Brigitte Bull.

So lange der englische Prediger Dr. Georg Bull noch zu St. Georg war, machte er alle Jahre eine Reise nach Oxford, wo er zwei Monate zu verweilen pflegte, um die dortigen Bibliotheken zur Erweiterung seiner Kenntnisse zu benutzen, indem er auf seiner entlegenen Pfarrei fast aller literarischen Hilfsmittel entbehrte. Auf der Reise pflegte er den Wilhelm von Cirencester zu besuchen, in dessen Hause er stets ein willkommener Gast war. Gewöhnlich predigte er dann auch für den Ortspfarrer Alexander Gregory, und dies legte den Grund zu einer Bekanntschaft mit diesem würdigen Geistlichen, welche nach und nach so innig wurde, daß er sich entschloß, Brigitte, eine Tochter desselben, zu heirathen. Was ihn zu dieser Wahl vorzüglich bestimmte, war, daß er bei den Besuchen, die er zuweilen im Hause machte, Gelegenheit gefunden hatte, sich davon zu überzeugen, daß Brigitte eine von gottesfürchtigen Eltern mit dem glücklichsten Erfolge in der Zucht und Vermahnung zum HErrn erzogene Tochter sei. Der 20. Mai 1658, das Fest der Himmelfahrt Christi, war der Tag seiner ehelichen Verbindung, die durch Wilhelm Masters, Pfarrer zu Preston, eingesegnet wurde, und zwar nach der damals bei schwerer Strafe verbotenen Liturgie der englisch-bischöflichen Kirche. Bull fand an Brigitte, was er gesucht, eine Gehilfin, die ihn in jeder Hinsicht auf’s Treulichste unterstützte. Obwohl durch Naturanlagen und Erziehung zu häuslicher Sparsamkeit geneigt, fand sie doch an Wohlthätigkeit und Werken der Barmherzigkeit ihre größte Freude, und darbte lieber sich selbst etwas ab, als daß sie auf die Freude den Dürftigen wohlzuthun, verzichtet hätte. Sie kleidete sich zwar anständig, aber doch so einfach und gering als möglich. Der Besorgung ihrer häuslichen Geschäfte widmete sie den größten Theil ihrer Zeit, und stets war sie darauf bedacht auch die leisesten Wünsche ihres Gemahls zu erfüllen. Ihr frommer Eifer begnügte sich nicht mit dem, was sie innerhalb ihres Hauses zu thun fand, die ganze Gemeinde, in der sie lebte, hatte denselben zu genießen. Durch ihre Geschicklichkeit und Erfahrung in der Wundarzneikunst machte sie sich bei allen Gelegenheiten sehr nützlich und besonders bei den Armen sehr beliebt. Als nach einiger Zeit Bull nach Avening befördert wurde, so wirkte sie dort auf eine höchst gesegnete Weise unter dem weiblichen Geschlecht; durch ihre freundlichen und überzeugenden Belehrungen zerstreute sie die Vorurtheile gegen das Kirchengebetbuch, und wußte es dahin zu bringen, daß die Leute ihre Kinder wieder zur öffentlichen Taufe in die Kirche brachten, und wegen der Geburt derselben das herkömmliche Gebet in der Kirche vorlesen ließen, was seit einigen Jahren unterblieben war. Sie bewies ihr Wohlwollen gegen die Armen nicht allein durch reichliche Unterstützungen, welche sie denselben zukommen ließ, sondern auch durch die Aufsicht, die sie über die Armenpfleger hielt, welche stets von ihr erinnert wurden, wenn sie es den Dürftigen an Speise, Kleidung, Arznei und sonstiger Verpflegung fehlen ließen. – War Bull und sein Gehilfe abwesend und ein Kranker begehrte geistlichen Zuspruch, so ruhte sie nicht, bis sie irgend einen benachbarten Prediger aufgetrieben hatte, der des Trostbedürftigen sich annahm, selten kam ihr Tochtermann Stephens zu ihr auf Besuch, da er nicht von ihr veranlaßt worden wäre, irgend einen Kranken in der Gemeinde zu besuchen.

Ueber 50 Jahre lebte sie mit Bull, der als Bischof von St. David starb, in der Ehe. Nach seinem Tode ließ die Gemeinde Brecknock, der er in der letzten Zeit vorgestanden, sie durch eine besondere Deputation bitten, sie möchte ihr doch die Liebe thun und bei ihr ihre Tage beschließen. Und ungeachtet ihre Anverwandten ihr sehr zuredeten, sie möchte bei ihnen bleiben, so war ihr doch jener Ruf nach Brecknock zu heilig, als daß sie ihn hätte ablehnen mögen. Sie zog daher dorthin, nicht sowohl um dort zu leben, als vielmehr zu sterben und dereinst neben ihrem Gemahl sich begraben zu lassen. Sie hatte demselben 5 Söhne und 6 Töchter geboren, und in allen Stücken den Wunsch erfüllt, den sie sich auf ihren Trauring hatte setzen lassen:

Bene parere, parere, parare det mihi Deus. (Gott helfe mir wohl zu gebären, wohl zu gehorchen und wohl Haus zu halten.)