Die Gemahlin des größten Fürsten seiner Zeit, der eine Welt mit dem Ruhm seiner Waffen und seines Geistes erfüllte, war verurteilt, ihr Dasein zwischen dem einförmigsten Stillleben, das kaum über die Grenze ihrer Hauptstadt hinausreichte, und zwischen Dingen zu teilen, welche, wie das Äußerlichste und Leerste, so das Drückendste und Traurigste im fürstlichen Berufe sind. Eine Fürstin, welche fern von ihrem Gemahle nicht einmal in den Pflichten einer Mutter Ersatz finden sollte dafür, dass sie nichts sein durfte als das glänzende Scheinbild, die bloße Schaumünze königlicher Herrlichkeit, der Mittelpunkt aller eitlen Hofpracht, wie unglücklich wäre sie gewesen, wenn sie nicht hätte ein stilles Feld der Tätigkeit gefunden, dort, wo kein Glanz des Thrones und kein Ruhm des Geistes und keine Ehre der Waffen, nur die Liebe Jesu mit Tränen zu säen und mit Freuden zu ernten vermag.
Elisabetha Christina wurde den 8. November 1715 zu Wolfenbüttel geboren, und war die Tochter des Herzogs Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern, nachher regierenden Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel, der mit seiner Nichte, der Herzogin Antoinette Amalie von Braunschweig-Blankenburg, vermählt war. Ihrer Mutter Schwester hatte, um den Kaiser Karl VI. heiraten zu können, 1707 den evangelischen Glauben abgeschworen. Ihr Großvater, Herzog Anton Ulrich, der „die Verantwortung dieses Schrittes vor Gott allein auf sich nehmen zu wollen“ erklärte, trat im Jahre 1710 selber noch im 81. Jahre zur katholischen Kirche über, ließ sich aber, als er schon nach vier Jahren auf dem Sterbebette lag, in seinem letzten Stündlein von evangelischen Predigern Trost zusprechen. Eine andere Schwester der Mutter unserer Elisabetha Christina musste sich mit dem russischen Großfürsten Alexei, dem unglücklichen Sohn Peters des Großen, aufs unglücklichste verheiraten. So unselige Folgen diese Seelenverkäuferei Anton Ulrichs hatte, so viel Unsegen er dadurch in sein Haus brachte, so mochten die Übertritte dieser Familienglieder die Übrigen gerade in ihrer Treue am evangelischen Bekenntnisse bestärken.
In der herzoglichen Familie herrschte eine wirklich religiöse Richtung, welche in der Prinzessin Elisabetha Christina für ihr ganzes Leben nachhaltig geblieben ist. Ihre frühesten religiösen Eindrücke erhielt sie im dritten Jahre an der Wiege ihres Bruders Ludwig Ernst. Kurz vor dessen Geburt sei ihr Vater zu ihr und dem älteren Bruder gekommen mit den Worten: „Kinder, eure Frau Mutter ist sehr krank, betet für sie, dass Gott sie stärken und erhalten wolle;“ wobei er mit ihnen niedergekniet sei und ein kurzes Gebet jenes Inhalts vorgesprochen habe. Nach ein paar Stunden sei er fröhlich wiedergekommen und habe sie ermahnt, Gott für die Stärkung und Erhaltung ihrer Frau Mutter und für den Bruder, den sie ihnen geboren habe, zu danken.
Der Herzog war von außerordentlich großer Gestalt, ein tüchtiger Soldat und tapfer, ein fleißiger, geordneter Haushalter, ein edelmütiger und rechtschaffener Mann lauter Eigenschaften, die ihm die Neigung des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen erwerben mussten, der von ihm zu sagen pflegte: „Er habe nur einen Freund auf der Welt, und das sei dieser Fürst.“ So ward es dem Wiener Hofe, der eine Verbindung Preußens mit England fürchtete, leicht, den König dahin bearbeiten zu lassen, dass er für seinen mit entsetzlicher Strenge erzogenen ältesten Sohn Friedrich die Prinzessin Elisabeth von Braunschweig zur Gemahlin erkor – natürlich ohne den Kronprinzen, den nachmaligen Friedrich den Großen, auch nur zu fragen. Der Kronprinz, der seine Braut noch nicht kannte, erhielt den 4. Febr. 1732 folgenden Brief von seinem Vater: „Ihr wisst, mein lieber Sohn, dass wenn meine Kinder gehorsam sind, ich sie sehr lieb habe, so wie Ihr zu Berlin gewesen, ich Euch alles von Herzen vergeben habe, und von die Berliner Zeit, dass ich Euch nicht gesehen, auf nichts gedacht, als auf Euer Wohlsein und Euch zu etablieren, sowohl bei der Armee als auch mit einer ordentlichen Schwiegertochter und Euch suche bei meinem Leben noch zu verheiraten. Ihr könnet wohl persuadiert((überzeugt)) sein, dass ich habe die Prinzessinnen des Landes durch andere so viel als möglich examinieren lassen, was sie vor Conduite (Betragen) und Education (Erziehung), da sich denn die Prinzessin, die älteste von Bevern, gefunden, die da wohl aufgezogen