Friedrich III, Kurfürst von der Pfalz.

Friedrich III. von der Pfalz war zunächst für eine Person ein tief und lebendig im Worte Gottes gewurzelter Christ, und hat mit einem Bekennermuth, der ihn den ersten Glaubenshelden der Reformation an die Seite stellt, alles für das Evangelium eingesetzt; er war aber auch im vollsten Sinne ein reformatorischer Fürst, der für die Glaubensreinigung in seinem Lande mehr that, als irgend einer seiner Vorgänger. Nach beiden Seiten soll hier von ihm die Rede sein. Da jedoch der Reformator Friedrich nur richtig gewürdigt werden kann im Zusammenhang mit den vorangegangenen reformatorischen Bestrebungen auf diesem Gebiet, so werden wir zuerst hierauf in der Kürze einen Blick werfen, und dann die Schilderung des frommen Fürsten selbst folgen lassen.

 

1.

 

Das erste Aufleuchten reformatorischer Bestrebungen in der Pfalz führt in die Zeit vor der Reformation zurück und hängt damit zusammen, daß die Hauptstadt Heidelberg zugleich der Sitz einer von wissenschaftliebenden Landesherrn treu gepflegten Hochschule war, also zu den damals noch weit minder zahlreichen Mittelpuncten eines selbständigeren geistigen Lebens im deutschen Vaterlande gehörte. Der Gegensatz gegen das herrschende Kirchenthum ging hier nicht, wie zum Theil am Ober- und Nieder-Rhein, von jener volksthümlichen Gestalt innerlichen Christenlebens, der Mystik, aus, welche auf Luther einen so tiefen Einfluß übte, der pfälzischen Volksart dagegen völlig fremd war; vielmehr waren es vornehmlich einzelne Männer von besonderer Begabung und Bildung, die den geltenden Satzungen freiere Ansichten entgegenstellten oder durch Wiederherstellung reinerer Sprachen- und Alterthumskunde, den sogenannten Humanismus, den Grund zu einem neuen geistigen Leben zu legen strebten. Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts finden wir den berühmten Freund und Kampfgenossen des Joh. Huß, Hieronymus von Prag auf kurze Zeit in Heidelberg. Er schlug im J. 1406 an die Thüren der Hörsäle und der St. Peterskirche Streitsätze an, in denen er, seine Verehrung für Wikliffe bekennend, unter andern kirchlichen Lehren auch die von der Brodverwandlung angriff, konnte es jedoch nicht einmal zu einer öffentlichen Disputation darüber bringen. Etwas bedeutender, wiewohl auch nur vorübergehend, wirkte gegen Ende desselben Jahrhunderts um 1477 der geistvolle Niederländer Johann Wessel, den die Heidelberger Theologen nicht in ihre Facultät aufnehmen wollten, während er später von Luther als einer seiner erleuchtetsten Vorgänger wie kaum ein anderer gepriesen wurde. Ihm ward beim Abgang wenigstens die Genugthuung, in seinem Landsmann Rudolph Agricola einen gleichgesinnten Freund zurückzulassen, der zwar vor allem ein trefflicher Meister in alten Sprachen war, dabei aber auch in Wessels Geist ein Licht reinerer christlicher Erkenntniß, wo er es vermochte, leuchten ließ. Es war dieß die schöne Zeit, da Kurfürst Philipp der Aufrichtige (reg. 1476-1508) eine Gedanken auf Erweckung einer frischen höheren Geistesbildung in Heidelberg gerichtet hatte und darin von den beiden edeln Männern, Joh. von Dalberg, Bischof zu Worms, und dessen Freund Dietrich von Plenningen, aufs kräftigste unterstützt ward. Heidelberg wurde ein Sammelpunct hervorragender Männer und es verweilten da kürzer oder länger: der begabte Dichter Conrad Celtes, der fromme, vielfach anregende Jak. Wimpfeling, der berühmte Neubegründer hebräischer Sprachkunde, Joh. Reuchlin, und dessen Bruder Dionysius, der zuerst an dieser Hochschule Unterricht im Griechischen ertheilte, anderer