(Geb. 12. Aug. 1503, gest. 1. Januar 1559.)
„Mit Gott wollen wir Thaten thun. Er wird unsere Feinde untertreten.“ (Ps. 60, 14.)
„Dein Wort ist meines Fußes Leuchte, und ein Licht auf meinem Wege.“ (Ps. 119, 105)
Christian III. wurde am 12. August 1503 geboren. Sein Vater Friedrich war damals Herzog in Holstein. Später wurde ihm, weil der König Christian II. von Dänemark sich durch seine Grausamkeit und Thyrannei den allgemeinen Volkshaß zugezogen hatte, und des Thrones für verlustig erklärt worden war, die dänische Krone übertragen. Die Mutter Christians, Anna, war eine brandenburgische Prinzessinn. Er empfing seine sorgfältige und fromme Erziehung, da sein Vater tüchtige und fromme Lehrer wählte. Damals war es Sitte, daß die jungen Prinzen, um sich auszubilden, in das Ausland gingen, und sich an fremden Höfen aufhielten. Christian begab sich deswegen zu seinem Oheim, dem Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, und wohnte, 18 Jahre alt, in dessen Gefolge dem Reichstage zu Worms bei (1521). Hier hörte er einmal die Predigt eines Mönchen, der mit Schauspieler-Geberden sich abwechselnd bald auf die Kniee niederließ, bald wieder plötzlich emporrichtete, und mit lächerlicher Lebhaftigkeit und Schreien allen geistlichen Anstand bei Seite setzte. Christian sah, wie ein Ende des Stricks, mit dem der Mönch umgürtet war, durch das Fußgestell der Kanzel hinabhing. Schnell knüpfte er den Strick in einem Knoten zusammen, sodaß der Mönch nicht mehr von der Kanzel herab konnte. Als er sich so gefesselt sah, schrie er laut über die Gottlosigkeit der Lutherischen, und rief die Hülfe des Kaisers an, welcher mit vielen Fürsten auch in der Kirche war. Die Sache machte großes Aufsehn, und Carl V. befahl auf’s Strengste, den Urheber zu erforschen. Um nun nicht Unschuldige in Verdacht zu bringen, gab sich Christian selbst bei seinem Oheim an, mit der Bitte, den Kaiser heimlich von dem Hergang zu benachrichtigen. Dieser konnte sich des Lächelns nicht erwehren, und gedachte auch noch später zuweilen des Vorfalls mit Vergnügen. Wir wollen denselben nicht loben, aber wir haben ihn als etwas für Christian Charakteristisches auch nicht verschweigen wollen.
Die Freimüthigkeit Luthers und sein unerschrockenes Zeugnis von der Wahrheit hatte ihn ganz für die evangelische Lehre gewonnen. Nach Holstein zurückgekehrt, übte er auf seinen Vater den wohlthätigen Einfluß aus, sodaß dieser sich auch auf Seite des Evangeliums stellte, und entschiedene Maßregeln zu Gunsten der Reformation traf. Gleich darauf wurde Friedrich die Krone von Dänemark übertragen. Christian half dem Vater den Sieg gegen die Feinde erringen, indem er die achtmonatliche Belagerung Kopenhagens mit ebensoviel Kühnheit als Besonnenheit führen half. Darauf wurde er Statthalter der Herzogthümer, und nahm vor allen Dingen die Fortsetzung der Reformation mit großem Eifer in die Hand. Von einsichtsvollen Männern umgeben, enthielt er sich jeder Ueberstürzung, und verfuhr mit solcher Besonnenheit, daß dieselbe nur auf wenig Widerstand stieß, und nur einen einzigen Märtyrer, Heinrich von Zütphen, kostete. Dazu trug auch viel bei, daß er nirgends darauf ausging, durch die Kirchen- oder Klostergelder den königlichen Schatz zu bereichern, sondern sie größtentheils zum Unterhalt der evangelischen Prediger, und zur Unterstützung der Armen und Schulen verwendete.
Friedrich I. hatte von den dänischen Ständen die Zusicherung erhalten, dass einer seiner Söhne ihm folgen sollte; aber es war nicht bestimmt worden, welcher von ihnen die Krone erhalten würde. Nach seinem Tode (1533) nahm vorerst der Reichsrath die Regierung in die Hand. In den Herzogthümern übernahm Christian sogleich im Namen seiner minderjährigen Brüder die Herrschaft. Am Johannistage 1533 tagten die dänischen Stände behufs der Königswahl in Kopenhagen. Die Bischöfe nahmen die Verhandlungen in die Hand, und machten zuerst erfolgreiche Versuche, ihr wankendes Ansehn wiederherzustellen. Aber bei der Königswahl zertheilte sich Alles in zwei Parteien. Die Bischöfe, die Christian als einen Freund der Reformation und als einen thatkräftigen Mann kannten, waren ihm abgeneigt, und waren auf Seiten seines Bruders, des erst zehnjährigen Herzogs Johann. Dieser sei nämlich der eigentliche Königssohn, sagten sie, indem er geboren sei, als Friedrich schon dänischer König gewesen wäre, während Christian durch seine frühere Geburt nur in den Herzogthümern folgen könne. Die weltlichen Räthe aber wiesen auf die Herrscherfähigkeiten Christians hin, und es wäre in diesen unruhigen Zeiten, da Christian II. noch einen großen Anhang im Reiche habe, ein thatkräftiger Fürst sehr von nöthen. Der Umstand, daß Christian vor der Thronbesteigung Friedrichs geboren sei, würde nicht einmal in einer erblichen Monarchie von der Thonfolge ausschließen, wie viel weniger hier, da Dänemark ein Wahlreich sei. Aber die Bischöfe wollten nicht darauf eingehen, und schlugen endlich den Ausweg vor, die Wahl noch ein Jahr lang zu verschieben, bis die norwegischen Stände eingetroffen seyn würden. Jetzt hatte man sie absichtlich nicht eingeladen, weil man ihre Neigung für Christian kannte. Dieser schickte zwei Abgeordnete an den Landtag ab, um die Beschleunigung der Wahl dringend zu bevorworten. Er erklärte sich willig jeder, auch für ihn ungünstigen Entscheidung fügen zu wollen; aber der stürmische Zustand des Reichs, dem äußere und innere Feinde drohten, erleide keinen Aufschub. Es wurde ihm die Antwort, dass man vor der Erscheinung der norwegischen Stände darin Nichts beschließen könne; aber um so freudiger nahm man seinen Vorschlag auf ein gemeinsames Bündnis mit den Niederlanden an. Kaum waren seine Gesandten abgetreten, so erschienen Abgesandte der mächtigen Hansestadt Lübeck, die sich über den Nachtheil beklagten, den ihnen die Niederländer durch ihren Handel in der Ostsee zufügten, und die zu einem Schutz- und Trutzbündnis gegen dieselben aufforderten. Natürlich wurde ihnen eine abschlägige Antwort.