ist, modeste und eingezogen ist, so müssen die Frauen sein. Ihr sollt mir cito (schnell) Euer sentiment (Meinung) schreiben. Die Prinzessin ist nit hässlich, auch nicht schön, Ihr sollt keinen Menschen was davon sagen, wohl aber, der Mama schreiben, dass ich Euch geschrieben habe und wenn Ihr einen Sohn haben werdet, da will ich Euch lassen reisen; die Hochzeit aber vor zukommenden Winter nicht sein kann, indessen werde schon Gelegenheit zu machen, dass Ihr Euch etliche Male sehet in alle honneur (Ehren) doch damit Ihr sie noch lernet kennen. Sie ist ein gottesfürchtiges Mensch und dieses ist alles und comportable (verträglich) so wohl mit Euch als mit den Schwiegereltern, Gott gebe seinen Segen dazu und segne Euch und Eure Nachfolgers.“
Der Kronprinz versprach, sich dem unerbittlichen Willen des Vaters in Gehorsam zu fügen, während seine Mutter, die für eine englische Heirat eingenommen war, beständig in ihn drang, sich entschieden gegen diese Verbindung auszusprechen. Es gewährt einen tiefen Blick zum Voraus in das notwendige Unglück solcher auf äußere Berechnungen begründeten Verbindung, und nur mit Trauern kann der Christ es lesen, wenn der Kronprinz – von seinem Vater zu Religion und Gehorsam mit eben so roher als törichter Strenge angehalten, damit zur Heuchelei gezwungen und zum Freigeist erzogen – an seine Schwester schreibt: „Im Grunde hasse ich die Prinzessin nicht so sehr, als ich mir den Schein gebe; ich stelle mich, als könne ich sie nicht ausstehen, um meinen Gehorsam gegen des Königs Willen um so auffallender zu machen. Sie ist hübsch, hat eine Farbe wie Lilien und Rosen, feine Züge und ein wirklich schönes Gesicht; sie hat zwar keine Erziehung und kleidet sich sehr schlecht, aber ich schmeichle mir, dass wenn sie erst da ist, Ihr so gut sein werdet, sie zu bilden.“ An den Unterhändler seines Vaters schrieb er: „Ich habe keine Abneigung gegen die Prinzessin, sie ist eine gute Seele, ich kann ihr nicht böse sein, aber niemals kann ich sie lieben.“ Wirklich bezeigte sich der Kronprinz, als die Prinzessin mit den Ihrigen 1732 nach Berlin kam, so gegen dieselbe, dass man eine unglückliche Ehe weissagen musste, und der österreichische Hof, in seiner Furcht vor einer englischen Verbindung, um so mehr Allem aufbot, die Verlobung zu beschleunigen. Nie konnte aber auch Friedrich der Große dieses Freundschaftsstück dem Wiener Hofe verzeihen. Noch dazu fand dieser Hof bald darauf sich sogar dahin bestimmt, dem Londoner Hofe zu lieb, für den er indes gewonnen war, jetzt plötzlich die Verheiratung Friedrichs mit einer englischen Prinzessin anzusinnen! Entrüstet über solch ein Betragen antwortete der ehrenfeste König: „keine Vorteile in der Welt könnten ihn bewegen, seiner Ehre und seinem Fürstenworte einen solchen Schandfleck anzuhängen, und die in 24 Stunden zu vollziehende Hochzeit aufzuschieben oder gar zu verändern.“
So wurde die Vermählung am 12. Juni 1733 gefeiert. Der Abt Mosheim hielt am nächsten Sonntage die besonders verordnete Einsegnungspredigt über Psalm 112, 1. 2. lang und mager „von dem Segen des HErrn über die Ehen der Gerechten.“ Die italienische Oper aber führte „den Spiegel der Treue“ auf, Lustspiele, Hof- und Soldatenpracht mussten weltlichen Ersatz für den Mangel an menschlicher und göttlicher Freude an dieser Verbindung ersehen.
Die Herrschaften zogen nach Berlin, die Neuvermählte mit ihren Eltern, der Kronprinz an der Spitze seines Regiments; empfangen wurde die Kronprinzessin vom Hofe in Potsdam nach höfischer Sitte, und nur vom König aufrichtig und freundlich. Des Kronprinzen Schwester, die Markgräfin von Bayreuth, eine Frau von überlegenem Geiste, schildert die Neuangekommene als „groß, aber von schlechter Haltung und schlechtem Wuchse, von blendend weißer Haut, gehoben durch lebhafteste Farbe; die Augen von blassem Blau ohne viel Geist; der Mund klein; alle Züge niedlich ohne schön zu sein; das ganze Gesicht reizend und kindlich; die Haare blond und natürlich gelockt; aber alle diese Schönheiten durch schlechte, schwarze Zähne entstellt und das Benehmen von wenig Anstand, mit viel Unbehilflichkeit im Sprechen“ und so fort.
Da stand denn das arme Opfer, mehr auf eine Schlachtbank als auf einen Thron geführt; vom Gemahl ungeliebt, in ihrem tieferen Kern von Wenigen erkannt, in ihrer reinen Seele vom ganzen Hofe ungewürdigt, eine geduldete Dulderin fürstlicher Laune und höfischer Unnatur.
