Kurtzer Bericht Vom leben und sterben Herrn D. Gasparis Oleviani, Dieners des worts Gottes.
Gestelt durch Johannem Piscatorem, Professorem der Schule zu Herborn.
An den Christlichen Leser.
Christlicher leser / Dieweil zu besorgen / daß nach dem tödlichen abgang des getrewen Dieners des worts Gottes / Doctoris Gasparis Oleviani, der Teuffel allerley lästerungen von desselben leben unnd sterben / seinen werckzeugen / den widersächern des Evangelions / eyngeben und durch dieselbe in die welt außgiessen werde / und sich also unterstehen wirdt / dieses fürtrefflichen Lehrer der Kirchen / Herrn Johann Calvino, allbereit gethan / von welches leben unnd todt vor wenig jahren ein lügenhaffte lästerliche histori in offenen truck außgestrewet worden / ja auch an Doctore Oleviano, als derselbe noch bey leben war / Da nemlich einer anno 1569. mit solchen worten in offener Predigt herauß gefahren / Die Calvinisten nehmen gewönlich ein böß end / wie dann an Doctore Oleviano zu sehen / als welcher sich im gefengnis erhengt habe. Diesen lästerungen nun bey zeiten zu begegnen / und fromme Christen darwider zu verwahren / Hat es etliche fürneme leut diser ort für gut angesehen / daß ich vom leben unnd sterben dieses thewren manns / unnd weiland unsers getrewen lehrers / einen kurtzen bericht in truck verfertigte. Welches ich dann frommen Christen zum besten / unnd zuforderst zur Ehre Gottes / dessen ewige warheit durch die widersächer solcher getrewer lehrer gelästert / unnd so viel an ihnen / undertruckt wirdt / ohnbeschwäret auff mich genommen / und mich von seinem leben in stücken die mir nit allerdings bewußt waren / bey glaubwürdigen zeugen erkündiget. Dann bey seinem Christlichen abscheid und sterben bin ich selber / neben andern fürnemen personen gewesen / also daß ich dasselbige nach notturfft fast mit allen worten / so damals gantz tröstlich geredt worden / verzeichnet hab. Diese meine arbeit / versihe ich mich / wirdt allen guthertzigen frommen Christen lieb unnd angenem seyn / unnd wünsche von Gott unserm himmlischen vatter / daß sie durch lesung dieser histori in liebe der Göttlichen warheit und gottseliger lehrer / durch wirckung des heiligen Geistes im namen unsers HERREN Jesu Christi gesterckt werden / zur ehre Gottes / und irem ewigen heil / Amen.
Iohan. Piscator, Professor der Schule zu Herborn.
Kurtzer Bericht Vom leben unnd sterben Herrn D. Gasparis Oleviani.
Doctor Gaspar Olevianus, Gottseliger gedächtnis / ist auff diese welt geboren auff Laurentii im jar nach Christi geburt 1536. zu Trier / Ist getaufft in S. Laurentii Pfarrkirchen. Sein vatter ist gewesen Gerhard Olevianus ein Becker / unnd nach der zeit der Becker zunfftmeister. Er ist von jugend auff erzogen bey seinem altvatter Antonio Sintzig der Metzler zunfftmeister. Ist in die schul gangen erstlich zu S. Laurentii, darnach zu S. Simeon, darnach in dem Thumbstifft / endlich zu S. German bey dem alten Pater / von welchem er pflegte zu erzehlen / daß derselbige zur Fastenzeit / wann er den Passion außlegte / habe er die propheceyungen des alten Testaments gegen die histori gehalten / zu lehren wie dieselbigen seyen erfüllet worden / unnd sonderlich habe er gemeldet / daß auch die kinder Gottes im alten Testament in den opffern einen vorgeschmack gehabt haben des einigen versöhnopfffers / welches unser HERR Christus am stammen des Creutzes vollbracht / Welche lehr dann als ein füncklein der rechten erkantnis des opffers Christi in seinem hertzen gebliben / biß ihm Gott hernacher zu seiner zeit dasselbige hat völliger zu erkennen gegeben.
Im dreyzehenden jar seines alters / ist er von seinen eltern gen Paris verschickt worden / auff daß er daselbsten die weltlichen Rechte studirte: Welches er auch gethan / zum theil in gemeldter statt Paris / zum theil in andern fürtrefflichen Juristenschulen in Franckreich / als nemlich zu Orlientz unnd Burgis / An welchen beyden orten er sich zur heimlichen Gemeynde Gottes gehalten.
Er hat auch endlich in Doctorem Juris promoviret zu Burgis / anno Domini 1557. wie auß folgendem zeugnis Francisci Duareni und seiner collegarum zu sehen.