Da versuchte Lübeck nun zuerst, den Herzog Christian selbst auf seine Seite zu ziehen. Man machte ihn darauf aufmerksam, wie leicht der dänische Thron ohne großes Blutvergießen erobert werden könne; die reformatorische Partei, die bei weitem größere, sehne sich nach ihm, und die Willkür, welche sich die Bischofe seit dem Tode Friedrichs erlaubten, errege allgemeinen Unwillen. Lübeck würde ihm beistehen. Aber der Herzog erklärte, ruhig die Wahl abwarten zu wollen. – Noch von anderer Seite her wurde Christian aufgefordert, die Zügel der Regierung in die Hand zu nehmen. So suchte ihn z. B. der Reichsrath Glöve auf der Jagd auf, und bot ihm die Krone an. Er machte ihm die sofortige Thronbesteigung zur Gewissenssache; aber Christian blieb standhaft, und antwortete: es sei in der h. Schrift verboten, irgend ein Amt ohne ordentlichen, göttlichen Ruf an sich zu reißen. Er würde nicht nur den Rechten Dänemarks, sondern auch denen seiner jüngern Brüder zu nahe treten.
Von Christian abgewiesen, boten die Lübecker Heinrich VII. von England die dänische Krone an, und dieser griff mit beiden Händen zu. Durch ihn hofften sie die Niederländer ganz aus der Ostsee zu verdrängen. Zum Feldherrn erwählten sie den Grafen Christoph von Oldenburg, dem bei seinem geringen Einkommen die Aussicht auf Beute höchst willkommen war, und der außerdem einen schicklichen Vorwand des Krieges abgeben konnte. Als Blutsverwandter des abgesetzten Königs, Christian II., der sich noch in dänischer Gefangenschaft befand, sollte er dessen Freilassung fordern. Er erhielt Geld, und warb ein Heer von 4000 Söldnern. Hierauf forderte er von Herzog Christian in anmaßendem Tone die Auslieferung des Gefangenen. Da dieser erwiederte, er habe sich an die Dänen zu wenden, da derselbe in dänischer Gefangenschaft sich befinde, so fiel er in das holsteinische Gebiet ein, eroberte einige Städte, und brannte die umliegenden Dörfer nieder. Christian rüstete sich rasch, und forderte Kraft des Bündnisses von Dänemark Hülfstruppen. Diese wurden ihm auch geschickt, aber dadurch Dänemark von Vertheidigung entblößt. Kaum merkte Graf Christoph dies, als er mit einer Flotte von 20 Schiffen und starkem Heer nach Seeland hinüberschiffte. Eine wahrhaft entsetzliche Verwirrung verbreitete sich in Kopenhagen, als er am 20. Juni in einiger Entfernung von der Stadt an Land stieg. Er ließ sich im Namen Christians II. auf Seeland huldigen. Am 16. Juli hielt er seinen Einzug in Kopenhagen, welche Stadt ihm das mit dem Druck der längst unzufriedenen Bürger geöffnet hatte. Bald waren auch die andern Inseln zum Grafen übergegangen; die Reichsflotte und eine große Masse von Kriegsvorräthen kamen in seine Gewalt.
