29. November.
Des Saturninus Name steht mit der Christianisierung Galliens in enger Verbindung. Galliens Bevölkerung war im zweiten Jahrhundert mehr gewachsen, als die aller übrigen Provinzen des römischen Reiche, zeichnete sich durch größere Cultur aus und besaß Schulen, welche vielfach selbst von Rom aus besucht wurden. Ihre Religion war die allgemeine des Reichs, trug aber noch druidische Elemente in sich, deren grausamer Charakter einst das Menschenopfer zugelassen hatte, als das Christenthum auftrat und dem Volke seinen Glauben einzupflanzen strebte. Nur langsam und unter schweren Verfolgungen schritt es fort. Die Gemeinden mehrten sich erst, als unter dem Kaiser Philippus Arabs eine günstigere Zeit für seine Ausbreitung zu kommen schien.
Nach zuverlässigen Nachrichten übernahm damals Saturninus die Leitung der in Toulouse entstandenen Gemeinde.
Toulouse war eine der wichtigsten Städte des alten Galliens gewesen. Dorthin hatten die kriegslustigen und unruhigen Celten die Schätze aller Länder geführt, die sie mit plötzlichem Ueberfall heimgesucht hatten. Auch jetzt noch war sie eine der bedeutendsten des Landes. Nach Gregor von Tours waren es 7 Geistliche, welche zu gleicher Zeit von Rom aus nach Gallien gesendet wurden, wie Dionysius nach Paris, Gratianus nach Tours, Trophimus nach Arles u. a. Dürfte dies als zuverlässig gelten, so hätte in dieser Zeit der Bischof Fabianus von Rom einen der größeren Versuche gemacht, ein heidnisches Land in die allgemeine christliche Bewegung hineinzuziehn und dadurch der zunehmenden Bedeutung Roms als Einheitspunkt der Kirche Bahn gebrochen.
Kaum aber war dies geschehen, so erneuerte der Kaiser Decius im J. 249 die Verfolgung der Christen mit dem entschiedenen Bestreben die ganze Kirche zu vernichten. Besonders den Bischöfen galt sein Zorn, als den Häuptern der Kirche. Mit steigender Wuth und Heftigkeit verbreitete sich die Verfolgung nach allen Seiten hin und wurde bald durch die weltliche Obrigkeit, bald durch die Priesterschaften, bald durch das aufgeregte Volk selbst herbeigeführt. Von Provinz zu Provinz mehrte sich die Zahl der Märtyrer. In Rom wurde Fabian schon am 20. Januar 250 hingerichtet. Aber das Christenthum feiert grade bei solchen Gelegenheiten seine herrlichsten Triumphe. Mit Freudigkeit übernahmen Cornelius und Lucius sofort nach einander nicht sowohl das Amt ihres Vorgängers als vielmehr die Nachfolge des Märtyrerthums.
Auch in Toulouse entbrannte die Mordlust des Heidenthums. Hier war die besondere Veranlassung das Aufhören der Orakelsprüche, indem nach dem Volkswahn plötzlich die Götter verstummten und ungeachtet der ihnen gebrachten Opfer die Zukunft zu enthüllen verweigerten. Der Grund wurde in den Christen gesucht, deren Götterverachtung bekannt war; die Priester fürchteten für ihre Macht und das Volk stellte sich auf ihre Seite.
Eine kleine christliche Kirche in der Nähe des sogenannten Capitols, eine Höhe, die dort noch heute unter diesem Namen bekannt ist, führte den jenseits desselben wohnenden Saturninus öfters dort vorbei, wenn er mit den Seinen sich zum Gottesdienste dorthin begab oder von dort zurückkehrte. Einst war man eben im Begriff durch das Opfer eines gewaltigen Stiers die Götter noch einmal zu versöhnen und zur Erneuerung der Orakelsprüche zu bewegen. Große Volkshaufen waren gegenwärtig. Da ging plötzlich Saturninus mit einem Presbyter und zwei Diakonen vorüber. Den Bischof ergriff man, während die drei Geistlichen flüchteten, schleppte ihn auf das Capitol und verlangte von ihm, daß er persönlich am Opfer Theil nehme.
Er aber sprach mit lauter Stimme: „Den Einen wahren Gott nur kenne ich. Ihm werde ich ein Lobopfer darbringen. Von Euren Göttern weiß ich, daß sie Dämonen sind, welche ihr vergebens nicht sowohl durch Thieropfer, als durch das Todesopfer Eurer Seelen ehrt. Wie fordert Ihr aber, daß ich die fürchten soll, von denen ihr, wie ich vernehme, behauptet, daß sie mich fürchten?“ Sogleich fiel die wüthende Menge über ihn her, umschlang seine Füße mit einem Stricke, welchen man an den zum Opfer bestimmten Stier befestigte, versetzte denselben in Wuth und jagte ihn das Capitol hinab. Mit zerschmettertem Kopfe, zerrissenen Gliedern kam Saturninus unten entseelt an, wo er in Folge des Zerreißens des Strickes liegen blieb. Nur zwei christliche Frauen wagten es, mit eigner Lebensgefahr, dem entseelten Leibe ihres Hirten und Bischofs an derselben Stelle eine verborgene Ruhestätte in der Erde zu bereiten. Hilarius aber, Silvius und Ersuperius, seine Nachfolger im Amte, haben später für eine würdigere Stätte gesorgt, und den verehrten Ueberresten des Märtyrers erst eine kleine, dann eine größere Basilika geweiht. letzteres geschah am Ende des vierten Jahrhunderts. Als Tag seines Todes wird bestimmt der 29. November angegeben. Das Todesjahr ist nicht genau bekannt, muß aber zwischen 250 und 260 fallen.
Dies Wenige wissen wir von dem Leben des Saturninus; genug, um in ihm einen Mann zu erkennen und zu ehren, welcher sich, treu den Befehlen seines Herrn, muthig dem Götzendienste widersetzt, bereitwillig das Opfer seines Lebens gebracht und sich dadurch als einen wahrhaften Zeugen Jesu bewährt hat. Die katholische Kirche hat ihn unter ihre Heiligen gerechnet. Uns ist sein Andenken ehrwürdig, weil er mit sichtbarem Erfolge beigetragen hat, Gallien zu einem Sitze christlicher Wahrheit zu machen.
F. Ranke in Berlin.