Er war 1495 geboren und stammte aus dem alten reichsritterlichen Geschlecht der von der Tann in Franken. Er studirte die Rechte und die humanistischen Wissenschaften, um sich der höheren Laufbahn in fürstlichen Aemtern zu widmen, wie es häufig von jungen Söhnen des niedern Adels geschah, die nicht selbst die Familiengüter erbten. Anfangs wurde er gräflich henneberg’scher Rath, und ging in dieser Stellung an den Kurfürsten August von Sachsen über, als letzterer die Hälfte der henneberg’schen Besitzungen erwarb.
Dieser Kurfürst war 1553 seinem Bruder Moritz, welcher die Kurfürstenkrone an ihre Linie gebracht hatte, in der Regierung gefolgt, ein hochgebildeter tüchtiger Regent. Er hatte ungemeines Geschick und Glück in der Vergrösserung seines Landes: seine Hauptsorge aber verwandte er auf das, was der Zeit Noth that, auf die Förderung des Staats- und Gewerbslebens in seinem Lande und auf den Frieden der Confessionen im Reiche. Sachsen verdankt ihm die schönsten Segnungen des Friedens, eine neu und wohl begründete Verwaltung, fortgeschrittene Gesetzbücher, verschönerte Städte, und einträglichere Domainen. Das ganze Reich aber musste ihm dankbar sein, wenn er mit kluger Mässigung, jedoch mit ruhiger Festigkeit wachte und handelte, dass die hadernden Religionsparteien Ruhe hielten. Nicht nur daran, dass die Concordienformel der Lutherischen von 1580, sondern dass auch die Reichsfriedensschlüsse zwischen Katholiken und Evangelischen zu Stande kamen und vollzogen wurden, hatte er den verdienstlichsten Antheil. Er unterhielt deshalb einen beständigen und freundschaftlichen Verkehr mit Kaiser Ferdinand Herzog Albrecht von Bayern und ähnlich gesinnten Fürsten, welche zusammen wirkten, Deutschland jene gedeihliche lange Friedenszeit zu bewahren, welche auf den Religionsfrieden von 1555 folgte.
In allem diesen hatte der Kurfürst einen vertrauten Rath und Diener an von der Tann; denn diesen belebte gleiche Einsicht und Gesinnung. Er erhob ihn zu seinem geheimen Rath und vertraute ihm die wichtigsten Gesandtschaften, insbesondere in Religionssachen. Damit das hohe Ansehen, in welchem v. d. Tann bei dem Fürsten stand, auch auf der Unterlage eines anständigen Vermögens ruhe, machte ihn der Kurfürst zum Oberamtmann von Eisenach und der Wartburg und zum Statthalter von Coburg. Von diesen Aemtern zog der Minister reiche Einkünfte und wurde, als er sich mit Maria aus dem Geschlechte der Schenken von Schweinsberg verheirathete, der Stifter einer neuen v. d. Tann’schen Linie, welche nach ihm die Eberhardinische hiess. Der verdiente Mann starb hochbetagt im Jahre 1574.
Historische und biographische Erläuterungen zu Wilhelm von Kaulbach's Zeitalter der Reformation von Franz Löher Stuttgart Verlag von Friedrich Bruckmann 1863