geringeren nicht zu gedenken. Aber freilich hielt sich das alles meist nur in hohen und gelehrten Kreisen und fand nicht einmal bei der Universität hinlänglichen Eingang, so daß das Landeskind Melanchthon, da er 1509-12 in Heidelberg studierte, nicht gerade viel Frucht für seine spätere große Mission dort gewinnen konnte. Ein Jahr nach dem Anschlagen der 95 Thesen, also damals schon weithin durch Deutschland gefeiert, kam zu einem Convent des Augustiner-Ordens auch Luther nach Heidelberg, und vertheidigte bei dieser Gelegenheit eine Reihe von Sätzen, welche wesentliche Grundlagen seiner reformatorischen Ueberzeugungen enthielten. Seine Haltung und ein Wort wirkten mächtig zündend auf die Zuhörer; insbesondere erhielten dadurch einige Jünglinge, die nachmals selbst bedeutend in das Reformationswerk eingriffen, wie Bucer, Schnepf und Brenz, den ersten nachhaltigen Anstoß, und auch des Kurfürsten Bruder, Pfalzgraf Wolfgang, faßte für den rüstigen Kämpfer die lebhafteste Zuneigung; er schrieb an Friedrich den Weisen: Doctor Martinus habe Sr. Liebden Universität „mit ein klein Lob gemacht, und sei ihm auch großer Preiß von viel gelehrten Leuten nachgesagt worden.“ Der Kurfürst selbst, Ludwig V., hielt sich zurück, doch war er nicht abgeneigt. Ein Jahrhundert früher hatte ein anderer eines Namens und Stammes, Ludwig III, als Reichsrichter, die kaiserlichen Befehle zur Hinrichtung Hussens in Vollzug gesetzt; dieser fünfte Ludwig nahm sich auf dem Reichstag zu Worms Luthers mit Nachdruck an. In seiner weitern bis 1544 dauernden Regierung förderte er zwar die Sache nicht, unterdrückte sie aber auch nicht gewaltsam, wo sie, wie besonders in den Territorien der Ritterschaft, Wurzel schlug So hatte die Reformation in der Pfalz begonnen, zum Theil von Luther selbst persönlich angeregt, jedenfalls zunächst in wesentlich lutherischer Weise. Friedrich II. (reg. 1544-56), schon in höherem Alter stehend und von nicht eben großem Interesse für kirchliche Dinge, griff gleichfalls wenig selbstthätig ein, gestattete jedoch förmlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, die Priesterehe und den deutschen Gottesdienst, der auch am 3. Jan. 1546 zum erstenmal in der Heil. Geistkirche zu Heidelberg gefeiert wurde. Lebhafter thätig für die neue Kirchengestaltung erwies sich der kunst- und wissenschaftliebende Otto Heinrich, ein eifriger Verehrer des schon von seinem Vorgänger zu Rathe gezogenen Melanchthon, welcher in kurzer Regierungszeit (1556-59) Bedeutendes vollbrachte und, wie früher im Fürstenthum Neuburg, so nun auch im Kurland eine Kirchenordnung vorzeichnete, die sich ganz an die Straßburger und brenzisch-württembergische anschloß, also gleich der um weniges später erschienenen badischen einen mild lutherischen Charakter hatte. Mit vollem Nachdruck aber führte erst Friedrich III. (1559-76) das Werk der Reformation in der Pfalz durch. Er wurde, wie keiner der bisherigen Kurfürsten, der aus eigenster Ueberzeugung heraus handelnde, überall selbst eingreifende, vollständige Begründer des neuen Kirchenwesens in einem Lande; und wenn er dabei allerdings dem Protestantismus in der Pfalz eine Gestalt gab, wodurch sich derselbe von dem der Nachbarländer, ja des größern Theiles Deutschlands überhaupt in sehr folgenreicher Weise absonderte, so that er dieß doch zugleich mit einem Ernst des lebendigsten Glaubens und des in Gottes Wort gebundenen Gewissens, dem von jedem Standpunct aus Ehrerbietung gezollt werden muß. Dieß wird die Schilderung der Person und der Hauptlebensumstände Friedrichs nunmehr zeigen.

