John Knox, der Reformator Schottlands, machte öfters einen Besuch bei Lord Ochiltree, und predigte ihm und seiner Familie, so wie denen, die sonst sich zusammenfanden, das Evangelium. Eine Kammer mit Bette, Tisch, Stuhl und Leuchter stand allezeit für den Propheten bereit, auf daß wenn er käme, er sich dahin thäte (2 Kön. 4, 10.) Eines Abende sagte die Frau vom Hause zu ihm: „Herr Knox! mich däucht, Euch fehlt ein Weib.“ Er gab ihr zur Antwort: „Madame! mich däucht, keine wird einen Mann nehmen mögen, der so viel umherirren muß, wie ich.“ Sie aber erwiderte: „Herr Knox! wenn nur das Euch Bedenken macht, so will ich mich umthun, um bis Ihr wieder kommt Euch Bescheid zu geben.“
Die Dame, die durch Knox‘ Predigt gläubig geworden und daher ihm sehr zugethan war, wandte sich an ihre älteste Tochter, und sagte ihr, sie könne glücklich werden, wenn sie Knox heirathe, der werde ein großer Reformator und eine Zierde der Kirche werden. Allein diese verachtete das und meinte, ihre Mutter werde ihr doch etwas besseres gönnen, als einen armen Reiseprediger. Die Mutter wandte sich an die zweite Tochter und erhielt von ihr die nämliche Antwort. Da ging sie zur dritten Tochter, einer Jungfrau von 19 Jahren; die sagte: „Gern wäre ich Willens, ihn zu heirathen, aber ich fürchte, er wird mich nicht nehmen.“
„Wenn nur das dir Bedenken macht, so will ich dir bald Bescheid verschaffen,“ erwiderte die Mutter. Am folgenden Abend sagt sie zu ihrem Gaste: „Herr Knox, ich habe mich umgethan, um ein Weib für Euch zu finden, und weiß jetzt eine, die willig dazu ist.“ -, Welche meint Ihr, Madame?“ fragte Knox. – „Meine jüngste Tochter, die neben Euch am Tische sitzt,“ erwiderte sie. – Knox wandte sich nun an die Jungfrau und fragte: „Mein Kind, bist du willig, mich zu heirathen?“ „Ja Herr!“ war ihre Antwort, „ich fürchte nur, Ihr werdet mich nicht nehmen wollen.“ Er sagte: „Mein Kind, wenn du dazu willig bist, so mußt du’s wagen auf Gott, wie ichs auch thue. Ich ziehe oft zu Fuße durch’s Land, habe nichts bei mir als einen Ranzen mit einem Hemde, einem reinen Kragen und einer Bibel darin; du magst dann noch etwas mit hineinthun für dich und mit mir ziehen; wenn ich dich heiße den Ranzen nehmen, so mußt du’s thun, und mußt gehen wohin ich gehe, und zu Nacht bleiben, wo ich bleibe!“ „Herr,“ sagte sie, „dies Alles will ich thun.“ „Kann ich mich auf dein Wort auch verlassen?“ fragte er. „Ja Ihr könnet,“ antwortete sie.
So ward die Heirath geschlossen. Die Beiden lebten glücklich zusammen und hatten mehrere Kinder. Als sie in Genf wohnten, wohin Knox um des Glaubens willen eine Zeit lang entweichen mußte, ging er einst mit ihr einen Berg hinan. Da erreichte sie vor ihm den Gipfel, mit dem Ranzen auf dem Rücken, setzte sich dann nieder und fragte: „Nun mein lieber Mann, siehst du, daß du dich auf mein Wort verlassen konntest?