Wo einem Volke von Gott ein großer Mann gegeben ist, stehet er da wie ein feuriges Wahrzeichen, das hoch aufgerichtet ist auf einem Berge, und leuchtet weit hinaus über das Land, und alles Volk wendet seine Blicke hinauf zu der wunderbaren Feuersäule. Wenn aber Jahrhunderte vergangen und andere Geschlechter gekommen sind, dann sehen sie noch mit Staunen den hellen Wiederschein fernhin an dem tiefen Himmel glühen. Solcher Wahrzeichen waren dem deutschen Volke vor andern viele gegeben, und es war reich an großen Männern und gewaltigen Herrschern, die es seinen Weg führten durch Kampf und Noth, die das Recht handhabten, aber auch das Schwerdt zu Schutz und Trutz in jenen harten Zeiten, wo auch der friedliche Mann es nimmer bei Seit legen durfte, damit er in Frieden bleiben könne. Zu den gewaltigen Herrschern des deutschen Volkes nach dem großen Kaiser Karl und dem ersten Otto gehörte auch Kaiser Friedrich der Erste. Der war ausgerüstet mit einem starken und mächtigen Willen und einer eisernen Hand, die schwer lastete auf Allen, die ihm zu widerstreben dachten. Wenn ihm aber die Kraft verliehen war, vor. Vielen ein Werkzeug zu sein in der Hand Gottes, und große Thaten zu thun, so war ihm auch beschieden zu leiden für Viele. Denn nicht allein was er thut und wie er es thut, ist eines großen Mannes Zeichen, sondern auch an dem erkennt man ihn, was er leidet und wie er leidet. Also war Kaiser Friedrichs Herrschaft reich an Wechsel und Schickungen, an Kampf und Sieg und Freude und Leid. Darum ist er geworden zu einem feurigen Wahrzeichen in der Geschichte des deutschen Volkes.
Kaiser Friedrich stammte aus dem edlen und mächtigen Hause der Hohenstaufen, das in Schwaben, herrschte, und sein Vater Friedrich war Herzog gewesen in diesem Lande, und seines Vaters Bruder war König Konrad der Dritte, der erste der Hohenstaufen, der das Scepter führte in dem deutschen Reiche. Zu dieser Zeit kam der fromme Abt Bernhard von Clairvaux nach Deutschland und predigte mächtig vor dem Könige und den Großen des Landes, das Kreuz zu nehmen, und nach dem fernen Morgenlande zu ziehen. Denn es drohete Gefahr, daß das heilige Grab den Händen der Christen wieder entrissen würde, das doch mit so vielem Blute war erkauft worden. Und wie ein Sturm wehte es aus dem Munde Bernhards, und es ergriff viele aus dem Volke. So geschah es auch dem jungen Friedrich, dem Herzoge von Schwaben. Und er bezeichnete sich mit dem Kreuze und folgte einem Oheim nach dem gelobten Lande. Aber die Thaten der Kreuzfahrer gelangen nicht, so, wie sie es gemeint hatten. Denn wie Schnee an der Sonne schmolz das Heer zusammen vor Noth und Elend aller Art. Da ging der König, damit er doch die heilige Stätte gesehen habe, zu Schiff nach Jerusalem, und Herzog Friedrich begleitete ihn mit andern edlen Rittern. Sie beteten daselbst an allen heiligen Orten, und wanderten durch Samaria und Galilaea. Nach manchem harten Strauß mit den Ungläubigen zogen sie dann wieder heim nach Deutschland.