 

2.

 

Friedrich III., geboren den 14. Februar 1515, stammte aus der durch reiche geistige Begabung hervorragenden simmernschen Linie des pfälzischen Hauses und war unter 12 Kindern der älteste Sohn des Pfalzgrafen Johann II. und der Markgräfin Beatrix von Baden. Johann II. von Simmern erwarb sich unter den Zeitgenossen den Ruf eines trefflichen, wissenschaftliebenden und in öffentlichen Geschäften wohl bewanderten Fürsten; er pflegte vornehmlich das Studium der Geschichte und stand mit Gelehrten des In- und Auslandes, unter andern mit Ulrich von Hutten, in freundlicher Verbindung. In solchem Geiste wurde ohne Zweifel auch sein Sohn Friedrich erzogen. Auf etwas Reformatorisches deutete zunächst dessen frühere Jugend noch nicht hin; er lebte zu seiner Ausbildung an einigen streng katholischen Höfen, an dem des Bischofs Eberhard von Lüttich und Kaiser Carls V.; doch waren es vielleicht gerade diese Umgebungen, welche den schlichten, nüchternen Sinn des jungen Pfalzgrafen für das Einfache und Ernte des Protestantismus empfänglicher machten. Jedenfalls entwickelte sich bei ihm bald eine Neigung nach dieser Seite hin, und vollständig wurde er dafür gewonnen durch eine 1537 vollzogene Ehe mit der lutherischen Prinzessin Maria von Brandenburg-Bayreuth, deren Schwester Kunigunde später einen gleichfalls reformatorischen Fürsten, Carl II. von Baden-Durlach zum Gemahl hatte. Schon war Friedrich 42 Jahre alt, als ihm durch den Tod des Vaters das Erbe der simmernschen Lande zufiel. Zwei Jahre darauf wurde er, nach dem Erlöschen der Heidelberger Linie in dem kinderlosen Otto Heinrich, auf dem Reichstag zu Augsburg am 11. Juli 1559 feierlichst mit der Kur belehnt. In seinem 17. Jahre hatte Friedrich auch einmal die Waffen gegen die Türken getragen; aber seine eigene 17jährige Regierung sollte nach außen eine friedliche und nur von inneren Kämpfen bewegt sein, in denen er selbst tapfer genug seine geistigen Waffen schwang. Schon unter Otto Heinrich, obwohl das Lutherthum entschieden vorherrschte, fehlte es nicht an widerstreitenden Elementen. Im Jahr 1558 war auf Melanchthons Empfehlung der spätere lutherische Eiferer Tielemann Heßhus nach Heidelberg berufen und als Generalsuperintendent an die Spitze der pfälzischen Kirche gestellt worden. Aber fast zur selben Zeit hatte neben ihm auch der calvinischgesinnte Franzose Peter Boquinus eine Lehrstelle in der theologischen Facultät erhalten, und überhaupt sammelten sich nun in Heidelberg immer mehr Männer, namentlich anderwärts verfolgte, die sich unter zwinglichem und calvinischem Einfluß gebildet hatten. Der Gegensatz stand bereits in voller Blüthe, als Friedrich III. (1559) zur Regierung gelangte, und durch alle Schichten der Gesellschaft hindurch, unter dem Volk und der Geistlichkeit, an der Universität und am Hofe zählten die verschiedenen Parteien der strengeren Lutheraner, der milderen Philippisten und der schweizerisch Gesinnten ihre Anhänger, wie denn namentlich auch in der nächsten Umgebung des Kurfürsten das ausgeprägtere Lutherthum durch den Hofrichter Erasmus von Venningen und den Kanzler von Minkwitz, der Melanchthonianismus dagegen durch den Großhofmeister Grafen Georg von Erbach und andere Glieder dieser angesehenen Familie vertreten war. Friedrich III. schien in der ersten Zeit eines Regiments keine Partei ergreifen zu wollen; es mochte seine Absicht sein, sich ohne bestimmtere Beschränkung in Melanchthons, eines großen Landsmannes, Sinn auf der allgemeinen Grundlage der deutschen Reformation zu halten; auf keinen Fall aber war er gegen das Lutherische von vornherein eingenommen, denn noch im Oct. 1559 wies er den Erzieher des jungen Pfalzgrafen Christoph an, einen Zögling „nach der augsburgischen Confession und für nemlich D. Martini Luthers ev. Katechismus“ zu unterrichten. Auch als die beiden Hauptstreiter unter der Geistlichkeit, der Lutheraner Heßhus und der schweizerisch gesinnte Diakon Klebitz, sich von der Kanzel und sonst auf die ärgerlichste Weise angriffen und beschimpften, beobachtete Friedrich noch die gleiche Haltung: er verabschiedete die Vorkämpfer beider Parteien, und gebot dem öffentlichen Streit nach beiden Seiten hin Stillschweigen. Indeß mag er hierbei von lutherischer Seite einen noch übleren Eindruck empfangen haben, denn Heßhus wurde ohne empfehlendes Testimonium entlassen, während Klebitz ein solches nebst Reisegeld erhielt und dessen Stelle auch wieder mit einem Gleichgesinnten besetzt wurde. Bestärkt in dieser Haltung wurde Friedrich ganz besonders durch ein Gutachten Melanchthons, welches er durch einen auf zwinglischer Seite stehenden Geheimschreiber Stephan Zierler, einen Verwandten des