Katharina, Gräfin von Schwarzburg.

(geb. 1509, gest. 1567.)

„Meinen Unterthanen muß das Ihrige wieder werden, oder bei Gott!!“

Katharina von Schwarzburg, geborne Fürstin von Henneberg, geb. 1509, war die Gemahlin Heinrichs von Schwarzburg (geb. d. 23. März 1499), verlor jedoch diesen ihren Gemahl schon den 12. Juli 1538 und überlebte denselben um 29 Jahre. Sie wird als eine kluge Fürstin, als eine wahre Mutter ihres Volkes, besonders auch als eine heldenmüthige Frau gerühmt. Von ihrem Heldenmuthe hat uns die Geschichte folgendes auffallendes Beispiel bewahrt.

Als im Jahre 1547 Kaiser Karl der Fünfte nach der Schlacht bei Mühlberg mit seinem Kriegsheere durch Thüringen zog, kam eine Heeresabtheilung, meistens aus Spaniern bestehend und von dem furchtbaren Herzog von Alba angeführt, in die Nähe von Rudolstadt. In der ganzen Umgegend hatte sich der Ruf von der unersättlichen Raubgier und Mordlust der siegestrunkenen kaiserlichen Truppen verbreitet, und die Gräfin Katharina für das Wohl ihrer Unterthanen mehr als für ihr eigenes besorgt, hatte von dem Kaiser Karl einen Schutzbrief auszuwirken gewußt, daß ihre Unterthanen von den durchziehenden spanischen Truppen nichts zu leiden haben sollten. Dagegen versprach sie, allerlei Lebensmittel als Brod, Fleisch, Bier u. dgl. gegen billige Bezahlung an die Saalbrücke schaffen zu lassen, um die Truppen zu versorgen. Die Brücke, welche damals, ganz nahe bei der Stadt, über die Saale führte, ließ sie aus kluger Vorsicht in aller Geschwindigkeit abbrechen und an einer von der Stadt weiter entfernten Stelle wieder aufrichten, damit die Soldaten nicht so leicht in die Stadt eindringen könnten. Zugleich erlaubte sie den Einwohnern aller Ortschaften, durch welche der Heereszug ging, ihre besten Habseligkeiten auf das Schloß nach Rudolstadt in Sicherheit zu bringen. Nach solchen zweckmäßigen Maßregeln erwartete sie ruhig die Ankunft des kaiserlichen Heeres. Mittlerweile näherte sich der gefürchtete spanische General, Herzog v. Alba, vom Herzog Heinrich v. Braunschweig und dessen Söhnen begleitet, der Stadt, und bat sich durch einen reitenden Boten bei der Gräfin auf ein Morgenbrod zu Gaste. Eine solche Bitte, von dem Anführer eines Heeres gethan, konnte nicht wohl abgeschlagen werden. Man würde geben, was das Haus vermöchte, war die Antwort; der Herzog möchte kommen und vorlieb nehmen. Dabei unterließ sie aber nicht, dem Herzog v. Alba die gewissenhafte Beobachtung des erhaltenen Schutzbriefes nochmals dringend ans Herz zu legen. Die Gäste kamen, wurden freundlich empfangen und an einer wohlbesetzten Tafel auf dem Schlosse so gut als möglich bewirthet. Herzog v. Alba muß gestehen, daß die thüringischen Damen eine gute Küche führen und auf die Ehre des Gastrechts halten. Kaum hatte man sich gesetzt, als in ängstlicher Hast ein Eilbote die Gräfin aus dem Saale ruft. Es wird ihr gemeldet, daß die spanischen Truppen, des kaiserlichen Schutzbriefes nicht achtend, auf den Dörfern plünderten, Geld erpreßten, das Vieh wegtrieben und an den Bauern allerlei Grausamkeiten verübten. Katharina war eine Mutter ihres Volkes; was ihren Unterthanen widerfuhr, war ihr selbst zugestoßen. Sie war daher über diese Wortbrüchigkeit äußerst entrüstet, befiehlt auf der Stelle ihrer ganzen Dienerschaft, sich in aller Geschwindigkeit und Stille zu bewaffnen, die Thore und Schloßpforten wohl zu verriegeln und Niemanden ein- noch auszulassen, und dann ihres Winkes gewärtig zu sein. Hierauf begibt sie sich wieder in den Saal, wo die Fürsten noch fröhlich bei Tische sitzen. An den Herzog v. Alba sich wendend klagt sie in den beweglichsten Ausdrücken, wie schlecht man das gegebene Kaiserwort halte, und begehrt von ihm einen schriftlichen Befehl an die Soldaten, daß sie ihren Unterthanen das geraubte Vieh und Geld wiedergeben und sich aller ferneren Gewaltthätigkeiten enthalten sollten. Herzog v. Alba schien sich nicht dazu verstehen zu wollen und erwiderte kalt und gefühllos, daß dieß einmal Kriegsgebrauch sei und daß bei einem Durchmarsche von Truppen dergleichen kleine Unfälle nicht zu verhüten wären. „Das wollen wir doch sehen,“ – antwortete sie aufgebracht, – „meinen armen Unterthanen muß das Ihrige wieder werden, oder, bei Gott!“ indem sie drohend ihre Stimme anstrengte, – Fürstenblut für Ochsenblut!“ – Mit dieser kurzen Erklärung verließ die Gräfin das Zimmer. In wenigen Augenblicken war dasselbe von Bewaffneten erfüllt, die, mit dem Schwerte in der Hand, doch mit vieler Ehrerbietigkeit, hinter die Stühle der Gäste sich stellten und das Frühstück bedienten. Beim Anblick dieser kampflustigen Schar veränderte Herzog v. Alba die Farbe. Stumm und betreten sah man einander an. Abgeschnitten von der Armee, von überlegenen handfesten Männern umgeben, blieb ihm nichts übrig, als sich in Geduld zu fassen, und auf welche Bedingung hin es auch sei, die beleidigte Dame zu versöhnen. Er zog den Herzog von Braunschweig auf die Seite und fragte ihn, ob wirklich ihr Leben in Gefahr sei? – „Allerdings,“ – erwiderte der Herzog, – „die deutschen Frauen sind muthig und entschlossen und lassen sich nicht ungestraft beleidigen.“ Herzog v. Alba schrieb schweigend den verlangten Befehl und ließ ihn der Gräfin einhändigen. Dieser wurde sogleich an die Armee abgeschickt und ohne Verzug das geraubte Vieh und Geld den Eigenthümern wieder ausgeliefert. Sobald die Gräfin von der Zurückgabe des geraubten Nachricht erhielt, bedankte sie sich schönstens bei ihren Gästen und forderte den Fürsten ihr Ehrenwort ab, sich wegen des Vorganges weder an ihr, noch an ihrem Lande zu rächen. Dieses wurde ihr gegeben. Der Herzog v. Braunschweig kehrte den ganzen Vorfall in’s Lustige und hielt der Gräfin eine Lobrede über ihre landesmütterliche Sorgfalt und den entschlossenen Muth, den sie bewiesen. Friedlich und höflich nahmen nun die Fürsten Abschied von der Gräfin.

