Albrecht Dürer

Albrecht Dürer

Albrecht Dürer wurde 1471 zu Nürnberg geboren. Er lernte bei seinem Vater die Kunst des Goldschmidts, und diese Gewohnheit, in edlem Stoff fein und gediegen zu arbeiten, verliess ihn nicht wieder. Im fünfzehnten Jahre kam er zum Maler Michael Wohlgemuth in Nürnberg in die Lehre, sah sich in Süddeutschland und am Rheine um, und liess sich in seiner Vaterstadt nieder. Dem Vater zu Liebe heirathete er die Tochter des Mechanikus Frey und damit das Unglück seines Lebens. Denn dieses Weibes Lust und Weide war, Dürer’s hohen Geist zu quälen. Er aber fühlte zu weich und warm, um sich darüber wegzusetzen.

In Mitte der Dreissiger ging er noch zwei Jahre nach Venedig und Bologna. Obgleich schon berühmt, wollte er doch noch Studien machen, namentlich in der Perspektive. Die Italiener sahen mit Staunen und Neid, mit welcher Geisteshöhe dieser Deutsche Alles aufgriff, und wie leicht ihm Alles von der Hand flog. Jetzt begann die Welt ihn hoch zu rühmen und zu preisen. Die Kaiser Max I. und Karl V. ernannten ihn zu ihrem Hofmaler, und Italiener verkauften Gemälde unter seinem Namen, um sie desto kostbarer zu machen.

Dürer war einer von den herrlichen grossen Naturen, an denen diese Epoche reich ist, Männer mit einer so gewaltigen Kraft und Fülle des Geistes ausgerüstet, dass sie noch immer für andere Dinge, als ihren eigentlichen Beruf, genug übrig hatten. Sie waren zu gleicher Zeit in verschiedenen Fächern Meister, nicht Dilettanten. Dürer führte die Aetzkunst und andere sinnreiche Erfindungen in Kupferstich und Holzschnitt ein, er dachte über die Veredlung der deutschen Sprache, schrieb wissenschaftliche Werke in der Mathematik, über die Proportionen und über den Festungsbau. Sein Buch über die Befestigung der Städte Schlösser und Flecken war das erste dieser Art in Deutschland.

Doch sein Bestes leistete er in der Malerei. So unerschöpflich reich und originell war Dürer, dass der gestaltungsreiche Raffael ihm gegenüber beinahe arm erscheint. Die Welt und das Leben selbst, nicht das Idealschöne, will Dürer ausprägen, und das geschieht mit der höchsten Energie, mit durchdringender Kühnheit und Wahrheit der Charakteristik, überall vom Adel der Gesinnung gehoben. Dürer ist der Shakespeare unter den Malern.

Seine Gemälde, Kupferstiche und Holzschnitte – von den letztern besonders das Leben Maria, die grosse und kleine Passion, die Offenbarung Johannis – zeigen eine wunderbare Vermählung von ächt katholischer Empfindung und protestantischem Ernste. Protestant in der Verfassung, Katholik im innern Leben der Kirche, – das war seine Stellung in den Reformationsstürmen.

Immer wissensdurstig in seiner Kunst machte Dürer noch als Fünfziger eine fast dreijährige Reise nach den Niederlanden, kehrte zurück voll der höchsten Pläne, und da – starb er, im Jahre 1528.

Historische und biographische Erläuterungen zu
Wilhelm von Kaulbach's
Zeitalter der Reformation
von Franz Löher
Stuttgart
Verlag von Friedrich Bruckmann
1863