Bald darauf aber starb König Konrad im J. 1152. Da er den starken und mannhaften Sinn eines Neffen erkannt hatte, und dieser sich auch im heiligen Lande als einen ritterlichen Helden gezeigt hatte, empfahl er sterbend den Großen des Reiches, nicht seinen unmündigen Sohn, sondern seinen Neffen Friedrich zum Könige zu wählen. Denn es waren stürmische Zeiten und es bedurfte eines kundigen Steuermannes, der das Schiff durch die Fluthen und zwischen Klippen und Felsen sicher hindurch zu führen wisse, Es versammelten sich die Herzoge, Grafen und Bischöfe wieder in der alten Stadt Aachen, und in dem Münster führten sie den gewählten König zu dem Throne Kaiser Karls; der Erzbischof von Cöln krönte ihn, und Alle huldigten ihm als dem neuen Herrn Da wollte ein Diener, den Friedrich um eines Vergehens willen vom Hofe verbannt hatte, die Freude dieses Augenblicks nutzen, und warf sich vor ihm nieder, mitten in der Kirche, und rief seine Gnade an. Der König aber erhörte ihn nicht, sondern sagte: „Nicht aus Haß, um der Gerechtigkeit willen habe ich dich verbannt. Habe sie denn ihren Lauf!“ Und er blieb unerbittlich. Als das die Fürsten hörten, erschraken sie, denn sie erkannten die Strenge und den festen Sinn des jungen Königs. Friedrich aber war damals in der Fülle der Manneskraft. An Gestalt ragte er stattlich hervor, hell und weiß war ein Gesicht, die Wangen geröthet in Jugendfrische, die Augen leuchtend und durchdringend. Ueber der Stirn kräuselte sich das blonde Haar und röthlich schimmerte ein Bart, darum nannten ihn die Wälchen Barbarossa, d. h. Rothbart. In Allem aber zeigte er sich als einen großen Mann. Er war klug und fest im Rath, stark und tapfer in der That, streng gegen Uebelwollende, leutselig gegen eine Freunde, und in allen kriegerischen Werken der Erste. Im Grauen der Morgendämmerung besuchte er die Kirche, um den Tag mit Gebet zu beginnen, und in mancher Stunde versank er in andächtige Betrachtung, und litt nicht, daß man ihn mit weltlichen Fragen belästigte. Vor Allem aber meinte er, von Gott habe er ein hohes Amt, er sei ein König von Gottes Gnaden, dem es aufgetragen sei, Recht und Gerechtigkeit zu handhaben. Denn wer den Bösen schone, thue dem Guten Schaden, und unzeitige Milde werde zur Brandfackel in der Hand des Frevlers. Darum galt vor ihm kein Ansehn der Person, und wo er auftrat, da bebten die Uebelthäter.
Ein solcher Herrscher that dem Reiche Noth; denn überall gab es Hader und Zwiespalt. Die Fürsten stritten unter einander, und wo sie sich vereinten, erhoben sie sich wider den König; wohl wollten sie einen Herrscher, aber er sollte also herrschen, wie es ihnen gut dünkte und genehm war. So war von des Kaisers alten Rechten. Vieles verloren gegangen, und Alle zerrten daran, daß fiel ein Stück davon losrissen nach dem andern. Darum beschloß Friedrich, es solle anders werden, und das Kaiserthum wieder reich an Macht und Ehren vor allen Völkern, wie es früher gewesen war. Zuerst aber söhnte er die hadernden Fürsten und Lehnsmannen des Reichs mit einander aus. Auf den Reichstagen hörte er ihre Ansprüche, und gab einem Jeden was ihm gebührte, und stellte Ruhe und Frieden wieder her. Deßwegen waren ihm alle Fürsten zugethan.
Dann aber warf er sein Auge auf die fremden und benachbarten Völker, bei denen das Deutsche Reich auch einst hoch in Ansehen gewesen war. Damals stritten in Dänemark drei Stammesvettern um die königliche Krone, und Friedrich schlichtete ihre Sache auf einem Reichstage, und gab dem Einen die Krone, daß er sie trüge als ein Lehen des Reichs, und unterwarf ihm die beiden andern. Als dann erhob er sich zu einem Feldzuge wider die Polen. Hier war der Herzog vertrieben von seinen Brüdern, und lebte der Herrschaft beraubt im Elend. Friedrich aber kam siegreich in das Land und strafte die Kronenräuber, daß sie einen Theil des Landes wieder herausgeben mußten, und anerkennen, daß sie wollten dem Reiche unterthänig sein, und seinen Richterspruch über sich ergehen lassen.
