauß entstehen möchte: als haben sie zu einem schreck in der stat und umbligenden land als bald außruffen lassen / daß alle die jenigen / die in Französischer sprach bücher hetten / in welchen Jesu Christi / auf waserley weise es geschehen möchte / gedacht würde / daß / sag ich / alle diejenigen solche bücher an einen gewissen ort bringen / und den dazu verordneten uberantworten solten / mit der verwarnung / wonn soclhe bücher nachmals bey jemands gefunden wurden / daß dieselbigen gleicher weise / wie vorgemelter buchführer / am leben solten gestraft werden.
In obgemelten Bancket hat sich auch begeben / daß eine von den schönen frawen / die mit zu gast geladen waren / uber tisch den Praesidenten Chaffaneum gefragt hat / ob er das decret / so newlich uber die Lutheraner zu Merindol beschlossen / nicht bald ins werck zu stellen willens were? Uber welcher einem weib ubel anstehenden frag (auf welche auch der Praesident zu antwerten selber sich schemete) also bald allerley reden gefallen sind. Sonderlich aber hat ein fürnemer mann / mit namen / / Bellojocius / / gesagt / Er könte nicht gläuben / daß so ein Türckisch und Barbarisch urtheil im Parlament solte gefellet seyn / sonderlich dieweil uberall bewußt / daß die von Merindol ehrliche / aufrichtige / und von natur gute fromme leute weren. Darauf vorgemelte Herodias widerumb sagt: Ich wußte zuvor wol / daß es disen ketzern an vertheidigern und patronen auch an disem ort nicht mangeln würde. Wolte Gott / daß alle Lutheraner / so in der Französischer provinz sind / an der stirn möchten ein horn haben / so würde es uns allenthalben an Cornuten nicht mangeln. Darauf als bald widerumb Bellojocius gesagt / Wolte Gott / daß alle Pfaffenhuren schnatterten wie die gänse / so würde man vor dem schnattern nirgend bleiben können. Auß welchen worten auch allerley gesprech entstanden sind. Entlich hat einer von den Rähten Bellojocio eyngeredet und gesagt / sie weren nit zanckens / sondern frölichkeit halben allda beysamen / Darumb solte er disen zanck bleiben lassen. Er wolte ihm auch drey gute lehr geben / die ihm sein lebenlang können nutz seyn / wo er sie in acht haben wolte. Die erste lehr war dise / daß er keinem Lutheraner mit raht oder that jemals solte behülflich oder dienstlich seyn. Die ander / daß er keinem fürnemen weib eynreden / oder es an seinem verlangen und fürhaben hindern solte. Die dritte / daß er an der Priester und gantzen Clerisey lehr und leben / es were so böß als es immer seyn könte / nichts tadeln oder reformiren solte / dieweil geschrieben stündt / Ihr solt meine gesalbten nicht anrühren. Darauf ihm dann auch Bellojocius nach gebür geantwortet / wie in der historia zu finden.
