Alle die genannten Frauen konnten nur in beschränktem Kreise für die Reformation tätig sein; dagegen haben wir noch einiger Fürstinnen zu gedenken, welche in einzelnen deutschen Staaten die Einführung der Reformation entweder ganz oder großenteils veranlasst haben. Wir nennen zunächst Elisabeth, die Gemahlin des Kurfürsten Joachim Nestor von Brandenburg, eine geborene Prinzessin von Dänemark. Ihr Gemahl war ein eifriger Verteidiger der bestehenden Kirchenlehre und Verfassung, und bei verschiedenen Gelegenheiten, wie auf den Reichstagen zu Worms und zu Augsburg, sprach er sich für die strengsten Maßregele zur Unterdrückung der auftauchenden Ketzerei aus. Und doch konnte er es nicht hindern, dass sich das Gift derselben in seinem Lande verbreitete und zu wirken begann. Selbst seine Gemahlin Elisabeth wurde von demselben angesteckt. Das Verhältnis beider fürstlichen Gatten war schon seit einiger Zeit ein getrübtes und ihre Stimmung war eine gedrückte, namentlich da ihr Bruder Christian aus Dänemark vertrieben wurde. Sie suchte Trost und Beruhigung in der heiligen Schrift und fühlte sich durch das Lesen derselben immer mehr zu Luther hingezogen, dessen mutiges und entschlossenes Auftreten einen tiefen Eindruck auf ihr leicht erregbares Gemüt gemacht hatte. Eine Reise nach Sachsen in Begleitung ihres Gemahls und ihres Bruders trug noch weiter dazu bei, sie auf die Seite der Evangelischen hinüber zu ziehen. Doch musste sie ihre religiösen Ansichten verheimlichen, und nur in stiller Zurückgezogenheit konnte sie durch die Schriften Luthers ihren Glauben stärken. Immer größer wurde ihr Verlangen, das Abendmahl der Einsetzung gemäß zu genießen. Deshalb benutzte sie 1528 die Abwesenheit ihres Gemahls, um sich dasselbe von einem aus Wittenberg berufenen Geistlichen reichen zu lassen.
Joachim war außer sich vor Zorn, als er das Geschehene erfuhr. Er überhäufte sein treues Weib mit den heftigsten Vorwürfen und drohte derselben mit Einsperrung, ja Einmauerung, wie man sagt. Elisabeth musste heimlich entweichen; sie nahm ihre Zuflucht zu ihrem Oheim, dem Kurfürsten Johann dem Beständigen von Sachsen, bei dem sich auch ihr vertriebener Bruder, Christian von Dänemark, aufhielt. Sie fand die gewünschte Aufnahme und in dem ihr angewiesenen Schlosse Lichtenburg einen ruhigen und sicheren Aufenthalt. Ihr Gemahl tat keine weiteren Schritte, sie zur Rückkehr zu nötigen. Mit Luther stand sie in schriftlichem und persönlichem Verkehr. Sie zog denselben öfters an ihre Tafel und kehrte, selbst bisweilen Trost und Stärkung ihres Glaubens suchend, bei ihm ein.
Joachim starb 1535, ohne dass an eine Versöhnung mit demselben zu denken gewesen wäre. Vor seinem Tode hatte er sich noch von seinen Söhnen das Versprechen geben lassen, dass sie den bisherigen Religionszustand beibehalten wollten. Das aber konnten diese nicht über sich gewinnen, dass ihre Mutter als eine Verbannte außer Landes leben sollte; sie holten dieselbe zurück und brachten sie auf ihren Witwensitz zu Spandau. Hier lebte sie abgeschieden von der Welt, aber beschäftigt mit der Fürsorge für Arme und Notleidende. Täglich wurde in ihrer Wohnung Gottesdienst gehalten, an welchem alle ihre Hausgenossen teilnehmen mussten. Auch die Bewohner der Stadt hatten Zutritt zu demselben. Öfters las sie selbst aus Luthers Hauspostille oder aus der Bibel vor. Mit der größten Zärtlichkeit hing sie an ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln, deren sie im Ganzen 70 erlebte. Als bestes Erbteil suchte sie denselben ihren frommen Sinn zu hinterlassen. 1555 erreichte sie das Ziel ihres irdischen Lebens. Kurz vor ihrem Tode trat eine Mondfinsternis ein. Der Arzt suchte ihr solches zu verbergen. Sie aber bemerkte: „Vor einer solchen Finsternis fürchte ich mich nicht; ich traue dem, der Sonne, Mond und Sterne erschaffen hat. Wenn er nur bald käme und holte mich zu sich.“
Als ihr des Heilands letzte Worte: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“ vorgesprochen wurden, bewegten sich noch einmal betend ihre Lippen. Sie schied mit dem seligen Bewusstsein, dass der von ihr ausgestreute Same nicht ganz verloren gegangen wäre. Ihre Söhne, Joachim II. und Georg, hatten schon dem Drange der Zeit nachgegeben und die Reformation in Brandenburg einführen lassen.