Unter diesen Umständen kamen die Reichsräthe schnell über alle Bedenklichkeiten weg, und wählten Christian III. zum König, in der Überzeugung, daß dies der einzig richtige Weg zur Rettung Dänemarks sei. Gleich darauf reis’ten ihre Gesandten nach Holstein ab. Sie trafen ihn vor Lübeck, welche Stadt er wegen ihrer Treulosigkeit belagerte. Er beschied sie zu einer Zusammenkunft im Kloster zu Preetz. Es war ein ergreifender Augenblick, als der neuerwählte König in ihre Mitte trat. Der Bischof Krumpen ergriff das Wort „daß die Reichsräthe im Namen des dänischen Volkes ihn zum Könige ernannt hätten. Sie gelobten ihm Ehrerbietung, Gehorsam, Anhänglichkeit und treue Erfüllung aller Pflichten, welche Unterthanen ihren Herrschern schuldig seien, und baten um Vergebung, dass sie erst jetzt die Krone ihm angeboten hätten.“ Großmütig gedachte Christian der ihm von der bischöflichen Partei zugefügten Unbill mit keinem Worte, sondern versprach, dem Rufe Gottes, der durch die gesetzliche Erwählung an ihn ergehe, Folge zu leisten, und sein Leben und all sein Vermögen in den Dienst des dänischen Volkes zu stellen. Wenn es Gottes Wille wäre, ihm noch zum sichern Besitz des Thrones zu verhelfen, so wolle er treulich nach Rechten regieren, auch alle von den frühern Königen dem Reiche zugestandnen Privilegien eidlich bestätigen. Unterdeß hatte Christian die Lübecker sehr hart belagert, und ihnen die Trave versperrt, sodaß eine allgemeine Muthlosigkeit unter den Bürgern entstanden war. So waren sie denn sehr erfreut, als Christian auf ihre Friedensvorschläge einging. Er that dies jedoch nur in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein, und man einigte sich, an der Trave den Krieg zu beendigen. Nun eilte Christian nach Jütland, und ließ sich hier huldigen. Zuvörderst schloß er mit seinem Schwager, Gustav Wasa, ein Bündnis, der ihn zu unterstützen versprach. Obgleich wieder ein neuer Feind auftrat, Friedrich von der Pfalz, der eine Tochter Christians II. geheiratet hatte, und Ansprüche an den dänischen Thron machte, darin auch von seinem Oheim, Kaiser Karl V. unterstützt wurde, so ließ er sich doch nicht erschrecken. Nachdem er seine Feinde in Jütland, wo auch der Aufstand ausgebrochen war, vollständig besiegt hatte, machte er noch einmal einen, wenn auch vergeblichen Versuch, auf gütlichem Wege zu seinem Rechte zu kommen. Zu dem Ende kam er mit Christoph zu Colding zusammen. Aber dieser machte so unverschämte Forderungen, indem Christian sich mit Jütland begnügen, Fühnen, Seeland, Schonen und Norwegen an Christian II. abtreten möge, der dann regieren solle unter den Bedingungen, die Christoph ihm stellen werde, daß sie unverrichteter Sache wieder auseinander gingen.
Gustav Wasa war, seinem Versprechen gemäß, in Schonen eingefallen, und von dem Adel mit Jubel aufgenommen worden. Bald erklärte sich ganz Schonen für Christian III. Als man in Lübeck von den Verlusten ihrer Partei erfuhr, schob man Alles auf die Unfähigkeit Christophs, und ernannte als Mitfeldherrn Herzog Albrecht III. von Mecklenburg. Aber dieser zeigte sich gleichfalls als Leiter des Kriegs untauglich, und that es Christoph an Ueppigkeit und Prachtliebe noch zuvor. Am 11. Juni kam es zwischen diesen beiden und dem Heere Christians am Ochsenberge auf Fühnen zu einer entscheidenden Schlacht, in der jene eine vollständige Niederlage erlitten.
Nun ergab sich die ganze Insel, und huldigte Christian. Er ging jetzt mit seinem Heere nach Seeland, fang wenig Widerstand, und konnte die Belagerung Kopenhagens beginnen. Er hoffte es noch im November 1535 durch Abschneidung der Zufuhr zur Uebergabe zu zwingen. Bei der Nachricht von seinen Siegen konnte freilich nur eine Schreckensherrschaft noch einigen Eifer der Belagerten erhalten. Wer zu einer freiwilligen Uebergabe rieth, wurde auf das Strengste bestraft. Ja, als Hungersnoth einzureißen anfing, wurden einige Bürger, die sich ihr Elend klagten, erschossen, andere in ihren Häusern erschlagen.
In Folge dieser Unglücksfälle beeilte sich Lübeck, mit Christian einen Frieden abzuschließen, nach welchem es jede Unterstützung seiner Feinde einstellen musste, und als Kaiser Karl V. viel zu sehr anderweitig beschäftigt war, als dass er seinen Neffen hätte unterstützen können, Friedrich also vorläufig von seinen Plänen abstehen mußte, war auch die letzte Hoffnung für die Aufrührer erloschen. In Kopenhagen wurde die Hülfslosigkeit so augenscheinlich, daß Alles den Muth verlor. Die Hungersnoth war auf einen furchtbaren Höhepunkt gestiegen. Fleisch von Hunden und Katzen war ein Leckerbissen geworden. Den Bürgern wurde auf ihre Klage geantwortet: es sei doch wenigstens nicht so weit, wie einst in Jerusalem, gekommen, indem man doch noch keine Kinder habe schlachten müssen. Da schickten Christoph und Albrecht Abgeordnete an den König wegen der Uebergabe. Dieser forderte zuerst Uebergabe auf Gnade und Ungnade. Endlich jedoch ließ er sich bewilligen, zu bewilligen, daß den beiden deutschen Fürsten und ihren Truppen freier Abzug, und der Stadt Kopenhagen vollständige Vergebung alles dessen, was vorgefallen war, gewährt wurde. Am 27. Juli 1536 erschienen Albrecht und Christoph mit weißen Stäben in der Hand, barfuß und entblößten Hauptes. Als sie sich vor dem Könige auf ihr Knie niederließen, sprach er zu dem Grafen, den er für den Schuldigern hielt, mit großem Ernste und sichtlicher innerer Erregung: „Ohne irgend welche Veranlassung bist Du als mein Feind aufgetreten, und plötzlich verwüstend in mein Gebiet eingefallen. Du hast Dänemark aufgewiegelt, verheert und in unsägliches Elend gebracht. Wenn Gott das von dir vergossene Blut fordern will, wie wirst du am jüngsten Tage bestehen? Darum rufe ihn in aufrichtiger Reue und Buße an, dir einst gnädig seyn zu wollen! Ich meinerseits will mich nicht an dir rächen. Stehe auf in Frieden, und suche dich mit Gott zu versöhnen!“ Weiter konnte der König nicht sprechen; eine Mischung von gerechtem Zorn und christlichem Mitleid hatte sich seiner bemächtigt; Thränen erstickten seine Stimme.
