Theodor von Beza

Theodor von Beza

„Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, dazu Du auch berufen bist, und bekannt hast ein gutes Bekenntniß vor vielen Zeugen!“
(1. Tim. 6, 12.)

Theodor von Beza (de Béze) stammt aus seinem alten, adligen Geschlechte Frankreichs, und wurde geboren am 24. Juni 1519 zu Bezelay im nordwestlichen Theile des ehemaligen Herzogthums Burgund, wo sein Vater Landvogt war. Zur Erziehung wurde er dem berühmten Professor Melchior Wolmar, übergeben. Sieben Jahre lang war er in seinem Hause, und mit solchem Erfolge, dass er in seinem 17. Jahre der alten Sprachen vollkommen mächtig war, und es keine Wissenschaft gab, mit deren Anfangsgründen er nicht bekannt gewesen wäre. Aber wichtiger, als alles dies, war es, dass Wolmar ihn mit der reinen Lehre des Wortes Gottes bekannt machte, uns sie ihm sorgfältig und tief einprägte.

Nachdem er zu Orleans dem Rechtsstudium obgelegen hatte, mußte er sich nach dem Willen seines Vaters nach Paris begeben. Hier schienen anfangs die frommen Lehren Wolmars erstickt. Von Allem, was ihn irre leiten konnte, umgeben, geistvoll und reich, lebte er in Paris als Weltmann, und gab einen Band weltlicher Gedichte heraus. Jedoch sah er es sein ganzes Leben lang als eine besondere Gnade Gottes an, daß er ihn bei der großen Sittenlosigkeit, die an dem Hofe herrschte, und von da aus sich über die Stadt verbreitet hatte, vor groben Ausbrüchen der Sünde bewahrt habe. Um den Versuchungen zu entfliehen, vermählte er sich im Geheimen, aber vor Zeugen, mit einem zwar armen, aber mit herrlichen Tugenden ausgestatteten bürgerlichen Mädchen. er wollte die Ehe nicht bekannt machen, weil er sich nicht stark genug gefühlt hatte, die Einkünfte einiger Pfründen aufzugeben, die sein Oheim zu seinen Gunsten abgetreten hatte.

Aber die Lehren Wolmars waren nicht ausgelöscht, wurden vielmehr täglich aufgefrischt durch die grausamen Verfolgungen, welche die Evangelischen ohne alles Recht trafen. Er las fleißig die Schriften der Reformatoren, und wurde nicht wenig dadurch in seinem Glauben bestärkt. Oft sprach er in seinem Herzen: „Ach, wie lange werde ich mich in diesem papistischen Unflath befinden? wann werde ich diese wahrhaft frommen Männer reden hören, ihren Versammlungen beiwohnen, und mit ihnen den wahren Gott des Himmels bekennen?“ Da brachte der Herr selbst ihn zur Entscheidung: eine schwere Krankheit kam über ihn, so daß er an seinem Aufkommen verzweifelte. „Was sollte ich Unglücklicher thun, schreibt er, dem Nichts als Gottes furchtbares Gericht vor Augen schwebte? Was geschah? Nach unendlichen Qualen des Körpers und der Seele erbarmte sich doch der Herr meiner, und tröstete mich, so daß ich nicht mehr an seiner verzeihenden Gnade zweifelte. Unter tausend Thränen verabscheue ich mich selber, flehe ihn um Verzeihung an, erneuere da Gelübde, mich offen zu seiner wahren Kirche und Verehrung zu bekennen, kurz, ich gebe mich ganz und gar hin… Sobald ich also das Lager verlassen konnte, brach ich alle Bande, welche mich bisher gefesselt hielten, packte meine geringe Habe zusammen, und verließ das Vaterland, Aeltern, Freunde zumal, um Christo nachzufolgen, und zog mich mit meiner Gattinn, in freiwilliger Verbannung nach Genf zurück.“ Das Erste, was er hier that, war der Gang zur Kirche, um seine Ehe einsegnen zu lassen; alle Verirrungen seiner Jugend schwur er mit aufrichtigem Herzen ab. Es war im November 1548; Beza war 29 Jahre alt.

Es wurde freilich mancher heftige Angriff auf ihn gerichtet, ihn anderen Sinnes zu machen; aber er hat sie alle zurückgeschlagen. Er hatte durch seinen Übertritt sich seiner Familie entfremdet. Vergebens suchte er sie, besonders seinen Vater, durch kurze Darlegung seiner religiösen Ueberzeugung umzustimmen und zu gewinnen. Man hoffte, er werde in die römische Kirche, in den Besitz eines großen Vermögens und in glänzende Aussichten für die Zukunft wieder eintreten. Gegen alle Erwartung erschien eines Tages sein älterer Bruder, Johann von Beza, in Genf. Wir sehen die beiden Brüder, in nächtlicher Stunde vor der Bibel, und der jüngere, weit entfernt, als der Bekehrende zu sprechen, ermahnt mit klaren und schlagenden Gründen aus Gottes Wort den älteren Bruder, ebenfalls die Ketten des Papsttums zu zerreißen. Der Eindruck, den er hervorbrachte, war so mächtig, daß er an Calvin schreiben konnte: „Du wirst von dem unerwarteten Erscheinen meines Bruders schon gehört haben. Er kam, um mit mir einen Strauß zu bestehen, bei welchem es mir, Gottlob! gelungen ist, daß sich mir bei ihm einen gewaltigen Zugang zur Erlangung dessen eröffnet habe, was ich nie zu hoffen wagte.“ Es sollte jedoch Alles angewandt werden, um ihn schwankend zu machen. „Vermag ich Nichts, sagte sein Bruder beim Scheiden, so will dein alter Vater mit dir reden.“ Ueber die Zusammenkunft mit dem Vater selbst wissen wir nichts Näheres. Es mögen viele Vorstellungen, Bitten und Thränen von beiden Seiten stattgefunden haben. Aber eine Bereinigung erfolgte nicht, sondern eine größere Spaltung. Das Wort: „Wer Vater, oder Mutter mehr liebt, denn mich, der ist mein nicht werth“, bewährte sich wieder seine Alles überwindende Kraft. Beza blieb unbesiegt.

