Martin N. ein Schustergesell

In demselben 1547 jar ist ein junger Corduan Schustergesell / mit namen Martin / zu Ypern in Flandern umb des Evangelii willen ein gute lange zeit gefänglich gehalten worden. Und als einer von seiner freundschaft ein reicher mann im gefangnus ihn besuchte / und under andern vermahnete / Er solte seiner blutverwandten guten raht nicht außschlagen: Hat Martin geantwortet / Wann der raht gut were / so wolte er ihn mit nichten verwerffen. Da aber der reiche weiter fortfuhr / und sagt / daß das seiner freunde raht were / er solt sich seiner gefaßten meynung eussern / seines jungen leibs und lebens in acht haben / und weder umb das schändliche leben / noch umb die falsche lehr der vermeynten Geistlichen sich groß bekümmern / sonder vil mehr guter tag sich befleissen / und stillschweigen / und lassen alles gehen wie es gieng.Darumb ward Martin schellig / und sprach mit einem besondern eyfer / Pack dich von mir Satan / dann du bist mir ärgerlich. Woltestu mich verhindern / daß ich den kelch nicht trincken solte / den mir Gott eyngeschencket hat? Und hat sich also weder durch freund noch durch feinde von der warheit abtreiben lassen. Darauf ihm das urtheil gefellet / daß er lebendig solte verbrennet werden / darüber er sich dann gar nit entsetzet: Und da er am fenster stund / und sahe / wie die henckersbuben das holtz zusamen schleppeten / welche jm auch zuschryen / und sagten / Sihestu das wol / das gilt dir / mit dem holtz sol dir das bad geheitzet werden: Hat er geantwortet / Es were dises irdische fewer mit dem Hellischen ewigen fewer mit nichten zu vergleichen / Er wolte aber nach einem geringen und nicht langwärenden schmertzen eine unaußsprechliche und ewige freud ererben. Als er an den pfost schon angebunden war / fragt ihn ein Mönch / ob er noch nicht von seiner meynung abstehen wolte? Martin antwortet / Mit nichten nicht. Da fieng derselbige Mönch an / disen patienten mit leib und seel zu verdammen / und ins Hellische fewer zu verurtheilen. Davon der gemein umbstehende mann so ungedultig wurd / daß auch einer auß dem volck dem Mönch mit lauter stimm eynredete / und sagte / Daß er die macht nicht hette / einiges menschen seele zu verdammen. Martin aber bleib bestendig biß ans end / und gab seinen geist auf in gedult.

Märtyrbuch:; Denckwürdige Reden und Thaten viler H. Märtyrer, Welche nach der Aposteln biß auf unsere Zeiten / hin
und wider in Teutschland / Franckreich / Engelland / Schotland / Niderlanden / Italien / Hispanien / Portugall / ec umb der
götlichen warheit willen jämmerlich verfolget / gemartert und endlich auf allerley weise entleibet seind worden.

Alles auß den Frantzösischen Geschichten der Märtyrer trewlich außgezogen.

Gedruckt zu Herborn / 1698