Am 6. August 1536 hielt der König mit seiner Gemahlinn Dorothea seinen Einzug in die Hauptstadt. Jede laute Freudenbezeugung hatte Christian sich verbeten. Aber es war auf den Gesichtern der Einwohner zu lesen, wie ersehnt und willkommen er ihnen war. Das fürstliche Paar war sehr ernst beim Anblick der Verwüstung, den die Stadt darbot. Ueberall sahen sie Trümmer. Die Straßen hatten von den Blutspuren noch nicht gereinigt werden können. Doch tröstete den König der Gedanke, dass nun der Krieg ein Ende habe, und die Hoffnung auf eine besserer Zukunft. – In demselben Jahre wurde er auch in Norwegen als König anerkannt.
In dem kräftigen Mannesalter von 33 Jahren nahm Christian die Zügel der Regierung in die Hand. Die Reformation war ihm Herzenssache geworden, und seine erste That war, daß er sie in seinen Staaten einführte. Am 11. August ließ er die elf in Kopenhagen anwesenden weltlichen Reichsräthe zu sich kommen; die Bischofe waren abwesend, weil die das Zusammentreffen mit dem Sieger, über den sie so viel Ungemach herbeigeführt hatten, fürchten mochten. Der König theilte ihnen mit, dass er gesonnen sei, die Macht der dänischen Bischofe mit Einem Schlage zu brechen. Ihrer Einmischung in die Regierung sei es vornehmlich zuzuschreiben, daß der dänische Staat so vielen Wirren ausgesetzt sei, und auch der vorige Bürgerkrieg sei ihre Schuld. In dem Ende müssten sie alle auf Einen Tag verhaftet werden, damit sie sich nicht zur Gegenwehr rüsten könnten. Ausdrücklich aber erklärte er, es sei nicht von sein seiner Seite Privatsache, sondern er wolle nur einen dem Staate gefährlichen Stand unschädlich machen. Der Vorschlag fand bei den weltlichen Räthen den vollständigen Beifall, sogar bei denjenigen, welche mit den Bischöfen verwandt waren. Am 20. August wurden in Folge dessen die Bischöfe gefangen genommen, und vorläufig auf königlichen Schlössern untergebracht, bis die durch eine schriftliche Erklärung versichert hatten, sich den neuen Einrichtungen zu unterwerfen, und keinerlei Störung des öffentlichen Friedens zu versuchen. Vier von ihnen verstanden sich schon nach einigen Monaten dazu, und kamen dann sofort in Freiheit. Drei unterschrieben im folgenden Jahre; nur ein einziger, Rönnow, wollte von keinem Reverse wissen. Das Privatvermögen der Bischöfe hat Christian in keiner Weise angetastet. Auf den 28. Oktober wurde eine Versammlung der Abgeordneten aller Stände nach Kopenhagen ausgeschrieben, um die Zustimmung des Volkes zu erhalten. Wiederum legte er in bündiger Weise die Nothwendigkeit seines Verfahrens vor, und knüpfte daran die Erklärung, daß er gesonnen sei, die evangelische Lehre, der er zugethan sei, allenthalben in seinen Landen einzuführen, wenn er die Zustimmung des Volkes erhalte. Ausdrücklich hob er hervor, daß Jeder in seiner Religion unangetastet bleiben solle; er werde sich begnügen, den Weg der Belehrung einzuschlagen. Als nun das Volk gefragt wurde, ob es seine alten Bischöfe wieder haben wollte, so antworteten Alle, Adel und Volk einstimmig, sie wollten nicht mehr dergleichen Bischöfe, sie wollten bei dem Evangelium bleiben.
Die Nachricht von dem Sturze der Bischöfe kam bald nach Deutschland. Christian selbst theilte sie Luther mit, der zwar darüber erfreut war, aber es doch für seine Pflicht hielt, als ein treuer Zeuge der Wahrheit dem Könige den rechten Gebrauch der eingezogenen Kirchengüter ans Herz zu legen, daß er sie zu Nutz und Frommen der Kirche und Schulen verwende. Nun hat man Christian wohl den Vorwurf gemacht, daß er der Ermahnung Luthers nicht genug gefolgt sei, und allerdings hat der dem Adel sehr viele Güter zum Geschenk gemacht. Aber das Kirchenvermögen war ungeheuer, und da konnte er noch überall für die Geistlichen sorgen, Kirchen und Schulen bedenken. Und das hat er auch redlich gethan.
Vor allen Dingen war er jetzt darauf bedacht, und das war seine vornehmste Sorge während seiner ganzen Regierung, eine Neugestaltung der Kirche herbeizuführen, sie von Irrthümern zu reinigen, und auf Grund des Wortes Gottes aufzubauen. Dabei benutzte er mit großer Gewissenhaftigkeit die Rathschläge Luthers, und, weil dieser nicht persönlich kommen konnte, Bugenhagens, welcher letztere einen unendlich segensreichen Einfluß auf die dänische Reformation gehabt hat.
Johann Bugenhagen kam im Jahre 1537 auf die Aufforderung des Königs nach Kopenhagen, zunächst um ihn zu krönen. Der 12. August war der Krönungstag. Eine große Anzahl von Abgesandten des In- und Auslandes waren zugegen. Die Krönung geschah in Kopenhagen. Der König und die Königinn wurden nach alter Sitte gesalbt, und öffentlich mit den Reichskleinodien bekleidet. Bugenhagen hielt dem Könige die Pflichten seines Amtes vor; dann setzte er ihm die goldne, mit Edelsteinen reich besetzte Krone auf das Haupt, und überreichte ihm im Namen Gottes Schwert, Scepter und Reichsapfel. Die Handlung war einfach, aber würdevoll.