Die ersten Jahre ihres Ehestandes verlebte die junge Kronprinzessin mit ihrem Gemahle zu Ruppin und Rheinsberg. Ihr ganzes Leben hindurch hatte sie nur einen Wunsch, den Willen und Wunsch ihres von ihr über Alles bewunderten Gemahles zu wissen, zu erraten und zu erreichen. In ihren vielen Briefen an ihn ist sie immer „seine ganz ergebene, ganz gehorsame, ganz getreue Gemahlin und Dienerin Elisabeth.“ Derselbe erkannte dies immerhin an und ob er ihr auch nie in Liebe zugetan gewesen ist, so lebte er doch die zehn ersten Jahre ehelich mit ihr. Er erklärte einmal in einem vertrauten Briefe, er müsste der schlechteste Mensch auf der Welt sein, wenn er sie nicht wahrhaft schätzen würde, denn sie sei so gar sanften Gemütes, suche bis zum Übermaß sich ihm gefällig zu machen, schon von weitem ihm mit dem zuvorzukommen, was ihm angenehm sein könnte, und sei so gelehrig, wie man es nicht mehr sein könne.
Der Kronprinz teilte seine Beschäftigungen ein in nützliche und angenehme. Zu letzteren gehörte die Musik, das Schauspiel, die Mummerei1 ›im Zusammenhang mit Fasnachtfeiern, Festen inszenierter Aufzug, Umzug Verkleideter‹; generell: ›aufwendige Lustbarkeit, kurzweiliges Spiel, buntes Treiben, Narretei‹; und Schmauserei. Den ernsthafteren und nützlichen, nämlich der Philosophie, Geschichts- und Sprachenkunde, den Wissenschaften, die ihn zu seinem künftigen Berufe fertig machen und ihm glänzende Musterbilder dafür darreichen konnten, gab sein großer Geist immer den Vorzug. Auch die Kronprinzessin war an die Unterhaltung mit Gelehrten schon am Hofe ihres Großvaters gewöhnt, aber freilich von Voltaire hatte sie kaum sprechen hören und den Bayle hatte sie nicht gelesen. So ließ sich die gute Seele ihrem Manne zu lieb von ihrem französischen Lehrer dasjenige bezeichnen, was sie ohne Anstoß in Bayle, dem Zweifler und Spötter lesen konnte, und bald hieß es boshaft genug zum Lohn für solche Hingebung: Friedrich und seine Gemahlin wüssten zusammen jenes große Werk auswendig, weil die unschuldigen Artikel, welche die Kronprinzessin am besten kannte, diejenigen wären, welche der Prinz am wenigsten lese. Doch sie tat ihr Bestes, las die alten Klassiker, trieb französisch, besuchte in ängstlicher Rücksicht das deutsche Theater nicht, das ihr Gemahl nicht beschützte, wechselte Briefe, übte die Kunst des Malens, Zeichnens und Radierens, legte für den Kronprinzen auf dessen Wunsch oftmals Bitten beim gestrengen königlichen Herrn Vater ein, der ihr immer wohlwollend, wenn auch öfters abschläglich antwortete und es besonders gnädig aufnahm, wenn sie ihm Braunschweiger Mummenbier, Würste und dergleichen Gegenstände aus der Hauswirtschaft mit der Versicherung übersandte, dass sie sich alle mögliche Mühe für ihr Hauswesen gebe, wofür der König ihr wieder Wildpret, Austern, eine neue Büchse zum Scheibenschießen und gelegentlich Erlaubnis und Vorspann-Pferde zu einer Winterreise nach Berlin sendet.
Ihre kindliche Einfalt konnte freilich nie dem hohen und starken, durch eine tote, dürre Rechtgläubigkeit von Christentum und Kirche zurückgeschreckten, an Voltaire und Bayle genährten Geiste Friedrichs genügen, sie musste froh sein, wenn er sie als gutes Kind gewähren ließ. Es ist rührend, mit welcher Treue und Liebe sie dann an ihm hing, zu seinen Gunsten beim Vater vermittelte und diesen versicherte, wie er an dem Kronprinzen einen so guten und ergebenen Sohn habe, dass sie unglücklich sei, wenn sie höre, der König bezeige sich ihm nicht so gnädig als er’s verdiene, und dass sie es für die größte Gnade gegen sie selbst achte, wenn er dem Prinzen nur ein wenig sein Wohlwollen schenken wolle.
Letzteres geschah denn auch immer mehr und in dem Grade, als die Kronprinzessin zur Herstellung des Verhältnisses zwischen Vater und Sohn beitrug, so wie in dem Maße, als in der Umgebung Friedrichs ihre weltliche und höfische Bildung fortschritt, gestaltete sich ihr eheliches Verhältnis freundlicher und selbst dahin, dass man sogar einmal von einem Einfluss der Kronprinzessin auf ihren Gemahl sprechen konnte.
