Juan Diaz

Melanchthon, Philipp – Bericht über den Mord an Juan Diaz

Es hat sich jetzt neulich ein sehr schrecklicher und in vielen Jahren unerhörter Fall zugetragen.

Es ist ein Hispanus Johannes Diasius [Diaz] genannt, der wohlgelehrt und gottfürchtig gewesen, und reine christliche Lehre angenommen, und dieselbige beständiglich gelehrt und bekannt, zu Neuburg in der Pfalz gewesen, daselbst er des Ehrwürdigen Herrn Buceri Schriften, welchs Freundschaft er der Lehre halben sonderlich gehabt, in der Buchdruckerei treulich hat helfen fördern, und dabei in rechter christlicher Lehr fleißig studirt. Ist auch oft in vergangenem Colloquio zu Regensburg bei den Herren Colloquenten, so reine christliche Lehre da verantwortet haben, gewesen, sich zu ihnen freundlich gehalten, und durch ihre Rede sich in rechter Lehre gestärkt.

Zu diesem ist aus Italia sein leiblicher Bruder Alphonsus Diasius, der zu Rom im iudicio Rotae gesessen, angekommen, und hat jenen freundlich gebethen, er wolle doch von der lutherischen Lehre abstehen, die von dem Papst für eine Ketzerei längst verdammt sey.

Nachdem aber genannter Johannes seinem Bruder, dem Doctor, dieses abgeschlagen, und viel mit ihm als ein Bruder disputirt, daß, so jemand nicht ein Heid und ein Epicuräus seyn wolle, so soll er beiderlei Lehre betrachten und die Wahrheit suchen; dazu er seinen Bruder freundlich vermahnet, und ihm gesagt: er hab nun diesen Sachen lang nachgedacht und befinde, daß dieses die einige, ewige göttliche Lehre sey, durch welche allein gewißlich Gott ewige Seligkeit wirke und gebe, und sey der rechte Verstand göttlicher Schrift, darin sich Gott geoffenbaret, und sey allezeit für und für bei etlichen rechten Christen dieser Verstand blieben, darum gedenk er durch Gottes Gnad dabei zu bleiben, und also in rechtem Glauben Gott anzurufen für sich, seinen Bruder und die ganze Christenheit, und davon Zeugniß zu geben, wo er gefragt oder andere zu lehren berufen werde.

Als aber Alphonsus seines Bruders Gemüth also gemerkt, daß er ihn nicht von dieser Lehre abwenden könnte, hat er sich gestellet, als sey er etliciher Maß zufrieden, und hat ihn vermahnet in Italien zu ziehen, da er andern zu diesem Verstand dienen könnte. Johannes hat aber vielleicht gedacht, sein Bruder meine es nicht treulich, und hat ihm dieses auch abgeschlagen.

Dazu ist er die Zeit an andere nicht geirnge Ort durch fromme gelehrte Leut vocirt und berufen gewesen.

Also ist nach etlichen Tagen Alphonsus wiederum von seinem Bruder abgeschieden, und gen Augsburg geritten.

Hernach aber ist er wiederum zu seinem Bruder geritten, und als er an Neuburg kommen, sind er und sein Knecht, ein Italienischer Ruffian und Sicarius, von Pferden abgestiegen, haben sie an einen Zaun gebunden, und sind morgens früh in des Bruders Herberg gangen, haben gefragt, wo Johannes Diasius sey. Also hat ihnen die Magd im Hause geantwortet, er sey droben in seinem Gemach. Dahin sind Alphonsus und der Knecht zu ihm gangen, und hat Alphonsus alsbald seinem Bruder einen Brief überantwortet, und sich gestellt, als sey er von wegen dieses Briefs wieder zu ihm geritten.

Dieweil nun Johannes den Brief lieset, so gehet der Knecht hinter ihn, und spaltet ihm den Kopf mit einem großen Beil in einem Hau, daß Johannes also todt vor ihnen niederfällt. Die zween Tödter eilen bald wieder zu ihren Pferden und reiten Postweise auf Insbruck.

Bald aber ist ein Geschrei von dieser grausamen That in der Stadt worden, darum etlichen vom Amtmann befohlen worden, eilend ihnen nachzureiten; die auch treulich solchs gethan, und haben beede Mörder, den Alphonsum und seinen Ruffian zu Insbruck antoffen, und da lassen gefänglich einziehen. Wie sich nun die Oberkeit an demselben Ort erzeigen wird, das wird man hernach hören.

Aber aus dieser That ist abzunehmen, wie die Feinde göttlicher Wahrheit gegen alle fromme Gliedmaßen Christi gesinnet seyn, nämlich wie Cain gegen Abel. Darum ist nicht Zweifel, daß allein durch gnädigen Gottesschutz diese Fürsten, Kirchen, Prädicanten und Zuhörer, die reine göttliche Lehre lieben und ehren, wider so grimmigen Haß so lange erhalten sind, und sollen alle gottfürchtige Herzen bitten, daß Gott uns forthin schützen und regieren wolle, um seiner Ehre willen, wie er gesprochen hat Esaiä 51.: meine Wort habe ich in deinen Mund gelegt, und will dich mit dem Schatten meiner Hand bewahren, daß du mir den Himmel wie einen schönen Garten pflanzest.

Geschrieben anno 1546 am XVII. Tag Aprilis, daran vor 3852 Jahr Nohe in die Arca getreten ist; durch welches Exempel Gott bewiesen, und uns will erinnert haben, daß wir glauben und wissen sollen, und darum bitten, daß Gott selbs die Kirch wunderbarlich erhalten wolle, wenn gleich die Welt in Haufen fällt.

//Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen VI.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1839//