Perpetua

gest. 202.

Die römischen Kaiser selbst waren eine Zeit lang gegen das Christentum gleichgültig oder gar ihm geneigt. Aber die bestehenden Gesetze gaben die Christen der Willkür einzelner Statthalter preis. So zeigt uns die Geschichte der jungen Kirche nur wenige Zeiten und Länder, in denen nicht Märtyrerblut geflossen wäre. In Afrika brach eine Verfolgung im Jahre 202 aus. Da lebte Perpetua, gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts in einer der Vorstädte Karthagos, aus edlem Geschlechte geboren und trefflich erzogen. Sie war etwa 22 Jahre alt, verheiratet und hatte ein säugendes Kind. Noch lebten die beiden Eltern und ein Bruder, ein anderer war frühe gestorben. Der Vater war Heide, die beiden Geschwister standen im Vorbereitungs-Unterrichte zur Taufe als Katechumenen.

Als die Verfolgung ausbrach, wollte der Vater die Tochter vom Christentum abwenden, Perpetua blieb aber standhaft. „Vater,“ sagte sie zu ihm, „siehst du dieses Gefäß?“ sie wies auf ein zur Erde liegendes Fass. „Kann man es wohl anders benennen als was es ist? Siehe, so kann auch ich mich nicht anders nennen, als was ich bin und bleibe: eine Christin.“ Der Vater bat, drohte – umsonst! Nach wenigen Tagen ließ sie sich taufen, und der Geist deutete ihr auf die andere Taufe: die Bluttaufe.

Bald darauf wurde sie eingezogen. Sie gestand, dass sie anfangs selbst ergriffen worden sei bei dem Anblick des finsteren Ortes; die furchtbare Hitze, die große Zahl der Gefangenen, die schlechte Behandlung von Seiten der Soldaten, zu all‘ dem die Besorgnis für das liebe Kind, wie hätte alles dieses nicht tiefen Eindruck auf sie machen sollen! Die Diakonen, die sie besuchten, erkauften ihr endlich größere Freiheit; sie durfte einige Stunden des Tags an einem freieren Orte zubringen, und diese Zeit benutzte sie, ihr Kind, das beinahe verschmachtete, zu säugen. Lange musste sie es also aushalten; endlich erlangte sie die Erlaubnis, ihren Säugling zu sich ins Gefängnis nehmen zu dürfen und jetzt fand sie sich wie neu belebt; „der Kerker,“ sagte sie, „wurde mir zum Palast.“

Einst, Nachts im Traume, sah sie eine goldene Leiter von wunderbarer Höhe bis zum Himmel reichend, aber so schmal, dass nur immer Einer allein hinansteigen konnte; an der Seite der Leiter waren alle Arten von Instrumenten befestigt; unter der Leiter aber lag ein Drache, der den Aufsteigenden Fallstricke legte und sie zurückzuschrecken suchte. Saturus, ihr Bruder, der damals noch nicht gefangen lag, aber später sich freiwillig überlieferte, stieg zuerst hinauf; er kam bis zur Höhe, da sprach er gegen die Zuschauenden gewendet: „Perpetua, ich warte deiner; aber sieh zu, dass der Drache dich nicht versehre!“ „Er wird mir nicht schaden im Namen des Herrn Jesu Christi,“ erwiderte sie. Das Untier, als ob es die Heranschreitende fürchte, erhob langsam sein Haupt; sie aber, die erste Stufe der Leiter ersteigend, trat ihm auf das Haupt und stieg nun hinan. Oben tat sich der Staunenden die unermessliche Weite eines Gartens auf und in Mitte desselben sah sie einen eisgrauen Mann sitzen, in der Tracht eines Hirten, der war groß und melkte die Schafe und um ihn her standen viele Tausende Weißgekleideter. Er erhob das Haupt, sagte mit einem Blick auf Perpetua: „willkommen, Tochter!“ rief sie zu sich und gab ihr von dem Käse, den er gemolken, ein kleines Stück; sie nahm es mit aneinandergefügten Händen und aß; Alle, die herumstanden, sprachen Amen! Auf den Laut dieser Stimme erwachte sie, noch essend an dieser, sie weiß nicht welcher Art von Süßigkeit. Was sie gesehen, das erzählte sie alsbald dem Bruder, und beide erkennen, dass ihnen Leiden bevorstehen und schöpfen nun keine Hoffnung mehr für diese Welt.

