Die in der Überschrift genannte Fürstin ist geboren in Haag am 17. November 1627; sie war eine Tochter von Friedrich Heinrich, Fürst von Oranien, Erbstatthalter der Niederlande, und von dessen Gemahlin, Anna von Solms-Braunfels. Der Kurprinz Friedrich Wilhelm von Brandenburg lernte diese vortreffliche Prinzessin während eines längeren Aufenthaltes in den Niederlanden kennen; er warb um ihre Hand und vermählte sich mit derselben am 27. Dezember 1646. In der Tat besaß Luise Henriette alle Eigenschaften, die dazu dienen konnten, ihren Gatten glücklich zu machen. Sie war eine äußerst gebildete junge Dame und von ihrer Mutter angehalten, in der Haushaltung selbst Hand anzulegen und in sonstigen weiblichen Arbeiten sich eine große Geschicklichkeit zu erwerben. Zudem besaß sie eine nicht geringe Dichtergabe, und, was noch mehr in die Waagschale fiel, Herzensgüte und einen christlichen frommen Sinn.
Als sie 1648 ihren ersten Sohn gebar, dichtete sie das hübsche Lied, dessen Anfang lautet:
Gott, der Reichtum deiner Güte,
Dem ich Alles schuldig bin,
Ursacht, dass mir mein Gemüte
Gegen dir für Freude wallt.
Meinen Wohlstand, meine Zier
Dank‘ ich, Vater, einzig dir.
Du hast reichlich Leib und Leben,
Ehr‘ und Wohltat mir gegeben.
Wo sich hin mein‘ Augen wenden,
Was mein Herz bedenken kann,
Da erkenn‘ ich aller Enden,
Was du, Herr! an mir getan;
Berg‘ und Täler neigen sich,
Leut‘ und Länder ehren mich,
Wild und Wald samt tausend Flüssen,
Liegen da zu meinen Füßen.
Sollt ich solcher Gnaden wegen
Dir nicht danken, wie ich weiß,
Weil der Geist mein Herz wird regen,
Sollst du sein mein Lied und Preis,
Meine Freude, meine Kron‘
Und mein tausendfacher Lohn.
Was ich von dir werde singen,
Soll die Ewigkeit durchdringen.
Doch sollte die Mutterfreude der Fürstin nicht von langer Dauer sein. Die Kurfürstin suchte und fand Trost im Glauben an den Erlöser und in dieser Stimmung dichtete sie das bekannte Lied: Jesus, meine Zuversicht!
Es war ihr nun eine schwere Aufgabe gestellt, ihrem Gemahl behilflich zu sein, die Wunden des dreißigjährigen Krieges zu heilen und die in ihrem Wohlstand geschädigten Landesteile wieder zu heben. Sie suchte darum die erworbenen wirtschaftlichen Kenntnisse bestens zu verwerten. Ein Lieblingsaufenthalt war ihr das an der Havel gelegene Schloss Bözow, später Oranienburg genannt; hier legte sie einen großen Nutzgarten an; sie verschrieb aus Holland Gärtner und Landwirte, so wie die nötigen Geräte, um hier für die ganze Umgegend eine Musterwirtschaft einzurichten. Auch sorgte sie für die Wiederherstellung des Gottesdienstes, so wie des Unterrichts der Jugend. Wenn sie wegen Unwohlsein nicht in die Kirche gehen konnte, so wurde in ihrer Nähe gebetet und gesungen. Des Nachmittags wiederholte sie mit ihrem Hofgesinde die gehörte Predigt und wandte solche auf sich und die Anwesenden an. In der Bibel las sie einen Tag wie den andern; ihr Hofprediger und Seelsorger Stosch hatte die strenge Weisung, ihr alle Sünden und Schwachheiten unverhohlen vorzuhalten. Ihr bußfertiges Herz sprach sie in dem Liede aus:
Ich will von meiner Missetat
Zum Herren mich bekehren.