Reformators, von diesem noch im J. 1559 einholen ließ. Melanchthon billigt darin das beiderseits auferlegte Gebot des Schweigens und wünscht zur Verhütung einer Spaltung in der noch zarten Kirche die Zänker von beiden Parteien entfernt. In Betreff des Abendmahls aber stellt er eine Formel auf, welche merklich in der Schwebe gehalten ist, jedenfalls aber die strenger lutherischen Lehren, nicht nur von der Ubiquität, sondern auch von einer objectiven, substantiellen Gegenwart ablehnt und dagegen den Begriff der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi, und zwar im Gebrauch des Sakraments und für die Heilswirkung, mithin in den gläubig Empfänglichen, als das allgemein Gültige hervorhebt, auch der symbolischen Auffassung den Vorzug kirchenväterlichen Ansehens zuerkennt. Dieses Gutachten ergriff Friedrich mit lebhafter Zustimmung und zeichnete es alsbald den Geistlichen seines Landes als Lehrregel vor. Allein nicht nur hierbei stieß er auf einen Widerstand, der ihn schon zu scharfem Einschreiten gegen eine Anzahl Geistliche bewog, sondern es zeigte sich auch im Allgemeinen, daß bei der Erregtheit der Gemüther und unter den heftigen Strömungen der Zeit die bisher eingenommene mittlere Stellung des Kurfürsten nicht wohl durchführbar war, und nun lenkte derselbe, einem Zuge seines vorwiegend verständigen Wesens folgend und einerseits von stürmischen Lutheranern zurückgestoßen, andererseits ohne Zweifel von den zahlreichen Calvinisten, die bereits in Heidelberg mit Kirchen- und Lehrämtern betraut waren, eifrig bearbeitet, immer entschiedener in calvinische Bahnen ein. Den beiden lutherischen Herzögen von Weimar und Gotha, deren ersterer der Tochtermann Friedrichs schon war, der andere es jetzt (1560) werden sollte, war dieser Weg ihres Schwiegervaters sehr bedenklich. Sie brachten zur neuen Vermählung ihre Hofprediger Mörlin und Stössel mit und man benutzte die Gelegenheit, um dieselben mit Boquinus und andern im Beisein der Fürsten disputieren zu lassen. Allein Friedrich war schon zu sehr nach einer Seite hin entschieden und die Sache blieb ohne Erfolg. Bald darauf wurde, um die stets sich erneuernden Vorwürfe der Katholiken wegen Glaubensverwirrung unter den Protestanten niederzuschlagen und dem Concil zu Trident compacter gegenüber treten zu können, der denkwürdige Versuch gemacht, alle evangelische Fürsten Deutschlands durch erneuerte Unterzeichnung der augsburgischen Confession zu einer festen Einigung zu bringen. Es geschah dieß zu Anfang des J. 1561 durch den Naumburger Fürstentag, zu welchem nächst Christoph von Württemberg besonders unser Friedrich die Anregung gab. In der That erfolgte auch der wiederholte feierliche Beitritt der Fürsten zu der Confession von 1530 nach ihrer erstmaligen Ausgabe von 1531. Da jedoch in einer durch die Kurfürsten von Sachsen und der Pfalz veranstalteten Vorrede zu diesem Einigungs-Instrument zugleich die im J. 1540 gegebene weitere Erklärung der Confession, sowie eine minder strenge Auffassung der Abendmahlslehre als gleichfalls berechtigt anerkannt wurde, so trennten sich die beiden eifrigsten Lutheraner, die Herzöge von Weimar und Mecklenburg, und riefen dadurch eine Gegenbewegung hervor, in deren späterem Verfolg Kurfürst Friedrich mit einer melanchthonisch-calvinischen Denkweise eine nur noch mehr vereinzelte Stellung erhielt. Friedrich, der durch und durch ein Mann der Ueberzeugung war, ließ sich indeß nicht abschrecken. Er ging vielmehr jetzt noch entschiedener daran, seine Gedanken auch in der ganzen kirchlichen Gestaltung des Landes durchzuführen. Zuvörderst geschah dieß in der Lehre durch den so berühmt gewordenen Heidelberger Katechismus. Mit der Abfassung desselben waren zwei Theologen beauftragt, welche überhaupt, nur der eine mehr als Kirchenmann, der andere mehr als Lehrer, die hervorragendste Stellung während der Regierung Friedrichs einnahmen: der Trierer Caspar Olevianus, welcher schon 1560 nach Heidelberg berufen worden war, und der Schlesier Zacharias Ursinus, der 1561 dort eine Anstellung erhalten hatte. Aber der Kurfürst selbst ließ sich auch persönlich die Sache angelegen sein, und es war namentlich das bekannte schneidende Wort gegen die Messe in der 80sten Frage, welches auf besonderen kurfürstlichen Befehl „addiret“ wurde. Der von einer Synode pfälzischer Geistlichen gebilligte und im J. 1563 publicirte Katechismus selbst, mehr lehrgebäudlich ausgeführt als der um einige dreißig Jahre frühere lutherische, entwickelt nach den Grundgedanken von Sünde, Erlösung und Dankbarkeit die reformierte Lehre, jedoch ohne Berührung der Prädestination, mit seltener Kernhaftigkeit und Klarheit, und verschaffte sich nicht nur