Unter den verfolgern der armen Christen zu Merindol ist auch der sonst weitberühmte Jurist / / Chaffaneus / / gewest / welches buch / genant Catalogus gloriae mundi / noch von vilen gelesen wird / in welchem auch dise histori sol zu finden seyn. Es hetten im gebiet Leuffen / die meuse / so allenthalben mit grossen haufen auß der erden herfür kamen / grossen schaden am korn und anderm getreyd gethan / und war von den meusen noch mehr schadens zu besorgen. Derhalben wurd beschlossen / daß man dise klage uber die meuse an den Official des orts solte gelangen lassen / und begeren / daß er die meuse dises grossen schadens halben excommunicirn , oder in den bann thun solte. Der Official aber hat solches so plötzlich nicht thun wollen / ehe dann die meuse zuvorn offentlich citirt und gewarnet weren worden. Wo sie auf die bestimte zeit nit erscheinen / daß man alsdann wider sie procedirn solte. Und ist also die erste und andere citation auch vom Predigtstul ergangen: Und da die meuse nicht erschienen / hat der Fiscal abermal begehret / mit der meuse excommunication und bann fortzufahren. Da hat sich obgemeldter Chaffaneus, der damal in Burgund Königlicher Advocat war / selbst in die sach geschlagen / und auß den Rechten dargethan / daß die vorigen citationes der meuse nicht bestehen möchten. Dazu were der angesetzte termin / in so einer hochwichtigen sache vil zu kurz gewesen / und doch darüber weren in allen dörfern / stetten und heusern so vil katzen / die der meuse abgesagte feinde weren / Und dieweil sie also not halben hetten müssen außbleiben / daß man sie auch in contumaciam mit billichkeit nit verdammen könte. Ja er brachte in diser lächerlichen sach auch vil sprüch auß der H. Schrift herfür / mit welchen er die meuse vertheidigen wolte. Dises alles hat der Herr von Alenz dem Chaffaneo weitläuftig fürgehalten / da er mit dem kriegsvolck schon auf dem wege war / die obgemeldten Christen außzurotten und zu vertilgen / und jn darauf erinnert / und gefragt / Ob er nicht gegen dise arme betrübte menschen / ja ein gantzes volck / da so vil junger unschuldiger kinder unter weren / noch vil mehr solche billichkeit / glimpf und bescheidenheit zu brauchen schuldig were / dieweil er vor zeiten auch den unvernünftigen meusen dieselbe nicht hette versagen wollen? Und ist dazumal Chaffaneus durch dise erinnerung bewogen worden / von seinem fürhaben abzustehen / da er doch schon im anzug war / und in dreyen stunden gen Merindol hette kommen mögen. Ist auch kurtz hernach gehlings tods gestorben. Und haben also die guten leute noch eine zeitlang frist gehabt / in welcher sie ihres Glaubens bekantnus fein rund und deutlich haben stellen lassen / und sie der Obrigkeit ubergeben / daß sie also auch in der Theologen hände kommen mußte.
Und sonderlich wird des Cardinals Sadoleti geacht / der in obgemeldter bekantnus nichts besonders hat tadeln können / und sich auch durch brief / alles guten wider dise leute vernemen lassen. Item eines Doctorn in der Theologia, dem vorgemeldte bekantnus / sie zu examiniren und zu erwegen / ubergeben war worden / welcher gesagt hab: Er hette sein lebenlang nicht so vil auß der heiligen Schrift gelernet / als die acht tage uber / in welchen er die Bibel hette durchschlagen / und die allegata auß der heiligen Schrift hette nachsuchen müssen.
Da der Bischoff von Cabbelion die leut zu Merindol uberreden wolt / daß sie nur den Glauben und das Vatter unser Lateinisch lernen und daher sagen / und sonst andere Catechismos und außlegung solten bleiben lassen / dieweil man auch vil Bischoff / Pfarrer / ja auch wol Doctores Theologiae fünde / denen es schwer were das Vatter unser und den Glauben nur etlicher massen außzulegen und zu erklären. Darauf hat der Amptman zu Merindol Meynard gefragt / Was es dann nutz were / daß einer wie ein Pfittig oder Papegey / dise unverstande wort hinplaudere / Pater noster, und Credo in Deum. Ja sagte er / Der es thete / der were ein lügner / un spottete unsers Herrn Gottes / und wüßte doch nicht / was diser wort inhalt und meynung were.