So eifrig sie dem reformirten Bekenntnisse ergeben war, so hatte sie doch kein Wohlgefallen an den damaligen Zänkereien der beiden Konfessionen, welche von den Geistlichen selbst in den Predigten geführt wurden. Sie bezeugte auch den Lutheranern herzliches Wohlwollen und stand mit lutherischen Liederdichtern, z. B. mit Paul Gerhard, in freundlichem Verkehr; es war nicht ihre Schuld, dass der Letztere von seinem Amte entfernt wurde. Jedermann hatte Zutritt zu ihr. Bisweilen entzog sie sich den Bissen von ihrem Munde, wie man zu sagen pflegt, um den Armen geben zu können, und sie war tief betrübt, wenn ihr die Mittel fehlten, zu helfen, wie sie gerne gewollt hätte.
Was sie für ihre Pflicht hielt, das zu tun, dafür war ihr kein Opfer zu schwer; darum bot sie ihrem Gemahl, wie sehr sie demselben auch in Liebe zugetan war, die Ehescheidung an, damit er sich eine andere Gemahlin nehmen könne, die ihn und das Land mit einem Thronerben erfreue. Der Kurfürst erwiderte nach kurzem Bedenken: „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Da sie noch etwas weiter bemerken wollte, fiel er ihr in die Rede und sagte: „Was mich betrifft, so werde ich meinen Eid halten, und so es ihm dabei gefällt, mich und das Land zu strafen, so müssen wir’s uns gefallen lassen.“ Ihr Sehnen und Hoffen sollte nicht zu Schanden werden. Am 16. Februar 1655 gebar sie einen Thronerben. Es war ein Dienstag; darum gelobte sie zum Dank für die erwiesene Gnade, jeden Dienstag dem Herrn zu weihen, durch Fasten, Beichten, Beten, Predigt usw. Sie hielt das Gelübde bis zu ihrem Ende. Erst nach Sonnenuntergang pflegte sie ein mäßiges Mahl zu genießen.
Auch in weiteren Kreisen suchte sie für Hebung des vernachlässigten Gottesdienstes zu wirken. Auf ihre Veranlassung gab der als Tonsetzer berühmte Johann Crüger, welcher auch die Melodie zu dem Liede „Jesus meine Zuversicht“ komponiert hatte, ein Gesangbuch heraus, in welchem sich ihre eigenen Lieder befanden.
Ihre Dankbarkeit für die Geburt des Erbprinzen trieb sie auch dazu, eine Versorgungsanstalt für 24 vaterlose Kinder zu errichten. Selbst gegen treulose Diener verleugnete sie ihre Barmherzigkeit nicht. Da einstens einer derselben als Dieb entdeckt wurde, und der Kurfürst in seinem Zorne schwur, denselben hängen zu lassen, steckte sie dem Bedrohten heimlich einige Dukaten zu und verhalf ihm zur Flucht, indem sie erklärte: „Meinetwegen soll kein Menschenblut vergossen werden.“ Zucht und Mäßigkeit wurde bei der Hofhaltung strenge gehalten.
Einer der bevorzugten und begünstigten Hofcavaliere während der Regierung Georg Wilhelms, des Vaters von Friedrich Wilhelm, war H. von Burgsdorf, ein Mann nicht ohne Verdienst, aber im höchsten Grade dem Trunke ergeben. Das ging unter dem früheren Kurfürsten, aber bei der jetzigen Hofhaltung konnte sich der Mann nicht besonders wohl fühlen. Eines Tages sagte er zu dem Kurfürsten: Gnädigster Herr, ich weiß nicht, wie Sie leben. Bei Ihrem Herrn Vater ging es viel lustiger zu; es wurde viel tapferer herumgetrunken, da war dann und wann ein Schloss oder Dorf mit Trinken zu gewinnen, und ich weiß mich der Zeit noch zu erinnern, in welcher ich zehn Maß Wein bei einer Mahlzeit getrunken habe.“ Die Kurfürstin erwiderte: „Man hat schön gewirtschaftet; so viele Schlösser und Güter für das leidige Saufen zu verschenken.“ Sie ruhte nicht, bis der hochgestellte Mann sein Ehrenamt verlor und den Hof verlassen musste. In den Haushaltungsangelegenheiten war sie eine vortreffliche Wirtin und Rechnerin; durch weise Sparsamkeit wusste sie mit Wenigem viel zu leisten. Noch findet sich in der Bibliothek zu Berlin ein Haushaltungsbuch, in welchem sie die Ausgaben und sonstige Notizen in holländischer Sprache einzutragen pflegte. Doch konnte sie sich eben so wenig als der Kurfürst den Sitten der Zeit in Beziehung auf großen Aufwand ganz entziehen, so sehr es Beide wünschten. Allein in den Marställen von Cleve und Berlin wurden 130 Reit- und Kutschpferde für den Kurfürst und 38 für die Kurfürstin gehalten.
