Heinrich von Zutphen

Probst, Jacob – Ein erschreckliche geschicht wie etliche Ditmarscher den Christlichen prediger Heinrich von Zutfeld newlich so jemerlich umbgebracht haben – in einem sendbrieff Doctor MArtino Luther zugeschrieben

MD XXV

Jakob Probst

Dem waren Junger Christi

MArtino Luther. Jacobus von Hypern

Gnad unnd frid von Gott dem vatter unnd unserm herren Jesu Christo / der unnser einiger mitler unnd priester in ewigkeit ist. Was sol ich sagen alerliebster Bruder? Wa soll ich anhebenn? mein seel ist in engsten / unnd mein geist schreyet zu dem herren / unnd ich hab keyn stillung. So sage ich / Sihe wie stirbt der frumm? unnd nyemants bedenckts in seinem hertzen. Die gotseligen werden umbbracht / Dann nyemants versteet es / Wann der frumm ist vom angesicht der boßheyt wegk genommen. Unser heinrich der unerschrocken prediger gottis worts / ist umbbracht worden / und ist also umbkommen / als were jm Gott nicht holdt geweßt.

Doch ist seyn blut kostlich vor Got / wiewol es vor den Ditmarschen ist gering wordenn. Ach herr wie lang schreyen wir und du wilt uns nicht erhören. Warumb sihestu die verachter an unnd schweigest stil wenn der gotloß den undertritt der frummer ist dann er? Ja vatter also hat es dir wolgefallenn / Wann der junger ist nicht mer dann sein meister / noch der knecht uber sein herren. Es ist dem junger genug wenn er ist als sein meister / unnd dem knecht / wenn er ist als sein herre / haben sy den haußvater genennt Beelzebub / wie vil mer werden sy die haußknecht also heyssenn / Unnd darumb sollenn wir unns vor jn gar nicht förchtten / wann das ist jr stund / und der gwalt der finsternuß / Darumb tragen wür liiebhaber der warheit leyd unnd geen trawrig hereyn. Die feynde aber frewen sich und geen mit aufgerecktem halß / doch bekümmeren wir uns also umb des heinrichen tod / das wir uns nit weniger dess vor Got dem herren erfrewen / und seind des gewiß / das wir einen newen mertrer und getzewgen Christi haben. Sy aber frewen sich vor der welt / Ich byn auch ungezweyfelt jr frewd werd seyn wye ein augenplick.

Aber vernempt die sach mit wenig wortenn / wann mein gemüt ist betrübter denn das ich vil kunt schreiben. Heinrich ist in Ditmarschen beruffen worden vom pfarherr zu Meldorff einem frommen Christlichen und Evangelischen mann / mit wissen und bewilligung etlicher der fürnemsten desselben orts. Darauff ist er als ein williger und rechtschafner gezeüg Christi dahyn gezogen / und hat sein vertrauen auf Got den herren gestelt / wiewol es jm von guten freünden ist widerraten worden / die hatt er nicht hören wollen / wann er sagt / er were von Got beruffen.

Als er nun gen Meldorff in Ditmarsch ist kommen / haben jn die Christen auffs freüntlichst angenomen. Die münchen aber als feynde des waren Gotisdienst und der Christlichen warheit / sind seiner zukunft betrübt worden / haben gelauffen gerannt / sie bemüet unnd so emsiglich angehaltten / das sy endtlich bey etlichen des lands obristen so vil erlangt habenn das man dem Heinrichen das predigen verbotten hatt.

Weil er aber wüßt das man got mer solt gehorsam sein dann den menschen / Derhalben hat er am andern sontag im advent zwu predig gethon / also das sich der alle so sy gehört / erfreüt und got seiner gaben gedanckt unnd gelobt haben. An sant Niclastag hat er auch zwu predig gethon / do ist das volck schyer auß allen winckeln zugelauffenn. Deßgleichen hatt er auch am tag unser lieben frawen entpfengknus zwir gepredigt / also das sich meniglich ob seiner leer verwundert hatt.

