John Hooper, Bischof von Glocester.
Unter denjenigen Kirchenmännern Englands, welche in die nur ganz äußerlich begonnene Reform des englischen Kirchenwesens den Sauerteig schweizerisch-reformatorischer Anschauungen hineinbrachten, dadurch der reformatorischen Bewegung Englands mehr Innerlichkeit, Tiefe und Ernst gaben, aber auch zu der alsbald hervortretenden excentrisch und einseitig puritanischen Richtung den ersten Anstoß gaben, ist in erster Linie der Bischof von Glocester (und Worcester) John Hooper zu nennen.
Zu Somersetshire geboren hatte sich Hooper schon während seiner Studienzeit zu Oxford mit den Gedanken des Protestantismus vertraut gemacht, welche später ihn immer tiefer durchdrangen, und ihn zum erklärten Gegner des Romanismus heranwachsen ließen. Der damals bei dem König Heinrich VIII. fast allmächtige Bischof Gardiner von Winchester (der zwar die königliche Suprematie über die Kirche verteidigte, sonst aber alle Neuerungen tödtlich haßte), bemerkte dieses und suchte ihn von seinen Wegen abzubringen. Da Hooper den Vorstellungen Gardiners kein Gehör gab, so mußte er es bald sehen, daß am Hofe und in den Kreisen der Gegner der Reformation auch er den notorischen Ketzern beigezählt ward. Bald hernach erschienen die 6 Artikel, in deren Schranken der König die Idee der Kirchenreform bannen und verkümmern lassen wollte. Als ausgesprochener Gegner dieser Artikel sah er sich von der gefahrbringendsten Verfolgung bedroht, weshalb er, um dem Schlimmsten zu entgehen, als Bootsknecht verkleidet, an die Küste entfloh, sich nach Frankreich hinüberfahren ließ und von da (1537) in die Schweiz flüchtete. Hier lebte er an verschiednen Orten, zuletzt (vom April 1547 bis zum März 1549) in Zürich, wo er namentlich mit Bullinger in Verkehr trat, und ganz dem Studium der Theologie und der hebräischen Sprache lebte. Die Zwinglischen Ideen der Kirchenreform nahm er in diesen Kreisen vollständig in sich auf. Auch trat er auf Bullingers Rat in die Ehe. –
Inzwischen war der grausame Verfolger des Protestantismus, König Heinrich VIII. (28. Januar 1547) gestorben, Erzbischof Cranmer hatte unter dem Schutze der neuen vormundschaftlichen Regierung die Reformation allmählich weiter geführt, und aus dem reformirten Ausland wurde eine ganze Anzahl der hervorragendsten Theologen nach England berufen, um namentlich auf den Universitäten und unter der Geistlichkeit dem Protestantismus festeren Boden schaffen zu helfen. Da zog es auch Hooper in die alte Heimat zurück, wo derselbe jetzt für seine in der Schweiz gewonnenen Ideale mit Erfolg wirken zu können hoffte. Er trat nun alsbald in England in der Weise des gefeierten Volksredners Latimer auf, in derber und begeisterter Sprache gegen den Abfall Roms vom Evangelium eifernd und machte mit seinen Predigten ganz außerordentliches Aufsehen. Von seinem gewaltigen, kernigen und schwungvollen Wort, mit dem er für die Wahrheit des Evangeliums zeugte, ging in immer weiteren Kreisen eine mächtige Erregung der Gemüter aus. Die Räte Edwards erkannten es daher bald, daß Hooper notwendig auf eine hervorragende und einflußreiche Stelle in der Kirche gebracht werden müsse, weshalb es dem Grafen Warwick (John Dudley), der ihn zum Kaplan angenommen, unschwer gelang, ihm im Juli 1550 das Bistum Glocester zu verschaffen. Hierbei kam jedoch der innere Gegensatz, in welchem Hooper zu dem ganzen Gange der englischen Kirchenreform und zu der in England vorherrschenden Auffassung des Protestantismus stand, in eclatanter Weise zu Tage. Hooper vertrat den Puritanismus nicht in der vollen Strenge eines Knox; allein er weigerte sich nicht nur den bischöflichen Ornat (welcher dem römischen vielfach noch sehr ähnlich war) anzulegen, weil die „Aaronische Priesterkleidung“ als ein „Symbol der Gemeinschaft mit dem Antichrist“ erscheinen müsse, sondern er erklärte sich auch außer Stande dem Metropoliten den vorgeschriebenen Eid leisten zu können, weil in der Formel nicht nur Gott, sondern auch die Heiligen (So helpe me God, all Saints etc.) genannt wurden. Bezüglich des ersteren Punktes suchte ihm der Erzbischof Cranmer seine Bedenken auszureden; aber umsonst. Da bat der Graf Warwick den letzteren in diesem Falle über die äußere Form hinweg zu sehen und die Consecration mit Weglassung des bischöflichen Ornats vorzunehmen. Cranmer jedoch erklärte dieses für unmöglich, weil, wenn er hier nachgebe, die römisch gesinnten Prälaten an ihn die schlimmsten Gegenforderungen stellen würden. Hooper wollte indessen lieber auf das ihm übertragene Bistum verzichten, als in Forderungen willigen, die gegen sein biblischprotestantisches Gewissen gingen. Daher bat Cranmer zwei in Hoopers Augen sehr hoch stehende theologische Autoritäten, Martin Bucer, damals Professor in Cambridge, und Peter Martyr Vermigli, Professor zu Oxford, sich über die Ornatfrage und über Hoopers Auffassung derselben gutachtlich zu äußern. Beide suchten zu vermitteln. Bucer erklärte, der Gebrauch des bischöflichen Ornats sei allerdings im Allgemeinen, als den Aberglauben befördernd, nicht zu billigen; allein da derselbe nun einmal gesetzlich eingeführt sei, so könne sich Hooper in ihn fügen. Auch sei ja dem Reinen Alles rein. Peter Martyr bat ihn zu bedenken, daß doch die Kleidung des Geistlichen ein Adiaphoron sei, und daß es darum unrätlich erscheinen müsse, über dieselbe einen Streit zu erheben, der den Fortgang des Reformationswerks hindern könne.