Härtere Kämpfe aber und Schwereres stand ihm bevor in dem Lande Italien, wohin er nun zu ziehen gedachte. Hier war ein großer Streit seit den Zeiten Ottos des Ersten, der die Kaiserkrone dem Deutschen Volke wieder gewonnen hatte. Dem Reiche waren seitdem unterthan die Lande jenseits der Alpen bis nach Neapel hinab, wo die Normannen herrschten, und auch der Papst zu Rom stand mit der Stadt unter dem Kaiser. Dann aber, hundert Jahr vor Friedrich, war ein Papst gekommen, der hieß Gregor, und war dieses Namens der Siebente. Der war auch ein starker und gewaltiger, aber kein geistlicher Mann. Er war nicht zufrieden mit der Herrschaft in der Kirche, obwohl auch diese nur eines unsichtbaren Hauptes ist, sondern er trachtete nach dem was von der Welt ist, und wie er die Kirche mache zur Herrscherin der Erde, und zu einem Reiche von dieser Welt. Darum hatte er geschrieben alle Kronen und Herrschaften seien von Gott in seine Hand gegeben, alle Fürsten und Könige seien Räuber und Todtschläger, und aller Menschen Eigenthum gehöre dem heiligen Petrus, d. h. dem Papste zu Rom. Gegen solche verkehrte und unchristliche Lehre aber hatten sich die Kaiser und Könige gesetzt, ein großer Kampf war entstanden, und der den Segen bringen sollte, hatte einen Brand entzündet, der nimmer zu dämpfen war. Darüber hatte sich Verwirrung und Unordnung aller Art erhoben in Deutschen und Italienischen Landen, und von den Rechten und der Macht des Kaisers war Vieles abhanden gekommen. Vornehmlich aber hatten die reichen Städte der Lombarden im oberen Italien viel gewonnen. Sie waren stolz auf ihre Macht und trotzig hinter ihren festen Mauern, und meinten, der Kaiser dürfe ihnen nichts vorschreiben. Unter ihnen aber war keine Stadt mächtiger als das stolze Mailand. Das war nicht zufrieden frei zu sein, sondern es wollte herrschen über die andern, minder mächtigen Städte, überzog sie mit Krieg, schleifte ihre Mauern und trat sie unter die Füße.
Da nun Friedrich wieder auf einem Reichstage zu Gericht saß, erschienen vor ihm die Bürger einer Italienischen Stadt, klagten die Mailänder an, und baten ihn die vor ihrem Uebermuthe zu erretten. Friedrich aber zog mit Heeresmacht zum ersten Male über die Alpen nach Italien und züchtigte die widerspenstigen Städte, daß sie sich ihm unterwerfen mußten. Dann ging er nach Rom, wo ihm Papst Hadrian feierlich die Kaiserkrone auf das Haupt setzte. Da aber war wieder der Anfang eines großen Kampfes. Denn bald darauf kam der Kaiser mit dem Papste in einen Streit. Dieser sandte zwei seiner Cardinäle an ihn ab mit einem Briefe, darin fand, wie die Römische Kirche ihm die Fülle der Würden und Ehren übertragen habe, als sie ihm die Kaiserkrone zum Lehen gegeben. Als nun dieses Schreiben verlesen wurde vor dem Kaiser in der Versammlung der Fürsten, da brach ein lauter Unwille aus. Und als einer der Cardinäle sagte: „Von wem denn hat der Kaiser sein Reich, wenn nicht vom Papste?“ hätten die Fürsten Hand gelegt an die Boten, wenn der Kaiser es nicht verhindert hätte. Auf jenen Brief aber antwortete er: „Gottes Allmacht, von dem alle Gewalt herkommt im Himmel und auf Erden, hat uns einem Gesalbten das Reich und die Herrschaft aufgetragen. Durch die Wahl der Fürsten haben wir von Gott allein beides, und von keinem Andern. Auch der Apostel Petrus selber hat gelehret: Fürchtet Gott und ehret den König! Wer aber sagt, es sei unter Kaiserthum ein Lehen vom Papste, der verunehret uns, und redet wider die göttliche Einrichtung und den Apostel Petrus und macht sich einer Lüge schuldig. Darum gebe der Papst solche eitle und unerhörte Rede auf!“ Also wollte Friedrich sein und herrschen als ein Kaiser von Gottes Gnaden. Der Papst aber erschrak sehr, und er schrieb einen andern Brief zurück, und besänftigte den zürnenden Kaiser.