Da starb der König in Potsdam nach viermonatlicher Krankheit den 31. Mai 1740. Der kleine Rheinsberger Hof hatte mit Ungeduld auf die Todespost gewartet und begrüßte nun die Prinzessin, welche die Todesnachricht am frühen Morgen erhalten hatte, nachdem die Oberhofmeisterin ihr vorsorglich ein niederschlagendes Pulver gereicht, feierlich als Königin, „die Bezeigungen des Mitleids waren kurz, aber desto länger die Glückwünsche.“ Achtzig Postpferde führten die junge noch nicht fünfundzwanzig Jahre alte Königin mit ihrem Tross nach Berlin. Die Tore der höchsten Ehren dieser Erde taten sich ihr auf, um ihr für immer das irdische Glück zu verschließen. Wie auf jenem römischen Grabsteine konnte über den Ehrenpforten, durch die sie zum Throne emporstieg, die Inschrift stehen: „Ich habe den Hafen gefunden, lebe wohl Hoffnung und Glück!“
Friedrich stellte die ihm aufgedrungene Gemahlin dem versammelten Hofe im Schlosse zu Berlin mit den Worten vor: „Das ist Ihre Königin.“ Er ließ es nicht an einem angemessenen Hofhalt für sie fehlen. Auch für einen glänzenden Schmuck der jungen Königin wurde gesorgt, sie durfte den dritten Edelstein in Europa ihr Eigentum nennen. Bald nach der Thronbesteigung schenkte der König seiner Gemahlin das Lustschloss Schönhausen. Nun war sie versorgt; sie hatte Alles, nur keinen Gemahl.
Nie durfte sie denselben auf Reisen begleiten, in mehr als fünfzig Jahren hat sie Berlin kaum dreimal verlassen, auch ihr Geburtsland nie wieder gesehen. Nach Sanssouci, dem geistigen Herrschersitze des gekrönten Philosophen kam sie niemals, nur einmal war sie in Potsdam. Auch ihr geliebtes Rheinsberg sah sie nur noch einmal wieder, als sie im Jahre der Thronbesteigung ihrem Gemahl dorthin folgte; das war zugleich das einzige Mal, dass sie, außerhalb Berlin, noch längere Zeit mit dem Könige in einem Hause gelebt hat.
Die Gemahlin Friedrichs des Großen verlebte ihre besten Stunden zu Schönhausen in frommer Betrachtung, in wissenschaftlicher Beschäftigung und in stillem Dulden. Mit dem Glanze der Krone war ihr das wenige Glück entschwunden, dessen sie als Kronprinzessin in dem vertrauteren Umgange mit ihrem vielgeliebten und einzig verehrten Gemahl genossen hatte. Kindersegen war ihr von Gott nicht beschert.
So vertrauerte sie ihr Dasein gleich einer Witwe einsam und nicht einmal einsam, wie ein stilles Gemüt als letzten Trost es sich wünschen mag. Der Königspalast mit seinen rauschenden Festen und prunkenden Bräuchen gab ihr keinen Frieden und ließ ihr keinen Frieden.
Man begegnete der Königin mit Ehrerbietung; aber auch das nicht einmal von allen Seiten. Schmerzlich empfand ihr zartes Gemüt die Entfernung ihres Gatten, doch bewahrte sie bei aller Wehmut darüber ihre Liebe zu dem Könige, dessen Herz sie nicht anzuklagen vermochte, während sie in den Ränken und Zettelungen, welche in der Familie ihr und ihrem Glücke entgegenwirkten, die Hauptschuld ihres Unglücks suchen musste. Die Kriege, welche der König führte, entfremdeten das königliche Paar so völlig, dass sie sich endlich auch an dieses Verhältnis gewöhnte. Ihrer innern Würde sich bewusst, ertrug sie die äußern Ehren, welche der König ihr Gemahl ihr als einer „dem Staate unentbehrlichen Person“ wiederfahren ließ. Sie spielte die ihr auferlegte Rolle selbstlos in treuer Hingebung.
Die Königin war übrigens nicht einmal im Stande, mit dem ihr zugewiesenen Gelde auszureichen; sie musste Anlehen machen; der König, der ihre Sparsamkeit anerkennen musste, war dann wohl auch so billig, ihre Schulden zu bezahlen, so oft die Staatseinkünfte nämlich es gestatteten. Da suchte die arme Frau selbst durch das Spiel in der Lotterie ihre Lage zu verbessern, damit sie ihre Schulden ohne Belästigung ihres Gemahls tilgen könnte. Aber das Glück war ihr nicht günstig.