DEI optimi maximi nomine invocaro, Franciscus Duarenus, Juris Civilis Doctor, & Decanus in clarissima Biturigum academia, omnibus harum literarum lectoribus falurem. Cum spectatissimus & consultissimus vir Gasparus Olevianus dioecesis Trevirensis strenuam, diligentem diuturnamque Juri Civili operam dederit: & suam nobis insignem eruditionem, innocentiam, castitatem, sobrietatem, modestiam, prudentiarm aliasque animi dotes multis gravissimisq; argumentis approbarit: Nos hominis virtutem & eruditionem, ut ae quum est, amplexi, cui nullus satis dignus honos a nobis tribui potest, Doctoriis insignibus eum ornandum esse decrevimus: eum que Juris civilis Doctorem in eadem Universitate & Juris Civilis Facultate creavimus. Ad cujus rei executionem secundum leges & statuta Universitatis nostrae duximus procedendum: nec quic quam eorum praetermisimus, quae ad solemnem ritum & usitatum necessariumque in schola morem pertinent. Horum omnium ut major certiorque sit fides: has literas ab ejusdem Universitatis scriba siignari, dupliciq, sigillo, nempe sigillo majore Universitatis, & altero quod nostrae Facultatis proprium est, obsignari jussimus. Acta gestaque haec omnia Biturig. suerunt, praesentibus DN. Joanne Rabyrio, Andrea Levescatio, Hugone Donello & Nicolao Bouguyerio Juris doctoribus, in eadem Universitate acto regentibus: M. Huberto Molinaeo, Joanne Vincentio scholasticis in eadem Universitate Bituriguan studentibus, & aliis quam plurimis testibus. Die sexta Junii, anno salutis millesimo quingentesimo quinquagesimo septimo.
Das ist:
Nach anruffung des allergütigsten und höhesten Gottes wünschet Fran. Duarenus, des weltichen Rechtens Doctor, unnd Dechan in der weitberühmten schul zu Burgis / allen die diesen brieff lesen werden / glück unnd heil. Nachdem der Ehrnhaffte und Hochweise Gaspar Olevianus auß dem Bistumb Trier / embsiglich / fleissiglich und ein geraume zeit im weltlichen Recht studieret / unnd uns seine fürtreffliche geschickligkeit / unschuld / keuschheit / nüchterkeit / bescheidenheit / fürsichtigkeit und andere gaben des gemütes / mit vilen und gantz wichtigen anzeigungen mit der that erwisen / Haben wir seine tugend unnd geschicklichkeit / wie billich / mit liebe umfangen / und haben derwegen geschlossen / daß er (dem wir doch keine gnugsam wirdige ehr anthun können) mit den freyheiten der Doctoren zu zieren seye / unnd haben ihn also zu einem Doctor des weltlichen Rechtens in gemeldter Universitet und des weltlciehn Rechten Facultet gemachet. Und zu vollziehung dieser sach haben wir nach den gesetzen unnd ordnungen unserer Universitet procedirt / und haben nichts von denen stücken unterlassen / welche zu der gewöhnlichen ceremoni unnd notwendigem gebrauch der Schulen gehören. Und damit dieses alles desto mehr unnd gewisser bekräfftiget würde / haben wir befohlen / daß dieser brieff von gemeldter Universitet schreiber geschriben / und mit zweyen sigeln / nemlich mit dem grössern sigel der Universitet / und mit dem andern welches unserer Facultet eigen ist / versigelt würde. Diß alles ist verhandelt worden zu Burgis / in beysein Herrn Joannis Rabyrii, Andreae Levescatii, Hugonis Donelli, und Nicolai Bouguyerii, welche allezumal des Rechten Doctores seind / und in gemeldter Universitet jetziger zeit das Schulregiment verwalten / Deßgleichen auch M. Huberti Molinaei unnd Joannis Vincentii, welche studenten damals in der Universitet zu Burgis studierten / und auch viler anderer zeugen. Am sechßten tag Junii, im jar des heyls tausent fünffhundert fünfftzig siben.
Es studirete zur selben zeit zu Burgis ein junger Herr / des Hochgebornen Fürsten und Herrn / Pfaltzg. Friderichen des dritten /welcher hernachmals Churfürst worden) sohn / Dessen praeceptor mit namen Nicolaus Judex, ihme dem Herrn Oleviano mit sonderlicher freundschafft zugethan war. Als sie nun sämptlich auff einen tag nach dem mittagessen mit einander für die statt spatzierten an das wasser welches nicht weit von der statt fleußt / Traffen sie allda etliche Studenten an / welche Teutsche vom Adel waren / Die waren in ein Schiff getretten / und wolten hinüber schiffen. Als nun dieselbe des hochermeldten jungen Herrn und seines praeceptoris ansichtig worden / vermaneten sie dieselben zu ihnen in das schiff zu tretten / und mit hinüber zu fahren. Als aber Olevianus sahe / daß dieselben studenten truncken waren / widerrieht er des jungen Herrn praeceptori sich sampt dem jungen Herrn in dasselbe schiff zu begeben: Dessen aber ungeachtet / hat gemeldter preceptor auff vilfältiges anhalten derselben studenten den jungen Herrn mit sich in das schiff geführet. Da haben dieselbe trunckene studenten / durch mutwillige leichtfertige bewegung das schifflin umbgestürtz / seind also ins wasser gefallen und ertruncken. Da hat der praeceptor, welcher wol schwimmen konte und nüchtern war / den jungen Herrn gefasset / und sich unterstanden mit ime ans ufer zu schwimmen / welches im doch unmöglich gewesen / und ist also sampt dem jungen Herrn ertruncken. Als nun Olevianus am ufer solche not sahe / ist er inen zu hülff zu kommen / ins wasser gesprungen / und in den schlam so tieff hinunder gefahren / daß ihm das wasser biß an den halß gangen ist. Da er nun in solcher not war / und meynet er müßte auch ertrincken / da hat er zu Gott geruffen / unnd daneben ein gelübd gethan / Wann in Gott auß diser not erretten würde / so wolte er seinem vatterland das Evangelium predigen / wann er darzu beruffen würde. Da hat es Gott geschickt / daß ein Lakey daher gelauffen ist / welcher seinen Junckern daselbst gesucht / Derselbe / als er Olevianum im wasser stehen sahe / und vermeynte es were sein Juncker / hat er im herauß geholffen. Als nu Olevianus auß solcher not unnd todsgefahr von Gott errettet worden / hat er neben seinem studio Juris angefangen die H. Schrifft / und darneben gute bücher / so zu außlegung derselben geschriben / als fürnemlich Herrn Johannis Calvini, zu lesen / und hat gleichwol nach der hand in Jure doctorirt, wie obgemelt.