Nun haben sich die münch in dem mit höchstem fleyß bearbeyt / geheult und ein aufrur gemacht / Unnd iren willen erlangt. Wann am freytag volgent in der nacht nach zwelff ur vor dem dritten sontag im Advent / seind die münch kommen mit latern beleuchtet und bey fünffhundert wapner mit jnen / die seind vol hamburger byers geweßt / und seind als die veynde dem pfarherr zu Meldorf in sein hauß gefallen / haben den merterer Christi jemerlichen auß dem bette gezogen / darnach eynem pferdt an schwantz gebunden unnd also mit grosser frolockung gen der heyde ein grosse meyl wegs vonn Meldorff gefürt und geschleyft.

Als sy gen der Heyde kommen seind / haben sy den guten man in eines pfaffen keller geworffen / sye aber alle getruncken gespilt und gesungen.

Auf den morgen haben sy den frommen man mit höchster schande zum fewr geschlept.

Do hatt sich ein Christlich weib zwischen den guten mann und das fewr gestelt / und jn zuerhalten Tausent gulden zu geben geboten / byß er mit recht uberwunden verbrant wurd. Aber do hat nyemant wellen hörn / Sonder ist das gut weyb jemerlich an kopff geschlagen worden / das sy also hat müssen entweichen.

Nu ist das urteil so hernach folget / durch einen gesprochen worden der diß jars nit Richter ist / Aber er hat vom richter der das urteil gesprochen solt haben zehen guldin genommen und solch urteil gesprochen.

Urteyl

Diser ubelthetter der Gott und sein mutter gelestert hat soll verbrent werden.

Darauf hat der frumm man geantwurt. Das hab ich nit gethon. Aber das geschrey hat uber hand genommen / verbrent jn verbrennt jn.

Unnd als der Christlich mann den himlischen vatter für sy gebeeten hat / ist er von jn verlacht und verspeyet worden.

Nu ist das fewr vor allen menschen die vorhanden gewest seind / zweymal außgangen und erloschen. Das haben sy (wie solchen leutten wol gebürt) für zawbrey außgeben.

Als er auch von jnen etlich wunden entpfangen / der man under zweyntzig nicht an jme gezelet hatt / ist er in das dritte fewr geworffen worden / Also hat er Got dem vater sein geist auffgeben.

Nun ist sein Cörper den gantzen tag uber / gantz unnd unverbrannt gebliben.

Des Andern tags / welchs der drit sontag im Advent gewest ist / haben sy dem todten cörper die hende und füsse abgehawen / ein new feür gemacht und sy darinn verbrannt / Dann den strumpf als man sagt / haben sy begraben / und umb den cörper getantzt.

Also sterbenn die diener Christi / Also werden die wortt des meister erfült. Ich kan nit mer schreyben. Bitt die Götlich maiestat / das sy uns auch ein solche bestendigkeit geben woll. Ach das ich doch nur ein tröflin solcher gnad und bestands gehabt het / so rwet ich yetz on alle sorg in dem herren Christo. So weltz ich mich yetz in mancherley ellend trübsalen / jamer engsten unnd sünden. Gehabt ewch wol / der gayst Christi sey mit ewch. Mein allerliebster vatter in Christo Martine / dyse geschicht hett ich den zu Antorff geschriben / Aber der bott war weg gelauffen und hett den Brieff hye gelassen. Darumb schick ichs deiner vätterlichen lieb / und flehe dein gütigkeyt durch Jesum / du wellest unns mit einem einigen Sendbrieff trösten / an die gantz Christlich gemeyn zu Bremen zu schicken. Demnach bit ich dich du wellest mir das nicht abschlahenn / Dann ich nicht alleyn / sonder vil Bitten darumb. Preyse den mertrer Christi / und straff die arglistigkeyt der münchen. Ich bit dich du wellest mir meine unschicklicheit verzeihen / mein seel ist trawrig byß in todt / Dann mich verdreüßt lenger zu lebenn weyl ich allenthalbenn so vil ubels sehe. Demnach ist mein altter Adam nit gestorben. Bitt Got für uns.

Aus dem Original abgeschrieben.