Arm geworden um Christi Willen, entschloß sich der feine Weltmann der Pariser Salons, Buchdrucker zu werden, und verband sich zu dem Ende mit Johann Crespin, der gleichfalls seines Glaubens wegen aus Frankreich geflohen war. Wenn er nun auch demüthig genug war, diese Stellung einzunehmen, so wollte ihn doch Gott als ein auserwähltes Rüstzeug zu einem höhern Dienst verwenden. Er wurde zum Professor der griechischen Sprache nach Lausanne, und später nach Genf als Pastor und Lehrer der griechischen Sprache am Gymnasium berufen.

Hier bildete sich zwischen ihm und Calvin ein enges Freundschaftsverhältnis. Waren doch beide von demselben Sinne beseelt, das so lange unter den Scheffel gestellte Wort Gottes wieder auf den Leuchter zu stellen. Beza wurde eine treue Stütze für den von Feinden rings umgebenen Calvin, und ein kräftiger Trost in den trüben Stunden seines fast beständigen körperlichen Leidens. Er wurde das Werkzeug, neue Einrichtungen zu gründen, die für die Verbreitung und Befestigung der Reformation unentbehrlich waren. So sollte Genf eine Pflanzstätte von Geistlichen werden, um die Nachbarländer, und besonders Frankreich, mit Hirten und Lehrern zu versorgen. Deswegen wurde eine hohe Schule dort errichtet, und Beza, als der dazu geeignete, zum Rektor und Professor der Theologie an derselben berufen. Bald hatte die Schule durch seine Tüchtigkeit und Entschiedenheit, mit der er jede Unsitte in calvinischer Strenge bestrafte, einen ganz bedeutenden Ruf erhalten, und aus den fernsten Gegenden, aus England, Dänemark, Schweden, Deutschland strömten die Jünglinge herbei, um hier da Wort Gottes lauter und rein lehren zu hören. – Man hat Beza den Melanchthon Calvins genannt; und in dieser Bezeichnung liegt sehr viel Wahres. Die Strenge Calvins wurde oft durch das vermittelnde Wesen Bezas gemildert. – Von Calvin gebeten, übersetzte er in dieser Zeit die Psalmen in französische Verse, welche lange Zeit von den reformirten Kirchen Frankreichs bei dem Gottesdienste gesungen wurden. Außerdem hat er Auslegungen zu der h. Schrift, und eine Geschichte der französischen Kirchen bis zum Jahre 1562 geschrieben.

In Frankreich floß in dieser Zeit immerwährend Märtyrerblut. Verschiedene Male hatte Beza deswegen Reisen zu den schweizerischen Bundesstaaten und den deutschen Fürsten gemacht, um ihre Verwendung für die Verfolgten zu erbitten. Aber die Verwendungen hatten keinen Erfolg gehabt. Anstatt daß jedoch die evangelische Religion durch Feuer und Schwert hätte ausgerottet werden können, verbreitete sie sich immer weiter. Die Gebildeten unter dem Volke und der größte Theil des Adels waren ihr gewogen. So der König von Navarra, und der Prinz von Condé, beide Prinzen von Geblüt, und der Admiral Coligny. Die Protestanten waren eine Macht geworden, und die Königinn-Mutter, Katharina von Medicis, welche für ihren Sohn, Karl IX., die Regentschaft führte, sah wohl ein, daß durch weitere Verfolgungen Frankreich dem Untergange würde entgegengebracht werden. Zähle doch Frankreich bereits fünf Millionen Reformirte, mit mehr als 2150 Kirchen. Sie bot daher, obgleich selbst ohne Religion, Alles auf, eine Vereinigung zwischen Katholiken und Protestanten anzubahnen. Zu dem Ende veranstaltete sie das Glaubensgespräch zu Poissy, wo Vertreter beider Parteien sich über eine Vereinigung besprechen sollten.