durch diese Vorzüge bald die verbreitetste Anerkennung in den reformierten Kirchen, sondern gilt auch heute noch bei allen Parteien als eine der meisterhaftesten Leistungen auf diesem Gebiet. Noch stärker prägte sich die Richtung, die Friedrich nunmehr eingeschlagen hatte, im Bereich der gottesdienstlichen Einrichtungen aus. Hier war es für ihn das Hauptanliegen, die Kirche seines Landes aufs schärfste von allem Papistischen abzutrennen und ganz nach Gottes Wort zu gestalten, d. h. alles auszuscheiden, was nicht aus der Schrift ausdrücklich bewiesen werden könne. In diesem Sinn entfernte er nicht nur Altäre und Taufsteine, sondern auch jeden symbolischen und künstlerischen Schmuck, namentlich Crucifixe aus den Kirchen, beseitigte selbst die Orgel und führte im Cultus alles auf die einfachsten Bestandtheile der Predigt, des Gebetes und Gesanges zurück. Bei der Abschaffung der Altäre und bildlichen Stücke sollte es nach Friedrichs Verordnung „bescheidenlich“ zugehen; allein da er darin nur „Götzenwerk“ sah, so kamen auch, selbst in seiner Gegenwart, starke Gewaltsamkeiten vor. Für die kirchlichen Handlungen ließ der Kurfürst im J. 1563 eine Gottesdienstordnung ausarbeiten, die sehr gediegene und kraftvolle Schriftmäßige Formulare enthält; für den Gesang wurden im J. 1565 die lobwasser’schen Palmen mit „Lutheri und anderer geistreichen Männer“ Liedern eingeführt. In diesen Stücken lag am meisten das Abweichende der pfälzischen Kirche, während sie sich in der Verfassung, für welche die 1564 von Friedrich erlassene Kirchenraths-Ordnung maßgebend wurde, mehr an die übrigen evangelischen Kirchen Deutschlands anschloß, indem auch in ihr das von einem Kirchenrath zu übende landesherrliche Kirchenregiment den Schwerpunct des Ganzen bildete. Bei allem diesem war es durchaus nicht die Absicht Friedrichs, sich von den Grundlagen der deutschen Reformation abzulösen und wir vermögen seinen Sinn gar wohl aus seinen eigenen Aeußerungen zu erkennen. Er hielt Luther, der ihm stets „ein lieber und werther Mann“ war, für „ein treffliches Werkzeug Gottes und einen solchen Lehrer, der bei der Kirchen Christi viel und Großes gethan“; er achtete auch Luthers Lehre als „in Gottes Wort gegründet und wollte dieselbe nicht verkleinern“; sondern nur das wollte er, daß man Luther nicht für irrthumfrei erkläre, daß man ihn „nicht über Augustinum und andere alte christliche Scribenten setze oder den Propheten und Aposteln vergleiche, welche allein das Privilegium haben, daß ihnen nicht einiger Irrthum kann zugemessen werden.“ Andrerseits lehnt er es wiederholt ab, ein Jünger Calvins zu sein; er habe nichts von Calvin gelesen, als dessen ihm gewidmete Schrift über Jeremias; er sei weder auf Calvin noch irgend einen andern Menschen getauft, sondern getröste sich allein des Verdienstes Christi; die aber, welche sich lutherisch, zwinglisch oder calvinisch nennen, möchten es selbst verantworten. Dagegen bekennt er sich in allen Lagen seines Lebens aufs entschiedenste zur augsburgischen Confession und deren Apologie, und wenn er dabei allerdings an die seit 1540 im Artikel vom Abendmahl modificirte Augustana dachte, so haben wir doch auch nicht die geringste Ursache zur Annahme, daß es ihm nicht mit dem übrigen reichen und vollen evangelischen Inhalt dieser Bekenntnisse der treueste Ernst gewesen sei. So stand Friedrich in der Lehre, gleichsam vorbildlich, auf dem Grunde einer sehr positiven evangelischen Union, nur im Abendmahl mit Vorneigung zum Calvinischen. Was aber das Gottesdienstliche betrifft, worin sich diese Vorliebe weit stärker ausdrückt, so brach er allerdings in einem puritanischen Eifer mehr, als nöthig war, mit allem Geschichtlichen; aber man darf sich ihn deshalb nicht vorstellen als einen der Calvinisten, wie wir sie später und heute wohl finden, für die nur die Verneinungen des Calvinismus vorhanden sind, sondern es beruhte bei ihm alles auf dem unbedingtesten Gehorsam gegen das Wort Gottes und auf dem alles durchdringenden Streben, nur Gott die Ehre zu geben und durch Lebensheiligung in Christo mit ihm in Gemeinschaft zu treten, wie wir dieß als edelsten Schmuck des ursprünglichen Calvinismus anzuerkennen haben. Die kirchlichen Aenderungen Friedrichs fanden schon im Lande nicht überall Anklang, ja im Neuburgischen entschiedenen Widerstand, erregten aber auch außerhalb vielfache Bedenken, selbst bei verwandten und befreundeten Fürsten, wie Carl von Baden und Christoph von Württemberg. Der letztere, an Geist und Regententugend unserm Friedrich ebenbürtig, wollte mit diesem sich gern verständigen, und auch Friedrich, der den Herzog innig verehrte, war dazu sehr geneigt. Er dankt ihm in einem Schreiben aufs freundlichste für ein „Mitleiden“ (eine Theilnahme für ihn), und zweifelt nicht, daß „ohne die Hochsinnigkeit der Theologen“ sie beide „in der Erkenntniß und Bekenntniß göttlichen Worts und christlicher Religion sich nicht allein näher würden zusammenthun, sondern auch mit einander gottseliglich in den Hauptartikeln christlicher Lehre wohl vergleichen können.