Adolph Clarenbach und Peter Fleisteden.

Diese beiden Männer sind zusammengestellt, weil sie an einem Tage, am 28. Sept. 1529 in Cöln den Feuertod erlitten.

Adolph Clarenbach wurde auf dem Buscherhofe in der Gemeinde Lüttinghausen (unter der Jurisdiction der Stadt Lennep) im Bergischen gegen das Ende des 15. Jahrh. von armen Eltern geboren, und zeigte schon als Knabe viel Lernbegierde, weshalb er auf die hohen Schulen zu Münster und Cöln geschickt wurde. Hier kam er bald dahin, die h. Schrift in den Grundsprachen lesen zu können, mit der er sich dann auf das Eifrigste beschäftigte; auch hatte er den Ruhm eines eingezogenen, keuschen, gottesfürchtigen Wandels. Er widmete sich dem Schulfach und wurde im J. 1523 zuerst Conrector in Münster, wo er nicht nur in der ihm anvertrauten Jugend, sondern auch in vielen Bürgern der Stadt Liebe zu dem lautern Evangelio weckte. Seit 1525 that er dasselbe als Conrector in Wesel, und als er von dort auf Betreiben des cölnischen Officials Trip verwiesen war, bei fortgesetzter Verfolgung in Osnabrück, in Meldorp im Diethmarsischen, in seinem Geburtsorte, in Lennep, Elberfeld und Umgegend mit sichtbarem Erfolge. Einer seiner Freunde, der Pastor Klopreis zu Büderich wurde damals wegen evangelischer Ketzerei nach Cöln vorgeladen; Clarenbach begleitete ihn freiwillig, in der Hoffnung, ihm nützlich sein zu können, ward aber bei seiner Ankunft in Cöln am 3. April 1528 alsbald verhaftet und in den Frankenthurm gesetzt. Damit begann nun die Reihe von Mißhandlungen und Versuchungen zum Widerruf, deren Ende der Flammentod war.

In den wiederholten Verhören bezeugte Clarenbach freudig seinen Glauben an den lebendigen Christus, den alleinigen Heiland und Erlöser des in Sünden verlorenen Menschengeschlechts, und an die Wahrhaftigkeit der h. Schrift. Er wies die Ketzerrichter, zum Theil seine ehemaligen cölner Lehrer, die ihm durch verfängliche Fragen über das Ansehen des Papstes, der Kirche und ihrer Satzungen Schlingen legten, darauf hin, daß der h. Geist ihn innerlich von der Wahrheit der im apostolischen Glaubensbekenntniß niedergelegten Lehren überzeugt habe, und daß er nur dann widerrufen könne, wenn man ihn aus der h. Schrift eines Irrthums überführe.

Gegen das Ende seiner Gefangenschaft wurde Pet. Fleisteden aus dem Dorf Fleisteden im Jülichschen der Mitgenosse seines Kerkers. Peter hatte während der Messe im Domchor den Hut aufbehalten, und äußerlich seinen Abscheu gegen dieselbe auf das stärkste zu erkennen gegeben, in der später erklärten Absicht, daß das Volk ihn über die Gründe seines Benehmens fragen sollte, und er dann dasselbe über die Nichtigkeit der Meßgebräuche belehren wolle. Das Volk aber schwieg, und auch die Geistlichkeit hielt sich ruhig. Kaum hatte er aber den Dom verlassen, so ward er alsbald verhaftet, und zu Clarenbach ins Gefängniß geführt. Fleistedens herausforderndes Wesen brach sich schnell an dem sanften Ernste Clarenbachs; beide Freunde stärkten sich gegenseitig zur Glaubenstreue und sahen fröhlich dem Scheiterhaufen entgegen.

Als der 28. September 1529 anbrach, wurden die Märtyrer unter großem Zulauf des Volks durch die ganze Stadt bis zur weitentlegenen Richtstätte geleitet. Auch fetzt noch wurden sie von bekehrungssüchtigen Mönchen belästigt; aber dieses hinderte sie nicht, auf dem ganzen Wege Gott mit lauter Stimme zu loben, und das Volk zu lehren. So sprach unter andern Adolph: „Lob, Ehre und Dank sei Dir, Vater, daß Du uns diesen Tag hast erscheinen lassen, nach dem uns so sehr verlangt.“ „Ich bin in Christo getröstet, ich sterbe des Christen Tod und es geschieht der Wille des Herrn. Ihm erging es so, wie sollte es uns nicht so gehen? Er ging voran, und wir müssen nachfolgen, wenn wir seine Brüder werden sollen.“ „O Cöln, Cöln, fuhr er nach einer Weile fort, wie verfolgest du das Wort Gottes! Es ist eine Wolke in der Luft, die wird noch einmal herabfließen.“ Nachdem er unter anderm den Glauben gebetet, sprach Adolph zum Volk: „Also müssen wir dem neuen Adam, Christo, im Leiden nachfolgen, soll er anders zu uns kommen. Je mehr Druck und Verfolgung, desto größeres Wachsthum des neuen Menschen und Tod des alten, des Fleisches, der Sünde, des Teufels und der Welt. Diese verspottet uns jetzt und läßt uns trostlos, aber wir setzen gegen sie den einigen Christum, unsern Tröster, Vertreter und einzigen Mittler, der uns wohl vertreten wird vor seinem himmlischen Vater. Aergert euch nicht an unserm Tode; denn Christus mußte auch leiden und durchs Leiden in sein Reich eingehen. Durch diesen Christum ermahne ich euch, lieben Brüder, daß ihr ohne Aufruhr, liebreich, brüderlich und christlich unter einander leben wollet und aller Obrigkeit gehorchen. Unser Herr wird alles zum Besten kehren, und euch seine Gnade und sein göttliches Wort geben.“

