Johannes von Monte Corvino

Apostel der Mongolen.

Ein wenig unter den Menschen bekannter Name und doch im Himmel angeschrieben, der päpstlichen Kirche von Herzen zugethan und doch ein evangelischer Bote Jesu Christi. Er war in dem apulischen Städtchen Monte Corvino in Süd-Italien in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts geboren und hatte sich frühe dem Dienste der Kirche in dem neugestifteten Orden des heiligen Franz von Assisi verlobt. – Von seinem stillen Leben in den Minoriten-Klöstern Italiens ist nichts weiter bekannt. Damals war seit mehr als einem Jahrhundert das Volk der Mongolen aus seinen Hochweiden im fernen Mittelasien auf den Schauplatz der Geschichte getreten und mit der abendländischen Christenheit in Berührung gekommen, nachdem schon lange die morgenländischen Nestorianer unter ihm mit Erfolg gearbeitet hatten. Als die Mongolen ihr Weltreich bis nach Deutschland ausbreiten wollten, sandte Papst Innocenz IV. an den Groß-Khan Katbfuk (1244) Abgesandte, um ihn von Verfolgung der Christen in seinem Reiche abzumahnen. Nach mehreren scheinbar glücklichen oder offenbar gescheitelten Missionsversuchen gelang es dem Papst Nikolaus III. an den Beherrscher des westlichen Mongolenreichs in Persien, den Khan Abaka fünf Minoriten abzusenden (1278), denen bald ein Bischof der Mongolei folgen konnte. Das Christenthum durfte sich ein schönes Aufblühen von dem Eifer des selbst getauften Nachfolgers Abaka’s, des Khan Tangador versprechen. Allein er wurde bald Muhammedaner und grausamer Christenverfolger. Die Kirche wuchs innerlich im Leiden. Als Khan Argon, der Sohn Abaka’s, den Thron bestiegen hatte (1284), gab es zahlreiche Christengemeinden, welche die zerstörten Kirchen wieder aufbauten. Dieser Herrscher wagte sogar den Gedanken, das heilige Grab den Saracenen wieder abzukämpfen und dann sich zu Jerusalem taufen zu lassen. Er wandte sich deshalb an den Papst. Damals war Johannes schon in voller Arbeit unter den Mongolen, zu denen er mit Andern gesandt war. Er scheint vor Allen die Gnadengabe besessen zu haben, die Herzen der rohen Mongolen für Christum zu gewinnen. Die Gemahlinnen Argons waren oder wurden Christinnen, sein erstgeborner Sohn empfing die Taufe und in ihr den Namen des Hauptes der Christenheit: Nikolaus. Da wurde (1288) Johannes nach Rom gerufen, um dem Papste mündlich Bericht über die großen Thaten Gottes unter den Mongolen zu erstatten.‘

Dem Papste lag aber jetzt auch das größere östliche Mongolenreich am Herzen, welches in China seinen Hauptsitz und von welchem er durch reisende Venetianer (Marco Polo) nähere Kunde erhalten hatte. Auch dort war von den Mongolen die nestorianische Kirche schon vorgefunden worden und viele ihres Volks hatten durch sie das Christenthum angenommen. Der Groß-Khan Kublai zu Kambalu (Peking) hatte sein Verlangen kund gegeben, Prediger aus Rom zu erhalten und einige Dominicaner-Mönche hatten sich auf den weiten Weg gemacht, aber ohne das Ziel zu erreichen.

Jetzt erhielt Johannes den Auftrag durch das westliche Mongolenreich und Ostindien nach dem östlichen zu wandern. Er that es und verließ im Jahr 1291 nach längerem Aufenthalte die Hauptstadt Tauris in Persien, besuchte die Thomaschristen in Ostindien und taufte auf dieser Wanderung über hundert Heiden. Endlich erreichte er China und die kaiserliche Residenz Kambalu. Von dort schildert er in zwei Briefen an seine Ordensbrüder sein Leben und Treiben.