Im Übrigen war der König in seinen Briefen an sie so zärtlich, als man in Briefen nur sein kann. Er zeigte sich in Krankheitsfällen teilnehmend für sie besorgt, gab ihr Ratschläge und sandte z. B. als ein offener Fuß sich schließen wollte, plötzlich ein eigenhändiges Schreiben an den Doktor Müzell, worin er sagt, „er vernehme mit äußerster Betrübnis, dass es mit der Königin bedenklich stehe, wenn nicht schnelle Hilfe komme; er ersuche ihn unverweilt, sich mit zwei andern vorzüglichen Ärzten in Berlin zu beraten und nicht zu vergessen, dass es sich um eine sehr teure, für den Staat, für die Armen und für ihn unentbehrliche Person handle.“ Stets dankte er ihr auch verbindlich für Aufmerksamkeiten, gab ihr immer die ersten Nachrichten vom Schlachtfelde, ließ sich bei seiner siegreichen Heimkehr ihre zärtlichste Bewillkommnung gefallen und feierte die Festlichkeiten mit, die sie hin und wieder in ihrem Palaste an Geburtstags- oder Friedensfeiern gab; denn sie war ja diejenige, der er nicht böse sein konnte und welche er brauchte, um den Hof des Landes halten und die Ehren seines Hauses vor der Welt darstellen zu lassen.
Wenn aber Mitglieder der Familie und fremde fürstliche Frauen zu Zeiten in Potsdam vom Könige empfangen und feierlich bewirtet wurden, so wurde die Königin niemals dazu eingeladen. War er einmal krank in Potsdam, so verging sie in Sorge, aber sie durfte es nicht wagen, ihn zu besuchen, kaum, um die Erlaubnis zu einem Besuche zu bitten. Sie konnte nur aus der Ferne für ihn wünschen, hoffen und beten. Selbst bei Taufen der Prinzen und Prinzessinnen, welche in Potsdam stattfanden, war die Königin nicht anwesend. Ihr fünfzigjähriges Ehejubelfest (12. Juni 1783) wurde weder bei Hof noch im Lande gefeiert. Eine dazu bestimmte Gedächtnismünze wurde nicht geprägt, nur in Kupfer gestochen. Ein schlechter Holzschnitt dagegen, der die eheliche Wiedereinsegnung des Königs und der Königin darstellen sollte, wurde gleich beim Erscheinen verboten und daher sehr teuer verkauft.
Niemals besuchte der König ihr Schönhausen. Sie musste von den Herrlichkeiten in Potsdam und Sanssouci so viel hören, manch eine erzählte ihr recht geflissentlich und boshaft von dem Paradiese, vor dessen Pforten der böse Geist Voltaires mit beißendem Schwerte Wache hielt, dass sie es nicht einmal sehen durfte; sie musste getrennt leben von ihrem Herrn und Gemahl, den sie so liebte, dem sie ihr Leben opfern wollte. Ach warum mussten die Tage von Rheinsberg für immer vorbei sein, warum musste sich Alles so ändern, klagte sie; aber das versprach sie sich selbst: „mein Herz soll sich niemals ändern, ich werde für Ihn immer dieselbe sein und nur die Hoffnung, es werde sich wieder zum Bessern ändern, erhält mich noch aufrecht.“
Vom Könige verlassen, sah sie sich auch sonst vereinsamt und missachtet. So viele gingen nach Potsdam und blieben um den König mit Widerwillen, sie, die dort ihr höchstes Glück gefunden hätte, musste wegbleiben und allein sein. In zweiundzwanzig Jahren war der König nur zweimal bei dem Geburtsfeste seiner Gemahlin anwesend. In der Regel war seine einzige Aufmerksamkeit für diesen Tag, dass er einige Tage vorher oder nachher nach Berlin kam, und Geschenke mit einigen Zeilen sandte, die sie dann unaussprechlich glücklich machten.
Wenn sie nun z. B. am Vermählungsfeste ihrer Schwester in grünsamtnem über und über mit Diamanten besäten Prachtgewande erscheinen musste, vier Hofdamen die ganz mit Edelsteinen besetzte Schleppe trugen, ihr ganzer Kopfputz überall mit diamantenen Haarnadeln geziert war und „der dritte Edelstein Europas“ sich auf ihrem Haupte erhob, „wie die Sonne mitten unter ihren Sternen,“ wenn dazu die Höflinge rühmten, die Schönheitsgöttinnen selber schienen ihren Putz und Anzug geordnet zu haben, wenn sie auf goldenen Prunkgefäßen im Werte von 1.300.000 Talern mit zu Abend aß – wenn an großen Soldatenschauspielen die Armee alle ihre Ehrengrüße vor der Königin entfaltete – war das Ersatz für verlorenes Liebesglück und verlorene Lebensfreude?
Nachdem ein treues Herz, in das sie das ihrige ganz ausschütten konnte, dessen Ruhm und Liebe ihr Leben verherrlichte, nämlich ihr Bruder Ferdinand, das geliebteste Glied ihrer eigenen, zärtlich geliebten Familie auf dem Felde der Ehre gestorben war, blieb ihre Schwester, die Prinzessin von Preußen, ihr die treuste und zärtlichste Freundin an ihrem eigenen Hofe. Immer jedoch schlugen ihr auch andere Herzen warm entgegen; sie war so glücklich Liebe geben und nehmen zu dürfen.