“ Auch wurden zu diesem Zweck im J. 1564 zwei Gespräche gehalten, das eine vorläufige nur zwischen den Fürsten in dem Städtchen Hilsbach, das andere eingehende unter Zuziehung von Theologen und weltlichen Räthen im Kloster Maulbronn. Es war von beiden Seiten der redlichste Wille vorhanden, und insbesondere zeigte Friedrich die ganze Woche hindurch die größte Ausdauer. „Mich schläfert dennoch nicht – sprach er – denn ich bin darum hier, daß ich wölle lernen, und will lernen mein Leben lang.“ In der letzten Nacht setzten beide Fürsten, jeder für sich, noch ihr Bekenntniß auf, und Friedrich wurde damit erst fertig, „wie die Glock drey schlug gegen Tag“ Allein auch dieser wohlgemeinte Versuch war vergeblich. Wenn die Fürsten sich auch hätten einigen können, so vermochte „die Hochsinnigkeit der Theologen“ es nicht und es blieb kein anderes Ergebniß als ein anständiges Auseinandergehen. Viel ungünstiger zeigten sich die andern, Friedrich ferner stehenden lutherischen Fürsten. Sie gingen zu Drohungen und Gewaltmaßregeln über und wußten auch den, sonst wohlgesinnten Kaiser Maximilian II. zu einem Dekrete zu bewegen, dem zufolge der Kurfürst den Calvinismus in seinem Lande wieder abschaffen und für die eingezogenen Kirchengüter Ersatz leisten sollte. Ein schweres Gewitter schien sich über Friedrichs Haupt zusammenzuziehen und es gingen Gerüchte, als ob für ihn alles zu befürchten wäre, selbst bis zum Verlust der Kurwürde und des Lebens. Da der Reichstag zu Augsburg 1566 zur Entscheidung bestimmt war, warnte ihn sein Bruder, Pfalzgraf Richard, aufs dringendste, sich nicht persönlich dahin zu begeben. Allein wie Luther nach Worms gehen wollte, selbst wenn dort so viel Teufel wären, als Ziegel auf den Dächern, so kannte auch das gute evangelische Gewissen Friedrichs keine Furcht. Er beruhigte den besorgten Bruder in zwei trefflichen Briefen. In dem einen sagt er, gar manchem habe man schon Irrthümer und Ketzereien vorgeworfen, deren man nun nicht mehr gedenke, „allein der arme Fritz, der hat Leder gessen und muß der ärgste Ketzer sein“, getröstet sich aber, der Kaiser werde ein gutes Recht schon erkennen. In dem andern, wahrhaft großartigen Schreiben erklärt er sich zu allem, auch zum Zeugentode, bereit und schließt mit folgenden Worten: „Sehe der halben zu meinem lieben und getreuen Vater im Himmel in tröstlicher Hoffnung, eine Allmacht werde mich zu einem Instrument gebrauchen, einen Namen im heil. Reich deutscher Nation in diesen letzten Zeiten öffentlich nicht allein mit dem Mund, sondern auch mit der That zu bekennen, wie auch weiland mein lieber Schwäher, Herzog Johannes Friedrich zu Sachsen, der Kurfürst sel. gethan; und ob ich wohl nicht so vermessen, daß ich meinen Verstand mit dessel. Kurfürsten vergleichen wollte, so weiß ich hingegen, daß der Gott, so ihn in wahrer Erkenntniß seines heil. Evangeliums damals erhalten, noch lebt und so mächtig ist, daß er mich armes einfältiges Männlein wohl erhalten kann und gewißlich durch einen h. Geist erhalten werde, ob es auch dahin gelangen sollte, daß es Blut kosten müßte: welches, da es meinem Gott und Vater gefiele, mich zu solchen Ehren zu gebrauchen, ich seiner Allmacht nimmer genug am verdanken könnte, weder hier zeitlich, noch dort in Ewigkeit.“ Die entscheidende Sitzung der Reichsversammlung wurde am 14. Mai gehalten. In dieselbe ließ sich Friedrich durch einen Sohn und „geistlichen Waffenträger“, Johann Casimir, die Bibel nachtragen und vertheidigte zuerst ein Verfahren mit geistlichen Stiftern als in den Bestimmungen des Religionsfriedens begründet; dann aber zur Glaubensfrage übergehend erklärte er: hierin erkenne er nur einen Herrn, der ein Herr aller Herren und König aller Könige sei; da handle es sich nicht „um eine Kappen voller Fleisch“, sondern um der Seelen Seligkeit, und über seine Seele habe nicht der Kaiser, sondern allein Gott, der sie geschaffen, zu gebieten; mit der augsburgischen Confession stimme er aufrichtig überein und ein Katechismus sei mit Fundamenten der heil. Schrift dermaßen armiert, daß er wohl unumgestoßen bleiben solle; könne ihn aber irgend jemand, jung oder alt, gelehrt oder ungelehrt, Freund oder Feind, „ja der geringste Küchen- oder Stallbube“ aus Gottes allein seligmachendem Wort eines bessern belehren, so werde er dafür dankbar sein und sei die Bibel bald zur Hand; im Uebrigen vertraue er auf die Gerechtigkeit des Kaisers; „sollte aber, schloß er, dies mein unterthänigst Vertrauen fehlschlagen, so getröste ich mich des, daß mein Herr und Heiland Christus Jesus mir jammt allen seinen Gläubigen die so gewisse Verheißung gethan, daß alles, was ich um seiner Ehre oder Namens willen verlieren werde, mir in jener Welt hundertfältig soll erstattet werden. Thue damit Eurer kaiserlichen Majestät mich unterhänigst zu Gnaden befehlen.