Hedwig, Herzogin von Schlesien.

geb. 1174. gest. 1243.

Ihr Vater war der berühmte Herzog Berthold IV. von Meran, ein Enkel Kaiser Arnulfs, aus Karls des Großen Hause; seine Besitzungen erstreckten sich von den Ufern des adriatischen Meeres bis zum Fichtelgebirge. In unzähligen Klöstern rühmten zahlreiche Mönche den Edelmut, die Andacht und den frommen Eifer der Fürsten dieses Hauses.

Geboren im Jahre 1174 wuchs Hedwig unter den Beispielen dieser fürstlichen Frömmigkeit und unter den Erzählungen von den Leiden und Freuden Gott-verherrlichter Heiligen heran, und ihre Mutter durfte sich an der Bescheidenheit, an dem brennenden Eifer zu frommen Übungen und an den innigen Gebeten ihrer jungen Tochter erbauen. Schon in ihrem zwölften Jahre (1186) wurde sie mit dem achtzehnjährigen Sohne des Herzogs von Schlesien, Boleslaus des Hohen, einem Jüngling voll Feuer und Heldenkraft, wie voll Frömmigkeit und adeliger Sitte, verheiratet.

Die junge Hedwig war in dem schönen Breslau, das eine der schönsten bischöflichen Hauptkirchen hatte, geliebt vom Gatten, hochverehrt vom Volke, angebetet von den Armen, denen sie zahllose Wohltaten spendete. Sie hatte drei Söhne, die zwei jüngeren arteten leider schnöde aus, desto mehr hing ihr Herz an dem ältesten Sohne, dem milden, frommen und edlen Heinrich. Im Jahre 1201 bestieg ihr Gemahl den Thron seines Vaters. Er ließ ihr jetzt ganz freie Hand zu ihren klösterlich frommen und barmherzigen Werken. Unter ihren Händen bekam das noch rohe Schlesien bald ein freundlicheres Ansehen, und nach wenigen Jahrzehnten war kein Teil desselben, in dem nicht, meist auf ihren Betrieb, Kirchen, Klöster und prachtvolle Münster erstanden wären. Hedwig zog den strengen und ernsten Zisterzienser-Orden ins Land und baute mit ihrem Gemahl fünfzehn Jahre lang an dem großartigen Kloster Trebnitz, das auf tausend Nonnen berechnet war. So weit war ihr Tun ein Segen für sie und ihr Land.

Nun aber ließ sie sich von dem damals allgemein verbreiteten Wahne gefangen nehmen, dass völlige eheliche Enthaltung das schönste Opfer frommer Ehegatten sei. Sie beredete nicht ohne große Mühe ihren sonst für fromme oder fromm geltende Dinge sehr empfänglichen Gatten zur Einwilligung, und beschwor mit ihm in die Hände des Bischofs von Breslau ewige Keuschheit (1208). Von da an lebte sie fern von ihrem geliebten Gemahl in der Stille des Klosters zu Trebnitz heiligen Übungen und Gebeten. War sie früher hart, so wurde sie jetzt grausam gegen sich. Sommers und Winters ging sie barfuß im härenen Gewande, Wasser war ihr Trank, Hülsenfrüchte ihre Speise. Sie rührte auch davon nichts an, bevor sie dreizehn Armen zur Ehre Christi und der Apostel mit gebogenen Knien Speise dargereicht hatte. Ihre einzige Gesellschaft waren ihre Töchter und die Nonnen. Bloß wenn Armen oder Verunglückten geholfen werden sollte, oder wenn sie bei einem wohltätigen Plane Unterstützung brauchte, oder wenn sie Frieden stiften konnte, verließ sie die Schwellen des Klosters. Heinrich ließ zum Zeichen seiner frommen Trauer Haar und Bart wachsen, wovon er den Namen des Bärtigen erhielt. Selbst dazu ließ er sich bereden, in der Blüte seiner Jahre sein Land unter seine Söhne zu verteilen und sich ganz Gott und der Religion zu weihen.

Da nun Heinrich der ältere Sohn einen besseren und größeren Teil erhielt, war die Fackel des Krieges unter die Brüder geworfen. Nachdem der unzufriedene Sohn Konrad von Heinrich besiegt war und in einem Walde vom Pferde stürzend den Hals gebrochen hatte, übernahm der Vater wieder die Regierung.