Als er widerumb gen Trier zu seinen freunden kommen / und an ihn begert worden / in einem Rechtshandel raht zu geben / Er aber in solcher handlung gemercket / daß das Recht von etlichen wunderlich gedrähet und gebogen / ist er dardurch bewegt worden / seinem gelübd nachzusetzen / nemlich / sich ins Predigampt durch rechtmüssigen beruff zu begeben / unnd hat also sein ander fürhaben / nemlich die Practicam Juris zu erlernen / gen Speir zu ziehen / unterlassen.
Darnach ist er gen Genff gezogen / allda Theologiam zu studieren / und ist von dannen gen Zürich gezogen / allda Petrum Martyrem und Bullingerum zu hören / wie er dann auch bey Herrn Petro Martyre ist zu tisch gegangen / und sich im predigen vor Bullingero und anderen Kirchendienern geübet.
In der widerkehr von Zürich gen Genff / ist er zu Lausanna in ein schiff getretten / in welchem auch Farellus war / und als er mit demselben in ein gesprech kommen / und er / Farellus, in gefragt / Ob er noch nicht in seinem vatterland geprediget habe / welches er bekant noch nicht geschehen seyn / Hat ihn Farellus zum höchsten vermant / er wölle solches auffs ehest thun / welches er im auch mit gegebner hand verheissen hat.
Als er nun zu Genff die heilige Schrifft studieret / hat die Christliche Gemeinde Gottes zu Metz an das presbyterium zu Genff begeret einen diener des Worts / Auff welches begeren er Olevianus und Petrus Colonius zur wahl fürgeschlagen worden seind / Er aber hat sich entschuldiget / zum theil daß er ihm fürgenommen hette durch Gottes gnad in seinem vatterland das Evangelium zu predigen / wie er auch demselben für anderen zu dienen sich schuldig erkennet / zum theil auch daß er dem Herrn Farello solches zu thun verheissen hette. Darauff dann der Herr Caluinus in in seinen Christlichen vorhaben bestetigt.
Hernacher anno 1559. als er von Genff widerumb gen Trier kommen / ist er sampt seinem bruder Friderico Doctore Medicinae, welcher mit ihm ankommen war / von der freundschafft und auch von dem gantzen Raht freundlich empfangen worden. Und haben Burgermeister und Raht alsbald an ihn begeret / daß er der statt Trier / als seinem vatterland / mit lehren dienen wolte / unnd ihme darauff hundert Rädergülden jargeldt verordnet / daß er in der Bursch (welche Schul nun vil jar her nicht in ihrem gang gewesen war) Dialecticam Philippi und anders deßgleichen lesen solte. Als er nun in erklärung der Dialectica Philippi, da vil exempla Theologica eyngeführet werden / anlaß genommen die Christliche lehr in gemeldten exempeln zu erkleren / haben ihm die Capitelsherren das lesen verbotten / unnd endlich auch die Schul verschlossen.
Darauff haben im Burgermeister und Raht befohlen in S. Jacobs spital / welches der statt zugehörig / zu predigen / Da er dann auff S. Laurentii tag seine erste Predigt gethan. Als er nun etlich mal gepredigt hatte / haben seine widersacher einen Messpriester zugerichtet / welcher auff eine zeit unversehens vor ihme / Oleviano / in einem Chorrock (den er zuvor mit einem mantel bedeckt hatte) auff die Cantzel gestigen zu predigen. Als aber das gemeine volck denselben gesehen / haben sie mit lauter stimme geruffen / er solte wider herab gehen / dann sie wolten ihn nie hören. Doctor Olevianus aber hat sie vermanet / sie solten ihn hören / was er unrecht lehren würde / wolte er sie hernach berichten. Als er aber solches von dem volck nicht hat können erlangen / unnd dem Priester sehr angst gewesen / wie er ohne gefahr darvon kommen möche / hat Doctor Olevianus in geteröstet / mit vermeldung / es solte im kein leid geschehen / und hat also dem volck abgewehret / und den Priester bey der hand zur Kirchen hinauß geführet / unnd ist darauff auff die Cantzel gegangen / allda seine vorhabende Predigt zu thun. Von wegen aber des erregten tumults hat er zuvor die Gemeinde gefraget / ob sie auß forcht der gefahr ihne des predigens erlassen wöllen / oder aber ob sie noch wie zuvor / ihne zu hören begeren / und ine also in disem seinem beruff bestetigen. Darauff sie dann mit auffgereckten händen unnd lauter stimme geantwortet / ja / ja / wir bitten euch umb Gottes willen / daß ir fortfahren wollet.
