Herzog Johann III. von Weimar.

(Geb. 1570, gest. 1605.)

 

Herzog Johann von Weimar, Enkel Churfürst Johann Friedrichs des Großmüthigen, ist der zweite Sohn Johann Wilhelms, eines Fürsten, von welchem ein Leichenredner den Ausspruch berichtet: „daß er viele Nächte schlaflos zugebracht, um einen Ausweg zu finden, wie Kirchen, Schulen und dem gemeinen Wesen wieder zu dem vorigen Zustand verholfen werden könnte, darinnen sie von seinem Herrn Vater verlassen worden,“ und der Tochter des durch Regentenweisheit wie durch lebendige Frömmigkeit ausgezeichneten Herzogs Christoph von Württemberg. Auch sein Leben, wie das des vorher erwähnten Mecklenburgischen Prinzen, war ein kurzes und durch keine bedeutenden Ereignisse ausgezeichnetes.

 

Er wurde im Jahre 1570 geboren, und erhielt von seiner Mutter, welche nach zeitweiliger Unfruchtbarkeit sich ihn vom Herrn erbeten, den Namen „das Gnadenkind.“ Schon nach drei Jahren 1573 verlor er den Vater und erhielt Churfürst August zum Vormunde. Von seinem 9ten Jahre an wurde seine Erziehung dem angesehnen Juristen Pingizzer in Jena anvertraut, bei welcher Gelegenheit die Mutter erklärte: „sie feire jährlich den Tag, an welchem ihr Gott diesen Sohn aus besondern Gnaden geschenkt, eben so wenig werde sie aber auch des Tages vergessen, wo sie denselben dem Unterrichte dieses Lehrers anvertraut.“ Nachdem er bis 1584 in der Umgebung seiner Mutter verweilt, begab er sich in diesem Jahre, begleitet von seinem Instructor Jon. Kirchner, an den Dresdener Hof, wo er auch noch nach dem 1586 erfolgten Tode von Churfürst August zwei Jahre verblieb.

 

Zu seiner Gemahlin erwählte Prinz Johann (1593) eine der wißbegierigsten Frauen der Zeit, Dorothea Maria, die Tochter des Fürsten von Anhalt Joachim Ernst. Es war eine Frau, welche, gleichwie ihre Schwester die Gräfin von Rudolstadt, von dem Vater einen scharfblickenden Geist und einen forschenden Verstand ererbt hatte, und in mancher Hinsicht über ihrer Zeit gestanden zu haben scheint. Sie liebte den Umgang mit Gelehrten, unterstützte die armen Schüler zu Weimar und hinterließ in ihrem Testamente 20.000 Gulden der Universität Jena zur Verbesserung der Gehalte der Professoren. Das Schulwesen des Landes lag damals sehr im Argen.

 

Ein Zeitgenosse bezeugt: „Tausende von Kindern liefen in Städten und im Lande umher, welche weder schreiben noch lesen konnten, und viele welche die Schulen besuchten, machten nur langsame Fortschritte oder lernten gar nichts.“ Diese Zustände und ein der Herzogin angeborner Wissenstrieb machten sie zur begeisterten Anhängerin des Ratichius, des Vertreters einer neuen pädagogischen Lehrmethode. Sie ließ diese neue Methode von einer Commission von Universitätsprofessoren aus Gießen und Jena prüfen, und da sie beifallswerth gefunden worden, suchte sie dieselbe in den Schulen zu verbreiten, ließ sie von den Kanzeln empfehlen und sich auch selbst nach derselben Unterricht im Hebräischen ertheilen! –

 

In diesen wissenschaftlichen Neigungen, wie in der Vorliebe für die praktischen Tätigkeiten und Tugenden des Familienkreises, begegnete sich die Herzogin mit ihrem fürstlichen Gatten. Statt der Freuden des sinnlichen Genusses, wie er unter den Fürsten der Zeit verbreitet war, suchte derselbe in Bau- und Gartenkunst, in der Uebung der Musik, welche Neigung er von seinem Vater ererbt, und in Geschichts- und staatswissenschaftlichen Studien seine Erholung. Der Erziehung ihrer 10 Söhne, unter denen die nachmals so berühmten Herzöge Joh. Wilhelm, Ernst und Bernhard, widmeten beide Aeltern sich mit besonderm Eifer. Theilweise leiteten sie dieselbe in eigner Person, erwählten mit Sorgfalt die Lehrer, unter denselben besonders den als Rechtsgelehrter und Geschichtschreiber berühmten Hortleder, wohnten den wöchentlich von dem Hofprediger Cromayer mit den Kindern gehaltenen Katechismuslektionen bei, wie auch den zweimaligen jährlichen Prüfungen. – Friedlich verflossen die kurzen Regierungsjahre des Herzogs. Seinem Wahlspruche getreu: Domine dirige me in verbo tuo, war er auf das Heil seiner Unterthanen bedacht, bei denen er sich den Namen des „Milden“ erwarb. Auf seine Kosten erbaute er Kirchen, sorgte eifrig für die Akademie von Jena und nahm sich der wegen der Religion Vertriebenen an. Obwohl durch die anhaltinische Verwandtschaft mit dem Calvinismus in nahe Berührung gebracht, war er dennoch ein großer Freund der Schriften Luthers, der Sitte der Zeit gemäß ein regelmäßiger Besucher der Sonntags- wie der Wochentagsgottesdienste, aus denen er auch das Bemerkenswertheste aufzeichnete, um sich mit seinem Hofprediger darüber zu besprechen.

 

Schon drei Jahre vor seinem Ende war er von hvpochondrischen Leiden geplagt worden, und wurde schon 1605, in seinem 35. Lebensjahre, abgerufen.

 

Quelle: Lebenszeugen der lutherischen Kirche, August Tholuck, Berlin, Wiegandt & Grieben, 1859