Heribert

Heribert, aus einer angesehenen Familie in Worms stammend, zeichnete sich schon in früher Jugend durch Lernbegierde und ungeheuchelte Frömmigkeit aus. Er trat in den Orden der Benedictiner, besuchte behufs seiner Ausbildung mehrere Klöster seines Ordens, und wurde nach seiner Rückkehr von dem Bischof seiner Vaterstadt Hildeboldt mit wichtigen kirchlichen Geschäften betraut, und von ihm als sein Nachfolger designirt. Inmittelst hatte Kaiser Otto III. ihn kennen gelernt, ihn zu seinem Erzkanzler ernannt, ihn wiederholt mit nach Italien genommen, um sich bei den damaligen verwickelten politischen Verhältnissen seines Rathes zu bedienen, und ihn zuletzt nach Ravenna gesendet, um die dortige aufrührerische Bevölkerung durch seine Milde und Weisheit zu zügeln, was ihm nach Wunsch gelang. Um diese Zeit war der erzbischöfliche Stuhl in Cöln erledigt. Ueber die Wiederbesetzung desselben entstand zwischen der Geistlichkeit und den Bürgern ein heftiger Kampf, der sich bis zur Anwendung von Waffengewalt zu steigern drohte. Der von der Geistlichkeit gewählte Probst zu Sct. Peter Wegelin lehnte die Stelle ab, und schlug dem Volke Heribert zum Erzbischof vor: das Volk stimmte alsbald jubelnd diesem Vorschlage bei und wurde damit der Kirchenfriede wieder hergestellt. Ehrenvoll vom Kaiser entlassen und vom Papste mit dem Pallium beschenkt, trat Heribert die Reise nach Cöln an. Als er in die Nähe der Stadt gekommen, sandte er die Insignien der erzbischöflichen Würde voraus, und wanderte ungeachtet der winterlichen Kälte im Pilgerkleide baarfuß am Abend vor Weihnachten der Stadt zu, und wurde alsbald in der Christnacht in der Kirche in sein Amt eingeführt.

Heriberts Herz gehörte dem Herrn und seinen armen Brüdern. Deutschland und Frankreich wurde zu seiner Zeit von einer schweren Hungersnoth heimgesucht; der Erzbischof bekannte offen, auch seine Sünden wären Schuld an dieser Heimsuchung. Mit dem hingebendsten Eifer suchte er der Noth zu steuern. Er gab den größten Theil seiner Einkünfte hin, schaffte Getraide an, ermittelte den aus der Nähe und Ferne herzuströmenden Armen und Hülfslosen Obdach und Unterhalt auf den verschiedenen Gütern der Kirche, besuchte im Stillen die Kranken, pflegte sie persönlich und erweckte dadurch die allgemeine Theilnahme. Den Geistlichen der Stadt zeigte er tatsächlich den Weg zu einer uneigennützigen Amtsführung. Ein Armer konnte keinen Priester finden, der ihm sein neugebornes Kind taufte, weil er nicht hatte, die Gebühren zu bezahlen. Der Erzbischof taufte alsbald, als ihm der Arme seine Noth klagte, das Kind, nahm zugleich die Stelle eines Taufpathen an, trat bei dem nächsten Kirchgang in die Hütte des Armen, setzte sich an seinen Tisch und theilte mit ihm das spärliche Mahl.

Es fehlte Heribert nicht an Feinden und Neidern, besonders ward er bei dem Nachfolger Otto’s, dem Kaiser Heinrich, verdächtigt, der ihm seit seiner Thronbesteigung ohne zureichenden Grund feindselig war. Der Kaiser belagerte die Veste Hammerstein am Rhein, und entbot den Erzbischof in sein Lager. Heribert, schwer erkrankt, konnte der Einladung nicht folgen, worauf der Kaiser, Trotz und Verstellung voraussetzend, zornig ausrief: wenn er nicht zu mir kommen kann, so will ich ihn besuchen. Nach Eroberung der Veste zog er nach Cöln, in der Absicht, den Erzbischof abzusetzen; wurde jedoch in der Nacht durch einen Traum gewarnt, dem frommen Mann nichts Uebles zu thun. Heribert erschien vor dem sich erzürnt stellenden Kaiser, berief sich gegenüber den ihn hart verklagenden Feinden auf seine Unschuld, und erklärte sich sodann bereit, freiwillig auf seinen Sitz zu verzichten. Da stieg der Kaiser von seinem Throne herab, umarmte ihn innig und bekannte sich selbst als schuldig. Die folgende Nacht brachte Heribert einsam betend und singend in der Kirche zu; da tritt der Kaiser ohne alle Begleitung in die Kirche, wirft sich vor dem Erzbischof nieder und bittet ihn noch einmal herzlich um Verzeihung.

Als Heribert seinen Tod herannahen fühlte, trat er noch eine Reise an, um seine Heerde überall im Glauben zu stärken, erkrankte tödtlich in Neuß, ließ sich nach Cöln zurückbringen, und starb hier am 16. März des Jahres 1021 nach einer erbaulichen Vorbereitung auf sein Ende. Er ward in dem von ihm gestifteten Kloster zu Deutz begraben. Der fromme Glaube jener Zeit wußte von vielen Wundern Heriberts zu erzählen, die er während seines Lebens gethan, und die sich noch eine Zeitlang an seinem Grabe fortgesetzt hätten. Im 16. Jahrhundert wurde er unter die Heiligen versetzt.

Wiesmann in Lennep.