Johann Heermann

ein sehr frommer, in der Schule der Leiden vielfältig geprüfter Prediger und zugleich einer der vorzüglichsten Liederdichter der evangel. Kirche, war geb. am 11. Oktober 1585 in dem kleinen Städtchen Rauben im Fürstenthum Wohlau, wo sein Vater ein armer Kürschner war. Bei einer heftigen Krankheit in seiner zarten Kindheit, that Heermanns Mutter das Gelübde, daß, wenn Gott ihr diesen Sohn zum zweiten Male schenken würde, sie ihn zum Studiren halten wolle, auch wenn sie das Geld dazu erbetteln solle: der Herr erhörte ihr Gebet. Er besuchte zuerst die Schule in Rauben, dann in Wohlau; ein viertägiges Fieber überfiel ihn hier, und er mußte wieder zu seinen Eltern zurückkehren. Durch den Kantor Balthasar Thilo zu Fraustadt kam er in diese Stadt u. in das Haus des frommen Valerius Herberger, wo er trefflich versorgt war. Im Jahr 1603 zog er auf das Gymnasium zu St. Elisabeth in Breslau: 1604 ging er nach Brieg auf das dortige Gymnasium; 1608 am 8. Oktober ward er zu Brieg von Caspar Cunrad zum Dichter gekrönt. Im Jahre 1609 ging er mit den Söhnen seines Patrons, Wenzel’s v. Rothkirch, über Leipzig und Jena nach Straßburg; eine Augenkrankheit nöthigete ihn 1610 in sein Vaterland zurückzukehren; kaum bei den lieben Seinen angelangt, wird er, von der Reise sehr angegriffen, krank, auch seine Mutter findet er am Fieber leidend. Bald, nachdem er wieder hergestellt, berief man ihn zum Kaplan in Köben, er trat sein Amt 1611 an; noch in demselben Jahre ward er dort zum Pfarramte befördert; verheirathete sich 1612, verliert aber 1617 seine Gattin durch den Tod, was ihn in große Trauer setzte. Im Jahre 1618 verband er sich zum 2ten Male mit Anna Teichmann, welche ihm Kinder gebar, und ihn, da er von jetzt an heftiger von Krankheiten heimgesuchtwurde, wie er denn sich keines recht gesunden Tages in seinem Leben zu erfreuen hatte, liebreich pflegte. Zu seinen Leiden gesellten sich Pest und die Schrecken des dreißigjährigen Krieges, welche seinen Zustand noch mehr verschlimmerten. Er war genöthigt 1638 Koben zu verlassen und sich nach Lissa zu begeben, um dort ruhiger zu leben. Durch den Abfall seines geliebten Sohnes Samuel vom evangelischen Glauben, der jedoch bald wieder von seinem Irrthum zurückkehrte, und durch manches andere Kreuz wurde Heermann immer mehr reif, einzugehen in seines Herrn Freude, und der Herr nahm diesen frommen Hirten und treuen Arbeiter in seinem Weinberge am 27. Februar 1647, alt 62 Jahre, in seine Herrlichkeit.

Geistlicher Liederschatz
Sammlung der
vorzüglichsten geistlichen Lieder für
Kirche, Schule und Haus
Berlin, bei Samuel Elsner
Gedruckt bei Trowitzsch und Sohn
1832