Bald darauf sollten sie verhört werden. Noch einmal kam der Vater, um die Tochter abwendig zu machen; er war vor Gram fast verzehrt. „Kind,“ rief er, „erbarme dich meiner grauen Haare, habe Mitleid mit deinem Vater, wenn ich noch wert bin, von dir Vater genannt zu werden. Habe ich dich mit diesen Händen bis zu dieser Blüte deines Lebens gebracht, habe ich dich deinen Brüdern vorgezogen, o, so mache mich nicht zur Schmach der Menschen! Schau deine Brüder an, deine Mutter, deinen Sohn, der nach dir nicht mehr leben kann. Lass den hohen Sinn fahren und bring uns nicht alle ins Unglück.“ So flehte der Vater und küsste ihr die Hand und warf sich zu ihren Füßen und nannte sie weinend nicht mehr Tochter, sondern Herrin. Wohl drang das ihr ans Herz, es schmerzte sie tief, dass ihr greiser Vater allein sich ihrer Leiden nicht freute; sie tröstete ihn und sprach: „Vater, es wird geschehen, was Gott will. Denn wisse, wir sind nicht in unserer Macht, sondern in der Hand Gottes.“ Der Vater schied von ihr in tiefem Leide.

Perpetua kam zum Verhör. Die Menge des neugierigen Volks war unermesslich, auch der Vater war wiederum da mit dem Enkel. „Erbarme dich des Kindes,“ rief er ihr zu; der Prokurator selbst mahnte: „Schone der grauen Haare deines Vaters, schone der Jugend deines Kindes, opfere dem Kaiser!“ Sie aber antwortete: „Nimmermehr!“ Und als sie der Prokurator befragte, ob sie eine Christin sei, sagte sie fest und entschieden „Ja!“ Nun wurde ihr Urteil gefällt: in den nächsten Festspielen sollte sie den wilden Tieren vorgeworfen werden. Freudig verließ sie den Richter, freudig betrat sie wieder ihr Gefängnis. Sie verlangte nach ihrem Kinde, das gewohnt war bei der Mutter zu sein, um von ihr gesäugt zu werden; aber der Vater verweigerte es. Von dieser Zeit an – Perpetua hielt es für eine liebreiche Schickung Gottes – verlangte das Kind nicht mehr nach der Mutter.

Nach wenigen Tagen kommt ihr plötzlich mitten im Gebete das Andenken ihres früher verstorbenen Bruders Dinokrates in den Sinn, sie erstaunt, dass dieses bis anjetzt noch nie der Fall gewesen und sie seufzt um ihn zum Herrn. In der Nacht in einem Gesichte sieht sie sofort diesen Bruder aus einem finsteren Ort, wo Viele beisammen waren, herausgehen, ganz erhitzt und lechzend vor Durst, mit schmutzigem Angesicht und von bleicher Farbe, mit der Wunde, die er hatte als er am Gesichtskrebse elend gestorben, allen Menschen ein Entsetzen. Zwischen ihr und ihm fand sich ein großer Zwischenraum, so dass die Geschwister nicht zu einander konnten. An dem Ort, wo Dinokrates weilte, stand ein Teich voll Wasser, der aber einen höheren Rand hatte, als dass der Knabe ihn hätte erreichen können. Dieser streckte sich aus, als ob er trinken wollte, aber er mochte nicht, weil der Rand zu hoch war; da erwacht Perpetua und erkennt, dass ihr Bruder leide; aber sie vertraut, dass ihr Gebet seinen Leiden abhelfen werde und sie betet nun Tag und Nacht für ihn mit Seufzern und Tränen. Nun hat sie wieder ein Gesichte, der Ort, den sie zuvor finster gesehen, ist ihr jetzt erleuchtet, und ihr Bruder rein am Leibe, gut gekleidet und behaglich. Wo die Wunde war, sieht sie nur noch eine Narbe, und der Rand des Teiches ist niederer, dass er nur bis zur Mitte des Knaben reicht; es stand auf ihm eine Schale mit Wasser gefüllt, der Knabe trat hinzu und fing an zu trinken, die Schale wurde nicht leerer und gesättigt ging er vom Wasser hinweg, um nach Art der Kinder fröhlich zu spielen. Da erwacht sie und erkennt, dass er aus der Strafe entlassen war.