Auff dise handlung seind die beyde Burgermeister und etliche andere Rahtsgenossen und bürger / durch des Churfürsten befelch / auff das Rahthauß in hafftung eyngemanet worden / unnd haben Doctorem Olevianum erbetten / daß er mit inen solche hafftung gegangen ist / sie allda zu lehren und zu trösten. Unnd seind also sie sämptlich auff dem Rahthauß gefangen gesessen zehen wochen und etliche tag.
Mitler weil seind sie einmal für Recht gestelt worden / und als sie nach geschehener anklag (welche vil artickel in sich hielte) viertzehen tag auffschub begeret / sich zu verantworten / Und aber inen nur zwen tag erlaubt worden / haben sie durch heimliche post den Churfürsten Friderich / Pfaltzgrafen bey Rhein / etc. unnd Hertzog Wolffgang zu Zweybrücken / und die Herrn der statt Straßburg umb hülff angeruffen / welche dann alsbald ire post und gesandten abgefertigt / durch dieselbe den angefangenen Gerichtsprocessz verhindert / und endlich erhalten / daß die gemeldte gefangenen seind entledigt worden.
Und hat zur selgen zeit der Churfürstliche gesandte / Herr Valentin Graf zu Erpach / Burggraf zu Altzen / Doctorem Olevianum, als derselbe noch im gefängnis war / im namen unnd von wegen des hochermeldten Churfürsten Friderichen Pfaltzgrafen / etc. zu dienst beruffen / und ihn auch alsbald mit sich nach Heydelberg geführet / welches geschehen Anno 1560.
Da hat in der Churfürst zum praeceptor in der Sapientz bestelt / welches ampt er dann ungefärlich anderthalb jar verrichtet.
Zur selben zeit hat er sich in den Ehestand begeben mit einer gottsförchtigen witwe Philippina von Metz / und hat bald darnach in Doctorem der heiligen Schrifft promoviret, und ist zum Professore Theologiae in der Universitet beruffen worden.
Unlangst darnach ist er durch vilfältig anhalten Churfürstlicher Rähte zum Predigampt beruffen worden / erstlich zu S. Peter / darnach zum heiligen Geist.
Welches dann gewähret biß zum tödtlichen abgang des hochermeldten Churfürsten hochlöblichster und gottseligster gedächtnis / Friderich des dritten / Pfaltzgrafen bey Rhein / etc. Welcher gottselig im Herrn verschiden Anno 1576. den 26. Octobris.
Wenig tag darnach ist er von dem Wolgebornen Herrn / Herrn Ludwig von Sain / Grafen zu Witgenstein / etc. gen Berleburg beruffen worden / Allda er ihrer Gnaden söhne in Christlicher lehr unnd guten künsten und sprachen underricht / und darneben auch geprediget.
Anno 1584. ist er von dem auch Wolgebornen Herrn / Herrn Johann dem Eltern / Grafen zu Nassaw Catzenelnbogen / etc. zum Pfarrer gen Herborn beruffen / Welches ampt er bey die drey jahr lang versehen / unnd darneben in der Schule gelehret hat: Welche Schule zwr wolermeldter Graf Johann auff sein / des Oleviani / raht und angeben / auffgerichtet und gestifftet hat.
Anno 1587. den 25. Februar ist er auß schwachheit ligen bliben / unnd von tag zu tag matter worden / biß in der HERR auß disen jammerthal zu sich beruffen. Und wiewol er etwas artzney gebraucht / so hat doch die kranckheit von tag zu tag uberhand genommen / und hat der Arzt darfür gehalten / es seye ein wassersucht gewesen.
Als er nun gemercket / daß er je lenger je matter würde / hat er den eylfte Martii sein Testament auffgericht / unn dieselbe gantze zeit uber sich zu einem Christlichen abschid gerüstet / wie dann auß gemeltem Testament zu sehen / welches also lautet:
Im Namen Gottes des Vatters / des Sohns / und des heiligen Geists / hab ich Gaspar Olevianus, Diener des worts Gottes / weil Gott er HERR mich bey gutem verstand gelassen / disen meinen letzten willen kürtzlich also eröffnen wollen. Und erstlich dancke ich meinem lieben Gott / dem Vatter / Sohn und H. Geist / daß er mich zu einer vernünfftigen creatur auff diese Welt geschaffen. Demnach insonderheit daß er mich kräfftiglich beruffen / unnd den glauben geschenckt / und unsern einigen Mitler und Heyland Jesum Christum / mich mit dem lebendig gemacht / da ich erstorben war in sünden / und mir in im geschencket die gerechtigkeit Gottes in dem heiligen opffer meines Heylands Jesu Christi / und zukünfftige herrligkeit / unnd mir offenbaret den reichthumb seiner genaden / daß er mich erwehlet hat zur kindschafft in Christo auß genaden / daher alle dise wolthaten fliessen / und mich der theilhafftig gemacht durch den geist der kindschafft / der da rufft Abba lieber Vatter / Und bitte ihn / daß er seiner gnedigen verheissung nach / seine allmächtige unnd gnedige hand uber mir halten wölle biß ans ende / wie er mir verheissen hat / Meine schäflein wirt mir niemand auß meiner hand reissen / Der mir sie gegeben hat / ist stercker dann sie alle / Ich und der Vatter seind eins. Item im Psalm / Rühret mir meine gesalbten nit an. Ich danck im auch auß grund meines hertzen / für alle andere wolthaten / die er mir unzehlich von muterleib biß auff dise stund geistlich unnd leiblich bewisen hat / ohn alle meine verdienst / als seinem kind / Mir auch weib unnd kind bescheret hat / die ich ihm auch hiemit (wie auch meine liebe muter) in seinem schutz und regierung seines guten Geistes von herzen will befohlen haben / unnd beruhe endlich in der kindschafft / die er auß genaden mir unnd den meinen hat versprochen.
