Christoph Pescheck, ein Beispiel der Grausamkeit der Jesuiten gegen die Böhmischen Protestanten.
Als in Böhmen die Jesuiten im 17ten Jahrhunderte den Protestantismus zu vernichten versprochen hatten, konnten nicht alle Evangelische durch die Flucht ihrer Tyrannei entgehen. Wer aber in ihre Hände fiel, musste unendlich Viel dulden. Welches Verfahren man sich erlaubte, zeigt die Geschichte des Märtyrers Christoph Pescheck. Er war ein alter frommer Bauer zu Grusitz. Hart genug war schon das Schicksal, im Alter noch den längst der Familie gehörenden Heerd verlassen und den Wanderstab ergreifen zu müssen. Aber seine Rettung gelang nicht einmal. Die Flucht, die er vorhatte, ward verrathen; die Jesuiten liessen ihn des Nachts in seinem Hause überfallen, wie einen Räuber gefangen setzen, und warfen ihn, in Waldsteins Grafschaft, ins tiefste Loch des Hradeck, wo er Hunger, Durst, Unreinlichkeit und Noth aller Art ausstehen musste. Doch sein reines Gewissen gewährte ihm Muth und Trost. Die Jesuiten fragten ihn wiederholt, ob er denn nicht zur Römisch-Katholischen Kirche zurücktreten wolle? Doch freimüthig erwiederte er: Ich kann Nichts gegen Gottes Wort bekennen und unmöglich auf die Päpstliche Religion sterben.
Nach Verfluss einiger Zeit ward der Unglückliche abermals aus seinem Loche hervorgezogen, und es erging die Frage an ihn, ob er sich denn noch nicht wolle rathen und sich warnen lassen, oder ob der Teufel sein Herz so ganz und gar eingenommen habe, dass es nicht bewegt werden könne! O, ihr lieben Leute, erwiederte Pescheck, ich habe mit dem Teufel Nichts zu schaffen, sondern halte mich zu meinem Herrn und Erlöser, Jesu Christo, der für meine Sünden gestorben und um meiner Gerechtigkeit willen wieder auferstanden ist. Der ist, sagten die Jesuiten unter einander, würdig, dass er sollte verbrannt werden. Da antwortete der geängstigte fromme Greis: O, dass mich Gott von dieser Welt wollte wegnehmen, dass ich nicht länger dürfte solche Gotteslästerungen anhören! Nun wandte er sich zu seinen Verfolgern und rief: Meint ihr Herrn Patres, dass ihr eine rechtmässige Sache habt, mich zu verbrennen?
Die rührende Weise, wie er Solches aussprach, und sein hülfloses Alter rührten jetzt mehrere Umstehende zu Thränen. Die Theilnahme erzürnte die Lojoliten noch mehr; es ward der Carcerknecht gerufen, welcher auch die Leibesstrafen zu vollziehen hatte. Von diesem musste der „herz- und schmerzbetrübte Mann“ sich peitschen und wieder in sein Loch werfen lassen.
Der Zorn der Lojoliten liess ihn nun ein ganzes Jahr, bis auf nachfolgende Osterzeit, schmachten. Jetzt ward er wieder hervorgeholt und auf dem Schlosse eine scharfe Inquisition wider ihn angestellt, der auch der Dechant beiwohnen musste. Die Tortur sollte jetzt einen Katholiken aus ihm machen. Vergeblich! Doch er war so matt von den erduldeten Qualen, dass er weder zu stehen, noch zu reden vermochte. Man gewährte ihm zwar nun ein leidlicheres Gefängniss, aber er blieb nun sitzen und nahm keine Nahrungsmittel an. Da die Patres seinen Tod vermutheten, nahten sie ihm mit einem hölzernen Crucifix, und fragten ihn, ob er dasselbe als seinen rechten Erlöser und Seligmacher anrufen wolle? Ich weiss gewiss, erwiederte der Märtyrer, und glaube fest, dass Christus für mich gekreuzigt ist, und nicht dieses Holz. Christus, Christus, der ein wahrer Gott und Mensch ist, der ist für mich gestorben. – Seine Feinde und Verfolger sahen ihn still mit Zähneknirschen an. Endlich rief ihre Wuth: Ein so verstockter Ketzer verdiene, ins Feuer oder vor die wilden Thiere geworfen zu werden. – In Gottes Namen, rief Pescheck, macht, was ihr wollt, mit mir! Ob ihr mich verbrennt, oder von wilden Thieren auffressen lasst: so bin ich doch gewiss, dass mein Erlöser, Jesus Christus, meine Seele zu sich nehmen werde. Noch rief er laut: Ach, Herr Jesu Christ, erbarme dich über mich! Darauf betete er das Vaterunser, konnte es aber nicht vollenden, und entschlief.
Seinem Sohne gelang es, nach Sachsen zu entkommen, wo seine Nachkommen, seit dessen Urenkel, dem einst berühmten Rechnenmeister, Christian Pescheck, in Zittau, meistens im Gelehrtenstande leben.
Zeitschrift für die historische Theologie
In Verbindung mit der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig
herausgegeben von
D. Christian Friedrich Illgen,
ordentlichem Professor der Theologie zu Leipzig.
Zweiter Band.
Leipzig, 1832.
Verlag von Joh. Ambr. Barth.