Nach der Krönung wurde den Reichsräthen der Entwurf der Kirchenordnung vorgelegt, welche Bugenhagen mitgebracht hatte. Sie ertheilten ihm sofort ihre Zustimmung. Hierauf wurde die Kirchenordnung von zwei Depurtirten aus jedem Domkapitel und von je einem Prediger aus jeder der angesehensten Städte Dänemarks und den Herzogthümern unterschrieben. Sie entsprach durchgängig den übrigen protestantischen Kirchenordnungen. Durch königliche Entschließung vom 2. September erhielt sie gesetzliche Kraft. An diesem Tage ordinirte auch Bugenhagen die sieben neu erwählten Superintendenten, oder Bischöfe. So wurden sie auch ferner genannt, da es ja auf den Namen nicht ankam, wenn nur das Amt richtig verwaltet wurde.
Damit die Reformation eine gründliche wurde, so sorgte er für die Heranbildung tüchtiger Religionslehrer. Deswegen gestaltete er die Hochschule in Kopenhagen um, welche sich in einem elenden Zustande befand, und während des Kriegs fast ganz aufgelöst worden war. Er begründete sie völlig neu, und richtete sie ein. Auch hier that er Nichts, ohne den Rath Bugenhagens und anderer gelehrter und frommer Männer gehört zu haben. Oft kam er unerwartet in die Vorlesungen, und die Besetzung der Lehrämter betrachtete er als eine der Hauptaufgaben des königlichen Amts. Obgleich der Einführung der Reformation in Norwegen sich zuerst manche Hindernisse entgegenstellten, so gelangte der König in seiner vorsichtigen Weise doch bald auch hier zum Ziel.
Das Wohl seiner Erblande, der Herzogthümer, hatte er bei alle dem nicht aus dem Auge gelassen. Hier war die Reformation schon im Jahre 1527 vollendet. Im Jahre 1544 erklärte Christian, der bis dahin die Vormundschaft über seine Brüder geführt hatte, daß er gesonnen sei, dieselbe niederzulegen. Die Theilung ging ohne Zwist vor sich. Gegen etwaige Angriffe von Seiten der Katholiken schloß er Schutz- und Trutzbündnisse mit protestantischen Staaten. So trat er dem schmalkaldischen Bunde bei, in welchem man sich, im Falle einer der Verbündeten der Religion wegen angegriffen würde, gegenseitige Unterstützung versprach. Obgleich Gustav Wasa von Schweden mit ihm Eines Glaubens und sein Schwager war, so äußerte er, wenn gleich sonst so edel, gegen Christian ein ungegründetes Mißtrauen, als wolle dieser ihn der schwedischen Krone berauben. Christian ließ sich dadurch nicht zurückstoßen, und bot Alles auf, mit ihm in gutem Einvernehmen zu stehen. Es kam zu einer persönlichen Zusammenkunft beider Fürsten, und das Bündnis wurde noch fester geknüpft durch die Verheirathung einer Tochter Gustavs mit einem dänischen Prinzen. Das übersah Christian, daß Gustav in seinem Mißtrauen vier dänische Reichsräthe als Geiseln forderte, und ebenso, daß er in geringer Entfernung vom Orte der Zusammenkunft eine Schutzwache aufgestellt hatte. Man kam überein, den Pfalzgrafen als einen gemeinsamen Feind zu betrachten, mit dem weder Schweden, noch Dänemark einseitig unterhandeln dürfe. Mit dem Kaiser Karl V., der seinen Neffen, den Pfalzgrafen, in seinen Ansprüchen auf den dänischen Thron unterstützt hatte, schloß er am 23. Mai 1544 zu Speier einen Frieden, wodurch Karl aller Unterstützung seines Neffen sich zu enthalten versprach, so daß Christian von dieser Seite Nichts mehr zu fürchten hatte. Durch diesen Frieden war aber sein Verhältnis zum schmalkaldischen Bunde kein anderes geworden. Als es zwischen diesem und dem Kaiser 1546 zum Kriege kam, schickte er 20,000 Thaler Hülfsgelder, und es waren im folgenden Jahre 40,000 Gulden unterwegs, als sie durch die für die Evangelischen unglückliche Schlacht bei Mühlberg unnöthig wurden. Er wurde durch die Gefangennehmung Johann Friedrichs auf das Schmerzlichste überrascht, und auf das Tiefste erschüttert. Da ihm nichts Anderes mehr übrig blieb, so suchte er wenigstens für die unglücklichen Gefangenen durch Fürsprache zu wirken, und durch seine Abgesandten um Milde für die besiegten Fürsten beim Kaiser zu bitten. er erhielt die Versicherung, daß bis zum allgemeinen Conzil in Glaubenssachen Niemand um seines Glaubens willen die geringste Verfolgung erleiden werde. Nicht nur diesmal, sondern auch noch später ist mehrfach Christians Fürsprache beim Kaiser für manchen Bedrängten von Nutzen gewesen. um aber dem Kaiser gegenüber eine imponirende Haltung anzunehmen, trat er an die Spitze des niedersächsischen Kreises, der sich in Kriegsverfassung gesetzt hatte. Als später seine Tochter Anna sich mit dem Bruder des unterdeß zur Churwürde gelangten Moritz von Sachsen, Herzog August, vermählte, bewies er seine treue Theilnahme für den gefangenen Churfürsten durch die ausdrückliche Bestimmung, die er in den Ehevertrag aufnehmen ließ, daß bei einer Theilung von Sachsen seinem Schwiegersohne nichts von dem angewiesen werden dürfe, was jeder besessen hatte; er wollte nicht, daß seine Tochter sich mit den Gütern seines unglücklichen Freundes bereichere.