Eilf Jahre lang stand er da ganz allein, nicht nur dem ganz heidnischen, wiewohl den Christen freundlichen Gewaltherrscher und seinem rohen Volke, sondern falschen Christen gegenüber. Die Nestorianer verklagten ihn als einen Spötter und Betrüger, der nicht vom Papste gesendet sei, sondern den wirklichen Gesandten des Papstes in Indien ermordet und sich die Schätze, die er dem Khan hätte als Geschenk bringen sollen, zugeeignet habe. Fünf Jahre lang dauerte diese Verfolgung, die ihn oft in den Kerker, mehrmals nahe an das Blutgerüst führte. Endlich kam durch ein Geständniß die Bosheit an den Tag und die Verläumder wurden verbannt. –

Unter all‘ diesen Quälereien bemächtigte er sich der Landessprache, übersetzte in sie die Psalmen und das Neue Testament, sammelte Knaben um sich, die er im Latein und Griechischen, im Worte Gottes und Kirchengesang unterrichtete, ja es gelang ihm gegen 6000 Heiden zu taufen und für seine Gemeinde zwei Kirchen, die eine zugleich mit der Missionsschule, nahe am kaiserlichen Palast zu erbauen. Sogar von den feindlichen Nestorianern wurde ein Fürst Namens Georg und mit ihm viel Volks bekehrt, dessen Bleiben bei ihm nur der frühzeitige Tod Georgs hinderte. An ihm verlor er zugleich einen wackern Missionsgehülfen. Er meint, ohne die Verfolgungen der Nestorianer würde er wohl 30.000 getauft haben. Die 150 Knaben, die er getauft, wirkten durch ihren Gesang und durch die Hülfe in Darstellung christlichen Gottesdienstes mit auf die Heiden. Er hielt auch Gottesdienste mit kleinen Kindern. Die Glocken, die er auf seinem Kirchthurme aufhing und stündlich anschlagen ließ, weckten die Neugierde der Heiden. Endlich kam ein deutscher Bruder, Arnold von Cöln zu ihm. „Hätte er früher und stärkere Hülfe erhalten, so wäre der Groß-Khan sicher getauft worden.“ So aber starb er als Heide. – Dringend bat Johannes um Zusendung tüchtiger Mitarbeiter auf dem kürzesten Wege und der nöthigen Schriften, wobei er bezeugt „öffentlich und laut das Zeugniß des Gesetzes Christi zu predigen.“ So schrieb er im Jahre 1305, als bereits Khan Timur herrschte und in Rom Papst Clemens V. die Kirche leitete. Dieser säumte nicht, sieben Franciscaner abzusenden. Von ihnen kehrte einer nach Italien um, drei starben in Indien und nur drei erreichten China, wo sie den edlen Hirten Christi von den Jahren ergraut antrafen. Sie brachten ihm die Ernennung zum Erzbischof von Kambalu und gewissermaßen zum Patriarchen dieser Ostländer Asiens und fanden ihn im Kaiserpalaste hochgeehrt, wo er den täglichen Zutritt zum Groß-Khan hatte. Die neuangelangten Brüder nahmen ihm die Last der Arbeit an seinen Kirchen in Kambalu, wo er nur seine Knaben bisher hatte vertheilen können, selbst aber allein die Priesterdienste verrichten müssen, ab und wurden zu Bischöfen unter ihm erhoben. Neue Sendboten folgten nach (1312) und Johannes durfte es noch erleben, daß nicht nur neue Bischöfe aus dem Abendlande zureisten, sondern auch die schriftlichen Mittel. der Evangelisirung durch päpstliche Fürsorge vermehrt wurden. Er starb alt und reich an Tagen, von blühenden Gemeinden umringt, im Jahr 1332, frühe genug um den zwanzig Jahre nachher eingetretenen Sturz des Mongolenreichs in China und die Zertrümmerung des christlichen Wesens nicht herannahen zu sehen.

Wilh. Hoffmann in Berlin f.

Evangelisches Jahrbuch für 1856 Herausgegeben von Ferdinand Piper Siebenter Jahrgang Berlin, Verlag von Wiegandt und Grieben 1862

 

Evangelisches Jahrbuch für 1856
Herausgegeben von Ferdinand Piper
Siebenter Jahrgang
Berlin,
Verlag von Wiegandt und Grieben
1862