Sidonie Borke

Einen minder glücklichen Ausgang hatte das Liebesverhältnis zwischen Sidonie Borke (geb. 1540) und dem jungen Herzog Ernst von Pommern-Wolgast. Sidonie stammte aus einem alten pommerschen Adelsgeschlecht, und meinte auch, zu etwas Höherem berufen zu sein. Mit der ihr eigentümlichen Heftigkeit erwiderte sie die Liebe des jungen Fürsten; sie träumte von einer schönen Zukunft, wenn sie an dessen Seite den Thron besteigen würde. Als aber der alte Herzog von dem Verhältnisse seines Sohnes zu Sidonie Kunde erhielt, sprach er mit aller Entschiedenheit zu demselben: „Nur einer Prinzessin gehört deine Hand; der Umgang mit dem nicht ebenbürtigen Mädchen muss aufhören. Ist derselbe edel, so führt er Euch ins Verderben; ist er schlecht, so taugt er ebenfalls nichts.“ Ernst wagte nicht, seinem strengen Vater zu widersprechen; er entsagte seiner Verbindung mit der Geliebten. Diese, leidenschaftlich wie sie war, überhäufte den Wortbrüchigen mit den heftigsten Vorwürfen. „Geht hin,“ sprach sie, „und lebt mit der Euch zugeführten Gattin, so gut Ihr könnt. Ihr werdet kinderlos sterben, wie ich.“ Sidonia ließ sich alsbald in das protestantische Fräuleinstift Marienfließ aufnehmen. Hier lebte sie bis an ihr 80. Jahr; sie bekleidete längere Zeit die Würde einer Oberin, und erlebte, dass ihre Weissagung bei dem Herzog in Erfüllung ging; er starb, ohne einen Erben zu hinterlassen. Durch ihr stolzes, hochfahrendes Wesen zog sie sich die Feindschaft ihrer Umgebung zu. Gerne benutzten die andern Glieder des Stiftes jede sich darbietende Gelegenheit, die alte Frau ins Verderben zu stürzen. Man wusste es, dass sie öfters mit Zigeunern verkehrte und dass sie sich gegen den Hexenglauben als gegen eine bedauernswerte Verirrung aussprach. Als eine Zigeunerfrau als Hexe ergriffen und auf die Folter gebracht wurde, gab sie Sidonie als Mitschuldige an. Diese beteuerte ihre Unschuld, bekannte aber auf der Folterbank Alles, was man haben wollte. So wurde sie 1610 vor dem Mühlentor zu Stettin enthauptet und hierauf verbrannt.