Lukas, Evangelist

Der Erste unter den Evangelisten war ein gläubiger Israelit, der zweite ein gläubiger Israelit mit römischer Namensbezeichnung, welche vielleicht auf besondere Beziehungen zur römischen Welt schließen läßt, der dritte aber, Lukas, war wirklich, wie wir aus der Bezeichnung desselben im Briefe Pauli an die Kolosser (Kap.. 4,11-14) schließen müssen, ein Gläubiger aus den Heiden. Auch die heidnische Welt also sollte unter den Verkündigern der geschichtlichen Wallfahrt und Vollendung Jesu, und seines Heils mit vertreten sein.

Es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, Lukas der Arzt, von welchem der Apostel Paulus im Kolosser-Briefe Grüße bestellt, sei ein andrer, als unser Evangelist. Unter den Zügen, welche in dem dritten Evangelium dafür sprechen, daß der Verfasser einen ärztlichen Blick hatte, ist wohl der lieblichste dieser, daß allein er bei dem Bericht über die Verwundung des Malchus durch das Schwerdt des Petrus die Bemerkung beibringt, Jesus habe dem Verwundeten das abgehauene Ohr wieder geheilt. Man hat aber auch in anderen Anzeichen das Auge und Gedächtniß, die Anschauungsweise des Arztes in dem dritten Evangelium zu finden geglaubt. Zudem hat ihn eine sehr späte kirchliche Ueberlieferung zum Maler gemacht. Diese Sage ist ganz ohne Grund. Vielleicht aber ging dieselbe aus der Voraussetzung hervor, Lukas müsse als der einzige Heide und Grieche unter den Evangelisten außer der Wissenschaft, die er im Kreise der Evangelisten mit vertrat, auch die Kunst der alten heidnischen Weltbildung mit vertreten haben. Man legte ihm dann um so lieber die Malerkunst bei, weil man so einen Namen hatte, auf den man das angeblich ächte Bild von der Mutter des Herrn zurückführen konnte. Im höheren Sinne waren allerdings alle vier Evangelisten große Maler, indem jeder den Herrn in seiner Eigenthümlichkeit, in einer besondern Beleuchtung seiner unendlich reichen, die Gottheit und die Menschheit und alle Welt umfassenden Persönlichkeit darstellte. Und da hatte denn Lukas insbesondre den Beruf, die göttliche Menschlichkeit Jesu, sein himmlisch ärztliches Mitleid, seine Holdseligkeit in seinem Erbarmerwalten unter den Kranken, Elenden und Verlornen in ergreifenden Zügen zu malen.

Woher war aber dieser gläubige Hellene? Und wie kam er in die Gemeinschaft des Apostels? Mehrere Kirchenväter geben als seinen Geburtsort Antiochien in Syrien an. Demzufolge wäre also die berühmte Stadt, in welcher die große, ehrwürdige Muttergemeine aller heidenchristlichen Gemeinen erblühte, seine Vaterstadt gewesen. Man hat ihn auch schon im hohen Alterthum der Kirche für Einen der siebenzig Jünger Jesu gehalten. Mit dieser Nachricht kann es jedenfalls nicht streiten, wenn er im Eingange seines Evangeliums erklärt, er habe den evangelischen Thatsachen nachgeforscht, wie sie von denen überliefert worden seien, welche Augenzeugen und Diener des Wortes von Anfang an gewesen. Denn zu diesen gehörten ja die siebenzig Jünger sicher nicht. Ja, auch die Annahme einiger alten Christen, Lukas sei gerade derjenige gewesen, welcher mit dem Kleophas am Auferstehungstage nach Emmaus gegangen, hat nichts Unwahrscheinliches in sich, wenn gleich dieselbe nur eine sinnvolle Vermuthung ist. Nimmt man einmal nach der Ueberlieferung an, Lukas sei Einer von den siebenzig Jüngern gewesen, so wird man die Thatsache merkwürdig finden, daß gerade er allein von dem Gange der beiden Jünger nach Emmaus berichtet, und daß diese Erzählung so überaus lebendig ist, so anschaulich und ergreifend, wie wenn der Erzähler die eigensten Erfahrungen seines innersten Lebens schilderte.