Mit dem Grafen Anton von Oldenburg, der von seinem Bruder Christoph angestachelt worden war, söhnte sich Christian aus. Und als kurz nachher unter den Grafen ein Erbschaftsstreit entstand, so leistete er ihnen den großen Dienst, durch Vermittlung seiner Gesandten denselben schlichten zu lassen. Als in derselben Zeit der Bischof von Münster ein Bündniß mit ihm beantragte, erklärte er, es nur unter der Bedingung eingehen zu können, wenn der Bischof, der ein erbitterter Feind des Grafen Anton war, zuvor mit diesem Frieden geschlossen hätte.
In dem Vorigen hat Christian II. eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Friedrich I. hatte ihn in das Schloß Sonderburg gebracht, und dort in ein vermauertes Gewölbe eingeschlossen. Dies hatte nur ein Fenster und eine Oeffnung, durch die man ihm die Speise reichte. Friedrich starb, ohne die Lage des Gefangenen gebessert zu haben. Nach dem Reichstage zu Speier trat eine Veränderung seiner Lage ein. Er erhielt ein geräumiges Zimmer zur Wohnung. er durfte dem Gottesdienste in der Stadtkirche beiwohnen, hatte eine wohlbesetzte Tafel und Edelleute zur Bedienung, wurde überhaupt seinem Stande gemäß behandelt. Noch mehr wäre für ihn geschehen, wenn sich sein Schwiegersohn, Friedrich von der Pfalz, aller Ansprüche auf den dänischen Thron begeben hätte. Aber dieser erklärte jeden Vertrag, den Christian II. eingehen würde, im Voraus für ungültig. Dennoch verstand sich Christian III. zu einem Vergleich mit dem Gefangenen. Dieser entsagte allen Ansprüchen, wogegen ihm die Nutznießung von zwei Aemtern und die Ausstattung seiner Töchter zugesichert wurde. von da an genoß er viel Freiheit, und durfte jagen, für welches Vergnügen er große Neigung hatte. Im Jahr 1549 erhielt er die Genehmigung, nach Callundborg überzusiedeln. Bei seiner Reise dahin ließ ihm Christian III. alle möglichen Ehrenbezeugungen zu Theil werden. Er bestimmte ihm das Geleit von vier Edelleuten, reiste ihm selbst entgegen, ließ auch den Prinzen Friedrich zu seinem Empfange kommen. Das Schloß Callundborg war Christian II. besonders wert, weil es der Wittwensitz seiner Großmutter gewesen war. Hier widmete er seine Zeit gern religiösen Betrachtungen und der Mildthätigkeit gegen Arme. Hierin von dem Könige auf das Bereitwilligste unterstützt, verbrachte er noch seine letzten Jahre so angenehm, als es nur mit den Verhältnissen vereinbar gedacht werden kann. er starb einige Tage nach Christian III.
Wir wollen jetzt sehen, was Christian in seinem Reiche zur Erhaltung und Förderung der Reformation gethan hat. vor allen Dingen lag ihm am Herzen, sein Volk mit dem Worte Gottes zu beglücken. Er beauftragte daher seine Gelehrten mit der Uebersetzung desselben. Im Jahre 1535 waren schon die fünf Bücher Mosis herausgegeben, und hatten einen so allgemeinen Absatz gefunden, daß zwei Jahre nachher eine neue Auflage nöthig wurde. Christian sparte keine Mühe und Kosten, und so kam es denn, daß die dänische Bibelübersetzung zu den besten der damaligen Zeit gehörte. Freilich stützt sie sich wesentlich auf Luthers Ausgabe. Sie erschien zum ersten Mal vollständig 1550, und der König sorgte dafür, daß jede Kirche ein Exemplar erhielt.
Da die Kirchenordnung von mehrern Männern unterschrieben worden war, die sich später der katholischen Gesinnung verdächtig machten, viele aber gar nicht hatten unterzeichnen wollen, so ordnete der König, der durchaus keine Gewalt anwenden wollte, eine öffentliche Disputation in Kopenhagen an. Er selbst wohnte der Eröffnung am 10. Dezember 1543 bei. Das Religionsgespräch dauerte volle acht Tage, und zwar an jedem Tage von 7 – 12 Uhr Morgens und von 2 – 5 Uhr Nachmittags. Besonders wurde über die Brodverwandlungslehre disputirt. Die Evangelischen trugen über die katholische Partei einen so glänzenden Sieg davon, daß diese sich freiwillig für überwunden erklärte, und nun Alle die augsburgische Confession unterschrieben.
