Bekannter noch ist die Tochter der oben erwähnten Maria von der Pfalz, Elisabeth, die Gemahlin Johann Friedrich II., oder des Mittleren, von Sachsen; sie ist geboren am 30. Juni 1540 zu Birkenfeld. Von Kindheit an in Gottesfurcht und Frömmigkeit erzogen, blieb sie ihr Leben lang, auch im größten Leiden, das Muster einer gottseligen Fürstin. Sie war, da sie in ihrem achtzehnten Jahre ihrem Gemahl nach Weimar folgte, gar bald eine Landesmutter im wahrsten Sinne des Wortes, welche durch ihre Freundlichkeit und Leutseligkeit die Herzen Aller, die mit ihr in Berührung kamen, zu gewinnen wusste. Leider konnte sie ihren Gemahl nicht abhalten, dass sich derselbe mit dem unruhigen Ritter Wilhelm von Grumbach verband. Es wurde deshalb die Reichsacht über die Verbündeten ausgesprochen und der Kurfürst August von Sachsen mit der Vollstreckung des Urteils beauftragt. Gotha, die Residenz des Herzogs, wurde erobert, und der Herzog als Gefangener nach Wienerisch-Neustadt abgeführt, während Grumbach mit einigen Genossen unter großen Martern gevierteilt wurde. Elisabeth konnte nur mit Gewalt aus den Armen des fest umschlungenen Gatten weggerissen werden. Sie befand sich von nun an in einer höchst traurigen Lage; zur Bezahlung der Kriegsschulden musste sie alle ihre Kleinode hergeben, und sah, fast von allen Mitteln entblößt, mit ihren drei unmündigen Kindern einer traurigen Zukunft entgegen. Sie nahm ihre Zuflucht zu ihrer Schwiegermutter Sibylla, welche in ähnlicher Lage wie sie gewesen war. Sie wendete alle ihre Sorgfalt auf die Erziehung ihrer Kinder, welche sie durch Wort und Beispiel zur Gottesfurcht anhielt. Täglich versammelte sie dieselben, so wie die übrigen Hausgenossen, zum Gebet und Hausgottesdienst. Aber die Geldnot blieb nach wie vor. Elisabeth konnte manchmal den Bringerlohn für die erhaltenen Briefe nicht bezahlen. 1568 zog sie nach Eisenach in den ihr zugesprochenen Zollhof, hatte aber immer noch mit Mangel und Not zu kämpfen. Wohl hätte sie unter solchen Umständen selbst eines Trösters bedurft; aber sie unterließ es nicht, in zahlreichen Briefen fort und fort ihrem Gemahl Mut und Trost einzusprechen. Beispielsweise: „Herzlich gerne wollte ich bei Ew. Liebden sein und dieselben in schwerem Kreuz und Leid trösten, wenn es Gottes Wille wäre. Ich habe die Zeit nicht viel trockene Augen gehabt. Ich will zu Gott flehen, seine göttliche Allmacht soll Ew. Liebden ferner in Geduld erhalten, und es mit uns schicken nach seinem väterlichen Willen, wie es uns gut und nützlich ist. Ich will Alles für Ew. Liebden hergeben, was ich habe, und sollt‘ ich betteln gehen, da ich wohl erfahren habe, wie es einer Frau geht, die ihren Herrn nicht bei sich hat.“
Dabei überschickte sie ihrem Gemahl, so oft sie konnte, ein Labsal, bald ein Trostbüchlein, das ihr selbst tröstlich gewesen, bald Tücher und Hemden, die sie genäht, bald Quittensaft, den sie selbst bereitet hatte, bald Coburger Bier usw.