Während der Evangelist Markus sich bald im Geleit des Paulus, bald des Petrus befindet, vorzugsweise aber doch von der Kirchenvätern als der Nachfolger und Gehülfe des Petrus dargestellt worden ist, sehen wir den Lukas als einen Evangelisten auftreten, welcher sich ausschließlich und mit treuer Hingebung dem Apostel Paulus auf seinem großen Heldengange anschließt. Wann und wie der Evangelist in die evangelisierende Genossenschaft des Apostels Paulus eintrat, wissen wir nicht genau; obschon er uns in seiner zweiten Schrift, der Apostelgeschichte, die Andeutungen gegeben, aus denen wir entnehmen können, welche Reisen er mit dem Apostel unternommen. „Wir fuhren aus von Troas“; mit diesen anspruchslosen Worten tritt er in die apostolische Geschichte ein als Begleiter des Apostels Paulus in dem großen Momente, wo dieser in Folge eines wunderbaren, sehr bedeutungsreichen Nachtgesichts die Küste von Kleinasien verläßt, um unserm Welttheil Europa die Botschaft des Heils zu bringen. Mit dieser Seefahrt des Apostels beginnt der zweite Abschnitt seiner zweiten Missionsreise, welche er um das Jahr 51 unternahm. Zu Philippi in Mazedonien wurde Paulus mit seinem apostolischen Gehülfen Silas, welcher als ein Mann von prophetischer Würde aus der Gemeine zu Jerusalem eine hervorragende Stellung neben ihm einnahm, wegen der Heilung einer Wahrsagerin in’s Gefängniß geworfen. Nach der Befreiung und Abreise dieser beiden Männer scheint Lukas in Philippi zurückgeblieben zu sein. Man darf es wohl zu der großen geistlichen Kriegskunst des Apostels rechnen, daß er nicht alle seine Genossen gleichmäßig in’s Feuer führte. Wahrscheinlich wurde Lukas diesmal aufgespart, um die von ihm in Philippi bestellte Glaubenssaat nach seiner Abreise zu pflegen. Als aber Paulus später auf seiner dritten Missionsreise Philippi wieder besuchte, gesellte der Evangelist sich wieder zu ihm, und blieb in seinem Geleit bei seiner Rückkehr über Troas nach Jerusalem (Apostelgesch. 20,6). Hier wurde er in die Gesellschaft der Apostel mit eingeführt (Kap. 21,18). Allein in Jerusalem wurde er abermals von seinem geliebten Lehrer getrennt. Der Anschlag, welchen die jüdischen Zeloten auf das Leben des Paulus machten, brachte diesen in römische Gefangenschaft, und hatte zur Folge, daß er von Jerusalem nach Cäsarea abgeführt wurde. In Cäsarea vereinigte sich Lukas auf’s Neue mit dem Apostel. Mit Hingebung trat er in die Genossenschaft seiner Leiden und aller Gefahren, die ihm noch bevorstanden, ein. Der Beschluß, welcher über seinen Lehrer verhängte, daß er nach Rom gesandt und vor das kaiserliche Gericht gestellt werden sollte, war auch ein Beschluß über ihn und für ihn. „Es war beschlossen, daß wir abfahren sollten nach Italien“, sagt er mit der Sprache treuer Ergebenheit für den Apostel (Kap. 27,1). So machte er im Herbste des Jahres 60 jene sturmreiche Seefahrt mit, auf welcher der Apostel Paulus durch die Macht des Geistes immer mehr aus einem den Schiffsleuten verdächtigen Gefangenen im geistigen Sinne zum Lootsen und Steuermann, ja man könnte sagen, zum eigentlichen thatsächlichen Kapitain und selbst zum Schutzgeist des Schiffes und seiner Mannschaft emporgefügt wurde. Lukas bewährte sich in Rom als Einer seiner beharrlichsten Reisegefährten. Von hier aus bestellte Paulus Grüße von ihm mit an die Gemeine zu Kolossä, als er an diese seine Epistel schrieb. Eben so finden wir ihn unter den Grüßenden des Briefes an den Philemon. In der zweiten Gefangenschaft, welche der Apostel Paulus ohne Zweifel in Rom unter Nero bestanden hat, war Lukas wiederum sein treuer Leidensgenosse. Ja, damals, als Paulus den zweiten Brief an den Timotheus schrieb, war er allein bei ihm geblieben, während namentlich Demas, wahrscheinlich entmuthigt durch die Verlassenheit und Todesgefahr, worin der Apostel unter dem Schreckensregiment des Nero mit den Seinen schwebte, ihn verlassen hatte, (2 Timoth. 