In die eigentlichen Staatsangelegenheiten mischte sich die Kurfürstin nicht, wenigstens übte sie nie verderblichen Einfluss aus, wenn auch der Kurfürst öfters zu ihr kam, um bei ihr Rat zu holen. Da die preußischen Stände nach dem Frieden von Oliva hartnäckig die Huldigung verweigerten, hoffte der Kurfürst, dass seine und seiner Gemahlin persönliche Anwesenheit dieselben zum Nachgeben bewegen werde. So war es auch und zwar nicht zum geringeren Teil in Folge des freundlichen und doch würdevollen Auftretens der Kurfürstin.
Mit aller Sorgfalt der treuesten Mutterliebe bekümmerte sich die Kurfürstin um die Erziehung der Kinder, die ihr Gott der Herr am Leben gelassen hatte. Sie schrieb deshalb, wenn sie nicht selbst zugegen war, an den Oberhofmeister derselben, den Grafen Schwerin, und legte auch hierbei ihre fromme Gesinnung an den Tag. „Sie können sich denken,“ heißt es in einem solchen Briefe, „mit welcher Freude ich meinen Kindern entgegen sehe. Gott vergelte Ihnen zwiefältig die Fürsorge, die Sie ihnen widmen. Ich weiß wohl, dass die Kinder nicht ohne Fehler sein können. Der Kurfürst und ich haben Gott dafür gedankt, dass der Kurprinz zu Landsberg so schön von der Religion gesprochen hat; ich sehe, dass Sie ihn gut anhalten, Gott zu fürchten. Ich glaubte nicht, dass er hierin so viel wüsste; ich hoffe auch, Gott wird ihm den heiligen Geist geben, und ihn stets auf seinen Wegen wandeln lassen. Kurz, es liegt Alles daran, dass das Herz wohl gegründet ist; Alles Andere ist eitel.“.
Das ganze Leben der Kurfürstin fiel in eine vielbewegte, trübe Zeit. 1650, also bald nach dem 30jährigen Kriege, wurde ihr Gemahl genötigt, sich mit den Schweden zu verbinden und gegen seinen Lehnsherrn, den König von Polen, zu Felde zu ziehen. In Folge davon fielen die Polen ins Land, sie brannten 13 Städte nieder und ermordeten 30.000 Einwohner grausamer Weise. Auch später, da dieser Krieg 1660 durch den Frieden von Oliva beendigt war, wurde der Kurfürst in den Kampf mit den Franzosen verwickelt und gezwungen, gegen die Schweden die Waffen zu ergreifen. Die Kurfürstin setzte in allen Leiden und Heimsuchungen ihre Zuversicht auf den Herrn. Sie äußerte: „Wenn Jesus noch auf Erden ginge, ich wollte mich noch mehr demütigen, noch mehr ihm anhängen als das kananäische Weiblein. Was ich aber auf leibliche Weise nicht tun kann, das will ich im Geiste und im Herzen tun, in gewisser Zuversicht, dass er auch im Stande der Herrlichkeit ein solcher Hoherpriester und Heiland sei, der Mitleid haben kann und hilft.“
Die Kurfürstin war immer auf den Tod gefasst und sah demselben mit Ruhe und gottesfürchtigem Sinne entgegen; sie starb am 18. Juni 1667, nachdem sie ihrem Gatten sechs Kinder geboren hatte, wovon bei ihrem Tode noch drei Prinzen am Leben waren. Der Kurfürst soll öfters ausgerufen haben: „O Luise, wie vermisse ich dich!“
Er heiratete zum zweiten Mal Sophia Dorothea von Holstein-Glücksburg, Witwe des Herzogs Christian Ludwig von Lüneburg-Celle. Man sagt von derselben, sie sei eine treue Gattin, eine zärtliche Mutter, eine grausame Stiefmutter und eine unbarmherzige Fürstin gewesen, also gewiss keine ganz würdige Nachfolgerin der Verstorbenen.