Über Alles aber stand ein Herz ihr offen, das nicht bricht, wenn alle brechen, das nicht stirbt, wenn alles Irdische schwindet und verblüht. „Stütze dich auf mich und glaube, hoffe, lieb und fürchte mich,“ sprach Der, welcher überm Staube alles Irdischen steht, auch zu dieser frommen Seele. Ihre Lieblingsbeschäftigung war das Lesen erbaulicher Schriften und um „desto tiefer in den Geist derselben einzudringen, den Sinn der Verfasser ganz zu erschöpfen und sich ihren Inhalt völlig eigen zu machen“, übersetzte sie mehrere derselben ins Französische, unter andern die Schrift: „Der Mensch, Gottes Freund“, „Sturms Betrachtungen auf alle Tage der Woche“, Spaldings „Bestimmung des Menschen“, Crugotts „der Christ in der Einsamkeit“. Sie widmete diese geistigen Erzeugnisse ihres Stilllebens ihren Geschwistern und nahen Verwandten, selbst einigen Frauen ihrer Umgebung, ihrem Gemahl sie zu widmen, unterstand sie sich nicht, kaum wagte sie die neu erschienenen Werke ihm zu übersenden. In den Büchersälen von Potsdam finden sie sich nicht vor, nicht einmal sind sie in der Berliner königlichen Bibliothek vorhanden, und die vorhandenen sind nicht unmittelbar von ihr dahingekommen. Diesen Werken fügte sie besondere Vorreden bei, die wie die Zueignungsschriften selbst von dem innern Leben der Königin zeugen. Unter der Vorrede ihrer Übersetzung von Gellerts Oden und Liedern unterschrieb sie sich als „eine wahre Freundin des menschlichen Geschlechtes.“ Gellert war überhaupt ihr Lieblingsschriftsteller und sie freute sich immer, mit ihm in einem Jahre geboren zu sein. In der Vorrede zu ihrer Übersetzung von Sturms „Betrachtungen über die Werke Gottes im Reiche der Natur und der Vorsehung“, die sie in hohem Alter vollendete, unterzeichnete sie sich mit ihrem alten Rheinsberger Namen ihrem Gemahle zu lieb, der sich von seinem dort gestifteten Orden le Constant, der Beharrliche nennen ließ, hieß sie sich Constance, „die Beharrliche,“
Sie hatte es empfunden und erfahren: „Durch Stillesein und Harren werdet ihr stark sein.“ Sie war glücklich genug, dass der Gemahl, mit dem sie nicht gemeinsam das heilige Feuer auf dem Altare des Herrn in und außer ihrem Hause hüten konnte, auch ihr doch die Erlaubnis ließ, „nach ihrer façon selig zu werden.“
Während das Berliner Königshaus sich zur reformierten Lehre bekannte, blieb sie dem lutherischen Bekenntnisse treu. Sie suchte in ihre Umgebung auch Ehrenfrauen ihres Bekenntnisses zu bekommen. Es war damals in Berlin noch alte Zucht und kirchliche Sitte; vornehm und gering pflegte des öffentlichen und häuslichen Gottesdienstes. Darin ging die Königin ihrem Hofe und ihrer Hauptstadt rühmlichst voran. Die Kirche wurde von ihr immer fleißig besucht; fast alle Sonntage wurde in Gegenwart des Hofes Gottesdienst in ihren Gemächern gehalten. Drei bis vier Mal des Jahres genoss sie mit dem Hofe das Mahl des Herrn. Zu ihren liebsten Predigern gehörte Spalding, der Prediger einer „richtig erkannten und warm gefühlten Religion“, Teller, Töllner, Sack, Ermann. Ihre Gottesfurcht, ihre christliche Mäßigung bei allen den Zerstreuungen, denen sie sich als Hofhalterin des Königs unterziehen musste, ihre Menschenliebe, Gerechtigkeit, Seelengüte dienten namentlich den bessern Familien vom Adel zu leuchtendem Beispiel. Die würdigsten lutherischen Geistlichen wählte sie zu ihren Beichtvätern. Es war nicht die übliche Schmeichelei, wenn man sie eine Königin nach dem Herzen Gottes nannte und es öffentlich rühmte, wie viel Gutes für Verstand, Religion, Herz, Sitten und Wohlfahrt in allen Ständen durch ihr hohes Beispiel und tätige Wirkung gegründet und befördert wurde.
„Erhalte die Mutter dieses Landes, welche in der Not für uns gebetet“, flehten die Israeliten in der Friedenspredigt von 1763 für ihre Königin.
Ihre Frömmigkeit war eine helle und freudige ohne Einseitigkeit und Empfindelei. Schon ihre Beschäftigung mit den besten Schriftstellern des Altertums, sowie ihre rege Teilnahme an sonstigen Förderungen des öffentlichen Wohles bewahrte sie davor. Sie setzte der Realschule in Berlin eine Summe für Freischüler aus, die noch jetzt ausbezahlt wird. Am Rande des schönen Tannen und Buchenwäldchens in ihrem Schönhausen legte sie eine Siedlung von Ausländern, meist Böhmen an, die kleine Ortschaft heißt noch jetzt Königin-Plantage oder Schönholz. Für die Kinder der Ansiedler gründete sie eine Freischule. Sie sorgte angelegentlich für Förderung des Waldanbaues in der sandigen Gegend zum Besten des Landes und der angrenzenden holzbedürfenden Untertanen. Die lebhafteste Teilnahme bezeugte sie der menschenfreundlichen Anstalt für Taubstumme, welche der Doktor Eschke in Schönhausen gründete.