4,10). Er hielt also aus bei ihm bis in den Tod. Freilich verdankte er ihm auch die reichste Förderung in seinem christlichen Glaubensleben. Was er der Kirche geworden ist als Evangelist, und namentlich auch in seinen Schriften, dem dritten Evangelium und den Geschichten der Apostel, das ist er ihr freilich vor allen Dingen geworden durch die Gnade Gottes in Christo und durch die Gabe des heiligen Geistes, allein, was das menschliche Mittel betrifft, ganz besonders durch den Umgang mit seinem Lehrer Paulus und durch seine Theilnahme an der großen eigenthümlichen Glaubensanschauung desselben. Seine Schriften sind ganz in dem Geiste und in der Anschauungsweise des Paulus abgefaßt. Wahrscheinlich entstand namentlich seine Darstellung der evangelischen Geschichte unter den Augen desselben, wie in ähnlicher Weise der Evangelist Markus seine Evangelienschrift unter den Augen des Petrus angelegt. Und hat der Apostel auch nicht gerade das Evangelium des Lukas selber gemeint, wenn er sich auf sein Evangelium berief (Röm. 2,16; 2 Timoth. 2,7), so meinte er doch sicher eine Gestaltung der evangelischen Botschaft, wie sie schließlich ihren geschichtlichen Abdruck in dem Evangelium nach Lukas gefunden hat. Lukas ist der paulinische Evangelist der Kirche. Als solcher hat er sich als dienender Geleitsmann des Apostels in seinen Schriften und ohne Zweifel auch in seiner ganzen kirchlichen Wirksamkeit nach dem Tode des Apostels bewährt. Wahrscheinlich entstand das Evangelium des Lukas schon frühe, und zwar zur Zeit der ersten Gefangenschaft des Apostels in Rom (61-63). Denn jedenfalls geht ja das Evangelium der Apostelgeschichte voran. Und auch diese scheint eben gegen das Ende der besagten Gefangenschaft geschrieben zu sein (63 oder 64). Denn sie bricht ab mit der Nachricht, daß Paulus zwei Jahre in Rom gelebt habe. Lukas schrieb die beiden Werke, welche einen wesentlichen Bestandtheil des Neuen Testaments ausmachen, zunächst mit der Bestimmung, einen mit dem Evangelium befreundeten, wahrscheinlich angesehenen Mann, Namens Theophilus, von welchem man keine näheren Nachrichten hat, in der christlichen Erkenntniß, die ihm durch mündlichen Unterricht zu Theil geworden war, weiter zu führen. So innig war in der urkirchlichen Zeit die Predigt für die ganze Welt mit der Seelsorge für die Einzelnen verknüpft. Lukas schrieb seine Werke für Millionen von Gottgeliebten, indem er sie für den einen Gottgeliebten (Theophilus) verfaßte. Die alte Kirche hat das Evangelium des Lukas mit dem Sinnbild des Opferfarren, des Ochsen aus den Thiergebilden bei Ezechiel (Kap. 1) geschmückt, weil er gleich am Eingang von dem Priesterdienst im Tempel handelt. Man könnte ihm jedoch noch füglicher das Zeichen des Menschenbildes beilegen. Denn Lukas hat ganz vorzugsweise das menschliche Evangelium im heiligen Sinne, das Evangelium der von der Gottheit erfüllten, heiligen und schönen, liebreichen und erbarmungsreichen Menschlichkeit Christi geschrieben. Dazu war er nach seiner Führung besonders berufen. Zuerst als gebildeter Grieche. Als solcher gründete er seine Arbeit auf sorgfältig angelegte Forschungen, und stellte die evangelischen Thatsachen in einer geordneten Reihenfolge dar, welche freilich nicht auf der strengen Zeitfolge, sondern auf einer tiefdurchdachten sinnreichen Sachordnung beruht. Der Grundgedanke derselben ist: das Heilsleben, insbesondere