Hernach ist es so weit kommen / dieweil der Bischoff die knaben zu Merindol von ihrem Glauben zu fragen selbst nicht understehen dorfte / daß man ihnen vergönnet hat / sich selbst undereinander zu fragen / und zu antworten. Welches sie auch mit grosser verwunderung aller die darbey geweßt / gethan haben: und hat einer von den Geistlichen / der newlich von Pariß widerkommen / den Bischoff mit disen worten angesprochen: Ich muß mit warheit bekennen / daß ich zu Pariß in der Sorbona manchmal den Theologischen disputationibus beygewohnet hab / aber auß allen denselbigen niemals so viil frucht und nutz erlanget / als ich jetzt auß diser kinder underredungen / und ihren fragen und antwortungen in diser kurtzen zeit erlanget hab. Darauf ihm einer Wilhelm Armantius geantwortet / Weistu nit / daß Christus im Evangelio seinem vatter darumb dancket / daß er solches für den weisen und klugen verborgen / und den unmündigen kindern offenbaret habe?
Da aber vilgemelter Bischoff sie uberreden wolte / sie solten jre bekantnus nur zum schein verschweeren / auf daß sie darnach desto sicherer seyn möchten: haben sie solchs in keinen weg thun wollen / sie würden dann auß Gottes wort eines irrthums uberweiset / und sagten / Es neme sie wunder / daß sie der Bischoff zwingen wolte / daß sie Gott und den menschen liegen solten.
In diser verfolgung ist under vilen andern auch ein jüngling an einen ölbaum gebunden / und mit pfeilen und kugeln jämerlich durchschossen und getödtet worden. Seine letzten wort waren: Lieber Herr Gott / Dise leut berauben mich wol meines elenden und arbeitseligen lebens / aber du wirst mir durch deinen sohn Jesum ein ewiges leben wider geben / Dem sey lob und danck in ewigkeit.
Viertzig weiber / under welchen auch die meisten schwanger waren / hat man in eine schewre zusammen getrieben / und verschlossen / und darnach die schewer an allen vier winckeln angezündet. Als sie aber in der schewren ein jämerlich geschrey getrieben: hat sich ein kriegsknecht darüber erbarmet / und ihnen die thür geöfnet. Da sie aber heraußkommen waren / hat sie vilgemeldter Praesident dennoch in stücken zerhawen / ja sie aufschneiden / und ihnen die frucht auß dem leibe reissen / und mit füßen tretten lassen. Etliche waren mit weib / jungkfrawen und kindern in die Kirchen geflohen / die darinn alle seind erwürget und gemetzget worden. Sonst waren die armen leut / da sich der feind herzu nahete / wie die verschüchten lämmer / mit hauffen in ein gehöltz zusammen gelauffen / mit grossem zittern und zagen / dieweil sie in der eussersten not waren : da man sie all ihres gutes berauben / ihre wohnungen anzünden / und sie auch noch darzu samt weib und kind erwürgen und ermorden wolte / und sie solches alles mit ihren augen anschawen mußten.
Es seind aber dise fromme leut in diser eussersten gefahr von ihren Eltesten und Seelsorgern mit nichten verlassen worden. Dann sie ihnen aufs trewlichste beygestanden und sie getröstet / und wider den tod hertzhaftig gemacht haben / der eine auf dise / der ander auf eine andere weise. Der eine vermahnete sie / daß sie in so grosser not die augen von der erden / und allen irdischen dingen abwenden / und gen himmel erheben / und Gott von hertzen umb einen starcken Glauben / und wahre bestendigkeit bitten solten / auf daß derselbige jr Glaub für keinem schwert / büchsen oder fewer erschrecken möchte. Ja / sagt er / bittet den lieben Gott / der uns vormals so fot geholffen / daß er nun auch in diser eussersten not / da wir seiner hülff am meisten bedörffen / nicht verlassen / sondern uns beystehen und helffen wölle / daß seyn götlicher name beyde im leben und sterben von uns geheiliget und gepreiset werde.