In der Zeit aber erhoben sich auch die Städte wieder, trotz ihrer Versprechungen, und Friedrich ging abermals über die Alpen und schlug die Mailänder, und verurtheilte sie zu schwerer Buße und demüthigender Strafe. Darauf hielt er auf dem Felde zur Roncaglia einen feierlichen Kaisertag mit aller Pracht eines großen Herrschers, und forderte zurück von den Städten alle Kaiserrechte, die sie an sich genommen hatten im Laufe vieler Jahre, ohne Willen und Schenkung des Kaisers. Und so stellte er als ein von Gott gesetzter und verordneter Kaiser die alte Macht wieder her. Die Lombarden aber und auch der Papst wurden bestürzt über so gewaltiges Regiment, denn sie fürchteten Friedrichs Macht, und begannen ihn nur desto mehr zu hassen, und dachten darauf, wie sie ihn zu Falle brächten.
Bald darauf nachdem dieses geschehen war, starb der Papst Hadrian. Die Cardinäle aber konnten nicht eines Sinnes werden über die Wahl eines neuen Papstes. Die Einen waren für Victor den Vierten, die Andern aber wählten später Alexander den Dritten, einen heftigen Mann, der des Beispiels Gregors des Siebenten gedachte, und sich auch schon als einen Feind des Kaisers gezeigt hatte. Dieser aber nahm Aergerniß an einer solchen Spaltung der Kirche, und meinte durch sein kaiserliches Amt sei er berufen den Frieden auch in der Kirche zu wahren, wie vor Zeiten auch Kaiser Otto darum einen Papst seiner Würden mit Beirath der Bischöfe entsetzt hatte. Danach berief Friedrich die beiden Päpste vor eine große Versammlung der Bischöfe des Reichs nach Pavia, damit sie hier ihre Sache führen möchten. Doch Alexander folgte diesem Rufe nicht, denn er erachtete seine Wahl allein für die rechte und die der wahren Kirche, und schalt den andern Papst einen Abtrünnigen und Ketzer. Auch sei er nicht dem Kaiser unterthan, sondern der Herr desselben, und nimmer dürfe der Kaiser eingreifen in die Rechte der Römischen Kirche. Deßwegen entwich er nach Frankreich, und belegte dort den Kaiser mit dem Banne der Kirche.