die Heilswirkungen, die Heilsordnung und die Heilsvollendung des menschlichen Gottessohnes, des Huldreichen, in dem die Gnade Schönheit und die Schönheit Gnade geworden ist, wie dieß in dem entsprechenden griechischen Ausdruck liegt, der Beides in Einem bezeichnet: Schönheit und Gnade. Als griechischer Forscher wußte der Evangelist unter der Leitung des heiligen Geistes auch die apostolischen Geschichten in einer Anordnung darzustellen, welche sowohl die Ausbreitung des vollendeten Heils unter den Juden als unter den Heiden in den sprechendsten Grundzügen, die einander mehrfach als Parallelen entsprechen, erscheinen ließ. Doch auch in dem Inhalt seiner Schriften spiegelt sich seine Eigenthümlichkeit und Bildung. Als christlicher Grieche mußte er einen besonderen Sinn haben für die Züge der reinen Menschlichkeit und der geistigen Schönheit im Leben Jesu. Ebenso aber für die Züge des menschlichen Mitleids und des innigen Erbarmens Jesu, worin sich seine göttliche Gnade kund gab. Namentlich also auch für die Gleichnisse und für die Thatsachen, in denen der Herr die Gnade Gottes in ihrer Freiheit und den Glauben in seiner Seligkeit dargestellt hatte im Gegensatz gegen jüdische Werkheiligkeit und pharisäische Satzungsgerechtigkeit. Diesen durch das Christenthum erneuerten Sinn, wie er in ihm eine kräftig ausgeprägte, individuelle Gestalt angenommen, hatte sein ärztlicher Beruf noch mehr gefördert. Der heilige Geist aber machte diese Eigenthümlichkeit und Vorbildung des Lukas zu seinem Werkzeug. Die Gnadengabe, welche ihm also zu Theil wurde, mußte sich dann in der Schule des Paulus auf’s Herrlichste ausprägen. Und so ward denn Lukas zum Evangelisten von dem Heilande, von dem gnadenreichen Erbarmer, dem Schönsten unter den Menschenkindern, und von seiner seelengewinnenden Huld im besondersten Sinne. Im Zuge dieser Geistesart legte er schon seine Sammlung an. So gewann er eine reiche Ausbeute von evangelischen Sprüchen, Gleichnissen und Geschichten, in denen uns die Lehre von der freien Gnade Gottes, von dem Erbarmen Gottes über die Verlornen, von der Erwählung der Demuth im Gegensatze gegen pharisäische Wertgerechtigkeit, und eben so die thatsächlichen Wunder des Erbarmens Jesu mit ergreifender Macht gegenüber treten. Schon gleich im Eingange des Evangeliums zeigt er uns, wie die Erscheinung des Heils den öden Tempel wieder belebt, und die alten, hagern, dem Tode entgegenweltenden Gestalten wieder jung macht und in geistiger Schönheit verklärt. Man lese sodann die Geschichte von der großen Sünderin (Kap. 7), und die herrlichen Gleichnisse von der das Verlorne suchenden Gnade im 15. Kapitel, um zu sehen, wie er im Lichte der Paulinischen Anschauung das Leben Jesu angesehen und seinen Reichthum in sich aufgenommen hat. Daher hebt er auch die Worte und Thatsachen hervor, in denen die Heiden als Mitberufne zum Himmelreich, neben den Juden erscheinen. Und dennoch beweist er auch die zarteste Rücksicht für das jüdische Nationalgefühl. In diesem Sinne zeigt uns ja eben Lukas, der heidenchristliche Evangelist, wie der neugeborne Heiland von frommen Israeliten begrüßt wurde, während Matthäus, der judenchristliche Evangelist seine Verherrlichung durch Gläubige aus der Heidenwelt berichtet. Doch war die Verkündigung der allgemeinen, an das Gesetz nicht gebundenen Gnade sein Hauptgesichtspunkt. Auch in der Apostelgeschichte begegnen uns die Zeugnisse von der Freiheit des Evangeliums, das in keiner Weise an die jüdischen Satzungen gebunden sein soll, von Anfang bis zu Ende. Diese besondere Bedeutung der Apostelgeschichte hat auch Luther schon hervorgehoben und gepriesen.

