Übersicht von Bonifatius Leben.
Der berühmteste Apostel der Deutschen ist aus einer vornehmen angelsächsischen Familie entsprossen und im Jahre 684 zu Kirton in der englischen Grafschaft Devonshire geboren. Seinen ersten Unterricht empfing er voin sechsten Lebensjahr an in der Klosterschule zu Exester unter dem Abt Wolfhard, der seinen ausgezeichneten Geistesgaben, verbunden mit der lebendigsten Wissbegierde, eine wohlwollende Aufmerksamkeit widmete.
Die Nachrichten von Männern, welche das Evangelium in die Welt getragen hatten, erweckten in dem Jünglinge den Entschluss, sein Leben diesem heiligen Beruf zu widmen, von welchem ihn auch keinerlei Vorstellungen seines Vaters abzubringen vermochten. Er begab sich daher in die gelehrte Schule von Nuscell in der Grafschaft Southampton, wo ihn der gelehrte Abt Winbert vornehmlich zum Studium der heiligen Schrift anleitete, so dass er bald selbst als Lehrer zu wirken vermochte und viele junge Männer zum Besuch des Klosters und seiner Schule veranlasste, je mehr seine Gelehrsamkeit auch mit einer feurigen Beredsamkeit vereinigt war. Nachdem er das dreißigste Jahr zurückgelegt, erhielt er die Priesterweihe mit dem Namen Bonifatius und entfaltete als Prediger eine immer steigende Wirksamkeit.
So gerne ihn Winbert als die Krone des Konvents in der Nähe behalten hätte, so konnte er ihn doch von der Ausführung des Plans nicht abhalten und entließ ihn im Jahre 715 mit seinem väterlichen Segen. Bonifatius schiffte mit einigen Ordensbrüdern, welche er für sein Unternehmen gewonnen hatte, von London nach Westfriesland über, um zunächst Willibrord, Bischof von Utrecht, zu unterstützen, welcher sich mit der Bekehrung der Friesen beschäftigte. Da jedoch der König Ratbod die ihm von den Franken entrissenen Teile von Friesland von Carl Martell wieder eroberte und, ein Feind des Christentums, eben dasselbe wieder verdrängte: so ging Bonifatius vor der Hand nach England zurück. Die Ordensbrüder wählten ihn an die Stelle des bald nachher verstorbenen Abtes, Winbert; aber er schlug die Würde aus, um zu seinem Beruf in Deutschland zurückzukehren. Mit den Empfehlungen des Abtes Daniel von Winchester versehen, begab er sich 718 zuerst nach Rom, wo ihm der Papst Gregor II Ratschläge und Anweisungen gab und ihn veranlasste, sich zunächst nach Thüringen zu wenden. Nach einer kurzen Wirksamkeit in diesem Land erhielt Bonifatius die Nachricht von Ratbods Tod, welche ihn veranlasste, wieder nach Friesland zu gehen, wo er Willibrord in dem Bekehrungs-Geschäft kräftigst unterstützte, so dass dieser die bischöfliche Würde auf ihn zu übertragen wünschte. Bonifatius aber wandte sich wieder nach dem Innern von Deutschland und kam nach Hessen, wo das Christentum, von Lubentius im vierten Jahrhunderte zuerst gepredigt, noch wenig befestigt und sogar mit Heidentum vermischt war. Bonifatius bekehrte besonders zwei Gutsbesitzer an der Ohm, Detdic und Dierolf, welchen Tausende folgten, so dass er 722 zu Ohmeneburg oder Amöneburg ein Kloster gründen konnte.
Im Jahr 723 reiste er zum zweiten Mal nach Rom und eilte, von Gregor II zum Bischof ernannt, 724 nach Deutschland zurück, wo er von dem Herzog der Franken, Karl Martell, anerkannt und unterstützt wurde, um das Christentum in allen Teilen des Frankenreichs zu verbreiten.
Er ging nach Hessen zurück, wo er zu einem sinnlichen Beweis, dass Donar, der deutsche Donnergott, eine leere Einbildung sei, einen demselben geweihten, mächtigen Eichbaum bei dem Dorf Geismar fällte und zu Erbauung eines Gotteshauses verwandte. Andere Kirchen wurden in Folge seiner Wirksamkeit zu Fritzlar, Buraburg, Christenberg, Otterau, Holzhausen, später zu Eschwege, Wanfried usw. erbaut.
Bonifatius reiste 732 zum dritten Mal nach Rom, wo das Jahr vorher Gregor II gestorben und Gregor III sein Nachfolger geworden war. Von dem selben zum Erzbischof der deutschen Kirchen und zum Legaten des römischen Stuhles ernannt, wandte er sich wieder nach Thüringen und baute zunächst auf dem alten Berg bei dem Dorf gleiches Namens im Amt Tenneberg eine Kirche, zu deren Andenken im Jahre 1811 ein dreißig Fuß hoher Kandelaber errichtet und durch drei Repräsentanten der drei allgemeinen deutschen Kirchengemeinschaften dazu geweiht wurde.
