Die Frauen von Löwenberg.

In Schlesien verbreiteten 1629 die Liechtensteiner Dragoner Schrecken und Verwirrung. So wurde auch die Stadt Löwenberg gezwungen, ihre evangelischen Prediger zu entlassen. Es wurde den Bewohnern Himmel und Hölle vorgehalten, um sie ihrem Glauben untreu zu machen. Man verhieß ihnen die kaiserliche Gnade, Privilegien nach Wunsch und Begehren, wenn sie in den Schoß der römischen Kirche zurückkehren wollten; dagegen drohte man die Widerspenstigen mit den härtesten Strafen zu belegen. Ein großer Teil der Männer ließ sich zum Abfall verleiten; die Ungehorsamen mussten Herd und Heimat verlassen.

Kaum aber waren die Soldaten wieder abgezogen, so besannen sich die Abtrünnigen eines Andern. Sie ließen ihre Kinder in der Nachbarschaft nach evangelischer Weise taufen; die Kirchen der katholischen Geistlichen standen leer. Da kamen die Liechtensteiner zurück, um das Bekehrungswerk mit Waffengewalt zu vollenden. Wer irgend konnte, entfloh aus der Stadt; ganze Familien zogen das Exil dem furchtbaren Glaubenszwange vor. Es wurde ein neuer Stadtrat eingesetzt, an dessen Spitze als Königsrichter ein Advokat stand. Auf Anraten der Geistlichen fasste man den Beschluss, vor Allem die Frauen, welche bis jetzt am standhaftesten dem evangelischen Glauben treu geblieben waren, zur Verleugnung desselben zu bewegen. Man lud dieselben aufs Rathaus vor und es erschien eine große Anzahl, die Frau Königsrichterin und die Frau Bürgermeisterin an der Spitze. Die Herren am grünen Tische erschraken vor der Menge der mutig auftretenden Weiber; sie erklärten, dieselben in kleinen Abteilungen vernehmen zu wollen. Aber alle hielten fest zusammen; die Frau Königsrichterin antwortete im Namen Aller: „Meint ihr, dass wir so einfältig sind und eure Possen nicht merken, wie man uns arme Weiber drängen will, von dem Evangelium zu weichen. Wo ich bleibe, bleiben die Andern auch.“ Diese riefen einstimmig: Ja. Die Ratsherren erschraken, um so mehr, da sie merkten, wie jede Frau mit einem großen Bunde Schlüssel (der eigentümlichen Waffe der Weiber) versehen war. Die Herren nahmen zu einer List ihre Zuflucht. Die Türen wurden unvermerkt verschlossen, so dass die Frauen gefangen waren. Die meisten Ratsherren hatten sich teilweise ohne Hut und Stock – davon gemacht. Aufs Neue versammelten sich die Herren im Hause des Königsrichters, wo sie den Beschluss fassten, die Frauen zum fleißigen Kirchenbesuch zu ermahnen und wieder frei zu lassen.

Auch jetzt gaben dieselben die bestimmte Erklärung ab, dass sie am evangelischen Glauben festhalten wollten.

In den nächsten Tagen beschied der Pfarrer einige Frauen zu sich, namentlich die Frau Bürgermeisterin. Die Frau Königsrichterin, die nicht mit geladen war, begleitete dieselbe. Der Pfarrer redete ihnen freundlich zu, sie sollten doch nachgeben und die allein seligmachende Religion annehmen; sie würden sich bald überzeugen, dass sie sich wohl dabei befinden würden. Es erfolgte alsbald die Antwort: Wir sind von unseren Eltern und vorigen Predigern anders unterrichtet worden und bei dieser Lehre haben wir Ruhe und Frieden gefunden. In Eure Religion können wir uns nicht schicken. Der Pfarrer bat sie, sie möchten doch nur zur Kirche kommen; und wenn sie Bedenken hätten, sollten sie es ihm offen sagen. Alle seine Mühe war umsonst. Auch das half nichts, dass der Pfarrer ihnen vorstellte, wenn sie nachgäben, würden die Männer, wie sie selbst erklärt hätten, alle Folge leisten. Die Standhaftigkeit der Frauen bewirkte, dass die katholischen Geistlichen im folgenden Jahre die Stadt verlassen mussten. Doch hatte dieselbe noch viel zu leiden im Laufe des Krieges; beim Friedensschlusse war sie beinahe ganz verödet.