Das Evangelium des Lukas zeigt uns, wie der Christ durch Die Erneuerung seines Wesens aus dem Heilsborn der Gnade in der geistigen Verschönerung desselben schon diesseits zu einer vorläufigen Auferstehung gelangt. Von dem späteren Leben und Wirken unsres Evangelisten haben wir nur unbestimmte Nachrichten. Ohne Grund hat ein alter Biograph angenommen, er sei bald nach der Befreiung des Paulus aus der ersten Gefangenschaft in Rom hingerichtet worden. Er schloß dieß aus dem Umstande, daß der Evangelist mit dieser Zeit die Apostelgeschichte abgebrochen hat. Nach Epiphanius hätte er noch in Dalmatien, Galatien, Italien und Mazedonien das Evangelium gepredigt. Da ihn auch die römische Martyrgeschichte nicht in Rom als Märtyrer sterben läßt, sondern in Kleinasien, nämlich in Bithynien, so darf man wohl annehmen, er sei in seinem späteren Evangelistenlauf nach jenen Gegenden Kleinasiens zurückgekehrt, von denen er ausgegangen. Nach einem andern Bericht starb er zu Ephesus. Eine sinnige Hindeutung auf die Eigenthümlichkeit seines Evangeliums scheint in der späteren kirchlichen Sage zu liegen, er sei an einem Oelbaum aufgehängt worden. Denn an den Oelbaum des wahren Lebens, an den Oelzweig des Friedens, und an das Oel der Heilung und des Heils erinnert sein Evangelium überall. Wir lesen aber gerne die mehr beglaubigte Nachricht, welche Hieronymus berichtet, daß er das hohe Alter von 84 Jahren erreicht habe. Denn so wäre der milde, der Geistesart des Johannes verwandte Evangelist diesem Apostel auch darin ähnlich geworden, daß er noch lange als ein patriarchalischer Greis des Neuen Bundes die apostolischen Gemeinen erbaut hätte. Jedenfalls gehörte er zu den auserwählten Erstlingen aus der griechischen Welt, welche mit ihrem Beispiel bewiesen haben, daß die Bildung, die Wissenschaft und der weltliche Beruf, besonders auch der des Arztes dem Herrn und seinem Evangelium dienstbar werden und von dem Licht desselben ihre höhere Weihe empfangen sollen. Lukas kann uns insbesondre auch zeigen, wie die natürliche Heilkunst, welche am frühesten von den alten Griechen ausgebildet worden ist, eine weissagende Hinweisung geworden ist auf Christum hin, und wie der verborgene Zusammenhang zwischen der Heilkunde und der schönen Kunst, und eben so zwischen der gründlichen Heilung des Lebens und der schönen Erscheinung, im Christenthum wieder offenbar wird; besonders auch der Zusammenhang zwischen der Heilung der Herzen und Seelen und der Heilung der Leiber. Er ist ein früher Vorläufer der Männer, welche auch in der neueren Zeit wieder den Einklang zwischen der Heiligen Gnade und der schönen Menschlichkeit hervorgehoben haben, wie ein Herder, ein Hamann, ein Asmus Claudius und Lavater; und auch derer, welche den Einklang zwischen dem Fleiß treuer Wissenschaft und dem erleuchtenden Geiste Gottes durch ihr Leben gelehrt haben und noch lehren. Am Meisten aber ist er uns ein Vorbild solcher Evangelisten, wie sie unsre Zeit bedarf auf dem Gebiete des freien Erbarmens, der Verklärung des Herrn für die Zöllner und Sünder, und der Rettung des Verlornen, das zu versinken droht in den Schiffbrüchen, die einer großen aber schweren Zeit besonders eigen sind.

J. P. Lange in Zürich