Indessen gab Hooper diesen Vorstellungen nicht das geringste Gehör; vielmehr veröffentlichte er zur Rechtfertigung seines Verhaltens eine Schrift, die er als sein Glaubensbekenntnis bezeichnete und brachte hierdurch sowie durch den puritanischen Eifer, mit dem er in Predigten und anderen Reden sich gegen den Gebrauch priesterlicher Kleider erhob, im Volke eine solche, hier und da in Unruhen auslaufende Aufregung hervor, daß die Regierung ihn anfangs unter Cranmers spezielle Aufsicht stellte, und, als dieses nichts fruchtete, in ein Gefängnis einsperren ließ.
Hier in der Einsamkeit des Kerkers, wo Hooper gegen jeden Verkehr mit Freunden, die ihn in seiner puritanischen Tendenz noch weiter treiben wollten, als es eigentlich in seinem Sinne lag, abgeschlossen war, begann derselbe allmählich die ganze Streitfrage in andrer Weise anzusehen. Er ließ sich, indem König Edward die Erwähnung der Heiligen in der Eidesformel strich, zu einem Vergleich bereit finden, predigte vor dem König in vollem bischöflichen Ornat und wurde in demselben im März 1551 consecrirt. Er hatte eingewilligt, so oft er als Bischof öffentlich zu fungiren oder vor dem König zu erscheinen habe, den Ornat anzulegen; dagegen war ihm gestattet worden, sich im gewöhnlichen Leben aller Abzeichen des Episcopats zu enthalten.
Hooper, der zu seinem Bistum von Glocester jetzt noch das von Worcester hinzugefügt erhielt (jedoch ohne daß seine Einkünfte erhöht wurden), begann nun als Prediger und Seelsorger, im Gebiete der Schule und der Kirche die regste und eifrigste Thätigkeit zu entfalten. Auf seine Anregung war schon vor seiner Consecration durch Cabinetsbefehl die Aufstellung von Abendmalstischen statt der Altäre für alle Kirchen des Königreichs angeordnet worden. Großen Ernst und Eifer bethätigte Hooper auch in der Einführung und Handhabung einer geordneten und strengen Kirchenzucht. Von der Hand eines Edelmannes, den er wegen Ehebruchs vor sein geistliches Gericht geladen hatte, mußte er darüber einst schwere körperliche Mißhandlung hinnehmen.
Diese Wirksamkeit Hoopers dauerte so lange König Edward lebte. Als aber dieser in zarter Jugend starb und die blutige Mary den Thron Englands bestieg, hatte sich dieselbe mit ihren Räten alsbald auch den Bischof von Glocester zum Opfer ihres Fanatismus ausersehen. Unter dem Vorgeben, daß er der Krone eine bedeutende Summe Geldes schulde, wurde er nach London beschieden. Von seinen Freunden gewarnt und dringend aufgefordert sich durch die Flucht zu retten, glaubte er gleichwol dem erhaltenen Befehle folgen zu müssen. Er begab sich also nach London, wo er sofort verhaftet und von einer geistlichen Untersuchungscommission, vor die man ihn stellte, aufgefordert wurde, seine Ketzerei abzuschwören. Da er dieses Ansinnen mit Entschiedenheit zurückwies, so wurde zunächst die Strafe der Degradation über ihn ausgesprochen, worauf ihn die geistliche Commission den Händen der weltlichen Obrigkeit überantwortete. Diese verurteilte ihn zum Feuertod, den er in Glocester erleiden sollte. Mit stiller Ergebung hörte Hooper die Verkündigung des Urteils an, Gott dafür dankend, daß es ihm vergönnt sei, ebenda, wo er durch sein Wort die Wahrheit des Evangeliums gelehrt, dieselbe auch durch seinen Tod bezeugen zu können. –
Seiner bischöflichen und geistlichen Würde entkleidet wurde er nun gezwungen, zu Fuß nach Glocester in den Tod zu gehen. Dort angekommen, durfte er einen Tag ausruhen: dann wurde er auf den Scheiterhaufen geführt. Da ihm jede Ansprache an die den Richtplatz umstehende Volksmenge untersagt war, so sprach er, was er dieser zum letzten Abschied zurufen wollte, in der Form eines lauten Gebetes aus. Als er das Amen gesprochen, gewahrte er, daß das Feuer (man hatte den Scheiterhaufen aus grünem Holz errichtet,) nicht recht brennen wollte. Er bat daher, daß man mehr Holz herbeibringen und das Feuer neu schüren möchte, damit er sterben könnte. Aber die Ungunst des Windes verlängerte die Qual abermals. Dieselbe dauerte drei Viertelstunden. Als die linke Hand schon verbrannt und abgefallen war, sah man ihn noch die rechte Hand auf die Brust legen und man hörte, wie er mit gen Himmel gerichteten Blick den Herrn Jesum anrief, dem er seine Seele übergab. Kurz nachher hatte der Märtyrer vollendet.
H. Heppe in Marburg.