Unnd wolte nun ferners Gottes genad unnd segen wünschen insonderheit der Pfaltz / den Gräflichen häusern / Witgenstein / Solms Braunfels / unnd Nassaw Catzenelnbogen / mit underthenigster bitt / daß sie das angefangene werck der Schulen und Druckerey nicht wollen ersitzen lassen / als eine grosse genad von Gott / die zu vieler Menschen trost dienet / unnd sonderlich zu Gottes ehren / das liecht der warheit zu erhalten unnd fortzupflantzen. Und bitt / daß sie sich bey einer guten sach / die Gottes sach ist / nicht schewen. Ferners / daß sie auch die synodos handhaben / und mit dem zimlichen nutz derselben zu friden seyen / wie auch die Visitationes zu gewissen zeiten. Daß man auch mit verkauffung der Kirchengüter mit grosser fürsichtigkeit handele. Dann sonst die arme Pfarrer allgemach sich nicht werden erhalten können. Man sol auch billich von den Pfarren die vil haben / etwas den andern mittheilen die wenig haben / unnd dasselbe wol vergwissern.
Was dann des Wolgebornen Herrn / Herrn Johann Grafen zu Nassaw Catzenelnbogen Gräfliche kinder anlangt / so mich in meiner kranckheit besucht / bitt ich Gott / daß die erinnerung / so ich inen durch Gottes gnad gethan / unn dargegen auch ihre versprechung / so sie vermittelst derselben gnaden mir auch gethan / Gottes ehr und ihre eigene wolfahrt betreffend / immer kräfftig seye durch Gottes Geist unnd regierung / so wirdt Gottes segen bey ihnen seyn.
Meine liebe Haußfraw Philippinam belangend / danck ich underthenigst dem Wolgebornen / etc. meinem gnedigen Herrn / daß ire Gnaden sie so gnediglich bedacht / wie auch unsere kinder. Insonderheit aber danck ich ir Gnaden / daß sie die wolthaten / so sie meinem sohn Paulo hat widerfahren lassen / freywillig gethan hat ohne verstrickung der obligation, wie ir Gnaden sich selbst gegen mir anfangs außtrücklich gnediglich erkläret: Diweil man durch solche obligationes auß liberalibus ingeniis mehr mancipia zu machen pflegt / dann auffrichtige leut zu ziehen. Wie ich auch gleichfalls solches künfftig von meinem sohn Ludwigen verstehe / Welche beyde meine söhne ich hiemit zur kindlichen danckbarkeit unnd allen trewen will ermanet haben / wie auch meine liebe Haußfraw keinen fleiß sparen wirdt durch Gottes gnad.
[Hie wirdt gemeldet / wie ers mit seiner verlassenschafft wil gehalten haben; darnach folget ferner also:]
Ich hab noch allerhand geschribene ding / welches alles mein Haußfraw fleissig auffheben sol / wil auch nicht daß etwas leichtfertig gedruckt werde. Insonderheit ist noch vorhanden was ich uber die erste Epistel an die Corinther in der Pfaltz geprediget habe.
Wil also hiemit meinem lieben Gott / Vatter / Son und heiligem Geist / durch den einigen unn ewigen Hohenpriester / mein leib und seel befohlen haben / auff seinen gnadenbund und zusag / daß er mein Gott unnd meines samens in ewigkeit seyn wil / und nimmermehr auß keinem zorn wider mich handlen / wie er dann mir deß ein eyd geschworen Esaie am vier unnd fünffzigsten / Es sol mir seyn wie das wasser Noah / da ich schwur / daß die wasser Noah sollten nicht mehr uber den erdboden gehen / Also hab ich geschworen / daß ich nicht uber dich zörnen / noch dich schelten wil. Denn es sollen wol berge weichen und hügel hinfallen / Aber meine gnade sol nicht von dir weichen / unnd der bund meines frides sol nicht hinfallen / spricht der HERR dein erbarmer / Amen.
Ego Gaspar Olevianus manu propria subscripti: & coram sancta Trinitate prositcor, me synceram fidem Christianam per Dei spiritum & gratiam docuisse voce & scriptis, & in ea fide at doctrina per Dei gratiam in salutem aeternam per obsignationem Spiritus sancti perstare, fretum ipsius gratia: qui mihi e verbo suo revelavit. Amen, per Iesum Christum.