Unter den durch Gelehrsamkeit, Muth und Glaubenstreue ausgezeichneten reformirten Predigern Frankreichs war nach dem einstimmigen Urtheile, sowohl durch seine Gewohnheit, sich in den höchsten Kreisen zu bewegen, als auch durch seine Beredsamkeit und Geistesgegenwart Beza vor allen Andern geeignet, die evangelische Sache zu verfechten. Er erschien am 23. August zu Poissy. Bei dem König von Navarra traf er Abends den Cardinal von Guise (von Lothringen), die Hauptstütze der Katholiken, der jedoch, wie er selbst sagte, sich nicht viel mit theologischen Dingen beschäftigt hatte, aber Beredsamkeit und Gewandheit besaß. Sie sprachen über die Messe, und Beza trieb ihn so in die Enge, daß er die Brodverwandlung ganz aufgab. „Es freut mich gar sehr, Herr von Beza, euere Bekanntschaft gemacht zu haben, sagte der Cardinal beim Abschied, ihm auf die Schulter klopfend, und die Hand reichend, und ich beschwöre euch bei Gott, daß ihr mit mir handelt, damit ich euere Gründe vernehme, und ihr die meinigen. Ihr werdet finden, daß ich nicht so gar schwarz bin, als man nicht gemalt hat.

Kaum hatte Beza ihm für seine Freundlichkeit gedankt, so rief das freimüthige Fräulein von Crussol: „Vortrefflich, lieber Herr, für heute Abend, aber wie morgen?“ Und wirklich, gleich nach der Unterredung, als er wieder in seine Umgebung kam, erröthete der Cardinal nicht, die ganze Unterredung der Wahrheit zuwider darzustellen; und am Hofe, ja bis nach Poissy verbreitete sich das Gerücht, Beza sei von ihm überwunden, und zum römischen Glauben zurückgebracht worden. Als der streng römische Connetable Montmorency am folgenden Tage beim Mittagsmahle freudig diese Lüge auftischte, erklärte die Königinn: „Ich habe selbst beigewohnt, Connetable, und kann euch versichern, daß ihr ganz schlecht unterrichtet seid.“

Beza und die Seinigen hatten als Bedingung zum Gespräch gefordert, daß die Bischöfe und Geistlichen nicht ihre Richter seyen, und daß alle Streitpunkte allein durch Gottes Wort entschieden werden sollten, als auf welche der Glaube allein such gründen dürfe. Das waren Bedingungen, die denen ziemten, die nicht für ihre, sondern für Christi Sache in den Kampf gingen, die aber auf der andern Seite den Bischöfen gefährlich und anmaßend erschienen, so daß man sich hätte wundern müssen, wenn sie dieselben zuzugeben hätten. Da verlautete, daß am 9. September da Gespräch stattfinden solle, ohne daß den Hugenotten eine Antwort geworden wäre. Es ergriff sie ein gerechter Unwille. Beza, als ihr Abgesandter, erklärte daher der Königinn, wenn ihnen jene nothwendigen und billigen Bedingungen nicht gewährt würden, wären sie genöthigt, desselben Tages noch abzureisen. Die Zeit und Noth drängte; da erhielten sie die Antwort: „die vorzunehmende Handlung solle den Evangelischen zu keinem Nachttheil gereichen, und die Prälaten sollten nicht ihre Richter seyn.“ Aber schriftlich konnte er die Zusicherung nicht erhalten; des Königs Wort, hieß es, müsse genügen.

Endlich wurde am 9. September 1561 das Refektorium des Nonnenklosters zu Poissy geöffnet. Der junge König, sein Bruder, der Herzog von Orleans, seine Mutter Katharina, der König von Navarra und dessen Gemahlinn Johanna saßen dem Eingange grade gegenüber auf einer Erhöhung. Hinter ihnen hatten alle Prinzen und Prinzessinnen, alle Großbeamten der Krone, alle Herren und Damen des königlichen Hofes ihren Platz. Diesen zur Seite und vor ihnen saßen 6 Cardinäle und 36 Bischöfe, welche im vollen Ornate in ihren Prunkgewändern erschienen waren; hinter denselben befand sich eine große Zahl de vornehmen katholischen Gelehrten und Geistlichen. Ganz bescheiden und demüthig, in ihren schwarzen Talaren, erschienen in unterm Raume die reformirten Geistlichen, lauter Männer, welche nur durch Einfalt, Würde und Gelehrsamkeit ausgezeichnet waren; sie waren einfach, wie es den Jüngern Christi geziemte. Der Gegensatz der Erscheinung, die Demuth der Evangelischen einerseits, der Hochmuth und die Pracht andererseits, machte einen so tiefen Eindruck auf die ganze Versammlung, daß selbst der Hof ergriffen schien. Es waren ihrer 11, gefolgt von 21 weltlichen Abgeordneten.