Sehr lag dem Könige die Bewahrung des reinen kirchlichen Bekenntnisses am Herzen. Als z. B. sein Schwager, Herzog Albrecht von Preußen, ihm eine Schrift von Andreas Osiander überreichen ließ, der die Rechtfertigung mit der Heiligung vermengte, ließ er durch seine Theologen eine Gegenschrift anfertigen, und dem Herzoge mit der Bitte überreichen, sich durch die Irrthümer nicht blenden zu lassen. Derselbe wurde für die Wahrheit gewonnen. Doch sorgte er nicht bloß für die reine Lehre, sondern wirkte auch für die Hebung des christlichen Lebens. Er leuchtete Allen mit seinem Beispiele in der Barmherzigkeit voran. Einer seiner Lebensbeschreiber sagt, es sei kaum ein Städtchen in seinem Königreiche, da nicht Spuren davon aufzuweisen habe. Bei einer furchtbaren Theurung im Jahre 1546, erließ er die strengsten Ausfuhrverbote, befahl, den Landleuten aus den königlichen Magazinen Samengetreide zu den billigsten Preisen, sogar umsonst, zu verabreichen. – Wie er die Freigebigkeit begünstigte, so suchte er auf jede mögliche Art den Luxus zu beschränken. Ja, er erließ im Jahre 1556 ein Kleidergesetz, worin gewisse, damals sehr beliebte Trachten, förmlich verboten wurden. Es war z. B. unter den jungen Leuten Sitte, auf ihre Beinkleider eine solche Masse Tuch zu verwenden, daß davon bequem drei ausgewachsene Männer hätten bekleidet werden können. Ueber die ungeheuchelte Frömmigkeit des Königs herrscht unter seinen Lebensbeschreibern nur Eine Stimme. Er hielt nicht nur auf fleißiges Beten, sondern verstand auch das rechte Beten. Sein Arzt, Barding, erzählt, daß er im Jahre 1547 in Lund, als er an einer gefährlichen Krankheit darnieder lag, und jede Hoffnung auf Besserung verschwunden war, lediglich durch seine und der Seinigen Gebetskraft geheilt worden sei. – Von seiner Frömmigkeit zeugen auch seine Wahlsprüche: „Zu Gott mein Trost allein, sonst andern kein,“ und „Ach Gott, schaff deinen Willen!“ Auf einer Goldmünze von 1541 finden sich die Worte: Unica spes mea Christus, (Christus ist meine einzige Hoffnung.). Ungeheuchelt war Christians Demuth. „Was haben wir, äußerte er einmal, selbst wenn wir vor Menschen noch so gerecht dastehen, vor Gott aufzuweisen, als schaurige Sünden? Darum laßt uns zum Sohne Gottes unsere Zuflucht nehmen, und die Gerechtigkeit Jesu Christi ergreifen, daß sie uns zum ewigen Leben verhelfe!“ Als ihn sein Beichtvater einmal: „Allerdurchlauchtigster“ u.s.w. anredete, fiel er ihm ins Wort und erklärte, vor Gott sei er ein Sünder, und wünsche deshalb, bei der Beichte von ihm schlechthin „Christian“ angeredet zu werden.
In folgender Weise verlebte er gewöhnlich den Tag. Des Morgens pflegte er zeitig aufzustehen. Hierauf betete er, oft sehr lange, in der Stille. In sein Gebet schloß er zuerst die Kirche dann sein Reich, dann sein Haus ein. Hierauf hielt er auch selbst eine Bibelerklärung, wobei der Gesang eines geistlichen Liedes nicht fehlen durfte. Dann ging er an seine Geschäfte. Kurz vor der Mahlzeit ging er spazieren, und da durfte ein jeder Unterthan zu ihm kommen, und eine Bittschrift überreichen.
Bei der Tafel, wo, bei allem königlichen Anstande, doch sehr genau auf die Gesetze der Mäßigkeit geachtet wurde, liebte er heitere, besonders aber eine wissenschaftliche Unterhaltung, über Religion, Geschichte und Mathematik, und suchte ihr immer eine solche Richtung zu geben, daß sie auch für seine stets anwesenden Kinder bildend war. Diese Gespräche setzte er auch wohl nach Tische fort, oder er studirte ausgezeichnete Schriften. So las er z. B. Luthers Schriften, und trieb mit großem Eifer dänische Geschichte. Wenn er dabei an solche Abschnitte kam, wo von plötzlichen Todesfällen seine Vorgänger, oder von ihrer Ermordung die Rede war, so warf er sich auf die Kniee, und flehete Gott an, ihn vor einem jähen Tode zu bewahren. Bei der Abendmahlzeit mußte ihn seine Familie umgeben. Da sprach er sich gern über Staatsangelegenheiten aus. Wenn er von den Kriegen redete, so sprach er wohl seufzend: „Sie haben meistens keine andere Ursache, als eine Hand voll Hoffahrt. Fürsten könnten, wenn sie wollten, als Engel leben.“ Nach der Tafel erquickte er sich an der Musik, und beschloß den Tag mit Bibellesen und Gebet.
Im Jahre 1558 durchreiste Christian III. noch einmal die Provinzen seines Reichs. Bei dieser Gelegenheit besuchte er Christian II. Beide ahnten, daß sie sich zum letzten Male sahen, und nahmen deswegen den zärtlichsten Abschied von einander. Sie verziehen sich gegenseitig ihre Beleidigungen, umarmten sich, und trennten sich dann unter heftigem Weinen.
Darauf hielt der König in Kolding im December einen Reichstag ab. Er war schon lange leidend gewesen, aber keiner ahnte, da er seine volle Geisteskraft zeigte, daß sein Tod so nahe vor der Thür sei. Jedoch sein Uebelbefinden verschlimmerte sich; besonders nahm am 23. Dezember eine Geschwulst am rechten Fuße zu, wozu sich heftiges Fieber gesellte, so daß er sich niederlegen mußte.
Den andern Tag ließ er seinen Hofprediger, Paul von Nimwegen, zu sich kommen, beichtete ihm, und empfing da h. Abendmahl. Als darauf sein Arzt Cornelius Hamsfurt eintrat, erzählte er diesem, in der vorigen Nacht, die etwas stürmisch gewesen war, sei ein Engel zu ihm gekommen, der ihm gesagt habe er solle bis zum ersten Januar Geduld haben; dann werde seine Krankheit sich bessern, und ein gutes Ende nehmen. Der Arzt meinte: „Es wird wohl Ew. Majestät also geträumt haben.“ Aber der König antwortete: „Ich habe ihn wirklich sprechen hören, will mich auf den entscheidenden Tag ernstlich vorbereiten.“ Darauf ließ er den Hofprediger über das Evangelium am St. Thomastage predigen, und fühlte sich dadurch sehr gestärkt. An jedem der darauf folgenden Tage ließ er sich wieder Predigten halten; die übrige Zeit brachte er mit dem Lesen erbaulicher Bücher zu.