“ Diese, aus der innersten Ueberzeugung hervorströmende Rede machte einen so tiefen Eindruck, daß alsbald Kurfürst August von Sachsen, dem Angeklagten auf die Schulter klopfend, in die Worte ausbrach: „Fritz, du bist frömmer denn wir alle“, und weiterhin Carl von Baden zu den Umstehenden sagte: „Was fechtet ihr diesen Fürsten an? Er ist frömmer denn wir alle.“ So wurde dies der schönste Tag Friedrichs; er brachte ihm statt der Verurtheilung eine unverwelkliche Ehrenkrone. Nicht nur als Angehöriger der augsburgischen Confession, zu der er sich auch hier wiederum feierlich bekannt hatte, wurde er anerkannt, sondern auch das Directorium in evangelischen Religionssachen, welches Kurpfalz als oberstem evang. Stand zukam, ward ihm nicht entzogen. Am Freitag vor Pfingsten traf der Kurfürst wieder in Heidelberg ein und am Pfingstfeste selbst genoß er mit der Gemeinde das h. Abendmahl; bei der Vorbereitung darauf ermahnte er den Olevian, indem er ihm öffentlich die Hand reichte, zur Standhaftigkeit im Glauben. Von da an setzte Friedrich eine reformatorische Thätigkeit unangefochten fort und bewährte darin Strenge und Milde. Mit Eifer ergriff er die Vorschläge Olevians zur Einführung calvinischer, durch Presbyterien zu übender Sittenzucht, stieß damit jedoch auf große Schwierigkeiten. Noch strenger war er, wo er auf dem Gebiete der Lehre grundstürzende Irrthümer zu finden glaubte, wie dieß bei den unter den pfälzischen Geistlichen entdeckten Arianern (Leugnern der Gottheit Christi und der Dreieinigkeit) der Fall war, deren Haupt Joh. Sylvanus im J. 1572 zum Tode durchs Schwert verurtheilt wurde. Dagegen zeigte er sich auch mild, wenn er, selbst bei abweichenden Lehrmeinungen, eine ernste Glaubensgesinnung und sittlich würdige Lebensführung wahrnahm, wovon die Wiedertäufer ein Beispiel sind, denen er nach einem 19 Tage dauernden Prüfungs-Gespräch zu Frankenthal im J. 1571 die ruhige Ansiedelung in der Pfalz gestattete. Besonders unermüdlich aber war Friedrich in der Pflege christlicher Erkenntniß und christlichen Lebens in einem Lande, sowie in der Förderung der protestantischen Sache im Ganzen und Großen. Die eingezogenen Stifter und Klöster, deren Zahl in die Hunderte ging, stellten sehr bedeutende Mittel zu Gebot, und diese wurden mit höchster Gewissenhaftigkeit für Zwecke der Kirche und Schule oder auf Stiftungen und Werke der Barmherzigkeit verwendet, so daß dadurch der pfälzischen Kirche eine würdige Unabhängigkeit gesichert, dabei aber zugleich das Unterrichtswesen durch alle Stufen hindurch, von der Universität bis zur Dorfschule wesentlich verbessert wurde. Nach außen aber stand Friedrich mit den protestantischen Kirchen, vornehmlich den reformierten in Frankreich, England und den Niederlanden fortwährend in regter Verbindung; er trat überall für die Unterdrückten ein und strafte die Verfolger, wie z. B. nach der Bartholomäusnacht, mit scharfen Worten; er nahm Flüchtlinge, unter andern Charlotte von Bourbon, gastlich auf und brachte, wo er nur konnte, thätige Hülfe: ein bewährter Waffenträger, Johann Casimir führte zur Unterstützung der Protestanten ein Heer nach Frankreich, und ein anderer hoffnungsvoller Sohn Christoph fiel als 23jähriger Jüngling 1574 im niederländischen Freiheitskampfe auf der Mockerhaide. Ganz besonders lag es Friedrich, dessen Blick ohne Vernachlässigung des Nächsten stets auf das Ganze gerichtet war, noch auf dem Herzen, eine umfassende Vereinigung aller Protestanten und ein allgemeines Toleranz-Gesetz zu Stande zu bringen. Es sollte ihm nicht so gut werden. Doch beschäftigten ihn diese Dinge, wie überhaupt die Sorge um das Wohl der Kirche, auch noch im Angesicht des Todes. Als er, selbst schon aufs schwerste an der Wassersucht darniederliegend, den am 12. Oktober 1576 erfolgten Heimgang seines werthen Kaisers Max erfuhr, hatte er nur den Wunsch, den neuen Kaiser und seinen Kurprinzen Ludwig noch einmal zu sehen, „um sich mit beiden wegen des Zustandes christlicher Republik zu besprechen.