Nachdem der Kanzler die Versammlung eröffnet hatte, erhielt Beza das Wort. Mit fester, wohltönender Stimme hob er an: „Sire, da der Ausgang jedes Unternehmens, der großen sowohl als der geringfügigen, von Gottes Gnade abhängt, zumal wenn es sich um Seine Ehre und um Dinge handelt, die höher sind, als unser Wissen und Verstehen, so hoffen wir, Ew. Majestät werden es weder übel, noch befremdet aufnehmen, wenn wir vor Allem mit der Anrufung seines h. Namens beginnen, und also zu ihm beten.“ Hierauf kniete er nieder, und alle seine Amtsbrüder, und die weltlichen Abgeordneten knieten feierlich mit ihm nieder, und er sprach das einfache Sündenbekenntniß, mit welchem jeder Gottesdienst begann. Inhalt und Form des Gebets machte auf die Versammlung den tiefsten Eindruck. Beza erhob sich wieder, und begann seine eigentliche Rede. Zuerst suchte er jeden Gedanken an Zank, Rechthaberei, oder Feindseligkeit gegen die Katholiken zu entfernen. Als er auf die Glaubensartikel kam, und die Abweichungen seiner Glaubensgenossen von der alten Lehre rechtfertigte, wurde er mit der gespanntesten Aufmerksamkeit angehört. Er behauptete, nach der Schrift heiße jede andere Genugthuung, außer dem vollkommenen Gehorsam Christi, Gott seiner vollkommenen Gerechtigkeit berauben; die Lehre, Gott vergebe uns nur einen Theil unserer Schulden, den Ueberrest lasse er uns selbst bezahlen, beraube ihn seiner vollkommenen Barmherzigkeit. Wer sich an dem durch die Propheten und Apostel gepredigten und verfaßten Worte nicht genügen lasse, der entsetzte Christus seines Propheten- und Lehramtes; wer mit neuen Satzungen die Gewissen binde, der beraube ihn der Würde des geistlichen Königthums in der Kirche, und wer sich unterstehe, ihn von Neuem darzubringen als Opfer zur Vergebung der Sünden, und an ihm, dem einzigen Fürsprecher bei Gott, nicht genug habe, der beraube in seines ewigen Hohepriesterthums.

„Die guten Werke betreffend, so sind diejenigen schlecht berichtet, die etwa glauben sollten, daß wir dieselben verachten. Denn wir trennen ebenso wenig den Glauben von der Liebe, als Licht und Wärme von dem Feuer getrennt ist, und sprechen mit Johannes (1. Joh. 2, 4): „Wer da sagt: ich kenne Gott, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in solchem ist keine Wahrheit. Uebrigens aber gestehen wir offen, daß wir doch in dieser Lehre von einander abweichen. Wir erkennen in dem Menschen keinen andern freien Willen an, als denjenigen, der allein durch die Gnade unseres Herrn gefreiet ist, und behaupten: unsere Natur, in dem Zustande, in welchem sie verfallen ist, soll vor allen Dingen nicht sowohl unterstützt und ihr nachgeholfen, als vielmehr durch die Kraft des h. Geistes getödtet und zu nichte gemacht werden, zumal die Gnade diese Natur nicht etwa bloß schwer verletzt und geschwächt, sondern ganz kraftlos, allem Guten entgegen, ja todt, und der Fäulnis der Sünde und des Verderbens anheim gefallen findet. Wir geben Gott die Ehre, und wollen nicht mit ihm abrechnen; denn Anfang, Mittel und Ende unserer Werke messen wir einzig und allein der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit zu, die in uns wirket beides, das Wollen und das Vollbringen.“

Nachdem er noch gezeigt, daß die guten Werke uns durchaus nicht als Verdienst angerechnet werden, ging er darauf ein, zu beweisen, daß die h. Schrift die einzige Regel und Richtschnur des christlichen Glaubens und Lebens sei, wies dies auch aus Aussprüchen der Kirchenväter nach. „Wir sagen also, daß wir die h. Schrift als eine vollständige Offenbarung alles dessen betrachten, was zur Seligkeit nothwendig ist. Die Concilien also und die Kirchenväter betreffend, so können und sollen wir euch nicht wehren, dieselben, wie auch wir thun, zu Hülfe zu nehmen, wenn nur das Angeführte auf ausdrückliche Zeugnisse der h. Schrift gegründet ist. Aber wollet um Gottes willen uns nicht einzig und allein mit ihrem bloßen Ansehn begegnen, ohne daß Alles zuvor an dem rechten Prüfstein als echt erfunden worden wäre! Denn wir sagen mit Augustinus, daß, wenn eine Stelle der h. Schrift in der Auslegung schwierig sein sollte, der h. Geist die Schrift so eingerichtet hat, daß, was hier vielleicht dunkler lautet, an einem andern Orte deutlicher ausgesprochen ist.“

In der Auseinandersetzung vom h. Abendmahl vertrat der die streng calvinische Auffassung. Seine Rede schloß er mit den Worten: „In Summa, wir halten uns an den Spruch Röm. 13: „Jedermann sei unterthan der Obrigkeit!“ So sich’s nun begeben hat, oder künftig sich begeben möchte, daß einer unter dem Schein unserer Lehre widerspänstig wäre, und dem geringsten Befehlshaber nicht gehorsam seyn möchte, so bezeugen wir vor Gott und Eurer Majestät, daß solche Menschen nicht zu den Unsern gehören, und daß sie keine größeren Feinde haben, als uns nach unserm geringen Stand und Gelegenheit!“

Darauf kniete er sammt den Seinigen von Neuem zum Gebet nieder, und bat den König, ihre Bekenntnißschrift, die vor zwei Jahren auf der Synode von Paris entworfen war, anzunehmen.

