Nikolaus von Cusa

Nikolaus Krebs wurde 1401 zu Kues an der Mosel geboren, daher Cusanus oder Nikolaus von Cusa genannt. Sein Vater war ein armer Schiffer; Graf Manderscheidt liess ihn in Deutschland und Italien studiren. Der junge Nikolaus begann mit der Rechtswissenschaft, raffte aber zugleich Alles zusammen, was die Zeit ihm an Kenntnissen im Lateinischen, Griechischen und Hebräischen bieten konnte, endlich ging sein nimmer satter Geist zur Theologie über. Wo er auftrat, beugte man sich vor seinem durchdringenden Verstände, vor seiner Wahrhaftigkeit, und vor der Gewalt seiner Rede.

Erst verwaltete er geistliche Aemter in den Rheinlanden. Hätte es von ihm abgehangen, seine Energie hätte auf dem Baseler Concil die Reformation der Kirche längst vollbracht. In der Schrift De concordantia catholica vertrat er den Satz: der Papst stehe unter dem Concil. In dem Werke De catholica veritate legte er zuerst den Trug rücksichtlich der pseudo-isidorischen Dekretalen und der konstantinischen Schenkung offen. Dann wirkte er lange und mächtig als des Kaisers Minister in den weit verworrenen Reichshändeln. Als des Pabstes Gesandter ging er nach Constantinopel, um die Wiedervereinigung mit der griechischen Kirche zu unterhandeln. Eine schwere reformatorische Aufgabe übernahm er, als er wieder nach Deutschland ging, um die zerrüttete Klosterzucht herzustellen. Endlich schloss er als Legat des Pabstes den Frieden mit den Hussiten ab. Der Pabst ernannte ihn 1448 zum Bischof von Brixen und zum Cardinal. Weil er als Fürst-Bischof den Lehenseid weigerte, welchen der Erzherzog von Oesterreich forderte, gerieth er mit diesem in Fehde, wurde gefangen und musste seine Freiheit durch harte Bedingungen erkaufen. Er starb zu Todi in Umbrien 1464, sein Leib wurde in Rom, sein Herz in der Kirche des Krankenspitals beigesetzt, welche er in seiner Vaterstadt Kues gestiftet hatte.

Nikolaus von Cusa war einer der gewaltigsten reformatorischen Geister in der Wissenschaft wie in Kirche und Staat. Es ist kaum mehr möglich nachzuweisen, wie viele fruchtbare Ideen von ihm in Philosophie, Mathematik und Astronomie, wie im Kirchen- und Staatswesen ausgingen.

Historische und biographische Erläuterungen zu
Wilhelm von Kaulbach's
Zeitalter der Reformation
von Franz Löher
Stuttgart
Verlag von Friedrich Bruckmann
1863