Doch finden wir einige Frauen niederen Standes in rechtmäßiger Ehe mit Fürsten verheiratet. Die bekannteste darunter ist Philippine Welser, eine Augsburger Patrizier-Tochter. Von ihrer Familie singt ein deutscher Dichter (Theodor Hell):
Rühmlich mit erworbenen Schätzen
Pranget das Geschlecht der Welser
Unter Augsburgs Edelbürgern,
Und es wehten seine Flaggen
Werbend in den fernen Meeren,
Und hin nach Venezuela
Ließ sie Karl der Fünfte segeln,
Dass sie dort die weite, reiche
Pfandverliehene Länderstrecke,
Mit der Waffen Macht besetzten;
Und es schifften sich die Deutschen,
Nahe an fünfhundert Männer,
Ein für diese Unternehmung;
Kamen, stritten, überwanden
In Amerikas Gefilden
Stolze Reich‘ am Meergestade.
Ein besonderes Kleinod dieser Familie war um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts Philippine Welser((Die Welser gehörten damals zu den reichsten Familien Deutschlands. Bartholomäus Welser, zur Zeit Karls V., ließ acht ausgerüstete bewaffnete Schiffe auf dem Meere gehen und konnte dem Kaiser noch zwölf Tonnen Goldes leihen.)), geboren 1530, mit den herrlichsten Gaben des Geistes und Herzens ausgestattet. Im Herbste 1547 hielt der Kaiser einen Reichstag zu Augsburg, auf dem viele Fürsten versammelt waren; auch der jugendliche Neffe des Kaisers, Ferdinand, ein Sohn des Königs Ferdinand, befand sich unter den Anwesenden. Er sah die Perle von Augsburgs Töchtern und wurde von Liebe zu ihr gefesselt, so dass er seine Gefühle nicht verbergen konnte; auch fand er Gegenliebe. Wiewohl er den Zorn seines Vaters zu fürchten hatte, ließ er sich doch die schöne Augsburgerin, welche jede andere Verbindung verweigerte, 1550 durch priesterlichen Segen als Gattin vermählen. Der Vater war, wie der Kaiser, über die Missheirat höchst erzürnt. Ferdinand sollte verstoßen und enterbt werden, wenigstens musste er den Hof verlassen und durfte weder allein, noch mit seiner Gemahlin daselbst erscheinen. Häusliches Glück, gegründet auf innige, gegenseitige Liebe, entschädigte Beide. Wer Gelegenheit hatte, Philippine näher kennen zu lernen, musste sie lieb gewinnen; so tadellos hielt sie sich in jeder Beziehung. Selbst der erzürnte Schwiegervater konnte am Ende der Liebenswürdigkeit derselben nicht widerstehen. 1558, als Ferdinand, nun auf den Kaiserthron erhoben, sich zu Prag befand, überreichte ihm Philippine in verhüllter Gestalt fußfällig eine Bittschrift, in welcher, ohne Nennung der Namen, ihr Verhältnis geschildert wurde. Ferdinand bewunderte die Anmut, Sittsamkeit und Schönheit der Unbekannten, und da er erfuhr, wer sie wäre, verzieh er seinem Sohne und erkannte im September 1561 die Ehe als rechtsgültig an; doch sollten, die aus derselben entsprossenen Söhne nur Markgrafen von Burgau, nicht Erzherzöge von Österreich genannt werden; aber nach dem Aussterben des österreichischen Mannsstammes sollten sie in allen Erblanden – Böhmen und Ungarn ausgenommen – erbberechtigt sein. Vorerst bekam Ferdinand Tirol und Vorderösterreich zur Regierung übergeben. Er führte auf dem reizenden Ambras bei Innsbruck ein glückliches Leben, vom ganzen Volke mit seiner Gemahlin geehrt und geliebt. Beide sorgten auch für das Wohl ihrer Untertanen, namentlich in dem Hungerjahre 1570. Sie ließen eine Menge Getreide aufkaufen und billig wieder verkaufen. Philippine hatte eine eigene Kasse für arme und dürftige Leute und teilte fleißig und reichlich Almosen aus; auch zeigte sie eine große Liebe zu den Wissenschaften und Künsten. Sie starb 1580 zu Innsbruck in einem Alter von 50 Jahren. Ferdinand ehrte ihr Andenken dadurch, dass er eine Münze mit ihrem Bildnis und der Umschrift: Divinae Philippinae (der göttlichen Philippine) prägen ließ.