Die ganze Rede war mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, in tiefer Stille angehört worden, bis Beza beim Abendmahl die Entfernung des Leibes Christi vom Brode mit der Entfernung des Himmels von der Erde verglich. „Er hat gelästert!“ rief eine Stimme; „er hat gelästert,“ erscholl’s wiederholt aus dem Munde der anwesenden Bischöfe und Priester; sie fingen laut an zu murren, mit den Füßen zu scharren und aufzustehn. Aber die Königinn äußerte einen von der ganzen Versammlung getheilten Unwillen über diese Störung, und Beza sollte fortfahren. „Liebe Herren, so redete er mit Ruhe die entrüsteten Gegner an, ich bitte den Schluß abzuwarten, der euch hoffentlich zufrieden stellen wird,“ und fuhr dann fort, das Uebrige, was jene theilweise viel härter berührte, mit unerschütterlicher Freimüthigkeit und Würde vorzutragen.

Groß war der Eindruck, den Beza’s Ruhe, Würde, Klarheit und Wärme hervorgebracht hatte, und die Prälaten waren deswegen in ängstlicher Besorgniß. „Wollte Gott, dieser Mensch wäre entweder stumm, oder wir taub gewesen!“ begann der Cardinal von Lothringen mit einem ihm hier wirklich von Herzen kommenden Seufzer, als er mit den andern Prälaten über eine Antwort berathschlagte, und alle sprachen ein schmerzliches Amen dazu. Am 16. September wurde eine zweite Versammlung gehalten. Der Cardinal von Lothringen suchte Beza zu widerlegen; ihm gehörte jedoch von seiner Rede nur die Form an, während der Stoff von dem katholischen Theologen d’Espense gegeben worden war. Er ging aber nur auf zwei Punkte, die Kirche und das heil. Abendmahl ein. Er sang das schon hundert und aber hundertmal widerlegte Lied von den allgemeinen Concilien, von der Tradition und Aehnlichem. Bei dem Abendmahl erwähnte er die Brodverwandlungslehre mit keinem Worte, gab aber der Sache eine schlaue Wendung, indem er die Uneinigkeit der Lutheraner und Reformirten in diesem Punkte hervorhob. Alle Bischöfe, die nur mit dem größten Widerwillen zu dem Gespräch gekommen waren, erklärten jetzt jedes weitere Disputiren für überflüssig. Beza ließ sich auf ein Knie nieder, und sprach zum König: er habe jetzt alle Gründe gehört, welche der Cardinal anzuführen gehabt habe, und sein jetzt am besten im Stande, Punkt für Punkt auf dieselben zu antworten, da er gegenwärtig noch Alles lebendig im Gedächtniß habe; er bitte daher im die Erlaubniß, auf der Stelle antworten zu dürfen. Seinen Gegnern gelang es zwar, dies jetzt zu hintertreiben; es wurde ihm aber die Antwort: man wolle die Sache auf einen andern Tag verschieben; man werde ihn rufen lassen. obgleich er seine Rede auf das erste Begehren den Katholiken übergeben hatte, so konnte er doch auf keine Weise die des Cardinals erhalten.

Inzwischen traf ein päpstlicher Legat ein, Hippolytus von Este, um das Gespräch abzubrechen; in seiner Begleitung war der Jesuitengeneral Jakob Lainez. Jener hatte sich durch seinen ausschweifenden Lebenswandel die allgemeinste Verachtung zugezogen, so daß das Volk ihn auf seiner Reise verhöhnte. Die Universität von Paris hatte eine Verwahrung ihrer Rechte gegen die drohenden Anmaßungen des Papstes überreicht. Diese Erfahrungen brachten den Legaten dahin, zuerst sehr gemäßigt aufzutreten. Er widersetzte sich daher der Fortsetzung des Religionsgesprächs nicht, entfernte aber den König und dessen Bruder, machte die Sache zu einer Privatangelegenheit, und schloß alle Feierlichkeit und Oeffentlichkeit davon aus. Als Beza am 24. September wieder eingeladen worden war, disputierte nicht mehr der Cardinal, sondern er saß als Richter da, und das Gespräch hatte den Anschein eines Gerichts bei verschlossenen Thüren. Beza fand beim Eintritt in das Zimmer Niemand als die Königinn Mutter, die Königinn von Navarra, die Prinzen von Geblüt, einige Staatsräthe, fünf Bischöfe und fünfzehn Doktoren der Theologie. Was konnte es helfen, daß Beza und Peter Martyr, der sich später zum Gespräch eingefunden hatte, mit der Beredsamkeit, welche das Bewußtsein der Wahrheit verleiht, die evangelische Sache verfochten, und die faulen Flecken der katholischen Kirche und ihrer Priester aufdeckten! Wir können nur Einiges aus dem Gespräch mittheilen. Als er immer wieder auf die h. Schrift als Norm des Glaubens drang, schrie der Mönch von Sainctes: „So zeiget doch, wo ihr die ewige Jungfrauschaft der Maria in der h. Schrift gefunden habt!“ Das sei kein Glaubensartikel, entgegnete Beza gelassen, zumal, da manche Väter sich so geäußert, daß man daraus schließen müsse, sie hätten nicht geglaubt, daß Maria nach der Geburt Jesu Jungfrau geblieben; man glaube aber der Wahrscheinlichkeit folgend, Gott habe en so heiliges Gefäß ganz abgesondert, und auf immer geheiligt. – Auf diese Abfertigung wollte der schon erwähnte d’Espense, welcher übrigens zu den gelehrten anwesenden katholischen Theologen gehörte, die Ehre der katholischen Doktoren retten, indem er behauptete, in der Stelle Pauli, die Beza für die Schrift angeführt hatte, (2. Tim. 3, 16) heiße nicht „jegliche Schrift,“ sondern „jegliche Lehre,“ und als Beza erwiederte, er wolle es auf das Nachschlagen ankommen lassen, und auch einer der Doktoren schnell einfiel: es heiße allerdings „jegliche Schrift, “ so fragte er, mit welcher Schriftstelle man beweisen könne, daß der h. Geist vom Vater und vom Sohne ausgehe? Beza entgegnete: Johannes sage ausdrücklich, der h. Geist sei vom Vater und vom Sohne gesandt. (Joh. 15, 26)