Der ander vermahnete sie / daß sie mit gedult jren willen in Gottes willen ergeben solten / der zu seiner zeit dise verfolger wol würde zu finden wissen. Dann / sagt er / himel und erden werden uns zeugnus geben / daß uns unrecht geschehen seye. Bittet derwegen den lieben Gott für allen Dingen / daß er uns nicht so sehr von disen leiblichen feinden / sondern vil mehr von den geistlichen feinden / die vil böser und schädlicher seind / erretten wolle / als da seind die Sünd / der Tod / der Teufel / die ewige verdamnus / der zorn Gottes. Wann wir die feind werden uberwunden haben / so können wir mitten im tode das waare leben und seligkeit haben und behalten. Wann wir schon wandern im schatten des todes im finstern thal / so fürchten wir uns doch nit: Dann der Herr ist unser hülff. Was wollen uns menschen thun? Den frommen muß im leben und tod alles zum besten gelangen und gedeyen. Lasset uns nit fürchten für denen / die den leib tödten / die seel aber nicht tödten können. Lasset uns alle zeit im hertzen haben den außspruch Christi / Wer biß ans ende verharret / der sol selig werden.
Ein anderer sagte / Der allmächtige himlische Herr und vatter / der alles kan / was er wil / der wird nicht zulassen / daß ein härlein von unserm haupte falle ohne seinen willen. Lasset uns aber für allen dingen fleissig beten / daß uns der Herr stercken und trösten wolle / dises uns aufgelegte creutz mit gedult zu ertragen. Der trunck dises kelchs wird uns in dem mund etwas bitter schmecken / aber davon wird unser gantzer leib genesen. Der Herr wird verschaffen / daß das end diser verfolgung gut sey / ob wol der anfang scheinet böß zu seyn. Der Herr weiß besser / was uns nütz und nötig sey / als wir selber. Dem fleisch grawet zwar allezeit für der verfolgung / und wil sich nicht gern under den willen Gottes ergeben / daß er es mit uns mache / wie es ihm gefällig ist. Diser versuchung zu widerstreben / lasset uns ergreiffen das schwert des worts Gottes / und gewiß glauben / daß er allmächtig sey / und daß niemand seinen willen verhindern könne. Lasset uns derwegen nicht all zu sehr trawren / daß uns dise leut unverschuldter sachen mit weib und kind / wider Gott und alle billichkeit / tödten wollen: Sondern gewilich dafür halten und glauben / so es Gottes will ist / daß er uns entweder alle / oder ja etliche under uns beym leben erhalten und erretten wil / daß jm hierin niemand widerstand werde thun können. Oder wil er auch / daß wir alle sterben sollen / so lasset uns deßhalben nicht zu sehr trawren. Dann uns unser himlischer vatter ein andere vil herrlichere wohnung zugerichtet hat / nemlich das ewige himelreich. Dise bleibende und ewige statt und wohnung lasset uns mit ernst suchen / in welcher wir uns keiner verenderung / armut / elends / trawrigkeit und bekümmernus mehr zu gewarten haben / sonder nur ewige freud / herrlichkeit und seligkeit. Under deß muß ein jeder sein bescheiden theil auß disem kelch trincken: Aber unsere verfolger müssen die bittere dicke hefen außsauffen und daran ersticken. Lasset uns in diser unser trawrigkeit frölich seyn / dieweil wir gewiß wissen / daß unser trawrigkeit in freude sol verwandelt werden / und daß die zeit kommen wird / daß wir widerumb lachen / sie aber mit heulen und zeenklappern in ewigkeit werden weynen / achtzen und wehklagen müssen. Frewet euch / ewer lohn wird im himel groß seyn. Auf solch und dergleichen weiß ist die gemeine derer zu Merindol in ihrer eussersten lebensgefahr von ihren Eltesten und Kirchendienern getröstet und gestercket / und so zu sagen / zum tod vorbereitet worden.
