Aimondus la Voye

Blutzeuge 1541

Eben in demselbigen Jahr/ den 27. Augusti ist zu Bourdeaux in Franckreich erstlich gehencket / und hernach verbrennet worden ein Prediger mit namen Aimondus la Voye. Diser wurde wol drey tage zuvorn gewarnet / und jm vermeldet / daß man darmit umbgieng / daß man jn gefänglich eynziehen solte. Auch baten jhn vil von seinen zuhörern / daß er weichen / und der gefahr eine zeit lang auß dem weg ziehen solte. Aber Aimondus wolts nicht thun / und sagte / Ich wolte lieber / daß ich niemals geboren were / dann daß ich so verzagt seyn solte. Dann es einem guten hirten / wie Christus sagt / nicht gebüret zu fliehen / wann sich die gefahr herzu nahet / sondern er sol bleiben / auf daß die schaafe nicht zerstrewet wedrden. Nun hat mir der liebe Gott die gnade gegeben / daß ich euch das Evangelium habe predigen können. Solt ich nu umb diser versuchung willen davon laufen / so möchte einer meynen / daß ich euch nichts anders als lauter fabeln / träume / und ungötliche ding gepredigt hette / und liesse euch nu in solchem ärgernis stecken. Darumb bitt ich / jhr wollet mir nicht davon sagen: Dann ich gewiß weiß / daß dasjenige / was ich euch gepredigt hab / wahr sey / und wiol auch mit götlicher hülf darüber halten / und die warheit vertheidigen / solts mir auch mein leib und leben kosten. Ich wil mit S. Paulo sagen / Ich bin bereit zu Bourdeaux nit allein gebunden / sondern auch getödtet zuwerden / umb meines HErrn und Heylands Jesu Christi willen. Da nun seine zuhörer solche seine freudigkeit gespüret hatten / wolten sie nicht weiter bey ihm anhalten. Darauff er dann eyngezogen ist / undf in die neun monat gefangen hat sitzen müssen.

Disem Aimondo gaben auch seine feind diß zeugnus / daß er heilig und unsträflich für der welt gelebt hette. Dannoch beweynet und beklagt er selbst zum höchsten / daß er übel gelebet / und Gott den HERRN so oft erzürnet hette. Auch sagt er / daß es jm am meisten wehe thete / daß er Gott nit fleissiger gedienet hette / oder forthin dienen könte. Da er auch der reckbanck in die zwo oder drey stunde außgespannet und gemartert / und darüber auch in ohnmacht gefallen war / zog ihn der oberst Praesident noch darzu selbst beym bart / und sprach / Sag an du lutherischer schelm / sag an / und vermelde deine mitgesellen. Dann du für deine person allbereit verdamt bist / und mangelt nur daran / daß du deine gesellen vermeldest. Da sagt Aimondus. Was meynet ihr für gesellen ? Ich weiß von keinen andern gesellen / als von denen / die neben mir den willen Gottes wissen und thun / es seind gleich Edelleute / Kauffleut / bürger oder bawren. Aber niemand wolte er namhaftig machen.

Dieweil dise schreckliche folterung werete / widerholete er oftmals dise wort: Der leib muß verderben / die seel wird leben / und das reich Gottes weret in alle ewigkeit. Item / ich meynte ich wolte mehr und grössere barmhertzigkeit bey den leuten gefunden haben als ich findt. Nun wolan / dieweil ich keine gnad und barmhertzigkeit bey den menschen finde / so bitte ich Gott von grund meines hertzens / daß ich bey jhm barmhertzigkeit finden möge.

In der gefengnus uber der letzten malzeit / da er hin war getragen worden / sagt er zu stockmeister / seiner frawen und tochter: Nun hab ich von Gott ein völliges genügen meines verlangens bekommen / dann es sind ungefehrlich acht jar / daß ich erstmals durch die gnade Gottes zu erkantnus der warheit kommen bin. Dazumal kam mir alsbald in den sinn / daß ich zu Bourdeaus umb Gottes worts willen sterben würde: Sihe da / nun wird solches erfüllet.

Von des HErrn Abendmal redet er also: Das ist mein glaub / So oft die Christen in frid und einigkeit versamlet sind / und einerley lehr haben und bekennen / und mit wahrem glauben und hofnung das dargereichte brot und wein zu sich nemen / daß sie alsdann warhaftige gemeinschaft mit dem leib und blut Jesu Christi bekommen. Darauff erkläret er das 11. capitel der ersten epistel an die Corinther mit sonderlicher lieblichkeit / und schrye darauff mit lauter stimm / Die wort die ich euch rede / seind geist und leben.

Als er auf der leiter stund / betet er mit disen worten: HErr komme mir zu hülf und verzeuch nit / hab keinen eckel an dem werck deiner hände. Vergib disen / dann sie wissen nciht was sie thun. Darnach redet er die Studenten zu Bourdeaus allda zu gegen also an: Meine liebe brüder jr Studenten / ich bitt euch / studirt das Evangelium fleissig. Es ist nichts das ewig bleibe / dann das wort Gottes. Befleissiget euch den warhaften willen Gottes zu verstehen. Förchtet euch nit für denen / die nur uber den leib / aber nit uber die seel zu gebieten haben. Da er das sagt / schrey er etlich mal / Herr mein Gott in deine hände befehl ich meinen geist. Und wurd darauff / wie gesagt / hingerichtet.