So wurden die Katholiken überall überwunden. Der Cardinal hatte sich durch allerlei Schliche aus der Schlinge zu ziehen gesucht. So hatte er mehrere Theologen aus Deutschland verschrieben, in der Hoffnung, somit Reformirte und Lutheraner in Streit zu bringen, selbst aber dann als Zuschauer zugegen zu sein. Sie erschienen auch, aber erst nach dem Gespräch, so daß sie seinem Zweck nicht mehr dienen konnten. Da stand er denn jetzt auf, und forderte Beza auf, eine lutherische Formel über das Abendmahl zu unterschreiben. „Unterschreibet! Sonst können wir nicht weiter unterhandeln.“ Darauf wandte sich Beza, entrüstet über dieses ebenso hinterlistige, als anmaßende, und offenbar auf das Abbrechen des Gesprächs abgesehene Betragen, an die Königinn, und erklärte fest und entschieden, auf solche Weise sey kein Erfolg zur Vereinigung zu erwarten. „Uebrigens, Herr Cardinal, so wandte er sich plötzlich an diesen, wollt denn ihr, wie billig, dasjenige unterschreiben, was ihr da vorlegt? Denn sonst kann ja unsere Unterschrift nichts fruchten!“ Das hieß vor der ganzen Versammlung den Klugen in seiner eignen Schlinge fangen. Als er sich mit verworrenen Worten aus derselben zu ziehen suchte, und sich förmlich weigerte, sprach Beza: „In diesem Falle, was soll es euch kümmern, ob wir mit jenen übereinstimmen, ober nicht, da ihr die einen sowohl, als die andern mißbilligt? Damit ihr aber sehet, Herr Cardinal, daß ich keine Winkelzüge mache, so antworte ich: daß wir diejenigen, die ihr Protestanten betitelt, als liebe Brüder in Christo anerkennen, und nur in einigen wenigen Dingen von der Augsburgischen Confession verschieden sind, welche noch dazu gar leicht mit dem, was wir sagen, in Einklang gebracht werden könnte, wenn nicht das maßlose Ungestüm Einiger im Wege stünde.“ Der Cardinal aber erklärte, er bleibe dabei, und man könne nicht umhin, alle Hoffnung auf Eintracht aufzugeben, wenn die Prediger nicht unterschrieben.

In derselben Conferenz trat der Jesuit Lainez unverschämt schimpfend und tobend auf, wurde indessen von Beza auf eine so feine und spöttische Weise abgefertigt, daß er die allgemeine Verachtung erntete. Aber an eine Vereinigung war nicht mehr zu denken. Jedoch die Protestanten waren schon so mächtig, und durch das Gespräch so befestigt worden, daß Catharina des für nöthig hielt, sie einiger maßen zu befriedigen. Man hielt daher den Beza am Hofe zurück, um mit einigen schon halb protestantischen Bischöfen und Doktoren eine Formel zu entwerfen, welche beiden Theilen genüge. Die Formel kam durch Beza’s Klugheit zu Stande, und die Bischöfe fanden nichts Nachtheiliges darin. Der Cardinal von Lothringen sogar erklärte, er stimme dem vollkommen bei. Aber als sie dieselbe von der Universität prüfen ließen, wurde das Anathema über sie ausgesprochen. So war denn die letzte Aussicht auf eine Vereinigung erloschen.

Das Gespräch hatte ein allgemeines Aufsehen erregt; das Erscheinen und der Aufenthalt der Prediger am Hofe hatte bei den Hugenotten eine große Zuversicht und Sicherheit erzeugt, und aller Orten erscholl der Ruf um Gewissensfreiheit. Die Königinn sah ein, daß Niemand den Sturm beschwichtigen könnte, als Beza; sie ließ ihn daher trotz wiederholten Bittens nicht einmal für einige Tage nach Genf. Dieser erkannte, jetzt, oder nie sei für die Freiheit der Evangelischen Etwas zu gewinnen. Mit dem ihm eignen Ernst stellte er ihr vor, die Sache sei nicht von Menschen, sondern von Gott, und es müsse in kürzester Frist Etwas zu Gunsten der Reformirten gethan werden. Und als die Katholiken, fanatisirt von Mönchen und Jesuiten, an vielen Orten die Versammlungen der Evangelischen störten, und, wo sie die Oberhand hatten, dieselben tödteten, so gelang es ihm, daß eine Versammlung aller Parlamente Frankreichs veranstaltet wurde. Am 17. Januar 1562 wurde auf derselben das sogenannte Januar- oder Toleranz-Edikt aufgenommen, nach welchem die Protestanten ihre Religion außerhalb des Umfangs der Städte frei üben durften. Beza’s Einfluß gelang es, dasselbe auch in solchen Städten zur Anerkennung zu bringen, wo die Bevölkerung durchweg evangelisch war. Die Katholiken aber waren rasend geworden über diese Zugeständnisse, und der Cardinal von Lothringen, der die Königinn und ihren Sohn in seine Gewalt bekam, und auch den wankelmüthigen König von Navarra umstrickt hatte, bot Alles auf, das Edikt rückgängig zu machen. Plötzlich traf die Protestanten die Kunde von dem Blutbad zu Bassy. Beza erschien als ihr Abgesandter bei der Königinn, um Beschwerde zu führen. mit bewegtem und scharfem Tone stellte er ihr jene Missethat nach ihrem Verlaufe vor die Augen, ging auf die offen zu Tage liegenden Pläne der Gegner über, nämlich, jede Begünstigung der Protestanten zu vereiteln, und forderte die Bestrafung der Verbrecher. Sie gab ihm zwar eine freundliche Antwort; aber es stand nicht in ihrer Gewalt, seinen gerechten Forderungen nachzukommen; vielleicht wollte sie auch nicht, da sie stets die Partei desjenigen nahm, der augenblicklich im Vortheile war.