Es haben sich auch die leute zu Cabriera durch underhändler beym Praesidenten erbotten / sie wolten alle das ihre verlassen / wann man sie nur in einem hembd mit weib und kind wolte davon ziehen / und sich etwan in einen andern ort / den ihnen Gott der Herr weisen würde / wolte nidersetzen lassen. Aber der Praesident antwortet disen unterhändlern sehr unfreundlich und unbescheiden und sagt: Ich weiß gar wol / wie ichs mit ihnen machen sol / Es sol ihrer auch nicht einer auß meiner hand entrinnen. Ich wil ihnen ein land eyngeben / das heißt das hellische fewer / darin sie bey allen Teufeln mit weib und kind wohnen sollen. Und ist also dises gantze volck unverhörter sach wider Gott und alle billichkeit / ohn alle genad und barmhertzigkeit / mit hauffen (ohn daß ihrer bey 800 auf die galeen seind verschickt worden / und hetten also auch lieber tod seyn mögen ) außgerottet und vertilget worden. Und hat diser gotlose Praesident an dem ort noch dazu ein seul aufrichten lassen / in welcher der tag und das jahr mit eyngehawenen buchstaben zur ewigen gedechtnis vermeldet ward / darinn ein solch mannlich that war verrichtet worden. Es ist auch dise unerhörte und unmenschliche grausamkeit hernach von Keiser Carolo V. dem König auß Franckreich Francisco auf einem offentlichen Reichstag zu unehren verwißlich fürgeworffen und aufgerucket worden. Derwegen sein sohn Henricus II. zum schein ein Inquisition gegen solche verfolgung angestellet / die doch bald mit dem schnee abgangen und verschwunden ist.
Damit aber ist Gott dem allmächtigen seine hand nit verkürtzt worden. Welcher dann auch seine raach an vilen diser guten unschuldigen leute verfolgern augenscheinlich hat sehen lassen / und sonderlich an dem Judensohn Joanne Minerio, dem obersten Praesidenten des Parlaments in der Provintz / welcher nach dem abgang Chaffanei dises blutbad sonderlich getrieben und ins werck gestellet hatte. Dann er mit einer unerhörten kranckheit von Gott ist angetastet worden / sein stulgang / mit gunst zu melden / war nichts anders dann blut. Sein wasser kunte er nicht lassen / davon ihm dann das gemächt / und was dem angehörig / anfieng zu verfaulen. Auch fiengen die würm an ihm das ingeweid zu durchfressen. Da ihm nun niemand helffen kont / wurd ein berümter Wundartzt / der sonst der Religion auch zugethan war / von Arelate zu ihm gefordert / mit namen Lamotteus: derselbige brachte es erstlich so weit / daß Minerius sein wasser widerumb lassen konte. Aber ehe er in der cur weiter fortfahren wolte / vermanete er in geheym disen Minerium mit vilen worten / daß er wol bedencken wolte / wo ihm solche grewliche strafen herkämen: nemlich von wegen des unschuldigen bluts / welchs er also mit grossem hauffen vergossen hette. Nun were es noch zeit umb Jesu Christi willen Gott umb vergebung zu bitten. Dises were die einige ursach / daß bißhero und noch täglich so vil bluts von ihm gienge. Dise Christliche erinnerung thet Minerio in seinem bösen gewissen vil weher / dann jm die kranckheit des leibes thete. Schrye derwegen nach alter gewonheit / der Wundartzt ist ein ketzer / greift jn an / ziehet jn eyn. Lamotteus aber / dem es lieber war / dann alles elt und belohnung / daß er disen Tyrannen also vermahnet hatte / kam davon / und fügt sich wider zu den seinen. Er wurd aber vom Minerio und seinen freunden / durch vil bitt und bürgschaft letztlich wider dahin gebracht / aber es war all zu spät. Dann Minerio, alsbald der Wundartzt wider ankommen / die verfluchte seel auß dem unflätigen maul außgiengt / mit welchem er noch kurtz zuvorn sehr grawsame und erschreckliche wort und geschrey geführet hatte. Es seynd auch nicht wenig von den befelchhabern und Redlinsführern in diser verfolgung bald hernach jämmerlich umbs leben kommen. Etliche sind ersoffen / etliche haben sich selbst untereinander gewürget und erstochen.
Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.
Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.
Gedruckt zu Herborn / 1698