Das ist:
Ich Caspar Olevianus hab mit eigener hand underschriben / und bezeuge offentlich für der heiligen Dreyfaltigkeit / daß ich den unverfelschten Christlichen Glauben durch den Geist unnd gnade Gottes / beyde mit stimme und schrifften gelehret habe / Unnd daß ich in demselben Glauben und lehr durch die gnade Gottes zur ewigen seligkeit / durch die versiglung des heiligen Geists / bestehe / mich auff seine gnade verlassende / welcher mir sie auß seinem wort hat offenbaret. Amen / durch Jesum Christum.
Nach auffrichtung dises Testaments hat er den andern tag darnach nemlich den zwelfften Martii einen brieff dictiert an seinen sohn Paulum / welcher damals zu Kirchloch im Bisthumb Speyer kranck gelegen / in welchem er im zu wissen thut / daß er sich nu mehr zu einem Christlichen abscheid schicke / und desselben alle stund erwarte / unnd in derwegen tröstet mit der vätterlichen gnaden Gottes / und auch vermahnet daß er sein studieren dahin richten wolle / damit er vilen leuten nutz seyn möge. Derselbe brieff lautet also:
Charissime fili Paule: Dico eu partiarcha Jacob, Expecto salutare tuum Domine. Eo enim loco sunt res meae, ut dicam cum Apostolo, Cupio dissolvi & esse cum Christo: Cui etiam te totum ut in sacro baptismate, ita etiam nunc in migratione mea ad Dominum, una cum suavissima marre, fratre & sorore commendo & trado, & verbo gratiae ipsius. Fuisset quidem mihi gratus tui conspectus: sed noluite conjicere in periculum, hoc frigore, & crure nondum satis consolidato. Disposuiantem de rebus omnibus ut pium parentem decet: & generosus noster Dominus Comes Joannes munificentiam erga vos cum libertate vestra conjunctam diplomate suo confirmavit. Ego in singulas horas migrationem ad Dominum expecto. Ne praecipitanter te desin in viam: videbimus nos mutuo in vita aeterna, secundum foedus Dei gratuitum. Commendo tibi piissimam matrem, quam scio te diligere: fratrem Ludovium tenerum suscipe ut mea viscera, & pro prudentia tibi a Deo condessa suaviter rege. Ne appetito resaltas, sed esto contentus mediocribus: & studiorum labores eo dirige, ut prosint multis. Benedictio Domini sit in egressit & ingressu tuo, amen: & in γοδεσία gratuita ecquiescat spiritus tuus, expectans mecum haereditatem caelestem, per & propter Dei filiem, Amen. Datae Herbornae, die 12. Martii intra quartam & quintam, dictatae exlecto. Anno 1587.
Tuus pater Caspar Olevianus Trevir, verbi Dei minister, manu propria subscripsi. Domine Iesu suscipe spiritum meum. Act. 7.
Das ist:
Hertzlieber sohn Paule / Ich sage mit dem Altvater Jacob / HERR / ich warte auff dein heil. Dann meine sachen stehen also / daß ich mit dem Apostel sage / Ich begere auffgelöset zu werden / und bey Christo zu seyn: Welchem ich auch dich gantz und gar gleich wie im heiligen Tauff / also auch jetzund in meiner hinfahrt zum HERREN / sampt deiner gantz freundlichen muter / bruder unnd schwester / befehle unnd ubergibe / unnd dem wort seiner gnaden. Es were mir zwar lieb gewesen / daß ich dich hette mögen sehen / aber ich hab dich bey dieser kelt nit wollen in gefahr setzen / unnd da dein schienbein noch nicht genugsam wider zusammen geewachsen unnd gestercket ist. Ich hab aber anordnung gethan von allen dingen / wie einem gottsförchtigen vatter gebüret / Und unser gnediger Herr Graf Johann hat seine milte freygebigkeit gegen euch / welche mit ewer freyheit verfüget ist / mit seiner Gnaden brieff unnd sigel bekrefftiget. Ich warte alle stund daß ich zum HERREN hinfahre. Begib dich nicht eitlends und vor der zeit auff den weg: Wir werden einander sehen im ewigen leben / vermög des Gnadenbunds Gottes. Ich befehle dir deine gottselige muter / welche ich weiß daß du sie lieb hast: Deinen zarten bruder Ludwig nim auff als mein eigen hertz / Unnd regire in freundlich nach der weißheit welche dir Gott verliehen hat. Strebe nit nach hohen dingen / sonder laß dich genügen an mittelmessigen dingen / Unn richte die arbeit deines studierens dahin / daß es vielen leuten nutz bringen. Der segen des HErrn seye in deinem außgang unn eyngang / Amen. Unn dein geist berufe in der gnadenreiche kindschafft Gottes / unn erwarte sampt mir das himlische erb / durch den sohn Gottes und umb seiner willen / Amen. Gegeben zu Herborn den 12. tag Martii zwischen 4. und 5. uhren / Dictieret auß dem bett. Anno. 1587.
Ich dein vatter Caspar Olevianus von Trier / Diener des worts Gottes / hab mit eigner hand underschriben.
HErr Jesu nim meinen geist auff. Act.7.