Immer näher rückte der Todestag; noch einmal kam ihr Vater vom Kummer wie verzehrt; er raufte sich seinen Bart aus, warf sich auf den Boden, und tat also, dass es alle Kreatur bewegte. Perpetua trauerte für sein unglückliches Alter. – Soviel Gotteskraft ergriff selbst den Gefangenwärter; er ließ die Brüder und Schwestern sich gegenseitig besuchen und stärken, ja er selber wurde gläubig.

Den Tag vor dem Kampfe hatte Perpetua das dritte Gesicht. Sie sieht den Diakon Pomponius, der sie öfters besucht hatte, an der Tür des Kerkers. Er klopft heftig und sie geht heraus zu ihm und öffnet ihm; er hat ein weißes Kleid an mit Glöckchen behangen, und sagt zu ihr: „Perpetua, wir erwarten dich, komm!“ Da nimmt er sie an der Hand, und sie gehen durch raue, unebene Wege. Beim Amphitheater angekommen, führte er die Atemlose mitten auf den Kampfplatz und sagt: „fürchte dich nicht, ich bin bei dir und helfe dir streiten;“ darauf geht er von dannen, sie aber gewahrt ringsum eine ungeheure Volksmenge, und sie wundert sich, dass immer noch keine Tiere auf sie losgelassen werden. Da geht ein Ägypter, hässlich von Gestalt, gegen sie heraus, um mit seinen Gesellen gegen sie zu kämpfen; es kommen ihr aber auch edle Jünglinge zu Hilfe. Sie entkleidet sich zum Kampfe und wird wie ein Mann; die Jünglinge salben sie mit Öl, wie es der Brauch, den Ägypter aber sieht sie im Sande sich wälzen. Bald kommt ein Mann herzu von so wunderbarer Größe, dass er auch die Höhe des Amphiteaters überragte; sein Kleid ist schön; unter der Brust der Purpur zwischen zwei Gürteln, mit verschiedenen Glöckchen von Gold und Silber besetzt; er trägt einen Stab wie ein Kampf-Herold, und einen großen grünen Zweig voll goldener Äpfel. Nachdem er Stille geboten, sagt er: „dieser Ägypter, wenn er diese besiegt, wird sie mit dem Schwerte töten; wenn sie aber ihn besiegt, wird sie diesen Zweig erhalten.“ Darauf tritt er ab und der Kampf beginnt. Sie schreiten auf einander zu und der Gegner sucht ihr die Füße zu fassen, sie aber schlägt mit den Füßen sein Gesicht; sie wird in die Luft gehoben, aber sie schlägt ihn nun so, als ob sie die Erde stampfte. Sie ersieht darauf ihre Gelegenheit, schlingt, Finger in Finger, die Hände zusammen und fasst dem Gegner das Haupt, dass er aufs Angesicht fällt, und zertritt ihm den Kopf.

Das Volk beginnt zu rufen, und ihre Beschützer triumphieren; sie aber geht zum Kampfherold und empfängt den Zweig, und er küsst sie und sagt: „Tochter, der Friede sei mit dir;“ und im Triumphe geht sie nun hin zum Tore. Da erwacht sie und erkennt, dass sie nicht gegen die Tiere, sondern gegen den Teufel streiten müsse, aber sie weiß auch, dass ihr der Sieg zu Teil werde.