Am Neujahrstage 1559 wünschte er ganz in der Frühe das erste Capitel des Briefes an die Galater vorlesen zu hören. Nochmals verlangte er nach dem h. Abendmahl, und legte zuvor seinem Beichtvater bei verschlossener Thüre ein unumwundenes und vollständiges Bekenntnis seiner Sünden ab, welches mit der Absolution eine Stunde dauerte. Darnach, um elf Uhr etwa, kehrte die Königinn Dorothea, die in der Kirche auf ihren Knieen gebetet hatte, zu ihm zurück; aber der Schmerz ließ sie nicht lange bleiben, und mit den Worten: „Mein Herr und König!“ wankte sie aus dem Zimmer. Nun traten seine Kanzler ein, Johann Fries und A. von Barby, um des Königs letzte Befehle zu vernehmen. Er sagte, sein letzter Wille sei, daß sie seinem Sohn und Nachfolger, Friedrich, die angelobte Treue bewahren, und ihn in Allem mit Rath und That unterstützen möchten. Namentlich möchten sie ihm beistehen, im Reiche über den Frieden und über die reine Lehre des Evangeliums zu wachen, für das Wohl der Kirchen, Schulen und des ganzen Reichs zu sorgen. Dann sprach er mit ihnen umständlich über den Hergang bei dem Tode seines Vaters, Friedrichs I. „Es ist gut, sagte er plötzlich, ich werde ihm bald folgen.“
Man brauchte seine jüngsten Kinder, Johannes und Dorothea, 11 bis 13 Jahre alt, zu ihm; die andern waren abwesend. Sie ließen sich weinend auf ihre Kniee nieder, und baten, wie die Königinn ihnen befohlen hatte, den Vater um Verzeihung, wenn sie ihn gekränkt hätten. Christian legte seine Hände segnend auf ihr Haupt, übergab sie dem Schutze Gottes, daß er sie in rechter Frömmigkeit aufwachsen lasse. Die Königinn hatte sich jetzt so weit gefaßt, daß sie zum ihm treten konnte. Auch sie bat den König mit erstickter Stimme, ihr ihre Vergehen zu verzeihen. „Meine Dorothea, mein herzliebes Weib, sprach Christian, gieb dich zufrieden! Du hast mich niemals beleidigt. Unser Leben war glücklich. Alles ist vergeben. Gott ruft mich in das himmlische Vaterland. Wenn ich dir jemals Gutes und Liebes erwiesen habe, so vergilt es mir dadurch, daß du dich beruhigst. Denn du läß’st mich nicht von dir, sondern vor dir dahin gehen, wo, wenn es Gott gefällt, du wieder mit mir vereinigt werden wirst. Dort wirst du ewige Freude und Wonne mit mir theilen!“ Beide umarmten sich, und sagten sich ein letztes Lebewohl.
Es wurden die anwesenden Räthe und Diener hereingerufen. Der König gab einem Jeden die Hand, und dankte für ihre Treue. Dann ließ er seine Hofprediger zu sich kommen, und forderte sie auf, mit ihm zu beten und zu singen. Man las ihm auf seinen Wunsch das 53. Capitel im Jesaias und das 3. Capitel des Johannes vor. Gesungen aber wurden die Lieder: „Mit Fried‘ und Freud‘ fahr‘ ich dahin,“ und „Mitten mir im Leben sind von dem Tod umfangen“ Hierauf bat er den Hofprediger Nimwegen, den Gesang anzustimmen: „Nun laßt uns den Leib begraben!“ Als dieser meinte, das werde ihn wohl zu traurig stimmen, antwortete der König: „Nein, mein lieber Paule, man singe es! Es will mich fast sehr ergötzen.“ Dann ließ er „Wir glauben All‘ an Einen Gott,“ und zuletzt noch einmal „Mit Fried‘ und Freud‘ fahr‘ ich dahin,“ singen. Gegen vier Uhr Nachmittags klagte er auf einmal über große Schwäche im Glauben, und forderte die Anwesenden auf, den h. Geist anzurufen, daß er ihm beistehe, bis zum letzten Augenblick fest und standhaft auszuharren. Der Prediger sprach zu ihm vom Verdienste Christi. Da hörte er sehr aufmerksam zu, und schaltete die Worte ein: „Ja, ja, ich weiß, daß das wahr ist, und dabei will ich im Leben und Sterben verbleiben.“ Gegen fünf Uhr rief er „Ich muß wandern; doch ich habe gut wandern, ich habe den Weg, die Wahrheit und das Leben bei mir!“ Mit diesen Worten entschlief er. Seine Leiche wurde am 13. Februar 1759 in der Kirche zu St. Knud in Odensee, später aber in dem Roschilder Dom beigesetzt. Im Jahre 1573 ließ dort sein Sohn, König Friedrich II. ihm ein prächtiges Denkmal setzten. Das Bildniß des Königs ist darauf zweimal in Marmor zu sehen, einmal geharnischt und liegend, und dann wieder auf dem Gipfel des Denkmals, der auf sechs Säulen ruht, in vollem königlichen Schmucke vor einem Cruzifixe knieend.
Dr. Theodor Fliedner, Buch der Märtyrer, Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth, 1859