Doch Friedrich wankte nicht, sondern hielt fest an einem Rechte, und ging wieder nach Italien die Städte zu strafen, die durch solche Rede des Papstes neuen Muth gewonnen hatten. Wieder aber traf des Kaisers Zorn Mailand am Schwersten, das jetzt mehr trotzte als jemals, denn mit des Papstes Hülfe hoffte es nun zu siegen. Da belagerte Friedrich die Stadt acht Monate lang und Hunger, Elend und Krankheit begannen die Einwohner fort zu raffen, bis die Uebrigen die Gnade des Kaisers anriefen. Friedrich aber ergrimmte in seinem Zorne, und wollte nichts hören von Gnade, sondern sie alle ohne Schonung und Erbarmen die Schwere seiner Hand fühlen lassen, weil sie sich so oft wider ihn empört hatten. Da kamen die Mailänder, klagend und in Büßergewändern, Stricke um den Hals, Asche auf dem Haupte und mit bloßen Füßen, in das Lager zum Kaiser, und warfen sich flehend vor ihm nieder. Alle Fahnen und Kriegszeichen, auch ihre größeste Fahne mit dem Bilde des heiligen Ambrosius legten sie vor seine Füße in den Staub, jammt den Schlüsseln ihrer Stadt. Der Kaiser aber blieb hart, und erbarmte sich ihrer nicht, sondern blickte von einem Throne auf sie nieder und sagte: „Erkennet ihr, Mailänder, endlich, daß ich euer Herr bin und Kaiser? Ihr Alle habt das Leben verwirkt, doch die Milde, die euch, werden kann nach dem Gesetze, soll euch werden!“ Die Mailänder aber harrten voll Angst, was mit ihnen geschehen werde, Da befahl ihnen Friedrich auszuziehen, mit Weib und Kind und allen ihren Habseligkeiten, sich zu zertheilen, und von jetzt an zu wohnen, fern von ihrer Heimath in einem kleinen Flecken. Die Mauern aber der stolzen Stadt ließ er durchbrechen, die Gräben ausfüllen, die Thürme umstürzen, die prächtigen Gebäude zerstören, und nur der großen Kirchen schonte er, „Das alter Mailand sollte verschwinden vom Boden der Erde, und die Stätte wüste bleiben und leer zum Zeichen, wie furchtbar der Zorn des Kaisers sei, und wie schwer er strafe alle die ihm widerstehen. Und mit Weinen und Wehklagen verließen die Mailänder ihre Vaterstadt
Da aber Friedrich aller Milde vergaß, und gedachte die Ueberwundenen zu zertreten, geschah es, daß auch seine Kraft sollte gebrochen werden. Denn weil die Mailänder zu Boden gedrückt wurden von ihrem schweren Unglück, jammerte ihr Schicksal alle Städte, auch die, welche ihnen vorher feind gewesen waren um ihres Uebermuthes willen. Alle begannen den Kaiser wegen seiner Härte zu zürnen, und sie sannen, wie sie an ihm Rache nehmen möchten. Darum schlossen die Lombarden, einen Bund, daß sie Mailand herstellten, und ihre Rechte wie früher behaupteten gegen den Kaiser. Der Papst hieß Alles gut, was sie thaten, und erklärte laut, aus göttlicher Machtvollkommenheit nehme er Friedrich das Kaiserthum und seine Herrschaft, und alle Unterthanen entbandt er des Eides, den sie ihm geleistet, und sagte, es sei ein gutes Wert, wenn sie sich gegen ihren Herrn erhöhen. Nun entbrannte der noch heftiger als zuvor, und Friedrich entbot alle Fürsten des Reiches zu einem neuen Zuge nach Italien.
Unter den Fürsten aber war keiner mächtiger und größer als Herzog Heinrich, den man den Löwen nannte, der in Sachsen und Baiern herrschte, und abstammte aus dem hohen und uralten Hause der Welfen. Und die Welfen waren neben den Hohenstaufen so gewaltig im Reiche, daß sie lange mit ihnen stritten, und die Kaiserkrone hätten gewinnen können. Doch Friedrich hatte den alten Streit geschlichtet und sich versöhnt mit Herzog Heinrich. Denn dieser war sein Vetter und Blutsverwandter durch des Kaisers Mutter. Er hatte ihn reich gemacht an Ehren und Ansehen, also daß es keinen Größern gab, und er der Erste war nach dem Kaiser selber. Auch Heinrich war ein tapferer und stolzer Mann, der nach hohen Dingen trachtete; nie konnte ihm der Ehre genug geschehen, und er dann darauf, wie seine Macht noch größer würde, und er den Kaiser selbst überträfe. Also versagte er ihm zu diesem Heereszuge einen Beistand, und wollte ihm nicht anders mit seinen Mannen zuziehen, als wenn er ihm die Stadt Goslar