Ohne Zweifel ist es diese Begebenheit, welche der Gräfin den Beinamen der Heldenmüthigen erworben.

Auch verdient noch ihre standhafte Thätigkeit erwähnt zu werden, mit welcher sie in ihrem Lande die Reformation, die schon durch ihren Gemahl Graf Heinrich XXXVII. eingeführt worden war, beförderte und befestigte, das Mönchswesen abschaffte und Kirchen und Schulen verbesserte. Alle diejenigen, welche wegen der reinen Lehre des Evangeliums Verfolgungen zu erleiden hatten, fanden bei ihr Schutz und Beistand. Unter andern nahm sie einen gewissen Caspar Aquilla in Schutz und rettete ihn von einem schmählichen Tode. Dieser Aquilla, Pfarrer zu Saalfeld, war früher als Feldprediger mit der kaiserlichen Armee in die Niederlande gegangen und hier, weil er sich geweigert, eine Kanonenkugel zu taufen, von den rohen Soldaten in einen Feuermörser geladen worden, um in die Luft geschossen zu werden; ein Schicksal, dem er noch glücklich entging, weil das Pulver nicht zünden wollte. – Jetzt kam er das zweite Mal in Lebensgefahr. Der Kaiser Karl der Fünfte hatte im Jahre 1548 auf dem Reichstage zu Augsburg ein Gesetz gegeben, wie es bis zur bestimmten Entscheidung auf einer allgemeinen Kirchenversammlung mit der Kirchenverfassung, der Lehre und den Gebräuchen in Deutschland gehalten werden sollte. Gegen diese Verordnung, Interim genannt (einstweiliges Gesetz), welche den Protestanten eben nicht günstig war, weil sie alle alten Lehrsätze und Gebräuche bestätigte, hatte Aquilla heftig auf der Kanzel geeifert. Ueber diesen freimüthigen Prediger heftig erzürnt, hatte der Kaiser einen Preis von 5000 Gulden auf seinen Kopf gesetzt. Die Gräfin Katharina ließ ihn heimlich auf das Schloß bringen, verbarg ihn mehrere Monate und pflegte seiner in thätiger und edelmüthiger Menschenliebe, bis er sich wieder ohne Gefahr sehen lassen konnte.

Katharina starb im Jahre 1567, von ihren Unterthanen allgemein verehrt und schmerzlich betrauert, im 58. Jahre ihres thätigen und ruhmwürdigen Lebens und im 29. ihrer segensreichen Regierung. Ihre Gebeine ruhen in der Hauptkirche zu Rudolstadt.

Sir. 4, 27-29.33. Bekenne das Recht frei, wenn man den Leuten helfen soll; denn durch Bekenntniß wird die Wahrheit und das Recht offenbar. Vertheidige die Wahrheit bis in den Tod, so wird Gott der Herr für dich streiten.