Es haben ihn in seiner kranckheit besucht die beyde Wolgeborne Herrn / Herr Ludwig von Sain / Graf zu Witgenstein / unnd Herr Johann der elter / Graf zu Nassaw Catzenelnbogen: Zu welchem er sagte / Er habe in dieser seiner schwachheit recht lernen erkennen / was sünd sey / unnd wie hoch die maiestet Gottes seye / und daß es gar nicht gelte / daß wir menschen Gott zu einem gesellen haben wollen. Welches er dann wider die erdichte kräffte und freyen willen des menschen geredt hat.
Es haben ihn auch am achten Martii besucht die beyde auch Wolgeborne junge Herren / des wolermeldten Graf Johannen söhne / nemlich Graf Johann der jünger / und Graf Georg / Dieselbe hat er vermahnet erstlich zu brüderlicher liebe unnd einigkeit / Darnach und zum andern zu erhaltung des angefangenen wercks der schule zu Herborn / Ferners und fürs dritte zu erbermde gegen die arme underthanen / Letstlich unnd zum vierdten / zum gehorsam gegen ihrem Herrn vatter. Auff solche vermahnung dann sie ihme die gemeldte stück versprochen. Und nachdem dieselbe von ihm gegangen / ist ihm etwas wunderbarlichs begegnet / welches er mir und einem studioso, Abelo Conders von Helpen / des folgenden tags erzehlet hat ohngefährlich mit disen worten: Gestern (sprach er) als die beyde junge Herrn von mir gegangen / hab ich uber die vier stunden lang eine unaußsprechliche freude gefühlet / Also daß michs wunder nam / daß mein weib unnd mutter nach der hand mich frageten / ob es besser mit mir worden were. Dann mich dauchte / es hette mir nicht besse seyn können / und ich wils euch erzehlen / ein wunderbar ding. Ich war auff einer sehr schönen wisen / und als ich da spatzieret / wurde ich begossen mit des himmels taw / und dasselbe nit tröpffels weis / sonder als mit schüsseln voll / und daher hab ich an leib unnd seel unaußsprechliche freude empfunden. Als ich darauff zu ihm sagte / Der gute hirt / unser HERR Christus / hat euch als sein schäflein auff seine waid geführet / antwortet er / Ja er hat mich geführet zu den brunnen des lebendigen wassers. Unn als ich an einem andern tag ihne dieser sach / trosts halben erinnerte / und sagte / Gott hette ihn ein vorbild des ewigen lebens sehen lassen / sprach er: Es ist nicht nur ein bild gewesen / sonder eine empfindung. Und diesen wunderbaren handel hat er nicht allein mir / sonder auch andern erzehlet. Er pflegte auch zu sagen / Quemadmodum desiderat cervus ad fontes aquarum, sic desidant anima mea ad te Deus. Das ist: Wie der hirsch ein verlangen hat nach dem wasserbrunnen / also hat meine seel ein verlangen nach dir o Gott. Item, Ego velim meum iter ad Dominum non diu disserri. Das ist: Ich wolte daß meine reise zum HERREN nicht lang auffgezogen würde. Item, Cupio dissolvi & esse cum Christo meo. Das ist: Ich begehre auffgelöset zu werden unnd bey meinem HERREN Christo zu seyn.
Am fünffzehnden Martii / da er zwischen neun unnd zehen uhren verschiden / als ich des morgens umb sechs uhren zu ihm kam / unnd ihn klagte / daß er so matt und schwach were / sprach er zu mir: Ego tendo ad Christum. Das ist: Ich bin auff dem weg zu Christo. Da sprich ich / Tu es in bono itinere: Dominus sua gratia te confirmet. Das ist: Ihr seyt auff gutem wege / Der HERR stercke euch mit seiner genad. Er antwortet / Hoc mihi promisit. Das hat er mir verheissen. Da sagt ich / Er wirts auch thun. Darauff sagt er / Amen. Und bald hernach / Cupio dissolvi & esse Christo meo. Das ist: Ich begere auffgelöset zu werden / unnd bey meinem Herrn Christo zu seyn. Item / Kompt her zu mir alle die ihr mühselig unnd beladen seyt / Ich wil euch erquicken. Item / Es stehet im Psalmen / Nolite tangere Christos meos. Das ist: Tastet meine gesalbten nicht an. Dieses (sprach er) ist fürnemlich von den lehrern zu verstehen. Und zwar diese außlegung bringt der Text selbs mit / Sintemal alsbald im selben versickel folgt / Und thut meinen Propheten kein leyd.