Gegen Hedwigs Rat mischte er sich vollends in die Angelegenheiten von Polen. Aus der Gefangenschaft, in welche er dadurch kam, befreite ihn bloß der Mut und die Liebe seiner Gemahlin, die ihrem Lande den von ihrem Sohne zur Befreiung des Vaters bereits gegen Polen beschlossenen Krieg ersparen wollte, indem sie mit Tränen und Bitten den Feind bezwang und mit klugem Geiste seine Forderungen befriedigte, namentlich ihre beiden Enkelinnen den zwei Söhnen des Polenherzogs zur Ehe versprach. Die Hochzeiten wurden gehalten, aber Hedwig blieb während derselben unter beständigen Entbehrungen in ihrer einsamen Zelle. In diese verschloss sie sich auch, als der Leichnam ihres (1238) verstorbenen Gemahls nach Trebnitz gebracht wurde und alles Volk ihm klagend entgegen zog. Sie wollte durch nichts Irdisches in der Betrachtung des Ewigen unterbrochen werden.

„Es sei unrecht, den göttlichen Ratschlüssen sich zu widersetzen!“ rief sie mit gelassenem Gemüte und unverändertem Angesicht den weinenden Klosterfrauen zu.

Bald nachdem ihr Sohn den Thron bestiegen, brachen die furchtbaren Tartarenhorden in Schlesien ein, nachdem sie in Polen überall rauchende Brandstätten und gräuelvolle Wüste hinterlassen hatten. Die deutschen und polnischen Heerscharen stellten sich unter Heinrich auf der Wahlstatt (bonus campus) bei Liegnitz entgegen am 9. April 1241. Schlimme Vorbedeutungen und düstere Ahnungen der Mutter begleiteten den heldenmütigen, frommen Herzog in die Schlacht. Die Tartaren unter ihren grauenerregenden Götzenpanieren erfochten nach furchtbarem Verluste mit ihren zahllosen Scharen einen vollständigen Sieg, aber es gelüstete sie nach keinem zweiten, sie zogen sich für immer zurück. Heinrich, beinahe schon gerettet, nachdem er am längsten ausgehalten, ward von einer Lanze durchbohrt und sein abgeschlagenes Haupt auf einem Spieße unter dem Siegesgeheul der Tartaren davongetragen.

Hedwig wurde, während Alles in Tränen zerfloss und voll Furcht und Warten der Dinge war, weder durch die Nachricht von der verlorenen Schlacht, noch durch die Botschaft vom Tode ihres geliebtesten Sohnes erschüttert. Das Antlitz der Witwe, der nur eine Tochter in ihrem Kloster übrig war, zeigte keine Spur von Trauer, sie dankte mitten unter dem Jammer der Ihrigen Gott, dass sie durch seine Gnade einen Sohn geboren habe, der nach einem frommen Leben, während dessen er sie nie betrübte, sein Blut für die Religion und das Vaterland so freudig vergossen habe. Was war doch das für eine Zeit, in der es solche Frauen gab!

Hedwig, bereits siebenundsechzig Jahre alt, fühlte freilich ihre Kraft nach solchen schrecklichen Erlebnissen gebeugt, aber sie wurde jetzt wo möglich nur strenger gegen sich. Einmal noch trat sie aus ihrem Kloster, um ihrem lieben Schlesien den Frieden mit Polen zu schenken. Bald darauf wurde sie krank. Fasten, Nachtwachen und Kasteiungen hatten ihren fast ausgedörrten, völlig gelb gewordenen Körper zermartert. Zwei und ein halbes Jahr nach der Vernichtungsschlacht bei Liegnitz starb sie den 15. Oktober 1243, unter beständigem Anrufen des Namens Jesu. Unter den Tränen ihres Volkes, das allein ihrem Gebete den Rückzug der Tartaren verdankte, ward ihr im Tode verklärter Leib zu Trebnitz bestattet.

Für die Bildung Schlesiens hatte sie Unendliches geleistet; Klöster, Kirchen, Dörfer und Städte waren ihr Werk. Sie war die Wohltätigkeit und Uneigennützigkeit selber. In jener durch Teuerung, Hunger und Krieg entsetzlichen Zeit unterstützte sie die Scharen von Armen mit fast verschwenderischer Hand. Mit grenzenloser Aufopferung pflegte sie sorgfältig die Kranken und Elenden im Volke und erbarmte sich der Unglücklichen aller Art. Kein Bekümmerter verließ ungetröstet ihre Schwelle. Voll Friedensliebe war sie stets fertig, das Evangelium des Friedens zu treiben; eine Seele ohne Falsch gegen Freund und Feind, konnte sie nur mit dem einzigen Worte tadeln und strafen: „Möge Gott dir gnädig sein!“

Ihr Ruhm erscholl durch ganz Europa; ihr Grab war von Wundern verherrlicht; der Papst Clemens IV. sprach sie dreiundzwanzig Jahre nach ihrem Tode heilig.

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