Sibylle Matthesius.

Sibylle Matthesius, geborene Richter, Ehefrau des bekannten Bergmannspredigers in Joachimsthal, Johann Matthesius, welcher Predigten über Luthers Leben gehalten hat. Dieser ihr Gatte sagte nach ihrem Tode zu seinen Kindern: „Eure liebe Mutter hat dies Zeugnis männiglich in dieser Gemeinde, auch bei mir und ihrem Beichtvater hinter sich gelassen, dass sie eine gottesfürchtige, gläubige und christliche Matrone ist gewesen, die den Sohn Gottes, sein Wort und seine Diener lieb und wert gehalten. Ihr wisst, dass sie keine Predigt versäumt und allezeit ihr Psalterlein mit zur Kirche getragen und daheim sehr gerne gelesen hat. O, wie eine fleißige Zuhörerin war sie! Darum sie auch allemal den Text, den man auslegte, vor sich hatte. Die ganze Bibel hat sie ihrem Mann nach Tische dreimal fein deutlich gelesen. Dabei blieb sie stets in Demut dessen eingedenk, dass der Mann des Weibes Haupt ist. Sie war liebreich, freundlich, holdselig gegen Jedermann. Nie hörte man ein unschön, unfreundlich Wort von ihr, oder sah eine übelstehende Gebärde. Nie ist sie uneins mit mir geworden; sie hat nur zu Glimpf und Sühne helfen reden, ist verschwiegen, pünktlich und reinlich gewesen und meine treue Schatzmeisterin. War ich in Nöten und Betrübnis, so tröstete sie mich mit Gottes Wort und riet mir, dass ich ja Nichts wider das Gewissen tun solle. Sie war willig und bereit, mit mir bis an der Welt Ende zu ziehen, so es in die Not erforderte. Einmal, da es mit meiner Stellung in Joachimsthal sehr übel stand, tröstete sie mich: „Seid getrost, lieber Hauswirt; ich will über Berg und Tal mit Euch; man wird uns unseres Herrn Gottes Land wohl nicht können verbieten. Denn die Erd‘ ist des Herrn und was darin ist. Er wird uns kraft seiner Verheißung nicht Waisen lassen, sondern schon ein Hüttchen und Örtlein geben. Tut was recht ist; um meinetwillen handelt bei Leib nicht wider Euer Gewissen!“„

Sie erfreute ihren Gatten mit sieben Kindern, darunter waren vier Söhne. Einer von diesen hatte eine abschreckende Hafenscharte und aufgespaltenen Gaumen mit auf die Welt gebracht. Als die Mutter dieses Kind sah, war sie natürlich sehr erschrocken und betrübt; doch tröstete sie sich alsbald und sagte: „Am jüngsten Tage wird dies Alles heilen, wenn Christus uns von allem Jammer und Herzeleid erlösen wird.“

Das Eheglück hatte nun etwa zehn Jahre gewährt, als Sibylle zu kränkeln anfing und sich immer mehr mit dem Gedanken an den Tod befreundete. Sie tröstete ihren trauernden Gatten: „Wie stellt Ihr Euch also? Haben nicht Eure guten Freunde auch ihre liebsten Hausfrauen zu Gott wieder heimgehen lassen und die sind unverloren. Ihr werdet mich auch wieder finden.“