In Folge dessen entspann sich ein furchtbarer Bürgerkrieg. Beza theilte Glück und Unglück mit seinen Glaubensgenossen, und bot alle seine Beredsamkeit, sein ganzes Ansehn auf, um sie in der Zucht zu erhalten. mitten durch die feindlichen Heere hindurch machte er lebensgefährliche Reisen zu den Bundesgenossen, um sie zum Eifer zu ermahnen. Den Anführern machte er sich nützlich durch seine vortrefflichen Rathschläge. Die Schlacht bei Dreux entschied sich zu Gunsten der Katholiken; Condé selbst wurde gefangen. Aber ungebeugt wandte sich der Admiral von Coligny, von Beza begleitet, dessen Beistand er nicht entbehren konnte, und der nach der Niederlage die Seinigen mit dem größten Muthe und der Zuversicht auf Gottes Hülfe erfüllt hatte, nach der damals durchweg evangelischen Normandie, um sich durch Hülfstruppen der Engländer zu verstärken. Mit großer Heeresmacht und frischer Zuversicht kehrten sie zurück, wohl im Stande, die Sache der Protestanten mit Einem Schlage triumphiren zu machen. Dazu kam, daß die Seele der Katholiken, de Cardinal ermordet worden war, und sie jetzt die Friedensbedingungen vorschreiben konnten. Da traf sie die erschütternde Nachricht, daß Condé, umgarnt durch die Ränke der Königinn, mit dieser einen leichtsinnigen Frieden unterzeichnet hatte. Ihre entrüsteten Vorstellungen waren vergebens. Das Edikt von Amboise am 18. März 1563 gab eigentlich nur den Adlichen Religionsfreiheit, während die Masse des Volks von ihrer Obrigkeit entweder Alles zu hoffen, oder zu fürchten hatte. In Paris und dem ganzen Weichbilde der Stadt war die evangelische Religion unter jeder Bedingung verboten.

Voll Unmuths über den Leichtsinn Condé’s, der alle Anstrengungen, alles Märtyrerblut, durch diesen Frieden vergebens gemacht hatte, kehrte Beza nach Genf zurück. Er war 22 Monate abwesend gewesen. In Genf war seine Gegenwart um so nöthiger, als der von der Last seiner Arbeit und von seinen körperlichen Leiden niedergebeugte Calvin seinem Tode nahe war. Die Last seiner Arbeiten sollte Beza übernehmen. Calvin, die Collegen, die öffentliche Stimme in Genf bestimmten ihn zum Nachfolger des großen Reformators. Beza war von Ehrgeiz frei, fürchtete die große Verantwortlichkeit, und glaubte, den schwierigen und vielen Geschäften nicht gewachsen zu seyn. Er lehnte daher die Stelle als Präsident des Consistoriums ab. Das Consistorium, welches theils aus Geistlichen, theils aus Laien bestand, handhabte die Sittenreinheit, und war von der einflußreichsten Bedeutung und Macht in Genf. Die Collegen wendeten eine List an, um Beza’s beharrlichen Widerstand zu beugen; sie beschlossen, daß die Würde jährlich seyn sollte, und dann wählte man ihn alle Jahre auf’s Neue.