So war ihr Glaube in Liebe tätig. Von den ihr ausgesetzten 41.000 Talern wandte ihre Milde jährlich vierundzwanzigtausend Taler der Armut zu. Lieber entzog sie sich selbst etwas, um nur dem Notleidenden einigermaßen helfen zu können. Die Königin hatte eine Lieblingsneigung für vorzügliche Perlen. Einst bot man ihr einen Halsschmuck davon zum Kaufe an, wie sie selbst noch keinen schöneren gesehen hatte. Unentschlossen ließ sie den Schmuck bei sich liegen. In einer einsamen Stunde, in welcher nur wenige Kammerfrauen sie umgaben, fiel das Gespräch auf die kostbaren Perlen. Die Königin besah sie nochmals mit vielem Vergnügen und mit lächelndem Munde sprach sie zu den Umstehenden: „Ob ich sie wohl kaufe?“ „Ihro Majestät können es ja,“ sprachen diese. „Sie geben Andern so viel, warum sollten Sie diese Summe nicht an Ihr eigenes Vergnügen wenden?“… „Nehmet sie hinweg,“ antwortete die hohe Frau, „dass ich sie nicht mehr sehe! Sie gefallen mir, aber für das Geld, das sie kosten würden, kann ich noch vielen Armen Gutes tun.“
Es war ihr so schmerzlich, wenn sie Bittschriften, die gewöhnlich in großer Menge bei ihr einliefen, ankommen sah, ohne dass sie im Stande war, alsbald helfen zu können, denn das wusste sie, dass, wer bald gibt, doppelt gibt und späte Hilfe oft gar keine ist. Sie hörte immer ungern von ihren Wohltaten sprechen, sie gab im Verborgenen und wollte die Linke nicht wissen lassen was die Rechte tat.
In ihrem eigenen Unglücke war sie glücklich im Glücke Anderer. Es machte ihr die höchste Freude, ihren schönen Schlossgarten von recht vielen fröhlichen Menschen belebt zu sehen. Schien ihr der Garten leer, so fürchtete sie alsbald, eine Eigenmächtigkeit der Dienerschaft sei schuld und ließ öfters ausdrücklich dem Türhüter sagen, doch ja jeden Menschen in ihren Garten einzulassen. Leutselig und freundlich sprach sie mit den ihr Begegnenden. Aufs Liebreichste unterhielt sie sich mit den taubstummen Zöglingen des Doktor Eschke.
So war der Hauptzug in ihrem Charakter innige, herzliche Frömmigkeit, die sie in demütigem Wohltun und Dulden bewährte. Die Leidenschaft, die Feindseligkeit, der Neid, das giftige Spiel der Ränke war aus ihrem stillen Kreise verbannt, ihre fromme Seele bot keinen Boden für solche Drachensaat. Immer war sie in Beschäftigung, die nie ermattet und sie rühmte noch im hohen Alter das unschätzbare Glück, dass sie sich früh gewöhnt habe, tätig zu sein, sich Kenntnisse zu sammeln und Fertigkeiten zu verschaffen, die sie in den Stand setzten, sich in der Einsamkeit zu beschäftigen. Ihre Büchersammlung, ihr Schreibtisch, der Genuss der Natur und künstliche Handarbeiten füllten die Zeit aus, die ihr von den Bräuchen und Festen des Hofes, vom Gottesdienste und Wohltun übrig blieb. Kein Wunder, dass sie, die also Liebe säte, auch Liebe erntete. Mit reinem Gewissen konnte sie am Ende ihrer Laufbahn sagen: „Gott hat mich gnädig bewahrt, dass ich mir keine Handlung vorzuwerfen habe, durch die irgend ein Mensch mit meinem Wissen an seinem Glücke gelitten hätte.“
Ihr Leben war Leiden und Lieben; Lieben aber und Leiden ist Gottes Art. Wahrhaftig, ihres Lebens Zweck war doch nicht verfehlt!