Eine Pflanzstätte des Christentums in Thüringen gründete der Heiden-Apostel ferner durch Erbauung eines Klosters an der Ora, woraus Ohrdorf oder Ohrdruf hervorgegangen. Diese Stiftungen wurden sehr wohltätig für Erhaltung und Verbreitung des Christentums, auch die Frauenklöster, in welchen besonders Chunehild, Thecla, Lioba und Chunitrud als Lehrerinnen genannt werden.
Im Jahr 738 unternahm Bonifatius seine vierte Reise nach Rom, um die weitere Verbreitung und Befestigung der deutschen Kirche zu beraten, und ordnete nach seiner Rückkehr die Verhältnisse der Kirche in Bayern, die in vier Bistümer, nämlich zu Salzburg, Regensburg, Freising und Passau, geteilt wurde. Nachdem Carl Martell 741 gestorben war und seine Söhne Pippin und Karlmann zu Nachfolgern erhalten hatte, wurde auf Bonifatius Veranlassung und mit Genehmigung des Papstes, Zacharias, welcher 741 Gregor III gefolgt war, eine Kirchenversammlung zu Salzburg in Franken gehalten, auf welcher Wyz oder Witta (Albinus) zu Buraburg, Willibald zu Erfurt, Burchard zu Würzburg als Bischöfe ernannt wurden. Unter Bonifatius erzbischöflicher Wirksamkeit sind überhaupt sechs Kirchenversammlungen gehalten worden.
Für Fulda ging durch den treuen Knecht Jesu Christi im Jahr 744 ein folgereicher Frühling auf, indem der Glaubensheld an einem Orte zwischen den vier Völkern, welche er belehrt, seine spätern Tage zuzubringen und einst in Gott zu ruhen wünschte. Sein Freund Sturmius fand zuerst das Fulda-Tal bei Hersfeld zur Anlegung des beabsichtigten Klosters geeignet, aber Bonifatius hielt die Nähe der noch heidnischen Sachsen für zu unsicher und wählte, weiter in das Buchenland nach den Quellen der Fulda aufsteigend, den gegenwärtigen Platz des Doms mit den Konvents-Gebäuden, welchen ihm Carlmann als Herzog von Austrasien überwies.
Bonifatius leitete den Bau selbst, nachdem er sich vorläufig eine Wohnung auf dem Frauenberg eingerichtet hatte, und bestimmte im Gefühl zunehmender Altersschwache seinen Freund Sturmius zum ersten Abt hierelbst, so wie Lullus zu seinem Nachfolger in Mainz. Aber der siebenzigjährige Greis fühlte kaum. seine Kräfte wieder einigermaßen hergestellt, da konnte er nicht länger ruhen, sondern das große Wort des Herrn: ich muss wirken, so lange es Tag ist, ergreift ihn um so mächtiger, je näher er die Nacht, da er nicht mehr wirken kann, herankommen sieht. Wo er angefangen, da will er enden, zu den Friesen treibt ihn der Geist. Wie Paulus, von den Ältesten zu Ephesus scheidet, so reißt sich der Greis mit jugendlichem Heldenmut von den Herzen der Seinen los und nimmt Abschied von seinem Lullus. Der Glaubensheld hat ein Vorgefühl, dass sie einander hienieden nicht wieder sehen, indem er spricht: die Zeit meines Abschiedes ist vorhanden, wenn ich sterbe, so lass meine Gebeine an der Fulda ruhen. Der Rhein trägt den Streiter Gottes hinab nach Friesland. Es war Pfingsten, als er in Begleitung Eobans, welcher Willibrords Nachfolger geworden, bei Dockum in Westfriesland eine Christenweihe vornehmen wollte, wozu sich eine große Menge Menschen eingefunden, unter welchen die größere Zahl noch Heiden waren. Je, andächtiger sie die Christen sahen, desto wütender stürzten sie, um die Ehre ihrer Götzen zu retten, mit Mordgewehren auf den Glaubensboten und sein Gefolge, und Bonifatius fiel, zugleich mit seinen Begleitern, Eoban und den Andern unter ihren Dolchen am 5. Juni 755.
Nachdem sich die Christen gesammelt, wurden die Heiden zurückgeschlagen, und die entseelten Leiber der Märtyrer nach Utrecht gebracht. Bonifatius Gebeine aber ließ Lullus nach Mainz abholen, von wo sie demnächst nach Fulda gebracht und in einem steinernen Sarg in der Kirche seiner Stiftung beigesetzt wurden. Zu den Reliquien seiner Gebeine, welche zu größerer Sicherung nicht mehr in dem jetzigen marmornen Sarkophag selbst, sondern im Innern der Kirche aufbewahrt werden, gehört noch sein geistlicher Hirtenstab von Elfenbein und ein Evangelien-Buch, in welchem ein Blatt mit seinem Blut gefärbt ist.
Hundert Tausend Menschen werden gerechnet, die durch den auserwählten Herold des Herrn zum Christentum bekehrt worden, wie die damalige Gestaltung der deutschen Kirche sein Werk ist.