Er hat auch zur selben zeit von mir begeret / ich solte im fürlesen den spruch auß dem 9. capitel Esaie / welcher begriffen ist in dem 2.3.4.5.6.7. versickel. Da unter andern diese wort von Christo stehen: Uns ist ein kind geboren / ein sohn ist uns gegeben / welches herrschafft ist auff seiner schulter / Unnd er heißt Wunderbar / Rath / Krafft / Held / Vatter der ewigkeit / Fridfürst / etc. Darnach den spruch auß dem anfang des eilfften capitels / da von Christo gesagt wirdt / wie der geist des HERREN auff ihm ruhe. Darnach den hundert unnd dritten Psalm / Lobe den Herrn meine seele / unnd was in mir ist / seinen heiligen namen / etc. Letstlich den spruch im sechsten an die Hebreer / vom dreyzehenden versickel an biß ans ende des capitels / Da dann stehet / wie uns GOtt das ewige leben mit einem eyd verheissen hab durch den ewigen Hohenpriester Christum. Auß welchen sprüchen allen / nach verlesung eines jedern / ich ihn getröstet / unnd hat er solchen trost mit hertzen angenommen / wie er dann genugsam mit worten unnd geberden bezeuget. Letztlich hat ihm Iacobus Altstedius, der eine Helffer / fürgelesen das drey und fünffzigste capitel Esaie / vom leiden und sterben unnd aufferstehung Christi / unnd ihn gleichfals darauß getröstet. Ungefährlich dritthalb stund zuvor ehe er verschiden / fragte er mich / ob es nit rathsam were / daß er dem Herrn Bernhardo Textori (welcher der ander Helffer ist) befehle / die predigt etwas bälder anzufangen / und auch etwas kürtzer zu machen / damit die Gemeynde auffs aller beldest das gebett für ihn thun möchte / welches ich dann auff sein begeren bestellet. In währender predigt hat er mich erinnert seines letsten willens von seinen hinderlassenen schrifften / und gesagt / Er habe den Herrn Bernhardo Textori, seinen Helffer / befelch geben / wie wirs damit sollen halten. Und ist diß der befelch / daß wir in den truck verfertigen sollen seine Predigten uber die erste Epistel an die Corinther / und die Notas oder kurtze verzeichnissen seiner Predigten uber die Sontags Evangelia / item / uber die Epistel an die Epheser. Ferner sollen wir / wann man sein buch De foedere wider trucken wirt / hin unnd wider hineyn setzen / was er in seinen letsten dictatis darzu gethan hat. Bald darnach hat er uns die wir bey ihm waren / zum gebett vermahnet / unnd nachdem wir nidergeknyet / mit auffgereckten zusammen gefaltenen händen das gebett selber gesprochen zu Gott dem himlischen vatter / daß er ihn bald auß gegenwertiger noth erlösen wolte.
Aber ein weil darnach hat er an uns begeret / wir wolten mit halber stimm singen / Nu bitten wir den heiligen Geiste. Welches wir dann gethan / unnd hat er mit seiner damals schwachen stimm mitgestimmet.
Er hat auch kurtz zuvor sich zu seiner muter gewandt / unnd ihr erzehlet die summa der Christlichen lehr von unserer seligkeit / ohngefährlich mit diesen worten: Unser HERR Christus ist unser seligmacher auff zweyerley weiß / Erstlich mit seinem verdienst am creutz / da er uns verzeihung der sünden unnd ewiges leben mit seinem tode verdienet hat. Zum andern / dieweil wir von natur so verderbet waren / daß wir solches von uns selbst nicht kondten glauben / sonder solche gnad durch unglauben würden außgeschlagen haben / Gleich als wann man mir jetzund ein artzney eyngeben wolte / würde ich dieselbe von mir schlagen / So hat Christus durch seinen geist den Glauben in unsern hertzen gewircket / mit welchem wir seinen verdienst annemen / unnd also selig werden. Nach vollbrachter predigt als ihn den Oberamptmann / Juncker Bernhard Condertz von Helpen / sampt seinem sohn Abel / unnd auch darneben Dominus Lazarus Schoenerus Professor Mathematicus, und Ioannes Heupelius, ein Kirchendiener / besucht / hat er ihnen allen / einem nach dem andern / die hand gegebe / wie auch seinen collegis, Herrn Bernhardo unnd Altstedio, unnd hat einem jeglichen den segen Gottes gewünschet. Er hat auch als er nu mehr kaum reden kondte / Herrn Altstedium vermahnet / daß er zum Rath der statt gehen wolte / und die Herrn von seiner wegen vermahnen / Daß sie forthin das allmusen nicht so tenuiter, das ist so spärlich unnd genaw / sondern liberaliter, das ist freygeblich und reichliß außtheilen wolten / dann dieses sey der will Gottes / unnd auch unser gnedigen Herrn. Ein wenig darnach / als ihm gemeldter Altstedius ohngefährlich mit diesen worten zusprache / Lieber bruder / Ihr seyt ohn zweiffel ewerer seligkeit in Christo gewiß / gleich wie ir andere gelehret habt: Da antwortet er mit seiner schwachen stimme / Certissimus, das ist / Ich bin meiner seligkeit ganz gewiß / Unnd wise zugleich mit seiner hand auff sein hertz. Welches danan sein letstes wort gewesen. Dann bald darnach ist er in einen sanfften schlaff gefallen / welcher nicht eine halbe viertelstund gewäret / unnd als wir merckten daß er widerumb erwacht were / haben wir noch einmal mit einander gebetet / unnd ist under dem wir das Vatter unser gesprochen / sänfftiglich im HERRN verschiden. Den dritten tag hernach / nemlich den sibenzehenden Martii ist sein leichnam nach Christlicher gewonheit ehrlich zur erden bestattet unnd begraben worden in der Pfarrkirch zu Herborn / in wlcher er die drey letsten jar seines lebens auff diser welt / das wort Gottes rein und lauter und mit allen trewen geprediget hat.
APOCALYPS. XIIII. VERS. XIII.
Beati mortui qui in Domino moriuntur.
Selig seind die todten die im HERREN sterben.