“ Beim Herannahen eines Endes durfte Friedrich bezeugen: „Ich habe der Kirche zum Besten gethan, was ich konnte“- fügte jedoch demüthig hinzu, daß er nicht viel vermocht habe; Gott aber, der alles vermöge, werde die Seinen nicht Waisen sein lassen und die Gebete, die er in diesem Gemach für eine Nachfolger und die Kirche knieend gethan, väterlich erhören. „Ich habe euch lange genug gelebt – sprach er – ich muß mir auch einmal leben.“ Und wiederum: „Es berufe mich nun der liebe Gott, wann er wölle, so hab ich ein fröhlich frei Gewissen in dem Herrn Christo, dem ich von Herzen gedienet und erlebet habe, daß in meinen Kirchen und Schulen die Leute von den Menschen auf ihn allein gewiesen worden.“ Am meisten stärkten ihn Worte der h. Schrift: der 31. Psalm, das hohepriesterliche Gebet des Herrn Joh. 17, die Stellen 1. Timoth. 1, 15 und 2. Timoth. 4, 7 und 8. So entschlief er selig am 26. Oct. 1576 in dem einigen Trost Lebens und Sterbens, zu dem er sich jederzeit unwandelbar bekannt hatte. Von Person muß Friedrich eine würdige Erscheinung dargeboten haben; er trug einen starken Bart, und aus den festen, aber wohlwollenden Zügen seines Angesichts blickte ein klares, durchdringendes Auge. In seinem Familienleben war Freude und Leid menschlich gemischt: mit Marie von Brandenburg-Bayreuth lebte er bis 1567 in 30jähriger glücklicher Ehe; sie gab ihm 5 Söhne und 5 Töchter, deren Geschicke sehr verschieden waren; eine zweite Ehe mit Amalie, Witwe des Herrn von Brederode, geb. Gräfin von Moeurs, blieb kinderlos. An dem Hofe Friedrichs ging es sehr einfach zu; er schaffte sogar die „Sängerei ab“ ab und entlieh eine solche für Festlichkeiten anderswoher. Seine Zeit gehörte fast nur ernsten Dingen: dem Lesen der h. Schrift und weltlicher Geschichte, der Abfassung zahlreicher Sendschreiben und den Geschäften der Regierung, denen er mit Besuch der Kanzleien und Anhören der Unterthanen stets treulich oblag. Auch sein weltliches Regiment hatte ein strenges, sittliches Gepräge; er vereinfachte das Beamtenwesen, suchte der Verschwendung, dem Luxus und der Ueppigkeit zu steuern und gab eine „christliche“ Polizeiordnung, in welcher Heilighaltung der Sonn- und Feiertage sowie Kirchenbesuch für jedermann, „der es Leibs halben vermag“, ernstlich vorgeschrieben, dagegen Fluchen, Schwören, Zechen u. a. streng verboten war. Der Wohlstand, zu dem auch gewerbfleißige Emigranten beitrugen, blühte unter ihm in der Pfalz und die Unterthanen waren wohl zufrieden. Doch stellte Friedrich auch in weltlichen Dingen alles auf Gott und sein Wort. Dem Kaiser Max überreichte er eine ins Spanische übersetzte Bibel mit der Aeußerung, in diesem Buch sei „ein Schatz aller Schätze enthalten, nämlich die himmlische Weisheit, welche Kaiser, Könige und Fürsten anweiset, wie sie glücklich regieren sollen.“ Und als er einst gefragt wurde, warum er in seinem Lande keine Festungen baue, erwiderte er: „Eine feste Burg ist unser Gott! So haben wir getreue Unterthanen, wohlgeneigte Nachbarn und im Fall der Noth eine Anzahl solcher Kriegsleute, die nicht allein mit Wehr und Waffen, sondern auch und vornehmlich mit dem Gebet unsern Feinden widerstehen können.“ Der Mittel- und Angelpunct von Friedrichs Thätigkeit war indeß immer die Kirche; hier empfing alles von ihm den Anstoß und stand unter einer persönlichsten Leitung. Er besuchte selbst die Sitzungen seines Kirchenraths, disputierte in eigner Person auf einer Synode mit einem geistlichen Gegner einer Abendmahlslehre, und setzte als unerschütterlicher Bekenner vor Kaiser und Reich alles, was er war und hatte, für seinen Glauben und seine kirchlichen Reformen ein. Und so blieb es bis zum letzten Athemzug. Auch in dem Testament, das er nicht lange vor seinem Tod aufsetzte, sind ihm Glaube und Kirche das Wichtigste. Er legt ein ausführliches, sehr rechtgläubiges Bekenntniß ab und kennt kein höheres Anliegen, als daß seinem Volke das lautere Wort Gottes und reine Sakrament erhalten, daß christliches Leben unter allen Ständen in Eintracht gefördert werde. Der Wahlspruch Friedrichs, der in der That ein ganzes Leben beherrschte, waren die Worte: „Herr, nach deinem Willen.“ Diesen Spruch legte er auch einem, in höherem Alter abgefaßten Liede zu Grund, dem der ganze Sinn Friedrichs in seiner Frömmigkeit, Demuth und Treuherzigkeit eingeprägt ist. Wir schließen unsere Schilderung mit dem letzten Vers dieses Liedes, der so lautet:

 

Willen und Lieb zu deiner Ehr

Laß in mir wachsen täglich mehr

Bis in mein letztes Ende;

Und wann erfüllet sind die Tag,

Daß ich von hie soll scheiden ab,

Mein’n Geist nimm in dein Hände.

Dein Wort entzeuch meim Völklein nit,

Wann es dein Gnad durch die Sünd verschütt‘,

Laß mich im Fried verhüllen.

Mein Land und Leut nach meinem Tod,

Darzu der Christen letzte Not

Regier, Herr, nach dei’m Willen.

 

Ullmann in Carlsruhe.