Sibylle Mathesius

Am Montag nach dem Andreasfeste im Jahr 1543 trat Magister Johann Mathesius, der Bergmannsprediger im St. Joachimsthal, in den Stand der heiligen Ehe. Die Auserwählte war eines seiner Pfarrkinder, Sibylle Richter, eine Tochter des Hüttenreuters Paul Richter. Schon öfters hatten ihre Eltern ihr zu einer Heirath zugeredet, aber jedesmal hatte sie ihre Antwort nicht eher gegeben, als bis sie in ihrem Kämmerlein zu Gott gebetet: lieber Vater, beschere mir Einen, der dein Wort lieb hat, so bin ich gewiß, er wird um deinetwillen auch mich beständig lieb haben; und in Erfüllung dieses Gebetes war sie bis dahin noch immer ledig geblieben; als ihr nun aber der HErr den frommen Priester Mathesius zuführte, da hielt sie es für die größte Ehre und sprach öfters ihren Dank aus, daß der Sohn Gottes sie zu seines Dieners Hausfrau verordnet habe. Es gab auch nicht leicht eine glücklichere Ehe, als die der Pfarrleute im Joachimsthal. Mathesius sagt von seiner geliebten Sibylle, indem er zu seinen Kindern spricht: „Eure liebe Mutter hat dies Zeugnis männiglich in dieser Gemeine, auch bei mir und ihrem Beichtvater hinter sich gelassen, daß sie eine gottesfürchtige, gläubige und christliche Matrone ist gewesen, die den Sohn Gottes, sein Wort und seine Diener lieb, und werth gehalten. Ihr wisset, daß sie keine Predigt versäumt und allezeit ihr Psalterlein mit zur Kirche getragen und daheime sehr gerne gelesen und von der Predigt geredet hat, wie sie auch die ganze Predigt vom Abendmahl des HErrn und das 15. Kapitel an die Korinther mit eigener Hand hat abgeschrieben. O wie eine fleißige Zuhörerin war sie! darum sie auch allemal den Text, den man auslegte, vor sich hatte. – Die ganze Bibel hat sie ihrem Mann nach Tisch dreimal – fein deutlich gelesen. Dabei blieb sie stets in Demuth dessen eingedenk, daß der Mann ist des Weibes Haupt. Sie war liebreich, holdselig und freundlich gegen Jedermann. Nie hörte man ein unschön und unfreundlich Wort von ihr, oder sah eine übelstehende Geberde. Nie ist sie mit mir uneins geworden, sie hat nur zu Glimpf und Sühne helfen reden, meine Freunde lieb und werth gehalten, ist verschwiegen, pünktlich und reinlich gewesen und meine treue Schafmeisterin. War ich in Nöthen und Betrübniß, so tröstete sie mich mit Gottes Wort und rieth mir an, daß ich ja nichts wider das Gewissen thun soll. Sie war willig und bereit, mit mir bis an der Welt Ende zu ziehen, so es die Noth erforderte.

Einmal da es mit meiner Stellung im Joachimsthal sehr schwierig stand, tröstete sie mich: „Seid getrost, lieber Hauswirth, ich will über Berg und Thal mit Euch, man wird uns unsers HErrn Gottes Land wohl nicht können verbieten. Denn die Erd‘ ist des HErrn und was darin ist; Er wird uns Kraft seiner Zusage nicht Waisen lassen, sondern schon ein Hüttchen und Oertlein geben. Schlaget demnach alle Traurigkeit aus Eurem Herzen. Kümmert Euch mein und unserer Kinder halber nicht; thut Ihr, was recht ist, und meinetwillen handelt bei Leib wider Euer Gewissen nicht. Gott lebet noch, der wird mich und Eure Kinder als der rechte Witwen- und Waisenvater wohl zu versorgen wissen, und da Er uns hier gleich eine Zeit lang von einander reißet, wird Er uns doch vor seinem Angesicht in ewigen Ehren wieder zusammenbringen, da ich Eure ewige Gefährtin sein und bleiben werde.“ Auch in eigenen Nöthen bewies sie große Geduld. Als sie in ihrem ersten Wochenbette unglücklich war, sagte sie: HErr Jesu, der Du allein für die Kinder so fröhlich aus Mutter Leib kommen, und kindlich unter der Jungfrau Herz gewesen bist, und hast Jakob, den Erzvater, und Johannes den Täufer im Mutterleibe mit dem heiligen Geiste auf ihrer Mutter Gebet gesegnet, ich habe Dir ja mein armes Würmlein, von der Zeit, so ich’s gefühlt, treulich befohlen. Ich glaube und hoffe gänzlich, mein liebes Kindlein, darein der Tod seine Zähne um mein und meiner Sünde willen geschlagen, lebe noch in Deinen Augen, und Du wirst mir’s erwecken, und mich es in seinem völligen Alter sehen lassen. Denn obwohl Du nach Deinem Wort die getauften Kinderlein selig machst, nimmst Du Dich auch aller dieser an, die Dir durch gläubiger Eltern herzliche Seufzer zugebracht, und in ihrem oder zwar in Deinem Blute getauft und mit Deinem Geiste unter ihrem Mutterherzen besprengt worden.“