Unermüdlich war auch das treue Weib, beim Kaiser, beim Kurfürsten August und bei anderen Fürsten, wo sie konnte, Fürbitte für die Begnadigung ihres Gemahls einzulegen. Alles umsonst, wiewohl sie dabei von ihrem Vater und ihrer Mutter unterstützt wurde. Nicht einmal die Erlaubnis, den Gefangenen zu besuchen, konnte sie sich erwirken. Nur das erreichte sie durch einen Reichstagsbeschluss, dass ihre Söhne wieder in das väterliche Erbe eingesetzt werden sollten. Endlich, 1572, wurde ihr auf ihr persönliches Bitten in Wien gestattet, zu ihrem Gemahl zu gehen; sie fand diesen in engem Gewahrsam und brachte es mit Mühe dahin, dass demselben einige Erleichterung gewährt wurde. Bald überzeugte sie sich, dass ihre Gegenwart für den Gefangenen fast unentbehrlich wäre. Darum hielt sie an mit Bitten und Flehen, bis der Kaiser es gestattete, dass sie die Gefangenschaft ihres Gemahls als treue Lebens- und Leidensgefährtin teile, und so blich sie 22 Jahre lang, bis an ihren Tod, im Kerker, ohne jemals ihre hingebende Selbstverleugnung zu bereuen. Nichts versäumte sie, was dazu dienen konnte, den Gefangenen ruhiger zu stimmen. Sie las demselben aus der Bibel, besonders aus den Psalmen, vor, und bewog ihn, den ersten Psalm aus dem Hebräischen, das er verstand, in die deutsche Sprache zu übersetzen. Dabei ließ sie ihre Kinder nicht aus dem Auge; sie korrespondierte häufig mit denselben, ermahnte sie, Gott vor Augen und im Herzen zu haben, sich das Lernen angelegen sein zu lassen, und unermüdlich um die Befreiung ihres Vaters zu bitten. Ihr ältester Sohn starb während ihrer Abwesenheit als neunjähriger Knabe.
Wenn sie einmal ihren Gemahl für kurze Zeit verließ, so geschah es in dessen Interesse, meistens, um wiederholt Fürbitte für denselben vorzubringen. Aber weder der Tod des Kaisers Maximilian II. 1576, noch die Verlobung ihres Sohnes Johann Kasimir mit der jüngsten Tochter des Kurfürsten August, des heftigsten Gegners von Johann Friedrich, verwirklichten ihre Hoffnungen. Nicht einmal der Tod von August selbst führte zu diesem erstrebten Ziele.
Dessen ungeachtet verließ Elisabeth ihren Gatten nicht. Nur zwei Mal, nämlich 1578 und 1583, besuchte sie ihre heißgeliebten Kinder. Noch wurden ihre Leiden dadurch vergrößert, dass ihr Sohn Kasimir, da er in den Besitz des väterlichen Erbes gekommen war, die auf ihn gestellte Hoffnung nicht erfüllte; er gewährte den Eltern die Unterstützung nicht, welche dieselben so sehr bedurften. Doch suchte Elisabeth das gute Vernehmen zwischen Vater und Sohn zu erhalten und jeden weiteren Zwiespalt zu verhüten. Ihr Gottvertrauen blieb unerschütterlich, wie ihr tägliches Gebet beweist: „Ich weiß, mein Gott, du wirst mich nicht verlassen, und sollte deine Hilfe erst angehen in der Stunde des Todes.“ Wie sich der Herzog die fünf Buchstaben: A. E. I. O. V. („allein Evangelium ist ohne Verlust“) zum Wahlspruche erwählt hatte, so erwählte sich Elisabeth vier H. („Hilf Herr, himmlischer Hort.“)
Ihre Leiden nahmen erst mit ihrem Tode ein Ende. Schmerzlich war ihr der Tod ihrer treuen Schwester, Dorothea Susanna, Witwe des Herzogs Johann Wilhelm von Sachsen, ihr ähnlich in liebevoller Tätigkeit für ihre Untertanen, besonders die Armen. Noch mehr wurde sie betrübt über die unglückliche Ehe ihres Sohnes Kasimir mit Anna von Sachsen, die wegen wiederholter Untreue von ihrem Gemahl musste verstoßen werden. Elisabeth forderte ihren Sohn auf, er solle sich durch das Hauskreuz zu Gott und seinen Eltern zurückführen lassen. 1594 mehrten sich bei der edlen Frau die Zeichen des nahenden Todes; sie beschwor ihre Diener, sie möchten ihre Sorgfalt bei dem Herzog verdoppeln, und ihm das zu werden suchen, was sie ihm zu sein bemüht gewesen wäre. Sie starb am 8. Oktober 1594 in einem Alter von 54 Jahren. Ihre Leiche sollte zu Coburg bestattet werden, wozu auch der Kaiser die Erlaubnis gab, aber die Gläubiger konnten erst durch das wiederholte Versprechen, bald Zahlung zu empfangen, zur Freigebung der Leiche bewogen werden. Ihr Gemahl folgte ihr am 9. Mai 1595 nach 28jähriger Gefangenschaft in die Ewigkeit.
Elisabeth wurde in der Moritzkirche zu Gotha beigesetzt. Der Leichenpredigt lag ihr Lieblingsspruch zu Grunde((Ps. 73,24)): „Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich mit Ehren an.“ Über ihrem Grabe findet sich eine einfache Tafel mit der Aufschrift: „Sie war ein sonderliches Exempel ehelicher Liebe und Treue gegen ihren Gemahl, welchem sie ins Elend folgte, und half ihm tragen und lindern.“