Dies sind die drei Gesichte, die Perpetua vor ihrem Hingang gesehen. Der Preis des Sieges und der Glorie ist dann in einem vierten Gesicht ausgelegt, das dem unterdessen gleichfalls verhafteten Saturus, ihrem Bruder, geworden. Sie hatten, so schien es ihm, ausgelitten und waren aus dem Fleische gegangen und wurden von vier Engeln, deren Hände sie nicht berührten, gen Morgen getragen; sie gingen aber nicht liegend, sondern aufgerichtet, als ob sie einen sanften Hügel hinanstiegen. Sie sahen nun das erste unermessliche Licht, und Saturus sagt zu Perpetua an seiner Seite: „das ist es, was uns der Herr verheißen; wir haben die Verheißung empfangen.“ Und wie sie weiter getragen werden von vier Engeln, öffnet sich ihnen ein weiter Raum gleich einem Lustgarten voll Rosenbäumen und allen Arten von Blumen; die Bäume sind hoch wie Zypressen, ihre Blätter aber rieseln unaufhörlich zur Erde nieder. Hier nun im Lustgarten empfangen sie vier andere Engel, herrlicher denn die ersten, und wie sie die Kommenden gewahrten, erweisen sie ihnen große Ehre und sagen den übrigen Engeln: „siehe, sie sind’s, sie sind’s.“ Abgesetzt von den vier ersten Engeln, die sie getragen, durchschreiten sie dann den Raum auf breitem Wege und finden dort die Vorangegangenen, die dieselbe Verfolgung erduldet; und sie fragen, „wo die Übrigen seien,“ und die Engel sagen: „kommt vorerst, tretet herein, und begrüßt den Herrn.“ Und sie kommen an einen Ort, dessen Wände waren als ob sie von Licht erbaut wären; und am Eingang stehen vier Engel, welche die Eintretenden mit weißen Gewändern bekleiden. Auch sie gehen bekleidet hinein, sehen ein unermessliches Licht und hören eine vereinte Stimme, die unaufhörlich heilig! heilig! heilig! rief. In Mitten des Orts aber sitzt ein alter Mann mit schneeweißem Haar, doch jugendlichem Antlitz, seine Füße sind bedeckt; vierundzwanzig Älteste stehen zu seiner Rechten und Linken und hinter ihm noch viele andere. Sie harren nun mit Verwunderung vor dem Thron; und die vier Engel heben sie auf und küssen ihn und er wirft es ihnen von seiner Hand zurück. Die übrigen Ältesten sagen: wartet! Und sie geben ihnen den Friedenskuss und sagen: geht hin und spielt! Saturus sagt darauf zu Perpetua: „Du hast nun, was du willst;“ sie aber erwidert: „Gott sei Dank! wie ich auch im Fleisch fröhlich war, so bin ich hier noch viel fröhlicher.“

Das sind die vorzüglicheren Visionen von Perpetua und Saturus, wie sie dieselben selbst beschrieben haben. Und es ging, wie sie gesehen hatten.

Es war alter Brauch, dass man denjenigen, welche den wilden Tieren vorgeworfen werden sollten, den Tag vor ihrem Tode eine Mahlzeit bereitete. Noch einmal sollten sie vollkommene Freiheit haben, sich des Lebens zu freuen und sich gütlich zu tun. Perpetua aber und ihre verurteilten Genossen – Männer und Frauen – feierten das Mahl der Liebe mit einander, und mahnten das Volk, das herzugelaufen, an das Gericht Gottes, und priesen ihre Fesseln.

Endlich war der letzte Tag gekommen; aber nicht als ob es zum Tode ginge, sondern in den Himmel, – mit solcher Ruhe und Würde zogen sie aus dem Kerker ins Amphitheater, und wenn sie zitterten, so zitterten sie nicht vor Bangigkeit, sondern vor Wonne. Angekommen an der Pforte, wollte man sie zwingen andere Kleider anzulegen: die Männer den roten Mantel der Priester des Saturn, die Frauen die weiße Binde der Priesterinnen der Ceres. Es war noch eine aus dem blutigen punischen Baalskultus erhaltene Sitte. Aber Perpetua trat dagegen auf im Namen der Übrigen. „Darum,“ sagte sie, „sind wir freiwillig hierhergekommen, damit wir unserer Freiheit nicht beraubt werden, darum geben wir unser Leben dahin, um dergleichen nicht tun zu müssen; das ist unser Vertrag mit euch.“ Der Tribun erkannte die Billigkeit der Forderung.