als Lehen überließe, die dem Reiche unterthan war. Aber Friedrich wurde unwillig über dieses Ansinnen, und wollte die Hülfe eines Lehnsmannes, dem er doch gebieten konnte, um diesen Preis nimmer erkaufen. Noch aber hoffte er ihn mit Güte zu überwinden, darum berief er ihn nach der Stadt Chiavenna im Süden der Alpen. Als sie nun zusammenkamen, stellte er ihm alle Dinge vor, wie sie seien, und welche Macht der Papst und die Lombarden hätten, und wie das Reich in großer Gefahr sei, und bat ihn mit dringenden Worten, er möge seinen Kaiser und Vetter nicht verlassen. Da nun Heinrich auf einem Sinne verharrte, wurde Friedrich von tiefem Schmerze ergriffen, vergaß seiner kaiserlichen Würde, und that vor seinem Lehensmanne einen Fußfall, und bat ihn flehend, er möge bei ihm aushalten in diesem schweren Kampfe. Aber er fand keine Erhörung; denn Heinrich blieb kalt und stolz, und die Demüthigung des Kaisers rührte ihn nicht. Da trat, wie erzählt wird, die Kaiserin herzu und sagte: „Erhebe dich, o Herr! dieser Stunde wird Gott gedenken!“ Der Kaiser aber erhob sich, und bat nicht mehr. So schieden die Fürsten von einander in Feindschaft.
Nach diesem Abfalle hatte Friedrich nur wenige Schaaren um sich, aber die Lombarden hatten in ihrem Durste nach Rache ein großes Heer gesammelt. Und beide trafen auf einander bei Legnano im Jahre 1176, und eine große Schlacht wurde geschlagen, und heiß gestritten den ganzen Tag hindurch; denn die Mailänder vor Allen wollten lieber sterben, als länger so leben, und sie gedachten alles Leides, das der Kaiser ihnen angethan hatte. Ob nun gleich dieser und die Seinen ritterlich kämpften, so wurden sie dennoch geschlagen, und die Lombarden gewannen einen großen Sieg. Viele Fürsten und Herrn wurden gefangen, die Fahne des Kaisers, sein Schild jammt vieler anderer Beute fiel in die Hände der Sieger; das Roß des Kaisers wurde unter ihm getödtet, und er selbst sank zu Boden. Die Seinen wurden erfüllt von Schreck und Bestürzung, als sie ihn nicht mehr erblickten, denn sie meinten, auch er sei unter den Gefallenen. Aber noch hatte sich der Tod von ihm abgewendet; doch aber war es ein harter Schlag für den gewaltigen Mann. Aus einem Sieger war er ein Besiegter geworden, und jetzt that der Friede ihm selber Noth. Darum schloß er einen Stillestand mit den Lombarden, und sie behaupteten ihre Macht wie vorher, und Mailand erhob sich von einem tiefen Falle, und wurde von den Siegern aus Schutt und Trümmern wieder aufgebaut.
Auch mit dem Papste Alexander wollte der Kaiser sich jetzt versöhnen, damit Italien und die Kirche nach so langem Kampfe endlich Frieden hätten. Deßhalb hielt er mit ihm eine feierliche Zusammenkunft zu Venedig, in der wunderbaren Stadt, die im Meere liegt, und um des Friedens willen fügte er sich in Alles was der Papst von ihm verlangte. Auf dem Platze vor der Kirche des heiligen Marcus erschien Friedrich mit seinen Fürsten und Rittern vor dem Papste, der saß auf einem Sessel und um ihn her standen seine Cardinäle und Bischöfe. Der Kaiser aber legte seinen Mantel ab, und kniete nieder vor dem Papste, wie es damals Sitte war, und dieser erhob ihn vom Boden und ertheilte ihm den Kuß des Friedens. So wurde die Eintracht wieder hergestellt, und Alle freuten sich, daß endlich der Streit beigelegt sei, der achtzehn Jahre hindurch gedauert hatte. Das war für alle Lande ein großer Gewinn, aber auch ein schweres Opfer für den Kaiser. Denn von allem Leid, das er erfahren hatte, war dieses die härteste und schwerste Prüfung, daß Gott ihn gedemüthigt, und ihn in die Hand seines stolzen und herrschsüchtigen Feindes gegeben hatte. Zweimal in seinem Leben hatte der Kaiser einen bittern Fußfall gethan, vor dem so viele Besiegte im Staube gelegen hatten, und Vieles von dem, was er mit aufrichtigem Herzen zum Wohle des Reichs gesucht hatte, war doch nicht in Erfüllung gegangen. So ist das Schicksal des Menschen und einer Größe, daß er erkennen lerne alles Irdische, wie glänzend und herrlich es auch erscheinen möge, sei nichtig und hinfällig.