Unter den vielen Arbeiten, de er außerhalb seines Berufs besorgte, und die allen schon hinreichend waren, die Kräfte eines Mannes in Anspruch zu nehmen, sind diejenigen die wichtigsten, die sich auf Frankreich bezogen. Hier brach der Krieg von Neuem aus. Beza tröstete, ermahnte und stärkte seine Glaubensgenossen, und stand ihnen bei mit seinen Rathschlägen, da er ihnen keine andere Hülfe geben konnte. Er nahm Theil an den Synoden von La Rochelle 1571, und von Nismes 1573. Nach der Pariser Bluthochzeit wurde Genf der Zufluchtsort einer unglaublichen Menge von Franzosen, um sich vor der Wuth ihrer Landsleute zu bergen. unter diesen befanden sich allein 50 Prediger, die bis auf das Aeußerste aller ihrer Güter beraubt waren. Beza verwandte sich kräftig für sie bei den deutschen und englischen Kirchen, und brachte eine hinreichende Summe zusammen, daß sie, während der drei Jahre, die sie in Genf verweilten, ohne Nahrungssorgen leben konnten. Als Heinrich IV. König von Frankreich geworden war, trat er mit ihm in Verbindung, und legte ihm seine Glaubensgenossen ans Herz. man hat gewöhnlich angenommen, Beza habe den Uebertritt des Königs als eine That der Staatsklugheit entschuldigt. Daß dem nicht so ist, zeigt ein Brief von ihm an Heinrich. Er ermahnt ihn, nicht auf seinen Stand, sondern allein auf Gott und auf das, was er ihm schuldig sei, sein Augenmerk zu richten; es sei das Schädlichste, das Gewissen zu verletzten; er solle alle Gefahr nicht scheun; Gott habe ihn ja aus noch größeren gezogen. Dabei erinnerte er ihn an des Königs eigne Worte: „Wenn Gott will, daß ich zur Regierung gelange, so wird es geschehen, wiewohl man mich daran verhindern will; will es Gott nicht, so will ich es auch nicht.“ Der König ist ihm nicht gefolgt, hat ihm aber seine Achtung bewahrt, und ihn im Jahre 1599 in Genf besucht. –

Beza hatte schon früher verschiedene Male Versuche gemacht, die deutschen und schweizerischen Kirchen zu vereinigen. Sie waren aber stets mißlungen. Noch einmal ließ er sich zu einem Religionsgespräch zu Mömpelgard (1587) mit Jakob Andreä bewegen. Aber auch diesmal kam es zu keiner Einigung. Jedoch schied man mit gegenseitiger Achtung, und auf keiner Seite war Verbitterung. Man war übereingekommen, über den Verlauf des Gesprächs zu schweigen. Als aber Andreä sich rühmte, Beza überwunden zu haben, sah sich dieser genöthigt, Bericht zu erstatten.

Die katholische Kirche bemühte sich vergebens, ihn wieder zu gewinnen. Franz von Sales, Bischof von Genf, mußte auf Befehl des Papstes Beza zu bewegen suchen, zur katholischen Religion zurückzukehren. Als dieser ihm zugab, man konnte in der katholischen Kirche selig werden, meinte er, den Sieg davon getragen zu haben. Er bot ihm die reichsten Einkünfte an, nicht als ob er, fügte der Verführer hinzu, ihn bestechen wolle; sie Absicht sei bloß, seinen Entschluß zu erleichtern. Es wurde darauf von den Jesuiten ausgesprengt, da er gestorben sei, und über seinen Austritt aus der katholischen Kirche Reue gezeigt habe. Der Greis aber geißelte in einer Schrift diese Lüge dermaßen, daß jene nun ausstreuten, die Reformirten hätten die Lüge erfunden, um über sie herfallen zu können.

In seinem Greisenalter litte er sehr an Schlaflosigkeit, und brachte ganze Nächte zu, ohne ein Auge zu schließen. Da versüßte er sich die langen Stunden dadurch, daß er geistliche Lieder dichtete. Wenn er mit seinen Freunden über diese Beschwerden sprach, pflegte er ihnen mit dem Worte Davids zu antworten: „Das wäre meines Herzens Freude, wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben sollte. Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich, wenn ich erwache, so rede ich von dir.“ (Ps. 63, 6. 7.) Oft wendete er sich an Gott mit folgender Bitte, die er in einem lateinischen Vers gebracht hatte: „Vergiß, was ich gethan und begangen habe, und was ich thun werde in Zukunft! Herr, vollende in mir, was du angefangen hast, damit ich nicht im Hafen Schiffbruch leide!“

Als man merkte, daß sein Ende herannahe, beschlossen die Prediger von Genf, daß wenigstens zwei von ihnen jeden Tag bei ihm sein sollten. So waren am 12. Oktober 1605 Anton de la Faye und Claudius Perrot bei ihm. Als ihm la Faye die Worte vorsagte: So du willst, Herr, Sünde zurechnen, Herr, wer wird bestehen (Ps. 130, 3.) bat ihn Beza, sie zu wiederholen. Mit erhöhter Stimme sprach er dieselben Worte, und schloß: „Wie viel und groß auch unsere Sünden seyn mögen, wir brauchen nicht wegen unsers vergangenen Lebens zu erröthen; denn wir haben einen Gott, dessen Barmherzigkeit unendlich ist.“ Beza’s Angesicht leuchtete vor Freude; er hob seine Hände zu Gott empor, und sprach ihm in tiefster Demuth seinen Dank für seine Gnade aus.

Am folgenden Morgen erhob er sich gegen 7 Uhr. Er betete im Kreise seiner Familie zu Gott, nahm ein wenig Brod und Wein, und erkundigte sich, ob Alles in der Stadt gut gehe. Als ihm eine bejahende Antwort wurde, legte er sich zu Bette, und entschlief einige Augenblicke nachher, ohne irgend einen Schmerz, seinem Herrn, in einem Alter von 86 Jahren, 3 Monaten, 19 Tagen.

Dr. Theodor Fliedner, Buch der Märtyrer, Verlag der Diakonissen-Anstalt zu Kaiserswerth, 1859