Perpetua lobte nun Gott, dass die Zeit gekommen, das Haupt des Ägypters zu schlagen. Drinnen im Amphiteater wandten sich die Verurteilten, die Männer, noch einmal an das versammelte Volk und bedrohten es mit dem Gerichte Gottes. Dem Hamilkar aber riefen sie fest und mutig zu: „Jetzt verurteilst uns du; dermaleinst aber wird Gott dich richten.“ Das gereizte Volk verlangte, dass sie gegeißelt würden; es geschah; sie aber frohlockten, nun auch dieses Teils der Leiden des Herrn gewürdigt worden zu sein.

Man ließ auf die Männer Leoparden, Bären und wilde Eber los. Perpetua mit ihrer Freundin Felicitas sollte von einer wilden Kuh zerrissen werden. Man hatte ihr die Kleider ausgezogen und sie in ein netzförmiges Gewand gehüllt. Aber ihre Verschämtheit machte selbst auf das Volk Eindruck und es wurden ihr wieder ihre Kleider angezogen. Beim ersten Stoß des Tieres fiel sie alsbald rücklings nieder; wie sie aber gewahrte, dass ihr Kleid zerrissen sei, suchte sie sich wieder zu verhüllen, mehr der Schamhaftigkeit als der Schmerzen eingedenk. Dann flicht sie die Haare in einen Bund zusammen, weil es nicht ziemte, dass ein Märtyrer mit fliegenden Haaren litte, damit es nicht scheine, als ob er in seiner Ehre trauere. Darauf erhob sie sich, trat zu ihrer Freundin und Leidensschwester Felicitas und reichte ihr die Hand zum Aufstehen und also blieben beide ruhig stehen. – Da sah sich selbst das rohe Volk bezwungen und man führte Perpetua mit ihrer Freundin in das Sanavivarische Tor zurück. Hier wurde sie von einem Katechumenen, Rustikus, der ihr treu anhing, in Empfang genommen und es war ihr, als ob sie so eben erst aus tiefem Schlaf erwachte. Sie wandte ihre Augen nach allen Seiten um. „Wann,“ fragte sie dann zum großen Staunen aller Anwesenden, „wann werde ich denn einmal jener wilden Kuh ausgesetzt werden?“ Und als man ihr erwiderte, es sei bereits geschehen, wollte sie es nicht glauben, als bis sie an ihrem Körper und Kleid die Spuren bemerkte. Nun ermahnte sie noch die Umstehenden: „Seid fest im Glauben, liebt einander, lasst euch durch unsere Leiden nicht einschüchtern.“

Junge Fechter gaben, so war es Brauch, denen, welche von den Tieren nur halb getötet waren, den Gnadenstoß mit dem Schwerte. Das Volk wollte sich an diesem Sterben weiden, Perpetua und ihre Leidensgefährten wurden wieder in die Mitte des Amphitheaters geführt. Sie gaben sich nun gegenseitig den Friedenskuss zum Abschied aus diesem Leben und machten sich bereit in aller Stille. Ein wenig schrie Perpetua auf, schnell aber führte sie dann selbst die zitternde Hand des Fechters an ihren Hals und lautlos empfing sie den Todesstoß.

So litt und starb Perpetua. Die Kraft des Herrn war in der Schwachen mächtig, die Rechte des Herrn behielt in ihr den Sieg. Als Felicitas im Kerker, eines Kindes genesend, über die Geburtswehen laut geschrien und der Kerkermeister ihr darüber gesagt hatte: „Wie willst du doch die größere Pein ertragen, wenn die geringere dir so nahe geht?“ erwiderte sie: „dieser Schmerz ist mein Schmerz, der andere aber der des Herrn, und der wird mir ihn tragen helfen.“ So war es; die Seele der Gemarterten floh, während der Leib blutete und brannte, in ihr innerstes Heiligtum hinüber in eine selige Stille, die von keiner Henkerfaust gestört und wo sie von keiner Qual berührt werden konnte. Im Leibe noch war die durch Christum befreite Seele gleichsam außer dem Leibe, dem Leiden der Zeit entnommen, aus dem irdischen Schmerz in die himmlische Wonne entzückt; des Todes Stachel war stumpf, mitten im Unterliegen rief der Geist in ihnen „Triumph!“