Da es nun Friede war, kehrte der Kaiser nach Deutschland zurück, denn er gedachte Heinrichs des Löwen, und wie eine Feindseligkeit alles dieses veranlaßt habe. Und Friedrich erklärte ihn für einen Feind des Reichs, belegte ihn mit der Acht, nahm ihm die Herzogthümer, Lehen und was er sonst vom Reiche hatte, und überzog seine Stammlande mit Krieg. Heinrich aber vermochte dem Kaiser nicht zu widerstehen, und mußte auch um Frieden bitten, Und er trat auf dem Reichstage vor den Kaiser, fiel nieder vor ihm, und flehte eine Gnade an. Friedrich aber war eingedenk seines eigenen schweren Schicksals, und hob ihn vom Boden auf unter vielen Thränen. Also hatte Gott jener Stunde zu Chiavenna gedacht, und mit allmächtiger Hand hatte er die beiden großen Fürsten gebeugt, den Einen durch den Andern. Heinrich aber wurde auf drei Jahre des Reiches verwiesen.
Fünf und dreißig Jahre waren nun verflossen, seit Kaiser Friedrich in Deutschland herrschte gewaltig und ruhmvoll. Wenn er auch war besiegt worden, so sahen ihn doch Alle für einen großen Herrscher an, und einen würdigen Nachfolger Karls des Großen und Ottos des Ersten. Er hatte strenge gehalten auf Recht und Gerechtigkeit, hatte gestritten wider den Trotz der Städte, den Uebermuth der Fürsten, die Anmaßung und Herrschsucht des Papstes, und hatte viele und schwere Wandlungen erlebt. Nun dachte er darauf, wie er das Geschick des Reiches und seines Hauses auf die Zukunft sichere. Darum verheirathete er seinen ältesten Sohn Heinrich, der auch ein tapferer und kühner Mann war, und ihm dereinst im Reiche folgen sollte, mit der Tochter eines Königs von Neapel, so daß Heinrich daselbst König werden sollte.
Um diese Zeit aber ging abermals der Ruf des Kreuzes durch Europa. Denn es kam die Schreckenskunde, wie Saladin, der Sultan von Aegypten, die Christen zu Jerusalem geschlagen, und die Stadt wieder gewonnen habe. So war acht und achtzig Jahre nach Gottfried von Bouillon das heilige Grab wieder eine Beute der Ungläubigen geworden. Da erinnerte sich Friedrich seiner Jugend, wie er vor Damascus gekämpft, und zu Jerusalem im Tempel gebetet habe; wie nun nach so langen Jahren, da er ein Greis sei, und ein Kaiser an Ruhm und Ehrenreich, derselbe Ruf zu ihm komme, wieder nach dem gelobten Lande zu ziehen, und Alles, was er gethan, durch die Eroberung des heiligen Grabes herrlich zu vollenden. Weil er nun im Reiche. Alles wohl geordnet sah, nahm er auf dem Reichstage zu Mainz gegen Ostern des Jahres 1189 das Kreuz. Seinem Beispiele folgten Herzoge, Grafen und Herrn, Bischöfe und Ritter, und unzähliges Volk, die alle in den Kampf ziehen wollten wider die Ungläubigen. Den Kaiser aber begleitete sein Sohn Herzog Friedrich von Schwaben, und auch die Könige von Frankreich und England schickten sich an zur See nach dem heiligen Lande zu gehen.
