Etliche Märtyrer zu Meaux

Dise statt ist fünf kleiner Teutscher meil von Pariß gelegen / und sind dazumal in derselbigen vil geweßt / die von dem grewel des Bapstthumb abgefallen / und sich zu der reinen lehr des H. Evangelii begeben / und auch endlich in einem besondern haus ihre versamlungen und predigten sampt des Herrn Abendmal daselbst gehalten haben. Es hat sich aber zugetragen anno 1546 am 8. Septemb. da sie an dem gewöhnlichen ort bey einander waren / und predig hörten / daß sie auß befelch der Obrigkeit seind uberfallen / und erstlich jr verordneter Prediger / Petrus Clericus, und neben ihm bey 62 andere manns und weibspersonen sind angegriffen / gebunden / und geenglich weggeführet worden. Under disen war auch ein jungkfraw / welche / da sie sahe / daß sie also tractiret wurde / nur darumb / daß sie sich in diser ehrlichen und gotseligen versamlung neben andern hette finden lassen / sprach sie zu denen von der Obrigkeit / die dazumal mit gegenwertig waren: Wann ihr mich in einem unzüchtigen frawenhaus / oder sonsten in einem unehrlichen schamlosen ort würde gefunden haben / so würdet ihr mich nicht also gebunden und von dannen weggeführet haben.

Obgemeldter Prediger Petrus Clericus / da er neben anderen / nach einer langwirigen gefengnus / von Pariß widerumb gen MEaus geführet ward / daß man ihn allda verbrennen solte / ritten zween von den obersten Sorbonisten Maillardus und Picartus auf jren mauleseln umb sie her / und unterstunden sie durch allerley geschrey von der götlichen warheit abfellig zu machen. Da aber dises geplerrs kein ende war: sagt endlich Petrus Clericus auß einem christlichen eyfer zu Picarto: Pack dich von uns Satan / und verhinder uns nicht in der betrachtung der grossen wolthaten / die uns Gott durch seinen sohn Jesum erzeiget hat / an welchem uns vil mehr gelegen ist / als an deinem geschrey.

Da man jnen in der folterung grewlich zusetzte / hat einer von ihnen die henckersbuben mit disen worten angesprochen: Nur dapfer darauff auf disen elenden leib. Verschonet seiner nit / der dem geist und seinem schöfer manichmal so widerspenstig gewesen ist.

Dieweil sich aber die Sorbonisten besorgten / daß sie zuvil reden möchten / in dem man sie zum fewer führete / haben sie befohlen jnen die zungen abzuschneiden. Derhalben alsbald man sie auß dem kercker herfür bracht hatte / ward von Stephano Magino erfordert / daß er die zung außstrecken solte / welches er auch bald gutwillig gethan hat. Und ist ihm also die zung abgeschnitten worden. Er aber / nachdem er das blut außgespeyet hatte / hat dreymal eben verständlich mit lauter stimm gesagt: Der Nam des Herren sey gelobet. Daß also auch zu unsern zeiten war ist worden / das Prudentius von seinem maryro Romano, der auch nach abgeschnittener zungen deutlich reden konnte / geschrieben hat / Christum loquenti lingua nunquam defuit: Das ist / Der vom Herrn Christo reden wil / dem wirds an der zungen nimmer mangeln.

Da dise fromme leute hingerichtet waren / ist obgemldter Sorbonist Picartus folgendes tags mitten auf dem marck aufgetretten / und under einem güldenen himmel aufs newe / nach seiner alten weise / angefangen auf die vorigen tages verbrennete Märtyrer zu schelten / zu sie zu vermaledeyen. Ja er schämete sich nicht mit außdrücklichen worten zu sagen / Daß es einem jeglichen / der selig werden wolte / zu glauben nötig were / daß die daselbst verbrennete ketzer in abgrund der Hellen von Gott verdamt und verstossen weren. Item / wenn ein Engel vom himmel käme / und anders sagte / dem solt man nicht glauben / sondern ihn verwerffen. Ja / sagt er / Gott selbst würde und müßte nit Gott seyn / wo er sie nit in ewigkeit verdammen solte. Es hat aber diser heuchler solches vil fromme leut / und sonderlich die freund und wittigen der entleibten nicht uberreden können. Denn sie sagten / So lang sie bey ihnen gelebet / und mit ihnen umbgangen weren / hetten sie nichts anders an ihnen gespüret / als Gottes forcht / gotseligkeit / aufrichtigkeit und ehrbarkeit. Solche leute aber gehören in den himmel / und nicht in die Helle.

 

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698