Sie erfreute ihren Mann mit 7 Kindern, darunter waren 4 Söhne. Unter denselben war das gebrechliche Kasperli, das mit einer gräulichen Hasenscharte und aufgespaltenem Gaumen auf die Welt kam. Als die Mutter dieses Kind sah, war sie, wie sich wohl denken läßt, sehr erschrocken und betrübt, doch tröstete sie sich alsbald und sagte: „Am jüngsten Tage wird dies alles heilen, wenn Christus uns von allem Jammer und Herzeleid erlösen wird.“ Das Eheglück im Joachimsthalischen Pfarrhause währte aber nicht viel über zwölf Jahre. Schon zwei Jahre vor ihrem Tode that die theure Frau Aeußerungen über ihren Heimgang. Das erste, was sie schwer angriff und in tiefe Betrübnis versetzte, war der Tod ihrer lieben Schwester, die in ihrem ersten Wochenbette ihr Leben lassen mußte. Diese Trauer machte, daß Sibylle oft sehr schwere und ängstliche Träume und Schrecken im Schlafe hatte. Einen Hauptstoß aber versetzte ihr der Tod ihres oben erwähnten lieben, armen Kasperli’s. Von der Zeit ist all ihr Muth und Freude darnieder gelegen, und stets ist sie mit Sterbensgedanken umgegangen. Als sie solche Sterbensgedanken hatte, war ein Töchterlein unterwegs. Schon am zweiten Tage nach seiner Geburt bekam sie einen geschwinden und hitzigen Fluß, den sie wohl auch sonst unter solchen Umständen gefühlt hatte, der ihr aber diesmal nach Gottes Willen tödtlich werden sollte. Aber so groß auch ihre Schmerzen waren, sie bewährte sich doch als ächte Christin. Ganz getrost befahl sie ihre Sache dem lebendigen Gott. Als ihr Mann sehr betrübt war, tröstete sie ihn: „Wie stellt Ihr euch also? Haben nicht eure guten Freunde auch ihre liebsten Hausfrauen zu Gott wieder heimgehen lassen und die sind unverloren? Ihr werdet mich auch wieder finden. Ihr habt um einen Erben gebeten, damit Ihr auch unserm Gott einen Diener hinter Euch ließet. Nun hat Euch Gott von mir sieben Kinder bescheret, daran Ihr Euer und mein, auch meines lieben Vaters und Bruders und Eurer Mutter und Schwester Bild sehet. Die lasset Euch um des HErrn Christi und meinetwillen befohlen sein. Denn Gott wird mit Euch und mit ihnen sein, und uns in Kürze wieder fröhlich zusammenbringen.“ Als ihre Mutter sie fragte: wem sie ihre kleinen Kinderlein befehlen wollte? erwiderte sie mit einem sehnlichen Seufzer: „Meinem treuen Gott und meinem lieben Mann.“

So hatte sie die Ihrigen gut befohlen, aber sie war auch hauptsächlich mit dem Heil ihrer eigenen Seele beschäftigt.

Man hörte sie öfters den Sohn Gottes anrufen, sie tröstete sich dabei ihrer heiligen Taufe. Als sie noch gehen konnte, hatte sie sich durch einen Kirchendiener abholen, und den Leib und das Blut Christi im heiligen Sacrament reichen lassen. Endlich da die Schmerzen größer wurden, und die Leibeskraft ihr ausgehen wollte, dankte sie Gott, der sie zur Erkenntnis des Evangeliums berufen und bis an ihr Ende dabei erhalten, und gesegnet mit vielen Thränen und befahl ihre Seele dem Sohne Gottes zur treuen Hand. Am siebenten Tage ihres Lagers, es war am 23. Februar 1555, nahm die Hitze sehr überhand, sie fühlte besonders ihren Kopf sehr schwach, da sprach sie: „Ach Gott! wie geschicht mir! Wollte ich doch auch gerne sanft und stille einschlafen: Lieber HErr Jesu! tröste mich mit Deinem Geist, und erhalte mich an Deinem Wort, und nimm mich in einem seligen Stündchen auf, wie Du St. Stephans Geist aufnahmst.“ Jetzt lag sie noch etliche Stunden ganz stille und erlosch wie ein Licht. Mathesius war tief betrübt über ihren Tod. Der Schmerz währte fort bis zu seinem Ende, es blieb immer eine blutende Wunde, und er konnte sich nicht mehr entschließen, aus seinem Witwenstand herauszutreten, und noch einmal die Ehe zu erwählen. Seine ganze Liebe richtete sich jetzt auf die sieben theuren Kinder, die ihm Sibylle hinterlassen und so herzlich empfohlen hatte. Ihnen widmete er seine ganze Sorgfalt, und ließ es sich aufs treulichste angelegen sein, sie nach dem Sinne der Entschlafenen auf christliche Weise zu erziehen.