Alsbald war ein großes Heer versammelt, und der Kaiser, als ein kundiger Kriegesfürst, trat an die Spitze, und führte es wohlgeordnet an der Donau hinab nach Presburg. Hier aber, in der Ungarischen Mark, hielt er noch einen glänzenden Reichstag, und alle Streiter waren um ihn versammelt. Er ordnete noch einmal an. Alles, wie es sollte gehalten werden in einer Abwesenheit, und nahm einen letzten, feierlichen Abschied von Allen, die zurückblieben, vornehmlich von einem Sohne Heinrich, dem er das Reich übertragen hatte. Denn er war dem Greisenalter nahe, und der Weg, den er ging, weit, und mit tausendfacher Gefahr verbunden, und wohl mochte er es ahnen, daß er das Vaterland und die Seinen nimmer wiedersehen werde. Aber der frische Jugendmuth und die alte Kraft kehrte ihm wieder, wenn er des Zieles gedachte, das vor ihm lag. So führte er das Heer durch die Länder der Ungarn und Bulgaren, und der treulosen Griechen, die dem Kaiser und den Deutschen feind waren, hinüber nach Asien in das Land der Türken. Da war mancher Kampf zu bestehen mit den Ungläubigen, die hervorbrachen aus dem Hinterhalte, und das Heer beunruhigten, das des Weges nicht kundig war. Und Viele verschmachteten vor Hunger und Durst in der Wüste, und in den engen Gebirgspässen stürzten Menschen und Thiere in die Abgründe. Friedrich aber blieb standhaft, und sagte: „Wir werden uns dennoch Bahn brechen mit dem Beistande des Herrn.“ Darauf kamen sie nach der Stadt Seleucia am Flusse Saleph in der Provinz Cilicien, von wo sich der Weg südwärts wendet nach Syrien und dem gelobten Lande. Und das Heer schickte sich an über den Fluß zu gehen. Der Weg aber oben auf den Bergen, die an dem Saleph sich hinziehen, war schwierig und voller Gefahr, und es war eine weite Strecke bis zu der einen Brücke, die über den Fluß führte. Friedrich aber wurde ungehalten über die Zögerung, denn es trieb ihn vorwärts, und er eilte mit seinem Gefolge hinab zum Rande des Flusses. Und in ungeduldiger Hast wie ein Jüngling, gedrückt von der Hitze des Tages, warf er sich mit seinem Rosse in den Strom, um so das jenseitige Ufer zu gewinnen. Umsonst hatten die Seinen vor so raschem Thun gewarnt. Das Wasser aber war kalt wie Eis, und hatte einen jähen und raschen Fall. Da erfaßte der Strudel den alten Kaiser, und es verließen ihn mitten im Flusse die Kräfte, er erstarrte, und bevor ihm die Seinen zu Hülfe kommen konnten, war es um sein Leben geschehen, und nur einen Leichnam brachten sie an das Ufer. Das geschah am 10. Juni des Jahres 1190, an einem Sonntage, gegen Abend. Da erfaßte Bestürzung das ganze Heer, und Alle brachen in lautes Weinen und Klagen aus, und wollten fast verzweifeln, daß solches Leid sie betroffen habe, denn ihren Feldherrn und Führer, ihren Kaiser, ihren Vater hätten sie verloren. Herzog Friedrich führte darauf das Heer in tiefer Trauer nach Antiochia; dort bestatteten sie die Gebeine des Kaisers feierlich in der Kirche des h. Petrus fern von dem deutschen Heimathlande. Sein Herz hatten sie beigesetzt zu Tarsus, in der Stadt des Apostel Paulus. Aber das deutsche Volk hat das Andenken Kaiser Friedrichs in einem Herzen bewahrt, und nennt den Namen mit Allem, was groß und herrlich ist, bis auf diesen Tag.
- Köpke in Berlin