Urbanus Rhegius

Urbanus Rhegius

Urban Rhegius wurde geboren um die Zeit des Maimonats 1490 zu Langenargen am Bodensee in der Grafschaft Montfort, welche jetzt zu Württemberg gehört. Seinen Namen König verwandelte er später in Regius oder Rhegius. Er besuchte das Gymnasium in Lindau, studierte zu Freyburg im Breisgau, sodann in Basel und lehrte hierauf zu Ingolstadt, wo der Kaiser Maximilian ihn eigenhändig zum Dichter krönte, als Professor der Poesie und Beredtsamkeit. Nachdem er durch Lesung von Luthers Schriften für die Wahrheit gewonnen war, wurde er 1520 als Prediger nach Augsburg berufen. Als Lutheraner vertrieben, wandte er sich nach Tyrol, durchzog das ganze Etschthal, das Salzburgische und das Tesserecker Thal, lebte eine Zeitlang in Innsbruck und war 1522 u. 1523 Prediger zu Hall am Inn. Nach Augsburg 1523 zurückgerufen, verbreitete er die reine Lehre mit großem Eifer in Franken, sowie im ganzen umliegenden Württemberg und bekämpfte erfolgreich die Irrthümer der dortigen Chiliasten, Wiedertäufer und Sakramentierer. Luther selbst bezeugte, wenn Rhegius nicht in Schwabenland Ordnung machte, so wäre die Sache der Wahrheit daselbst verloren, und nennt ihn den gelehrtesten und besten Prediger in Augsburg1). Während des Reichstages 1530 hatte er tägliche Zusammenkünfte mit Melanchthon, Jonas, Eisleben und Spalatin, predigte2) mehrmals mit großem Beifall vor den evangelischen Fürsten und Ständen, wurde von ihnen aufgesucht und um Rath gefragt. Damals lernte ihn der ausgezeichnete Herzog Ernst, der Bekenner, von Braunschweig-Lüneburg kennen, und berief ihn zum Hofprediger und Generalsuperintendenten nach Selle. Als dort die Hofjunker den heimgekehrten Fürsten in gespannter Neugierde befragten, was er Neues vom Reichstage mitgebracht, erwiderte er: „Einen unschätzbaren Segen für Land und Leute habe ich mitgebracht, einen Mann von Glaubenstreue und Gelehrsamkeit, den ich höher achte, denn aller Fürsten Kostbarkeiten“. Um 1530 wandten sich die Augsburger an Luther mit der dringenden Bitte, ihnen den Rhegius wieder zu schaffen3). Eine Gesandtschaft wurde nach Celle abgeordnet, die dem Herzoge und ihm die gemeinsame Bitte vortragen und ihn zur Rückkehr veranlassen sollte. Das hörte Ernst mit tiefer Bewegung, hob seine Finger zu den Augen und sprach: „Weiß ich doch nicht, ob ich lieber ein Auge missen will, oder meinen Doctor; denn der Augen habe ich zwei und nur einen Rhegius“. Und dann, zu Letzterem sich wendend, fügte er hinzu: „Lieber Urbane, bleibt bei uns, ihr könnt wohl Jemand finden, der euch mehr Geld gebe als ich, aber keinen, der eurem Predigen lieber zuhöre“.

Wie hoch der Herzog unsern Rhegius ehrte, geht auch daraus hervor, daß es in seinen kirchlichen Erlassen in der Regel hieß: „Wir Ernst von Gottes Gnaden Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Urbanus Rhegius, der heiligen Schrift Doctor, verordnen rc“.

Mit großer Weisheit und Treue betrieb nun Urban Rhegius die Einführung der Reformation im nördlichen Deutschland. 1531 und 1532 reformirte er Lüneburg und verfaßte eine Kirchenordnung; 1535 kam er zu demselben Zwecke nach Hannover, und arbeitete für die Stadt gleichfalls eine Kirchenordnung aus, von der sich ein Sendschreiben von Luther und eins von Melanchthon findet. 1537 wohnte er dem Convente zu Schmalkalden4) bei und unterschrieb die schmalkaldischen Artikel als der zweite unmittelbar nach Bugenhagen mit den Worten: Et ego Urbanus Rhegius D. Ecclesiarum in ducatu Luneburgensi subscribo. Persönlich anwesend beförderte er 1538 die Reformation in Braunschweig und preußisch Minden. Durch Schriften und Rathschläge wirkte er für die Reformation in Memmingen, Hildesheim, indem er an die dortigen bedrängten Lutheraner ein Trostschreiben richtete, ferner in Lemgo und Soest, wie er denn auch an die Fürsten und Städte in Pommern eine Ermahnung schrieb. Ferner suchte nach seinen Rathschlägen Herzog Ernst der Reformation auch in Höxter, und in den Grafschaften Hoya, Schaumburg und Ostfriesland Eingang zu verschaffen. Nachdem Rhegius 1541 noch an dem Convente zu Hagenau Theil genommen hatte, entschlief er am 23. Mai desselben Jahres zu Celle, tief betrauert von seinem frommen Fürsten, der ihn seinen lieben Vater in Christo zu nennen pflegte und bis zum Ende seiner Tage mit Dank der Worte des Seelsorgers gedachte, wie er auch seine zahlreiche Familie treulich versorgte.1)

1) Walch, Luthers Werke 21, 61
2) Namentlich erklärte Ernst der Bekenner auf die Frage: wie ihm Rhegius gefallen habe: „Urbane et regie fecit“.
3)Außerdem hat Rhegius noch folgende Vocationen empfangen. Im Jahre 1528, als Georg von Brandenburg in seinem Fürstenthume und die Stadt Nürnberg in ihrem Gebiete die erste Kirchen – Visitation halten ließen, wurde Rhegius durch Luther dazu oder noch lieber zum beständigen Kirchendienst daselbst in Vorschlag gebracht, nahm aber diese Vocation eben so wenig an, als die des Raths der Stadt Hamburg, der ihn vor Aepinus (Boeck) 1532 zum Superintendenten begehrte, und lehnte auch den Ruf des Senats in Leipzig zu einer ordentlichen Professur in der Theologie 1537 ab. Heimbürger S. 17.
4)Als er hier vor den Fürsten einst allzulange gepredigt hatte, sagte Luther zu ihm: „Hoc neque urbanum, neque regium est.“