Nachdem mancher Tod ihr manches Leid gebracht, kam ihr am Morgen des 17. August 1785 die Botschaft vom Tode des großen Königs, dessen Liebe und Bewunderung sie unwandelbar in treuem Herzen trug. Sie war tief erschüttert und ganz Trauer über den großen Toten, dem sie in ihrem Gemüte nichts zu vergeben hatte. Nachdem den Anforderungen des Hofbrauches genügt war, trat sie zurück aus dem öffentlichen Leben. Mit aller Würde hatte sie 46 Jahre lang den Hof des Landes gehalten und den ersten Platz der Ehre nach dem König und für den König eingenommen, es war ihrem demütigen, gottesfürchtigen Sinne eine Luft, auf dem zweiten Range die ersehnte Ruhe zu finden. Der neue König wie das ganze Land bewahrte ihr die Verehrung, die ihr Gemahl ihr in seinem von ihm selbst geschriebenen Testamente vom 8. Jan. 1769 vermachte. „Der Königin, meiner Gemahlin,“ so heißt es darin, „vermache ich zu ihren bisherigen Einkünften noch eine jährliche Zulage von 10.000 Talern, zwei Fass Wein jährlich, freies Holz und Wildpret für ihre Tafel. Ihre Residenz mag Stettin dem Namen nach sein. Doch fordere ich zugleich von meinem Neffen, ihr eine anständige Wohnung im Berliner Schlosse frei zu lassen; auch wird er ihr jene Hochachtung beweisen, die ihr als der Witwe seines Oheims und als einer Fürstin, die nie vom Tugendpfade abgewichen, gebührt.“
König Friedrich Wilhelm II. besuchte oftmals seine Muhme, und mit ihr den Gottesdienst in Schönhausen, nahm bei ihr das Mittagsmahl ein und wusste im Jahre 1793 vom Kriegsschauplage heimkehrend, gerade an ihrem Geburtstage in Berlin wieder einzutreffen. Auch von fremden Gesandten wurde ihr fortwährende Aufmerksamkeit zu Teil.
Im Jahre 1790 war Elisabetha Christine fünfzig Jahre Königin gewesen. Der Tag ging bei Hofe ohne besondere Feierlichkeit vorüber; sie feierte dafür im selbigen Jahre ihren fünfzigjährigen Besitz von Schönhausen.
Bis in ihr höchstes Alter nahm sie lebhaften Anteil an den Angelegenheiten der Familie und den Ereignissen der Zeit. In Schönhausen, in Charlottenburg und Berlin war sie bei den Festlichkeiten zugegen, nur nach Potsdam kam sie auch als Witwe niemals. Die Geister von Sanssouci hatten kein Teil an ihrer kindlichen Seele.
Zehn Jahre vor ihrem Tode setzte sie ihren letzten Willen in deutscher Sprache auf, die ihr freilich gar nicht geläufig war. Ihr ganzes Wesen spiegelt sich in der Art, wie sie über ihre Bestattung bestimmte. „Wahn ich aus dieser Wehlt Wehrde sein und meine Sehle in der Glücksehliegen Ewigkeit, so ist meine Wille, das man meinen Körper nicht öffnen sol und mir anlassen mein nacht Neglische und darüber in einen Laken schlagen und in Leinewahnd kleiden, und auf dehm kopf ein Nacht Kopzeug, Welges ich auch des Morgens auf habe, Mein sarg sol ganz schegt ausgeschlagen Wehrden und ganz ordinären sarg von Eigenholz oder schwarz Gebeitz mit versilberte simple Griffe. Ich verlange Das man mir nicht in Parade sezet Und auch von keinem Menschen mich sehen lassen, als vor diejenigen, die es nicht verhüten können, bey mir zu sein, auch nicht zu frue Begraben wahn es sein kan und angeht 8 Tage nach meinem Tode. auch ist mein Wille, Gang in der stille Begraben zu Wehrden, Meine Hofstat kan mir folgen; man kan mir hintragen, Wahn es nicht zu Beschwerlig vor die Träger ist, weil es ganz nahe Bey dehn Dohme ist, kan ich getragen Wehrden, sonst auch Wehn man Wil, auf einem Wagen gesetzt Wehrden, und ist mein Wille und letzete Bitte keine öffentliege Zeremonie Machen. Möchten.“
So hatte sie Alles geordnet und der milde Bote des Friedens durfte sie heimrufen, wann er wollte. Nur zwölf Tage dauerte ihre letzte Krankheit. Noch musste sie den von ihr sehr geliebten zweiten Sohn des Königs vor ihr heimgehen sehen. Zu denen, die ihr Hoffnung zur Wiederherstellung machten, sagte sie: „Ich habe lange genug gelebt, ich habe der Güte Gottes viel zu danken. Nun kann ich mir und Andern durch länger Leben wenig mehr nützen. Jenseits wird mir wohler sein.“ Mit mütterlicher Herzlichkeit gab sie kurz vor ihrem Tode den treuen Gefährtinnen ihres Alters den letzten Segen; sie wusste, „diese werden sie nicht vergessen.“ Sie entschlummerte am 13. Jan. 1797 Abends nach 8 Uhr in einem Alter von 81 Jahren. Ganz wie sie es angeordnet, wurde ihre irdische Hülle am 20. Januar 1797 Abends 8 Uhr in die stille Gruft der Domkirche beigesetzt. Ihre schönste Grabschrift mögen wir lesen in der Zueignung der von ihr (1777) verfassten kleinen Schrift: Neujahrs-Gedanken und Betrachtungen über die Sorgen, welche die Vorsehung für die Menschen trägt und über die Wege voll Güte, auf denen sie dieselben leitet. Ich weiß, o Herr,“ sagt sie zum Schlusse, dass ich bisher in Deinem Bunde und unter Deinem Schutze war. Nichts ändert Dein Mitleid gegen mich, Du trägst mich mit Vaterhänden, Du führst mich auf Deinen Wegen nach Deinem Rat und nimmst mich endlich zu Ehren an, ja Du nimmst mich nach vollendetem Laufe verklärt in Deine Freude auf.“