Dann fuhr Peter fort, weil Adolph über Müdigkeit klagte: „Wir waren Sünder, da wir aus Mutterleibe kamen, und hätten nach Gottes Gerechtigkeit den Tod sogleich verdient. So ermahne ich euch heute im Namen Gottes, haltet euch allein an sein Wort, allein an Christum, der da ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und kehret euch weg von dem Papst in Rom und von seiner Kirche, die euch von der Gnade Gottes und von Christi Genugthuung abführt, und euch dafür Siegel, Bullen, Ablaß. Wallfahrten und gottlose Menschen- und Teufelslehren giert, damit sie ihre Beutel und Küchen füllen.“

Auf dem Hochgericht angekommen, betete Clarenbach: „O Herr, erhebe meinen Geist, daß ich meinen Feinden verzeihen möge von Grund meines Herzens,“ und sprach sodann zu den Bürgern: „Ihr lieben Brüder und Bürger, sage es einer dem andern, was ich jetzt reden will, denn alle können’s nicht hören. Zuerst bitten wir euch, daß Niemand unsern Tod rächen wolle an den Papisten in Cöln; weiter, daß ihr uns nicht anderes nachredet, als ihr von uns gehöret habt, und von mir hören werdet. Höret aber, was wir glauben.“ Hier sagte er den Glauben her, und legte ihn kürzlich aus. „An diese Artikel glaubt der Teufel auch, aber er glaubt nicht, daß sie auch ihn und seine Seligkeit angehen. Ich aber glaube festiglich, daß alles, was in ihnen steht, meiner armen Seele und den Seelen aller Gläubigen zu Gute kommt.“

Bei großem Durste hatte man Adolph bisher einen Labetrunk verweigert; jetzt reichte ihm der Henker mitleidig die Flasche, und dadurch gestärkt begann er von neuem: „Wir müssen nun von euch scheiden. Wenn aber der Richter kommt, der uns alle zur Rechten und zur Linken sondert, dann werden wir uns alle wiedersehen. Damit wir dann zu denen kommen, die zur Rechten stehen, so wollen wir diesen Tod, will’s Gott der Herr, geduldiglich und williglich leiden. Dort wird sich’s dann ausweisen, was ein Jeglicher geglaubt hat und wir glauben; ob wir Recht oder Unrecht haben, wird dann an den hellen Tag kommen. Darum sehe ein Jeder wohl zu, was er zu thun hat, und halte sich an Gott und sein Wort allein, und die das thun, mit denen werden wir uns in dem Herrn alle wiedersehen und wiederfinden.“ Dann fleheten Beide den Herrn um Vergebung ihrer Sünden an.

Nach dem Gebet verhieß Peter seinem Freunde die Vergebung seiner Sünden in dem Blute Jesu Christi, und fragte ihn: Glaubst du, daß dich dies Blut rein machen wird von allen Sünden? Ja, antwortete Adolph, das ist mein Trost. – Nun, so verzeihe auch mir, sprach Peter, alles, was ich dir gethan haben möchte in der Zeit, da wir bei einander gelegen haben. Adolph: Ja, gerne thue ich das, und vergieb du auch mir, wenn ich dich etwa erzürnt hätte.

Als Peter zum Scheiterhaufen geführt wurde, rief ihm Clarenbach zu: Bruder, sei stark in dem Herrn, und vertraue auf ihn, denn heute kommen wir zu unserm Bruder Christo und werden mit ihm leben in Ewigkeit. Darum sei standhaft im Glauben, und laß dich das Feuer nicht erschrecken. Auch ich will auf den Herrn vertrauen, und sein Wort soll mein Siegel sein. Zuletzt empfing Adolph noch einen süßen Trost. Einer der ihn begleitenden Begharden fuhr ihn mit harten Scheltworten an, worauf ihn ein Augustinermönch mit diesen Worten ansprach: „Lieber Adolph, ich habe euch noch nicht zugeredet, so höret denn, was der Herr sagt Joh. am 11.: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er schon stürbe, und wer da lebt und glaubt an mich, der wird leben, ob er gleich stürbe.“ Adolph: „Lieber, saget mir das noch einmal.“ Der Mönch wiederholt das Wort, und Clarenbach erwiedert: „Dank habt ihr, daß ihr nur das Evangelium Christi verkündigt habt, und grüßet alle Brüder in dem Herrn Christo.“ Dann entkleidete er sich selbst, schlug seine Augen gen Himmel und seufzte: „O Herr, hiernach hat mich verlanget, denn so muß es geschehen, daß wir durchs Kreuz bewähret werden.“ Inzwischen steckte der Henker das Feuer an, und als es schon hoch empor loderte, schrie Adolph mit heller Stimme: „O Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist,“ und ward nun von dem Dampfe erstickt.

Es war am 28. September 1829, da bewegte sich ein anderer Zug, wie vor 300 Jahren in Cöln, unter Psalmengesang aus Lüttinghausen, nachdem man dort das Gedächtniß des Märtyrers in feierlichem Gottesdienst erneuert, zu einem unweit gelegenen Eichenhain, der ehedem zum Buscherhof gehörte, um da den Grundstein zu einem Denkmal Clarenbachs, des Bergischen Reformators zu legen. An der Spitze desselben waren die meisten Superintendenten und Pfarrer des Belgischen Landes, etwa 50 an der Zahl, so wie die Presbyterien von Lüttinghausen und Lennep. Man muß Zeuge dieses aus wenigstens 12000 Menschen bestehenden Zuges gewesen sein, um das Rührende und Ergreifende desselben nachfühlen zu können. Da empfand Mancher einen Anhauch der Kraft des Glaubens, welcher die Welt überwindet, und pries im Stillen den Herrn, der die Zeiten des Wahns vorübergehen hieß, und an die Stelle einer wild aufgeregten Menge eine andere Menge berufen hatte, welche jetzt in frommer Bewegung des Herzens des Märtyrers segnendes Andenken ehrte. Um die Stätte des Denkmals reiheten sich nun die wogenden Menschenhaufen, und selbst die höchsten Gipfel der nahestehenden Eichen waren mit Menschen besetzt. Dann ward in lautloser Stille der Grundstein unter Rede und Gebet gelegt. Zum Schluß ertönte tausendstimmig Luthers: „Ein veste Burg ist unser Gott“, und in ernster Stimmung lösete sich die Menge auf.

Das Denkmal ist ein einfacher viereckiger Thurm in gothischer Form, dessen Spitze ein Kreuz krönt, und trägt dasselbe in seinen Feldern folgende Inschriften und Embleme. Auf der Vorderseite im obern Felde: Adolph Clarenbach, dem Zeugen der Wahrheit 1529. 28. September. Das Bergische Land 1829. 28. September. Im unter n Felde: Offenb. Joh. 7, 13. 14. Wer sind diese mit weißen Kleidern angethan. Diese sind’s, die kommen sind, aus großer Trübsal, und haben ihre Kleider helle gemacht im Blute des Lammes. Rückseite: Geboren auf dem Buscherhofe. Gestorben zu Cöln. Darunter Marei 8, 35. Wer sein Leben will behalten, der wird’s verlieren, und wer sein Leben verlieret um meinet- und des Evangelii willen, der wird’s behalten. Erste Nebenseite: Auf dem aufgeschlagenen Evangelienbuche ein brennender Leuchter. Darunter Hebr. 13, 7. 8. Gedenket an eure Lehrer, die euch das Wort gesagt haben; welcher Ende schauet an, und folget ihrem Glauben nach. Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit. Zweite Nebenseite: ein verschlungener Palmen- und Lorbeerzweig von Sternen umkränzt. Darunter Joh. 11, 25. Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubet, der wird leben, ob er gleich stürbe.

Am Denkmal erblickt man häufig sinnende Wanderer, die sich an solchem Vorbilde der Glaubenstreue stärken, und das Gedächtniß des Mannes erneuern, aus dessen Asche der Baum des Lebens für die jetzt mit himmlischen Gütern reich gesegneten Gauen des Bergischen Landes hervorgrünte. Möge das helllodernde Feuer des Glaubens auf jenen Bergen nimmer erlöschen!

Wiesmann in Lennep, später in Coblenz

Die Zeugen der Wahrheit
Dritter Band
Piper, Ferdinand (Herausgeber)
Verlag von Bernhard Tauchnitz
Leipzig 1874

Peter Flistäd

Flistäd (Petrus), ein Theolog, der die heilige Schrift fleißig studirt auch andere gute Bücher gelesen hatte und auf seinen Reisen durch Teutschland die evangelische Wahrheit ausbreitete, kam im December des Jahres 1527 nach Kölln und wurde, weil er im Dom den Hut aufbehielt und die Hostie nicht anbeten wollte, ins Gefängniß gesetzt, als ein Ketzer unbarmherzig gefoltert und am 28. Spetember 1529 hingerichtet.

Erneuertes Andenken der Männer die für und gegen die Reformation Lutheri gearbeitet haben.
Von
Heinrich Wilhelm Rotermund,
Dompastor.
Erster Band.
Bremen, 1818
In Wilhelm Kaiser's Comptoir für Literatur und Kunst.